Leserfrage
Welche Schlafdauer ist ideal?
Das Schlafbedürfnis ist sehr individuell. Es gibt echte Kurz schläferinnen und Kurzschläfer, die mit täglich vier oder fünf Stunden Schlaf gut auskommen. Andere sind Langschläferinnen und Langschläfer, die tagsüber gereizt sind, wenn sie «nur» acht Stunden geschlafen haben. Albert Einstein soll zum Beispiel täglich 14 Stunden geschlafen haben. Fakt ist aber, dass die allermeisten Menschen sechs bis acht Stunden Schlaf benötigen. Viele schlafen
zu wenig: Das erhöht das Risiko für Krankheiten wie Schlaganfall, Krebs, Demenz und Depression. Selbstverständlich ist das Schlafbe dürfnis auch vom Alter abhängig: Neugeborene schlafen über den Tag verteilt im Durchschnitt 14 Stunden. Mit zunehmendem Alter nimmt die benötigte Schlaf zeit dann immer weiter ab.
INSEL – Magazin der Insel Gruppe«Da ist es, unser Insel Magazin!»
Mit dieser Publikation laden wir Sie zweimal im Jahr herzlich dazu ein, den Puls der grössten universitären Spitalgruppe der Schweiz mit ihren über 12 000 Mitarbeiten den zu fühlen. Erleben und ertasten Sie die Insel Gruppe, lassen Sie sich von den Emotionen unseres Spitalalltags anstecken, und lernen Sie unsere hochstehenden Leistungen kennen. Als traditionsreiche Institution entlang des Aarelaufs steht bei uns seit 668 Jahren der Mensch im Zentrum – das werden
Sie während der Lek türe schnell bemerken.
Wir sind die Insel
«D’Insu» ist in der Bevölkerung längst zu einem stehenden Begriff gereift, der viele Eigenschaften in sich vereint: Menschlich keit, Kompetenz, Qualität, Innovation, Zu sammenarbeit und Integrität. Doch wer sind die Menschen dahinter? Und was leisten sie für andere Menschen? Mit diesem Magazin möchten wir wichtige Gesundheitsthemen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten und Ihnen in verständlicher Sprache präsentie ren. Das Insel Magazin soll konkrete Impulse, spannende Informationen und neue Ansich ten vermitteln, darf aber auch unterhalten.
Wir schlafen nie
Die erste Nummer startet fulminant und behandelt ein Fokusthema, das uns alle be schäftigt: den Schlaf. Eines vorweg: Die Insel schläft nie. Aber sie hilft denjenigen, die es ihr unfreiwillig gleichtun. Der Mensch ver bringt einen Drittel seines Lebens schlafend. Das ist viel und vor allem wichtige Zeit. Gesunder Schlaf ist unerlässlich, um leis tungsfähig und geistig wach zu sein. Nichts destotrotz sind viele Menschen mit Schlaf problemen konfrontiert – sei dies aufgrund einer Krankheit oder wegen der Kinder, die einen manchmal nicht schlafen lassen. Da spricht der Vater von zwei Söhnen aus eigener Erfahrung. Wie wichtig erholsamer Schlaf ist, weiss ich von Berufes wegen. Guter Schlaf verschafft mir die nötige Energie, um die He rausforderungen im Gesundheitswesen ge meinsam mit unseren Mitarbeitenden stem men zu können.
Wir leben Vielfalt
Wenn Schlaf zum Problem wird, sind wir die erste Adresse. Wir diagnostizieren, the rapieren, erforschen und lehren Störungen des Schlafs und der Wachheit. Verschiede ne Disziplinen bilden bei uns ein vielfältiges Team, das den ebenso vielfältigen Menschen ins Zentrum seines Interesses stellt. Im vor liegenden Heft interessieren wir uns für die Grundlagen des Schlafs, die häufigsten Schlafkrankheiten, für Abläufe im Schlaf labor und innovative Schlaftherapien. Aber auch fürs Wandern und Kochen. Sie sehen, Vielfalt ist uns in diesem Magazin besonders wichtig. In diesem Sinne: Viel Freude bei der spannenden Lektüre – und schlafen Sie gut!
Dr. med. h.c. Uwe E. Jocham, Direktionspräsident Insel Gruppe
Winterdepression Wenn der Winter auf
drückt
mit
Born
Arbeiten mit
Nacht
Die Zahl
12 Mrd. CHF
So viel volkswirtschaftlichen Schaden verursachen Schlafstörungen in der Schweiz pro Jahr.
NeuroTecDie erste Forschungswohnung
Seit diesem Jahr können Patien tinnen und Probanden zu Studien zwecken mehrere Tage in einer komfortablen 3,5-Zimmer-Wohnung auf dem Inselareal verbringen. Das NeuroTec-Loft ist mit über 200 Sensoren ausgestattet. Sie liefern detaillierte Informationen über das Verhalten, die Motorik, die Stimmung sowie physiologische Parameter der Testpersonen zur Erforschung neurologischer Erkran kungen. Die Forschungsplattform NeuroTec auf dem Insel Campus wird seit September 2021 gemeinsam von der Universität Bern, sitem-insel und der Insel Gruppe betrieben.
Schlafstörung
10–17%
So hoch ist der Anteil der Schweizer Bevölkerung, der an Schlafapnoe leidet. Rund 50 Prozent davon undiagnosti ziert oder unbehandelt.
Inhalt
Leserfrage
Editorial
Inhaltsverzeichnis / In Kürze
Fokus Schlaf
Regeneration für Gehirn und Körper
Facts & Figures
Der Schlaf in Kunst und Literatur
Reportage aus dem Schlaflabor
Das sagt die Forschung
Die Insel bei Nacht
Gesundheit
Digitalisierung im Spital
Müde trotz Schlaf: das Fatigue-Syndrom
Wenn der Winter auf die Stimmung drückt
Schlaganfall: der lange Weg zurück ins Leben
Patientenporträt: Georg Horisberger
Interview mit Dr. Jörg Isenegger
Aus dem Leben
Wandertipp: «ViaBerna»
Gesund essen: Rezepte von Aline Born
Fachkräftemangel: Kampagne der Insel Gruppe
10 Fragen an Nils Althaus
Gesagt: Zitate zum Thema Gesundheit
Kolumne von Marlen Reusser
11
Schlaftypen
Sind Sie eine Eule oder eine Lerche?
12
So schlafen Sie besser Tipps von Expertinnen und Schlafforschern
32 Schlaganfall
Der lange Weg zurück ins Leben
38 Wandertipp «ViaBerna» von Mühleberg nach Aarberg
Magazin der GruppeSchlaf
Regeneration für Gehirn und Körper
Rund einen Drittel unseres Lebens verbrin gen wir mit Schlafen. Der Schlaf erfüllt viele wichtige Funktionen und wurde in der Me dizin trotzdem lange stiefmütterlich behan delt: Er gehört neben Ernährung, Bewegung und Sozialleben zu den «Big 4» für unsere körperliche Gesundheit. Ein gesunder Schlaf kann dazu beitragen, das Sterblichkeitsrisiko um bis zu 30 Prozent zu senken. Schlafver lust oder gestörter Schlaf haben zahlreiche negative Auswirkungen auf die Gesundheit und die Lebensqualität und führen zu einem höheren Risiko für Krankheiten wie Schlag anfall, Krebs, Demenz und Depression.
Das bewirkt der Schlaf Schlaf ist kein passiver, entspannter Zustand. Im Gegenteil: Wenn wir schlafen, laufen in unserem Körper komplexe Vorgänge ab.
Gehirn: Erinnerungen vom Tag werden im Schlaf erneut abgerufen, querverknüpft und abgespeichert. So werden wir im Schlaf klü ger. Stoffwechselabbauprodukte werden aus dem Gehirn abtransportiert. Synapsen wer den zurückgestutzt, damit sie am nächsten Tag wieder austreiben können, um neue Ver bindungen zu knüpfen. Dies normalisiert die Ausschüttung der Neurotransmitter (das sind Botenstoffe, die zwischen den Zellen vermit teln) und beugt Stimmungsschwankungen und Depression vor.
Hormone: Mit Beginn des Tiefschlafs wer den im Körper Wachstumshormone ausge schüttet. Das ist zentral für das Wachstum und die Regeneration von Knochen, Muskeln und inneren Organen. Auch die Ausschüt tung des Sättigungshormons Leptin und des
Hungerhormons Ghrelin wird durch den Schlaf beeinflusst. Wenn wir eine Nacht lang wach bleiben, werden wir ein wenig zu Dia betikerinnen und Diabetikern, der Körper muss mehr Insulin ausschütten, um Zucker aus dem Blut abzufangen.
Herz-Kreislauf-System: Nach dem Ein schlafen sinken Puls und Blutdruck. Dieses «Dipping» ist essenziell für die Regeneration der Blutgefässe und beugt Arteriosklerose vor.
Immunsystem: Im Schlaf bildet sich das immunologische Gedächtnis: Wer nach einer Impfung nicht schläft, hat ein Jahr später immer noch einen verringerten Impfschutz. Immunzellen treffen sich nachts in den Lymphknoten, um Informationen auszutau schen und am nächsten Tag wirkungsvoller gegen eindringende Viren, Bakterien und entartete Körperzellen (Tumorzellen) vorge hen zu können.
Körpertemperatur: Mit Einschlafbeginn sinkt unsere Körpertemperatur um 1 °C ab. Dies ist ein wichtiges Einschlafsignal. Gut durchblutete Hände und Füsse sorgen dafür, dass warmes Blut aus dem Körperinnern ab kühlen kann. Darum kann man mit kalten Füssen schlecht einschlafen.
Genügend erholsamer Schlaf ist essenziell für unsere Gesundheit. Schlafmangel und gestör ter Schlaf führen zu zahlreichen Problemen: Wir sind weniger aufmerksam und unser Reaktionsvermögen sowie unsere Fähigkeit, Probleme zu lösen, lassen nach. Wir sind ge reizt und dünnhäutig. Forschungsergebnisse zeigen, dass Krankheiten wie Übergewicht,
Schlaf ist lebensnotwendig für uns: Fortwährende Schlafstörungen können daher langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen. Doch warum brauchen wir überhaupt Schlaf, und was läuft in unserem Körper ab, wenn wir schlafen?
Text: Thorsten Kaletsch
«Schlaf ist kein passiver, entspann ter Zustand. Im Gegenteil: Wenn wir schlafen, laufen in unserem Körper komplexe Vorgänge ab.»
Der Schlafzyklus
So läuft gesunder Schlaf ab Wie sieht ein gesunder Schlafzyklus aus? In jeder Nacht durchläuft man vier bis sechs Schlafzyklen, die jeweils 80 bis 110 Minuten dauern. Jeder Zyklus besteht aus vier Schlafphasen, die in Non-Rapid-Eye-Movement-(NREM-)Schlaf und Rapid-Eye-Movement-(REM-)Schlaf unterteilt werden. Nach der kurzen Einschlaf phase gleitet man in den Normalschlaf und dann in den Tiefschlaf. Zum Abschluss eines Zyklus stellt sich der REM-Schlaf ein, gefolgt von einem kurzen Aufwachen. Mehrfaches Aufwachen in der Nacht gehört zum Schlaf dazu.
Normalschlaf
Diese Phase nennt man Leichtschlaf oder Normalschlaf. Sie macht in Summe mehr als 50 Prozent der Schlafenszeit aus.
Einschlafphase
Den Übergang vom Wachsein zum Schlafen nennt man Einschlafphase. Dieses «Dösen» dauert meist nur 1– 20 Minuten und wird oft gar nicht als Schlaf wahrgenommen.
REM-Schlaf
REM steht für Rapid Eye Movement und bezeichnet die Schlafphase, in der sich die Augen unter den Lidern schnell hin und her bewegen. Herzschlag und Atem frequenz erhöhen sich, und wir haben die lebhaftes ten Träume. Um zu verhindern, dass wir Bewegungen ausführen, sind die Muskeln in diesem Stadium gelähmt.
Schlafzyklus dauert 80 bis 110 Minuten.
Tiefschlaf
Im Tiefschlaf, der auch als DeltaSchlaf bezeichnet wird, entspannt sich die Muskulatur und der Herzschlag verlangsamt sich. Die Gehirnwellen verlangsamen und vergrössern sich. Der Tiefschlaf ist am wichtigsten für Regeneration und Gedächtnisbildung.
Diabetes, Schlaganfälle oder Herzinfarkte mit Schlafproblemen in Verbindung stehen. Darüber hinaus erhöhen Schlafstörungen langfristig auch das Risiko für Krebs und Demenz. Eine Studie von 2018 bezifferte die ökonomischen Kosten von Schlafproblemen auf 1,55 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Übertragen auf die Schweiz lägen somit die gesamtwirtschaftlichen Kosten bei knapp 12 Milliarden Franken.
«Decoding Sleep»
Genau diese Abhängigkeiten untersucht die interfakultäre und interdisziplinäre For schungskooperation (IFK) «Decoding Sleep» in mehreren Projekten. An der IFK, die von der Universität Bern finanziert wird, ist auch die Insel Gruppe massgeblich beteiligt. Sie besteht aus 13 Forschungsgruppen und verbindet meh rere Bereiche, darunter Medizin, Psychologie, Psychiatrie und Informatik. Ziel des Projekts ist es, neue Erkenntnisse über die Funktion und Regulierung des Schlaf Wach Rhythmus zu gewinnen und Strategien für frühzeitige und personalisierte Therapien von Schlaf Wach und neuropsychiatrischen Störungen zu entwickeln (vgl. Studien ab Seite 22).
Die Schlaf-Wach-Schaltzentrale
Im Normalfall gehen wir ins Bett, wenn wir müde sind. Es gibt viele Faktoren, die un ser Schlafbedürfnis und den sogenannten Schlafdruck regulieren. In der Evolution hat sich bei allen Lebewesen ein 24 Stunden Ta gesrhythmus festgesetzt. Der Hell Dunkel
Grundlagen Schlaf
Das sagt der Experte
«Schlafstörungen verursachen viel Leid und wirtschaftlichen Schaden. Schlafforschung ist deshalb aus gesellschaftlicher Sicht sehr wichtig. Es gibt Hin weise, dass Krankheiten wie Übergewicht, Diabetes, Schlag anfälle oder Herzinfarkte mit Schlafproblemen in Verbindung stehen. Und wir haben zuneh mend Daten, die zeigen, dass Schlafstörungen langfristig auch das Risiko für Krebs und Demenz erhöhen.»
Prof. Dr. med. Claudio Bassetti, Direktor und Chefarzt Universitätsklinik für Neurologie, Inselspital
Wechsel der Erde beeinflusst über unsere «innere Uhr» die Aktivität aller Organe und Körperzellen. Mit Einbruch der Dunkelheit schüttet der Körper das Hormon Melatonin aus. Seine Aufgabe ist es, die molekularen Uhren aller Körperzellen zu synchronisieren und im Takt zu halten. Licht hemmt die Bil dung dieses Hormons. Deshalb ist insbeson dere Morgensonne wichtig, um den Körper im Takt zu halten.
Wie genau das Gehirn den Schlaf Wach Zy klus steuert, ist bislang unklar. Lange wurde vermutet, dass verschiedene Hirnregionen für das Einschlafen und Aufwachen zustän dig sind.
Nun haben aber Berner Neurowissenschaft lerinnen und wissenschaftler entdeckt, dass eine einzelne Schaltzentrale im Gehirn für die Steuerung des Schlaf Wach Rhythmus verantwortlich ist (vgl. Studien ab Seite 20). Diese Erkenntnis ist von grosser Bedeutung für die Behandlung von Schlafstörungen und den damit verbundenen Krankheiten.
«Wie genau das Gehirn den SchlafWach Zyklus steuert, ist bislang unklar.»
Eule oder Lerche?
Trotz allen Einflüssen sind das Schlafverhalten und das Bedürfnis nach erholsamem Schlaf sehr individuell. Unsere persönlichen Vorlieben hängen von unserem Chronotyp ab. Er bestimmt, wann man am liebsten wach ist und wann man gerne schlafen geht. Er hat aber auch Einfluss auf die Zeit, in der man sein Leistungshoch hat.
Man unterscheidet drei Chronotypen, die erblich bedingt sind und sich mit zuneh mendem Alter verändern können.
Normaltyp
Er kommt am häufigsten vor. Die bevorzugte Schlafenszeit liegt grob zwischen Mitter nacht und 8 Uhr.
Eule
Der Abendtyp hat Mühe, früh aufzustehen, und erreicht sein Leistungshoch erst abends.
Der generelle Chronotyp ist angeboren, wird jedoch vom Lebensalter beeinflusst. Kinder sind eher Lerchen und Jugendliche eher Eulen. Mit zunehmendem Alter werden wir mehr zu Morgentypen.
Lerche
Der Morgentyp steht gerne früh auf und hat sein Leis tungshoch in den Morgen stunden. Abends ist er schnell müde und geht früh ins Bett.
Figures
Tipps für besseren Schlaf
Bewegung und Tageslicht: Jeden Tag mindestens 30 Minuten draussen verbringen. Sonnenlicht ist einer der stärksten Wachmacher und fördert die nächtliche Melatoninproduktion.
Gute Schlafbedingungen: ausschliesslich für Schlafen und Sex nutzen. Auf TV-Geräte, Tablets oder Smartphones im Schlafzimmer verzich ten. Bei längerem Wachliegen das Bett verlassen. Ideal ist eine Raumtem peratur zwischen 16 und 18 °C.
einem Papier festhalten und «ablegen».
Kein Schlaf am Tag: Bei Ein- und Durchschlafproblemen auf Nickerchen tagsüber verzichten.
Lesestoff
Das Buch zum Schlaf
Warum schnarchen wir, wenn wir Alkohol getrunken haben? Wie können wir unsere Träume beeinflussen? Welche Aus wirkungen hat Schlafmangel auf uns? Und warum schlafen wir überhaupt? Diese und viele andere Fragen beantwortet das Buch «Warum wir schlafen» des Schlafforschers und Neuro biologen Dr. Albrecht Vorster. Vorster ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Neurologischen Klinik des Inselspitals Bern und Leiter des Sleep House Bern. Das Insel Magazin verlost fünf Exemplare des Buchs unter allen Teilnehmenden, die bis am 31. Dezember 2022 ein E-Mail mit dem Titel «Wettbewerb Insel Magazin» an diese Adresse senden: sleephouse@insel.ch
Bildung
Ein SchlafMasterstudium in Bern
Die Academy of Sleep and Consciousness ASC des Universitätsspitals Bern und der Universitätsklinik für Neurologie bietet neben einem CAS und einem DAS auch ein Masterstudium «Sleep, Conscious ness und Related Disorders» an. asc.unibe.ch
RatgeberZahlen 20 mal
So oft wechseln wir durchschnittlich pro Nacht unsere Schlafposition.
10–20
Minuten
So lange dauert es im Schnitt, bis wir einschlafen können.
60
Kalorien
So viel Energie verbrauchen wir durchschnittlich pro Stunde, wenn wir schlafen. Das ist mehr, als wenn wir die Zeit vor dem TV verbringen.
28mal
So oft wachen wir in einer Nacht durchschnittlich auf, ohne es zu merken.
0,5 Liter
So viel Schweiss sondern wir pro Nacht durchschnittlich ab.
266 Stunden
So lange war der Brite Tony Wright wach, als er den Wach halterekord fürs Guinness Book aufstellte. Er kam also 11 Tage ohne Schlaf aus.
Figures
Auf einen BlickDie häufigsten Schlafkrankheiten
Insomnie: Sie bezeichnet chronische Ein- und Durchschlafstörungen und frühes Erwachen. Zu den Folgen gehören Leis tungs- und Konzentrationsstörungen sowie Auswirkungen auf die Befindlichkeit, dar unter Gereiztheit bis hin zur Depressivität. Insomnie kommt häufig bei Stress vor, kann aber auch Ausdruck einer körperlichen oder seelischen Erkrankung sein. Bis zu 10 Pro zent der Bevölkerung leiden an Insomnie.
Schlafapnoe: Meist in Verbindung mit Schnarchen kommt es in der Nacht zu Atemaussetzern, die den Schlaf unter brechen. Das führt bei den Betroffenen zu einer starken Tagesmüdigkeit, die den gefährlichen Sekundenschlaf und eine erhöhte Unfallgefahr zur Folge haben kann. Schlafapnoe führt auch zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkran kungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt sowie für Diabetes und Depression. In der Schweiz leiden über 150 000 Menschen an Schlafapnoe.
Restless-Legs-Syndrom (RLS): Dabei treten abends Schmerz- oder Kribbelge fühle in den Beinen auf. Betroffene finden wegen des daraus entstehenden Bewe gungsdrangs nicht in den Schlaf, obwohl sie müde und schläfrig sind. Das Syndrom der ruhelosen Beine betrifft etwa 10 Pro zent der Bevölkerung und tritt gehäuft bei Eisenmangel auf.
Hypersomnie: Bezeichnet ein ständiges Schlafbedürfnis oder das ungewollte Einnicken am Tag. Ursachen sind oftmals unzureichende Schlafdauer (insufficient sleep syndrome) oder Atmungsstörungen im Schlaf (Schlafapnoe). Selten ist eine Narkolepsie die Ursache, bei der die SchlafWach-Regulierung gestört ist, deren Zent ren im Hirnstamm und Mittelhirn liegen.
Schlafwandel, Nachtschreck und Ausagieren von Träumen: Insbeson dere Kinder neigen, häufig als Folge der natürlichen Gehirnentwicklung, zu Schlaf wandeln oder Schreien begleitet von Des orientiertheit (Nachtschreck) in der ersten Nachthälfte. Bei plötzlichem Auftreten von Schlafwandel oder von Ausagieren von Träumen (Schlagen und Treten in der REMPhase) im Erwachsenenalter sollte eine Neurologin oder ein Neurologe aufgesucht werden, um die Ursachen abzuklären.
Albträume: Bis zu 8 Prozent der Be völkerung leiden unter wiederkehrenden Albträumen. Der starke emotionale Inhalt der Albträume kann das Wiedereinschlafen verhindern und noch weit in den Tag das Befinden negativ beeinträchtigen. Mit der Imagery-Rehearsal-Therapie lassen sich Albträume mittlerweile sehr gut be handeln.
Event Berner Schlaf-WachEpilepsie-Tage 2022
Die 26. Berner Schlaf-Wach-Epilepsie-Tage finden vom 2. bis 4. November 2022 im Inselspital Bern (Hörsaal Langhans) statt. Nach dem «Decoding Sleep»-Symposium und einem öffentlichen Workshop zum Thema «Schlaf im Leistungssport» stehen das 26. Ber ner Schlaf-Wach-Epilepsie-Symposium und das 7. ZEN-Symposium auf dem Programm.
Der kleine Bruder des Todes
INSEL – FokusDie Darstellungen von Alb träumen des Schweizer Künstlers Johann Heinrich Füssli sorgen 1782 für einen Skandal. Der Nachtmahr, ein Dämon, belastet die unschuldig Schlafende.
Der Schlaf in Kunst und Literatur
Der Schlaf ist ein rätselhaftes Phänomen. Auf Kunst und Literatur übt er von jeher eine grosse Faszination aus. Die ungarische Literatur wissenschaftlerin Eva Kocziszky zeichnet die Geschichte des Schlafs von den Anfängen nach und beschreibt ihn als Verwandten des Todes und als Zustand, der ohne Träume dem Nichts gleichkommt.
Interview: Marianne KaiserFrau Kocziszky, wie gut ist Ihr Schlaf? Ich schlafe meistens gut und ergiebig. Das verleiht mir nicht nur physische Erholung, sondern auch ein seelisches Gleichgewicht, das ohne diesen tagtäglichen Bruch mit mir selbst nicht so leicht wiederherzustel len wäre.
Im Schlaf geben wir Kontrolle ab und können uns als Schlafende nicht selbst be trachten. Wie werden Schlafende in Kunst und Literatur beschrieben, wenn die äus sere Haltung abgefallen ist?
Schlafende können überaus schön anmuten, da sie entspannt sind und niemandem ge fallen wollen, aber trotzdem erotisch wirken. Andere Schlafende, wie etwa Canovas Endy mion, sind wie entrückt, ihre Züge und ihre Haltung deuten einen Aufenthalt im Anders wo an – vielleicht in der Ewigkeit. Zu meinen Lieblingsgemälden gehört Piero di Cosimos «Vulkan und Aeolus», auf dem der Mensch der archaischen Zeit ruhig und glücklich schläft, sogar in der Pose eines Kindes.
Die Faszination für das Thema Schlaf ist schon sehr alt. So hat Homer, der Dichter der Antike, den Gott des Schlafs «erfun den»: Hypnos.
Die griechische Epik Homers und Hesiods verlieh Hypnos eine ungeheure Macht: Er war mit seinem Zwillingsbruder Thanatos (dem Tod) ein Sohn der Nacht und herrsch te über Menschen und auch über Götter.
Ob es Homer tatsächlich gegeben hat, ist aber umstritten.
Ja, aber der Name Homers ist ein Inbegriff für die beiden Epen Ilias und Odyssee. Diese Epoche, das 8. Jahrhundert v. Chr., markiert für uns die Zeit des Anfangs der europäischen Literatur. Dies trotz archäo logischen Funden aus vorherigen Jahrhun derten. Die Epen Ilias und Odyssee sind die ersten literarischen Zeugnisse der griechi schen Götterwelt mitsamt Hypnos.
Eva Kocziszky ist eine un garische Germanistin. Sie er forscht die deutsche Literatur des 18. und 20. Jahrhunderts sowie die Ästhetik der Auf klärung und der Klassik. Seit 2014 ist sie Professorin am Institut für Germanistik und Translationswissenschaft an der Pannonischen Univer sität Veszprém.
Buchtipp
Der Schlaf in Kunst und Literatur
Konzepte im Wandel von der Antike zur Moderne. Von Eva Kocziszky. Erschienen 2019 im Reimer-Mann-Verlag.
Uns ist die Hypnose als Methode bekannt, die auch am Inselspital bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt wird. Welche Rol le hatte die Gottheit Hypnos in den ver schiedenen literarischen Darstellungen? Nach archaischer griechischer Auffassung nähert er sich dem Menschen von aussen her, genauso wie der Traum. Hypnos besass ein Füllhorn mit Schlaftrunk, den er auf den Schlafenden ausgoss. Dieses göttliche Zutun beim Einschlafen ist sowohl in der Literatur als auch in der bildenden Kunst besonders betont. Dies vor allem, wenn es sich um einen Trick, um ein Überlisten oder umgekehrt um Heilung eines Kranken im Schlaf oder um ei nen göttlichen Eingriff in sein Leben handelt.
Als Germanistin betrachten Sie den Schlaf in einem literarischen Kontext: Was faszi niert Sie an diesem Thema besonders?
Mich fasziniert der Reichtum existenzialer und lebensgeschichtlicher Ereignisse, der in Verbindung mit diesem «Nichts», mit dieser «Leerstelle» Schlaf als möglich oder sogar als real vorgestellt werden kann. Die Literatur erzählt von zahlreichen dramatischen Er eignissen während des Schlafs: Einige wer den schwanger, ohne von einem Beischlaf zu wissen, andere verwandeln sich plötzlich in einen Käfer, wiederum andere werden von Göttern besucht.
Heute haben sehr viele Menschen ernst hafte Schlafprobleme, bei Homer galt der Schlaf sogar als kleiner Bruder des Todes –haben wir heute mehr Angst vor dem Tod als damals?
Ja, das glaube ich. Wir neigen dazu, uns als eine biomechanische Funktion zu betrach ten, als medizinischen Körper. Und da ver liert man mit dem Tod alles. Einige griechi sche Philosophen wie Heraklit oder Platon hielten jedoch den Schlaf für weit schlimmer als den Tod: Dies, wenn man zum Beispiel ein Leben lang halbwach vor sich hindöst und nichts Weltvolles, nichts Wahres hinterlässt.
Eine Nacht im Schlaflabor
Mike (51) kämpft seit fünf Jahren mit Schlafproblemen. Er hat schon viele Dinge ausprobiert, um besser schlafen zu können. Eine Nacht im Schlaf labor des Universitären Schlaf Wach Epilepsie Zentrums (SWEZ) im Inselspital bringt Aufschlüsse über die Ursache sei ner Probleme.
Text: Thorsten Kaletsch
Sein Leidensweg begann vor fünf Jahren mit Einschlaf und Durchschlafprob lemen, bis er schliesslich fast gar nicht mehr schlafen konnte. Er war gereizt und dünnhäutig, hatte jede Lebensqua lität verloren: Mike ist als Art Director in der Marketing und Kommunikations abteilung eines grossen Unternehmens tätig, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er ist 51 Jahre alt, 190 Zenti meter gross und 93 Kilogramm schwer. Vor fünf Jahren hat er mit dem Rauchen aufgehört und seitdem ein paar Kilos zu gelegt. Dann kamen die Schlafprobleme. Eine Diät sorgte kurzzeitig für Linde rung, und momentan hilft auch Medita tion gegen das lange Wachliegen in der Nacht. Er glaubt, dass die Anschaffung des Familienhunds vor anderthalb Jah ren ebenfalls zur Besserung beigetragen hat. Aber die Schlafstörungen treten im mer mal wieder auf und beeinträchtigen seinen Alltag. Deshalb hat sich Mike ans Inselspital gewandt und dort zunächst die Schlafsprechstunde im Neurozentrum besucht. Jetzt soll die Aufzeichnung seines Schlafs im Schlaflabor Aufschluss über die Ursache seiner Schwierigkeiten geben.
21.45 Uhr: Regen prasselt nieder und Blitze durchzucken den Himmel. Dra matischer könnten die Rahmenbedin gungen für Mikes Nacht im Schlaflabor nicht sein: Als ihn seine Frau mit dem Auto vor dem Universitären Neurozen trum absetzt, geht gerade ein heftiges Gewitter über dem Inselspital nieder.
22.01 Uhr: Die erfahrene medizinisch technische Assistentin Andrea Gehrig begrüsst Mike und weist ihm seinen Schlafplatz zu: Im Zimmer B148d, das auch mit «Koje 3» beschriftet ist, macht er sich fertig für die Nacht. Er streift eine YB Sporthose und ein bequemes T Shirt über. Das Zimmer ist rund zehn
Quadratmeter gross. Tagsüber wird es für medizinische Behandlungen und Patientengespräche genutzt: ein kleiner Schreibtisch, zwei Stühle, ein Hocker. An der Wand das Bett mit Nachttisch lampe. Aber kein Fenster. Eine Türe im Raum führt zum kleinen WC mit Dusche.
22.15 Uhr: Befragung vor der Verka belung. «Wie gross und wie schwer sind Sie? Haben Sie letzte Nacht normal ge schlafen? Haben Sie heute Alkohol, Kaf fee, Tee, Cola oder andere koffeinhaltige Getränke zu sich genommen? Mussten Sie sich heute über etwas aufregen oder Sorgen machen? Haben Sie einen Mit tagsschlaf gemacht?»: Andrea Gehrig vermerkt Mikes Antworten im Formular. Der Art Director gibt zu Protokoll, dass er um 13 Uhr beim Zeitunglesen kurz für fünf Minuten weggenickt ist.
22.23 Uhr: Es geht los: Andrea Gehrig vermisst Mikes Kopf und markiert die Stellen, wo anschliessend Elektroden angebracht werden sollen. Im Sitzen werden ihm Gurte angelegt, die den Herzrhythmus (Elektrokardiogramm, EKG) sowie die Brust und die Bauch atmung kontrollieren. Die Haut wird zuerst mit einer Peelingpaste gerei nigt, danach werden die mit Fett ver sehenen Elektroden mit einem Pflaster und Sekundenkleber angebracht. Am Mittelfinger der rechten Hand wird ein Sensor angeclippt, der die Sauer stoffsättigung im Blut misst. Elekt roden auf dem Kopf zeichnen Mikes Hirnstromkurve (Elektro Enzephalo grafie, EEG) auf. Weitere Elektroden über und unter den Augen protokol lieren die Augenbewegungen (Elek tro Okulografie). Zusammen mit der Messung der Muskelaktivität am Kinn (Elektro Myogramm, EMG) gibt das Aufschlüsse über den REM Schlaf.
Sämtliche Kabel werden ins Hauptge rät gesteckt, das Mike auf dem Bauch trägt. Die Nasensonde, die Andrea Mike in die Nasenlöcher schiebt, misst die Atmung, und auch an den Beinen des 51 Jährigen werden nach kurzer Rasur Elektroden angebracht, die sei ne Muskelaktivität kontrollieren. Um 23.10 Uhr ist Mike bereit für die Nacht.
23.17 Uhr: «Hören Sie mich?» Andrea Gehrig startet das System auf und kon trolliert im Überwachungsraum, ob alle Messparameter funktionieren. Mike wird die ganze Nacht gefilmt, und auch sämtliche Geräusche werden aufgenom men. Zurück im Zimmer misst Andrea Gehrig dann noch Mikes Blutdruck und kalibriert das entsprechende Messsys tem. «Wir löschen jetzt das Licht. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht. Wenn Sie ein Anliegen haben, können Sie sich jederzeit melden.»
0.03 Uhr: Nach einer relativ kurzen An laufzeit schläft Mike erstmals ein. Eine gute Stunde später döst er wieder vor sich hin, dreht sich ein paarmal und ver sucht wieder einzuschlafen.
3.57 Uhr: Mike läutet, weil er drin gend Wasser lassen muss. Die zweite Fachfrau, die neben Andrea Gehrig eine Nachtschicht macht und die vier Schlafenden im Schlaflabor überwacht, öffnet die Zimmertür und entkabelt ihn. Danach legt sich Mike wieder ins Bett.
4.31 Uhr: Mike schläft wieder ein. Eine gute Stunde später wird er von den Ge räuschen auf der Abteilung wieder wach und döst vor sich hin.
Im Überwachungsraum überprüft die medizinisch-technische Assistentin Andrea Gehrig, ob alle Parameter auf gezeichnet werden.
5.52 Uhr: Das Licht geht an, und Andrea Gehrig betritt das Zimmer. «Guten Morgen! Wir befreien Sie jetzt von den Kabeln.» Mit Nagellackentferner löst sie die Elektroden und öffnet die ver schiedenen Gurte. Es folgt eine kurze Befragung, die Andrea Gehrig proto kolliert: «Wie haben Sie im Vergleich mit den Nächten zu Hause geschla fen?» – «Ein bisschen weniger gut –ich denke, dass ich rund zweieinhalb Stunden fest geschlafen habe. Aber es gab auch zu Hause schon schlimmere Nächte!» «Warum haben Sie weniger gut geschlafen?» – «Das lag wohl an der neuen Umgebung und an der Ver kabelung. Ich habe hier auch mehr ge zuckt als zu Hause.» «Wie müde fühlen Sie sich jetzt?» – «Ein bisschen.» «Wie schläfrig sind Sie?» – «Ein bisschen.» «Wie aufmerksam sind Sie?» – «Ziem lich aufmerksam.» «Wie erholt sind Sie im Vergleich zu gestern Abend?» – «Un gefähr gleich.»
7.07 Uhr: Mike hat das Schlaflabor verlassen. Im «Centro Café + Shop» auf dem Inselareal kauft er sich einen Kaf fee und ein Gipfeli. Er ist sehr gespannt auf die Auswertung der Nacht.
Diagnose: Obstruktive Schlafapnoe
Zwei Wochen später werden Mike in der Befundbesprechung die Resultate seiner Nacht im Schlaflabor präsentiert. Sie sind eindeutig: Mike leidet an einer obs truktiven Schlafapnoe. Diese entsteht, wenn die Muskulatur in den oberen Atemwegen erschlafft. Dadurch verengt sich der Atemweg im Rachenbereich und führt zum Schnarchen. Die Pro tokolle von Mikes Schlafzyklen lassen keinen Zweifel zu: Sein Schlaf ist stark fragmentiert, seine Schlafeffizienz liegt
Das sagt der Experte
«Es gibt immer mehr Metho den, um den Schlaf-WachRhythmus auch zu Hause aufzuzeichnen – zum Beispiel Handgelenks- oder Fussakti graphien. Die Polysomnographien, die wir während einer Nacht im Schlaflabor machen, liefern umfassendere Daten. Meist sind die Schlafprobleme multifaktoriell bedingt: Eine Polysomnographie ist sowohl für die Diagnosesicherung als auch für die Therapieoptimie rung hilfreich – zum Beispiel bei der Druckeinstellung des CPAP-Geräts.»
Dr. Markus Schmidt (PhD), Oberarzt und stv. Leiter Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum (SWEZ), Universitätsklinik für Neurologie, Inselspital
bei nur 70 Prozent (normal wären über 90 Prozent). Pro Stunde werden bei Mike 33 Atemaussetzer und 27 Sauerstoff «Entsättigungen» aufgezeichnet: Wegen dieser Störung wird der Körper nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Das Gehirn löst dann eine kurze Auf weckreaktion aus, einen sogenannten Arousal. Dieser unterbricht den Schlaf rhythmus und verhindert, dass Mike in den Tiefschlaf fällt, der für die Erholung des Körpers wichtig ist. In der gesamten Nacht befindet sich Mike 80 Minuten in der Einschlafphase, 163 Minuten im Leichtschlaf und nur 12 Minuten im Tief schlaf. Lediglich zwei längere REM Pha sen (Traumschlaf) von total 24 Minuten werden aufgezeichnet. Normal sollte der Anteil des Tiefschlafs rund 15 bis 20 Pro zent und jener des REM Schlafs rund 20 bis 25 Prozent betragen.
«Kein Wunder, dass Sie am Morgen nicht erholt sind», sagt Oberarzt Markus Schmidt. «Bei 33 Aussetzern pro Stunde spricht man bereits von einer schwer gradigen Schlafapnoe.» Er erklärt, dass diese Schlafstörung langfristig zu einer Erhöhung des Blutdrucks führt und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankun gen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall verdreifacht. «Wir empfehlen Ihnen, in der Nacht eine CPAP Maske zu tragen, welche die Atmung durch einen konti nuierlichen Atemwegsüberdruck deut lich verbessert.» Er selbst leide auch an Schlafapnoe und trage auch eine solche Maske, sagt Markus Schmidt. Patient Mike hört während der gesamten Be sprechung aufmerksam zu, stellt Fragen und ist am Schluss erleichtert: «Durch diese Diagnose sehe ich endlich Licht am Ende des Tunnels.»
Swiss
Bern
Beratung, Therapie und Kurse
Im Sleep House werden Patientinnen und Pa tienten sowie Unternehmen zu Fragen rund um den Schlaf beraten. Betroffene und Interessierte können sich hier ohne Voranmeldung über Schlafthemen informieren, Informationsmaterial beziehen und einen kostenlosen Schlaf-Check durchführen. Das Team im Sleep House ist spezialisiert auf die Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen sowie Albtraumstörungen und setzt an der Ursache der Schlafprobleme an.
Im Sleep House kostenlos sind der Besuch der Ausstellung, der fünfminütige Schlaf-Check, Infomaterial sowie verschiedene Informationsveranstaltungen (ab November 2022). Sollte durch eine ärztliche Untersuchung eine Schlaf erkrankung festgestellt werden, kann diese nach einer Überweisung durch die Hausärztin oder den Hausarzt im Sleep House behandelt und über die Krankenkasse abgerechnet wer den. Selbstzahlende ohne Vorliegen einer aku ten Erkrankung erhalten eine schlafmedizinische Beratung (zum Beispiel zur Leistungssteigerung bei Sportlerinnen und Sportlern).
Therapieangebot
• Therapie bei Ein- und Durchschlafstörungen und morgendlichem Früherwachen (Insomnie)
• Albtraumtherapie
• Therapie bei Schlafwandeln, Nachtschreck und Sprechen im Schlaf
• Therapie bei Schlaf-Wach-RhythmusStörungen (Jetlag, Schichtarbeit, non-24)
• Ergänzende Verhaltenstherapie bei RestlessLegs-Syndrom, Schlafapnoe, Maskenphobie, Fatigue und Hypersomnien
Kurse
Ab Jahresbeginn 2023 finden Kurse für die Bevölkerung zu diversen Schlafthemen statt. Diese sind frei buchbar und unabhängig von einer ärztlichen Verschreibung:
• Gesund trotz Schichtarbeit
• Besser schlafen in den Wechseljahren
• Besser leben mit Long Covid und Fatigue
• Besser leben mit unruhigen Beinen (Restless-Legs-Syndrom)
• Besser leben mit Schlafapnoe
Weitere Informationen
Das Sleep House ist Teil der Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals Bern und befin det sich auf dem Gelände des Spitals Tiefenau.
Swiss Sleep House Bern Tiefenaustrasse 110 3004 Bern sleephouse@insel.ch sleephouse.insel.ch
Das sagt die Forschung
Schweizerinnen und Schweizer haben Schlafprobleme
Gemäss einer neuen Studie schläft nur knapp die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer gut oder sehr gut. Fast zwei Drittel geben an, in der Nacht von mindestens einer Form von Schlafstörung geplagt zu werden. Von den Deutsch schweizerinnen und Deutschschweizern klagen 19 Prozent über schlechten bis sehr schlechten Schlaf. Bei den Romands sind es 26 Prozent und im Tessin 32 Prozent. Menschen in Städten haben demnach mehr Mühe mit ihrem Schlaf als Menschen auf dem Land. Für die «Health Forecast»-Studie zum Schlafverhalten in der Schweiz wurden rund 2000 Personen zwischen 18 und 74 Jahren befragt.
Auslöser für Narkolepsie entlarvt
Bislang war es ein Rätsel, welcher Mechanismus die seltene Schlafkrank heit Narkolepsie auslöst, die Tages schläfrigkeit und kurzfristigen Verlust des Muskeltonus verursacht. Eine Studie des Universitären Schlaf-Wach-Epilep sie-Zentrums (SWEZ, Inselspital) hat nun eine mögliche Ursache der Krankheit identifiziert. In der Studie konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass bei Pa tientinnen und Patienten mit Narkolepsie autoreaktive T-Zellen vorhanden sind, die das Protein Hypokretin erkennen und eine Immunantwort herbeiführen können. Diese Immunantwort führt möglicherweise zum Verlust oder Ver stummen (Silencing) von Hypokretinproduzierenden Nervenzellen.
Damit wurde ein potenzieller Auslöser der Narkolepsie Typ 1 gefunden, was neue Möglichkeiten für eine frühe Dia gnose und Therapie eröffnet. Die Studie ist das Ergebnis einer engen Zusammen arbeit zwischen Grundlagenforschenden und klinischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie wurde gemeinsam koordiniert von Federica Sallusto, Profes sorin am Institut für Forschung in Biome dizin in Bellinzona (IRB) und an der ETH Zürich, und Claudio Bassetti, Professor am Universitären Schlaf-Wach-EpilepsieZentrum (SWEZ) der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital Bern.
REM-Schlaf steuert Essverhalten und sortiert Emotionen
Forschende der Universität Bern und des Inselspitals haben entdeckt, dass die Aktivität bestimmter Nervenzellen wäh rend des REM-Schlafs das Essverhalten reguliert: Wird diese Aktivität bei Mäusen unterdrückt, ist deren Appetit gestört. In einer weiteren Studie haben Forschende der gleichen Institutionen entdeckt, wie das Gehirn während des REM-Schlafs Emotionen sortiert, um zu verhindern, dass sich traumatische Erinnerungen im Gehirn verfestigen. Das eröffnet neue Perspekti ven für die Behandlung von traumatischen Erinnerungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung und anderen akuten oder chronischen psychischen Erkran kungen. Beide Studien wurden von der interfakultären Forschungskooperation «Decoding Sleep» unterstützt.
Jugendliche schlafen zu wenig
Junge Menschen schlafen oft zu wenig, nämlich durchschnittlich nur sieben Stunden. Das permanente Schlafdefizit hat negative Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden, ihre Gesundheit und ihre Leistungsfähigkeit: Sie sind gestresst und weniger aufmerksam. Zudem haben sie ein höheres Risiko, sich im Schulkontext zu verletzen. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse des Forschungszentrums Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Bereits eine Studie aus den USA hatte gezeigt, dass viele Jugendliche länger schlafen würden, wenn der Schulbeginn morgens später angesetzt wäre.
Sauerstoffmessung am Handgelenk
Die periphere Sauerstoffsättigung des Bluts im Schlaf wird typischerweise mit einem Clip an der Fingerbeere gemessen (Pulsoximetrie). Diese Messmethode ist nicht invasiv, kann allerdings als störend empfunden werden und ist nicht für Lang zeituntersuchungen nutzbar. Ein Team von Forschenden um PD Dr. med. AnneKathrin Brill von der Universitätsklinik für Pneumologie, Inselspital, hat jetzt ein neues Gerät entwickelt, das wie eine Uhr am Handgelenk getragen werden kann und auf der Reflexionspulsoximetrie basiert. In einer klinischen Studie wurde es über Nacht an 57 Probandinnen und Probanden mit einer herkömmlichen Pulsoximetrie verglichen. Die Ergebnisse sind vielver sprechend und könnten den Weg für neue diagnostische Möglichkeiten bei Atmungs störungen im Schlaf bereiten.
Schlaf-Wach-Zentrale liegt im Thalamus
Wie das Gehirn den Schlaf-Wach-Zyklus steuert, war lange unklar. Bisherige Er kenntnisse liessen darauf schliessen, dass die Impulse für den Schlaf in der Gross hirnrinde unmittelbar unter der Schädel decke produziert werden. Die «Aufwach zentren» vermutete man im unteren Teil des Gehirns, im Bereich des Hirnstamms. Nun haben Forschende des Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital Bern zum ersten Mal eine Hirnregion identifiziert, die sowohl für den Schlaf als auch das Aufwachen zuständig ist: den Thalamus.
Die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Antoine Adamantidis entdeckte, dass eine kleine Gruppe der Nervenzellen im Thalamus sowohl das Aufwachen als auch das Einschlafen kontrolliert. Sie generiert langsame Wellen, die für den Schlaf wich tig sind, gibt aber auch das Signal zum Aufwachen – je nach neuronaler Aktivität. In ihrer Untersuchung setzten die For schenden eine Technik namens Optoge netik ein. Mittels Lichtimpulsen konnten so die entscheidenden Nervenzellen von Mäusen präzise gesteuert werden.
in der
Genesung nach Hirnschlag
Bisher war die Neurorehabilitation der einzige Ansatz, um die Schäden nach einem Schlaganfall zu behandeln. Nun zeigen Forschende der Universitätsklinik für Neurologie der Universität Bern und des Inselspitals, dass die Genesung nach einem Hirnschlag durch die Beeinflus sung des Schlafs gefördert werden kann.
Zwischen Schlaf und Schlaganfall besteht eine komplexe wechselseitige Beziehung. Schlaf-Wach-Störungen (SWD) stellen ein unabhängiges Schlaganfallrisiko dar, einige SWD treten aber bei einem Hirn schlag auch neu auf. Das Forschungs team konnte zeigen, dass die Induktion von langsam welligem Schlaf («Tief schlaf») bei Mäusen die motorische Erho lung nach einem Schlaganfall verbessert. Dazu nutzte das Team Optogenetik, mit der sich neuronale Aktivität und Hirnwel len mit Licht kontrollieren lassen. Durch gezielte Stimulation mit Licht konnten die Forschenden den Schlaf verbessern und die Erholung nach einem Schlagan fall fördern.
Unterstützt wurde die Studie mit Mitteln der interfakultären Forschungskoopera tion «Decoding Sleep» der Universität Bern und des Inselspitals. Für ihre Studie zum Schlaf als Therapieansatz bei Hirnschlag erhielt die neunköpfige Forschungsgruppe um Prof. Dr. med. Claudio Bassetti, Klinikdirektor und Chef arzt der Universitätsklinik für Neurologie, Prof. Dr. Antoine Adamantidis, Direktor des Zentrums für Experimentelle Neuro logie (ZEN), und Dr. Laura Facchin (ZEN) den Forschungspreis 2022 der Schweize rischen Hirnliga.
Das sagt der Experte
«Die Kooperation ‹Decoding Sleep› erforscht viele Fragen: zum Beispiel, ob es möglich ist, chronische Schmerzen im Schlaf zu verlernen oder welchen Einfluss Schlaf auf unsere Kreativität hat. Auch die Verarbeitung von Emotionen im REM-Schlaf ist ein wichtiges Thema. Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse nicht nur den Patientinnen und Patienten zugutekommen, sondern auch der breiten All gemeinheit.»
Prof. Dr. Antoine
Adamantidis, Departement for Bio-Medical Research (DBMR), Universität Bern, und Uni versitätsklinik für Neurologie, Inselspital Bern
Schlaf fördertDie Nacht in der Insel Gruppe 69
seelsorgerliche Nacht gespräche pro Jahr (2020)
32
Kilometer legte eine Pflegekraft während einer Nachtschicht in der Uniklinik für Urologie zurück und unterstützte Patientinnen und Patienten bei …
12
Toilettenbegleitungen.
220
nächtliche Helikopter landungen pro Jahr (2020)
250
eingestempelte Mitarbeitende am Inselspital pro Nacht, tagsüber ca. 5000
473 nächtliche Geburten (in der Zeit von Juli 2020 bis Juni 2021, Inselspital)
Reportage: Die Insel bei Nacht
Hochbetrieb statt Schäfchen zählen
Freitagnacht. Während die ersten Partylöwen auf das Wochenende anstossen, beginnt Sabri na Lanz gerade ihre Nachtschicht im Univer sitären Notfallzentrum des Inselspitals Bern. Für die junge Oberärztin ist klar: Spät und Nachtschichten gehören einfach zum Berufs alltag dazu. Denn ein Notfall ohne 24 Stun den Betrieb ist undenkbar. Den hohen Adre nalinspiegel teilt sie mit den Partylöwen, auch Sabrina Lanz hält er in den Nachtstunden auf Trab: «In der Nachtschicht werde ich nicht schnell müde, weil einfach unglaublich viel läuft. Man ist immer am Ball und wird ge braucht.» Gemeinsam mit einem zuverlässigen Team gilt es, der Hektik zu trotzen. Rasche, wohlbedachte Entscheidungen werden ge troffen, Fachkräfte koordiniert, und vor allem wird Hilfe geleistet. Gerade am Wochenende herrscht Hochbetrieb im Notfallzentrum.
Eine Patientin wird mit einer eiternden Wun de am Bein eingeliefert. Sabrina Lanz unter sucht sie per Ultraschall, erste Massnahmen werden ergriffen: Die Verletzung muss aus gespült werden, um die drohende Blutvergif tung in Schach zu halten. Nur wenige Minuten später trifft ein Mann ein. Bewusstlos. Alko holisiert. Infolge eines Sturzes bei einer Prüge lei wurde sein Hinterkopf in Mitleidenschaft gezogen. Sabrina Lanz und ihr Team prüfen die Situation, eine Computertomografie wird angeordnet – jeder Handgriff sitzt. Neben der Erstversorgung des Mannes steht das Notfall team vor einer weiteren Herausforderung: In Zusammenarbeit mit der Polizei wird die Iden tität des unbekannten, nicht ansprechbaren Mannes ermittelt.
Ruhiger, aber nicht weniger fordernd er lebt Annelies Schweizer die Freitagnacht im Landspital Riggisberg. Die Arbeit in den Abendstunden kommt der diplomierten Pfle gefachfrau als Mutter dreier kleiner Kinder entgegen. Während Patientinnen und Patien ten träumen, werden Aufgaben erledigt, für die bei Tag nur wenig Zeit bleibt. Zum Bei spiel werden die Betäubungsmittelvorräte des Spitals akribisch kontrolliert. Nachts gehen die Pflegekräfte auf der Station davon aus, dass die Patientinnen und Patienten schlafen möchten. Wenn das einmal nicht geht, wer den sie von Annelies Schweizer und dem Pfle geteam des Spitals dabei unterstützt, Ruhe und Erholung zu finden. «Manchmal fehlt mir bei Nachtschichten die Kommunikation mit unseren Patientinnen und Patienten», erzählt die Pflegefachfrau. Annelies Schwei zer ist wie selbstverständlich zur Stelle, wenn Patientinnen und Patienten Hilfe benötigen: sei es wegen plagender Schmerzen, einer vol len Blase oder schlechter Träume, die den Schlaf stören. Das Pflegeteam hält Wache, bis es frühmorgens heisst: «Guten Morgen, ich messe nun Ihren Blutdruck. Darf ich das Licht einschalten?»
Zur selben Zeit im Notfallzentrum des Insel spitals in Bern: Nachdem viele weitere Ein zelschicksale Sabrina Lanz auf Trab gehalten haben, tritt sie in der Morgendämmerung mit dem Fahrrad den Heimweg an. Auch für sie kommt jetzt die Zeit, Schäfchen zu zählen.
Während spätabends vielerorts die Lichter ausgehen und die Menschen zur Ruhe kommen, schläft der Spitalbetrieb nie. Pflegefachfrau Annelies Schweizer und Oberärztin Sabrina Lanz sind trotz später Stunde hellwach. Ihr Auftrag: Patientinnen und Patienten versorgen.
Text: Loriana Zeltner
Über 400 Sitznachtwachen
Mehr als 400 Studierende halten in den Spitälern der Insel Gruppe Sitznachtwache. Sie verbringen die Nacht stunden am Patientenbett, denn einige Patientinnen und Patienten fürchten sich davor, nachts allein zu sein oder müssen aufgrund medizini scher Risiken durchgehend überwacht werden.
Die Sitznachtwachen stu dieren Humanmedizin oder Pflege an einer Höheren Fachschule. Ihr Engagement entlastet das Pflegefachper sonal wesentlich. Häufig küm mern sich Sitznachtwachen um demente oder delirante Patientinnen und Patienten, die eine zeitintensive Betreu ung benötigen.
Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, halten sich Nachtwachen nicht nur nachts im Spital auf. Sie können in jeder Schicht – also auch im Tag- oder Spätdienst – ein gesetzt werden. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn Pa tientinnen und Patienten auf eine durchgehende Betreuung angewiesen sind. Je nach Bedürfnis der Patientin oder des Patienten unterstützen Nachtwachen das Pflege personal bei der Mobilisation oder der Essensabgabe. Zum Handwerk der Nachtwachen gehören das Gespräch und verschiedene Angstbewäl tigungsstrategien wie etwa Atemübungen.
Die Digitalisierung wird die Gesundheitsver sorgung der Zukunft massgebend prägen.
Im Zentrum der digitalen Projekte der Insel Gruppe steht derzeit die Einführung eines neuen Klinikinformations und Steuerungssystems (KISS), von dem insbesondere Patien tinnen und Patienten profitieren.
Text: Peter Bader
Digitalisierung verbessert Behandlungen
Für erfolgreiche medizinische Behand lungen ist es wichtig, dass Informatio nen über Patientinnen und Patienten jederzeit und überall vollständig ver fügbar sind. Bei der Insel Gruppe mit ihren sechs Standorten im Kanton Bern und den jährlich mehr als 850 000 Patientinnen und Patienten ist das eine enorme Herausforderung: Aktuell sind zahlreiche verschiedene Systeme zur klinischen Dokumentation im Einsatz, die nicht miteinander vernetzt sind.
Das soll sich nun ändern: Die Insel Gruppe führt ein neues Klinikinforma tions und Steuerungssystem (KISS) ein. Dazu arbeitet sie mit Epic zusam men, einer amerikanischen Herstelle rin von Gesundheitssoftware. Deren Informationssystem steht weltweit be reits in über 2000 Kliniken im Einsatz.
«Erfolgsgeschichte Patientenportal»
«Mit der Einführung des neuen Sys tems machen wir einen grossen Schritt vorwärts», ist KISS Projektleiter Mar cel Affolter von der Insel Gruppe über zeugt. «Damit haben wir eine ganz heitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten und können so die Be handlungsqualität und die Sicherheits
standards weiter erhöhen.» Gleich zeitig wird auch ein neues Portal für Patientinnen und Patienten eingeführt. Damit haben diese zum Beispiel jeder zeit und von überall her Zugriff auf ihre persönlichen Patientenakten, können Behandlungsresultate abrufen oder ein fach Termine vereinbaren. Über welche Funktionen das Patientenportal der Insel Gruppe genau verfügen soll, wird derzeit noch entwickelt. Momentan wird das Informationssystem vom Pro jektteam in engem Austausch mit den Vertretungen aus den Fachbereichen den Anforderungen der Insel Gruppe angepasst. Anschliessend wird das Sys tem auf Herz und Nieren getestet, be vor die gesamte Insel Gruppe im März 2024 damit live gehen wird.
Bereits seit 2019 arbeitet das Luzerner Kantonsspital mit dem Epic System. Insbesondere das neue Patientenpor tal mit der entsprechenden App sei eine Erfolgsgeschichte, sagt Dr. med. Marco Rossi, Chefarzt der Infektio logie und Spitalhygiene am Luzerner Kantonsspital. Gerade während der Coronapandemie habe sich das Portal enorm bewährt. «COVID Abstriche und Impfanmeldungen konnten über
Die Insel Gruppe führt 2024 ein digitales System ein, mit dem Informationen über Patientinnen und Patienten den Behandlungs teams jederzeit und überall zur Verfügung stehen.
das Portal abgewickelt werden. Zudem waren dort COVID Zertifikate für Pa tientinnen und Patienten abrufbar.»
Revolution mit künstlicher Intelligenz
Auch auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz (KI) forscht die Insel Grup pe. Dazu gründete sie vor zwei Jahren zusammen mit der Universität Bern das Zentrum für Künstliche Intelligenz in der Medizin. Dort sollen mithilfe der KI neue Technologien für eine massge schneiderte und effiziente Versorgung
der Patientinnen und Patienten ent wickelt werden. So gelang einem Team um Prof. Dr. med. Guido Beldi, Chefarzt Universitätsklinik für Viszerale Chirur gie und Medizin, der Nachweis, dass KI die Fertigkeiten von Chirurginnen und Chirurgen zuverlässig beurteilen kann.
Wo das menschliche Gehirn an Gren zen stosse, helfe die KI, so Guido Beldi. Zum Beispiel bei der sekundenschnellen Erkennung von Mustern: Damit könne in Zukunft beispielsweise automatisiert auf potenzielle Gefahren hingewiesen
werden, etwa auf Kombination von schwankendem Blutdruck, Blutverlust und gleichzeitiger Infusionstherapie während Operationen. «Was vor mehre ren Jahrzehnten die Computertomogra fie war, ist heute die KI. Sie ermöglicht uns durch Mustererkennung eine neue Dimension von Diagnostik und auch neue Therapien. Bei all dem tragen aber auch in Zukunft immer Ärztinnen und Ärzte die letzte Verantwortung.» Bis zu breitflächigen Zulassungen im Bereich der KI wird es allerdings noch ein paar Jahre dauern.
Virtuelle
Realität lindert Schmerzen
Virtual-Reality-Brillen können Menschen in eine dreidimen sionale Fantasiewelt ent führen. Nun werden solche Brillen zusehends auch in der ärztlichen Behandlung einge setzt. Medizinische Eingriffe lösen bei vielen Patientinnen und Patienten Angst und Stress aus. Das Eintauchen in eine andere Welt kann sie beruhigen und von einer schmerzhaften Situation ab lenken. Eine Pilotstudie unter der Leitung des Universitären Notfallzentrums des Insel spitals und der Universität Bern hat gezeigt, dass sich die Technologien der Virtual Reality (VR) selbst unter den hektischen Umständen einer Notfallstation bewähren.
An der Studie nahmen 52 Notfallpatientinnen und -patienten teil. Sie hatten unterschiedliche Beschwerden (Bewegungsapparat, Kopf oder Bauch), litten aber alle unter Schmerzen, deren Stär ke sie auf einer Zehn-Punk te-Skala mit drei oder höher einstuften. Dank des VirtualReality-Erlebnisses vermin derten sich die Schmerzen bei den Studienteilnehmenden um durchschnittlich 1,5 Punk te und die Angstzustände um 2 Punkte auf der Zehn-Punk te-Skala. Mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patien ten kamen zum Schluss, dass ihnen die VR-Therapie half, Schmerzen weniger stark zu spüren – und über 90 Prozent würden sie weiterempfehlen.
Podcasts zum Thema Schlaf
Schlafoptimierung: Der Podcast «12 Geheimnisse, die das Leben verändern» der NZZ befasst sich mit Selbstoptimie rung. Ein Schlafforscher sagt, wie man nachts seinen Schlaf optimieren kann, um am nächsten Tag wieder fit zu sein.
NZZ-Podcast «12 Geheimnisse, die das Leben verändern», Folge 10.6.2019: «Wie schlafe ich besser?».
Musik zum Einschlafen: Klassik, Am bient oder Jazz? Ein Hörbuch oder lieber Stille? Der ZEIT-WISSEN-Podcast erklärt den Stand der Einschlafforschung.
ZEIT-WISSENPodcast (Die ersten zehn Minuten widmen sich dem Schlafen.)
Podcasts zum Einschlafen
Einschlafen mit Geräuschen: Der Podcast «Einschlafen mit Geräuschen» bietet verschiedene Schlummersounds an, die Hörer und Hörerinnen ins Land der Träume versetzen sollen.
Regen, Yachthafen, Kühlschrank oder Lagerfeuer: die Sound kulisse zum Einschlafen.
Die Märchentante: Alexandra Matthes liest Märchen und andere Geschichten vor. Die Texte werden mit entspannender Musik und ebensolchen Tönen untermalt.
Der Leuchtturmwächter, der spanische Prinz, die kluge Kate: über 70 Epi soden zum Einschlafen.
Anekdoten und Rilke: Tobias Baier erzählt in seinem Podcast Anekdoten aus seinem Leben und liest Texte von Rilke und Kant vor. Das soll von den eigenen Gedanken ablenken und ein besseres Ein schlafen ermöglichen.
Alle zwei Wochen neu: entspannte Texte zum Einschlafen oder Abgelenkt-Werden.
Fatigue Syndrom
Müde trotz Schlaf
Im Zuge einer Krankheit – beispielsweise bei Long Covid – zeigt sich bei einigen Menschen das Fatigue Syndrom. Es ist in der medizinischen Literatur seit dem 19. Jahrhundert bekannt, wirft aber trotz wissenschaftlichen Fortschritten noch immer Fragen auf.
Text: Marianne Kaiser
Oft fühlen wir uns bei einem grippalen In fekt müde und benebelt – so, als hätten wir Watte im Kopf. Menschen, die sich nach ei ner Covid Erkrankung auch nach Monaten immer noch abgeschlagen, erschöpft und müde fühlen, leiden oft unter einem Post Co vid Syndrom, bei dem Fatigue eine zentrale Rolle spielt. Betroffene erleben dabei selbst nach geringer körperlicher Belastung eine tiefe Erschöpfung, zum Teil schon nach ei nem Spaziergang.
Antikörper gegen körpereigene Strukturen
In der Schweiz leiden rund 10 bis 20 Prozent aller mit COVID 19 infizierten Personen an vielfältigen Langzeitfolgen. Erschöpfung und Atembeschwerden sind die häufigsten Long Covid Symptome, aber auch Konzen trationsschwierigkeiten und Vergesslichkeit können noch lange nach der Erkrankung auftreten.
Was genau Long Covid auslöst, wird derzeit intensiv untersucht. Expertinnen und Exper ten gehen von verschiedenen Prozessen aus, für die es inzwischen gute Anhaltspunkte gibt. Im Zentrum steht eine übermässige und anhaltende Aktivierung des Immunsystems. So scheint das Virus bei manchen Personen eine Art Autoimmunerkrankung auszulösen, bei der sich spezifische Antikörper gegen kör pereigene Strukturen richten – in diesem Fall Stressrezeptoren, die über Adrenalin unbe wusste Körperfunktionen wie Atmung oder Herzschlag steuern. Hinweise gibt es aber auch darauf, dass nicht vollständig beseitig te Virusreste das Immunsystem ständig auf Trab halten.
Einfluss psychiatrischer Vorerkrankungen
In die Long Covid Sprechstunde in der Neu rologie am Inselspital kommen Menschen, die in der Regel von ihrer Hausärztin oder ihrem
Fatigue Syndrom
Das sagt die Expertin
«Die seelische Gesundheit hat einen grossen Einfluss auf Fatigue. Studien belegen, dass bei einer psychiatrischen Vorerkrankung wie Depression oder Angststörung die Wahr scheinlichkeit für das Auftreten von Long Covid mit Fatigue grösser ist. Wir sprechen hier von einer Vulnerabilität der Patientinnen und Patienten.»
Prof. Dr. Iris-Katharina Penner, Leiterin Universitäre Neuropsychologie Inselspital
Hausarzt überwiesen wurden. Nach einem ausführlichen Anamnesegespräch folgen neurologische Abklärungen und eine umfang reiche neuropsychologische Untersuchung mit Fragebögen und objektiven Testverfahren.
Eine spezifische Therapie gegen das Fa tigue Syndrom gibt es bislang nicht. «Wir unterstützen die Patientinnen und Patienten aber schon damit, dass wir sie und ihr Lei den ernst nehmen», sagt die Diplompsycho login und Neurowissenschaftlerin Prof. Dr. Iris Katharina Penner. Sie leitet seit Januar 2022 die Universitäre Neuropsychologie am Inselspital. «Wir raten ihnen, sich moderat zu bewegen – nicht bis zur Leistungsgrenze.»
Dabei gehe es auch darum, «sich zu pacen», gesund zu essen und ausreichend zu schlafen. Neben Einzelberatungen unterstützt Iris Katharina Penner auch den Aufbau einer Gruppentherapie, wo sich die Betroffenen austauschen und unter Anleitung von Fach personal geschult und aufgeklärt werden. «Wissen hilft», sagt die Neurowissenschaft lerin. Je besser man eine Krankheit oder ein Symptom einordnen und erklären könne, desto grösser seien die Chancen, die eigene Selbstwirksamkeit zu aktivieren und damit eine Verbesserung der Situation zu erzielen.
Von der Nervenschwäche zur Fatigue
Auch wenn die grosse Müdigkeit schon lange bekannt ist, wird sie erst seit dem 19. Jahrhun dert im medizinischen Kontext beschrieben. Damals sprach man von Neurasthenie (von alt griechisch «neuron» = Nerv und «asthenès» = schwach). Heute heisst das Syndrom Fatigue. Doch auch heute wissen wir erst wenig, wie es letztlich zustande kommt. Dazu Iris Katharina Penner: «Es gibt Hinweise, dass ein vermin dertes Volumen der grauen Substanz frontal und temporal sowie Kommunikationsunter brüche zwischen Frontalhirn, Thalamus und den Basalganglien ein Auftreten von Fatigue wahrscheinlicher machen.»
Wenn der Winter auf die Stimmung drückt
Draussen ist es kalt und nass, und die Sonnenstunden sind rar: Die dunkle Winterzeit schlägt vielen Menschen aufs Gemüt. Bei einigen kann das sogar zu einer Winterdepression führen. Die Situation rund um COVID 19 verschärft das Ganze zusätzlich.
Text: Thorsten KaletschSchon der Start in den Tag bereitet Schwie rigkeiten. Wozu soll man auch aufstehen? Draussen ist es dunkel und kalt, und die Probleme türmen sich auf. Den ganzen Tag leidet man unter Antriebslosigkeit, und am Abend fehlt die Energie, um etwas zu unter nehmen. Man zieht sich zurück, schläft und isst. Überzählige Kilos können zusätzlich auf das Gemüt drücken. Eine Negativspirale aus gedrückter Stimmung, schlechtem Gewissen und Antriebsschwäche setzt ein.
Weltweit leben etwa 350 Millionen Men schen mit einer Depression. Allein in der Schweiz sind jährlich rund 400 000 Perso nen betroffen. Die Weltgesundheitsorgani sation (WHO) schätzt, dass nur jede vierte der depressiven Personen adäquat behandelt wird. Depressionen gehören zu den häufigs ten Erkrankungen weltweit. Zur anhalten den Niedergeschlagenheit sowie zur Inter essen und Antriebslosigkeit kommen nicht selten Selbstvorwürfe, eine innere Unruhe, Schlafstörungen und eine Verlangsamung von Denken und Bewegung. Bei schweren Depressionen können auch Todeswünsche und Suizidgedanken auftreten.
Das fehlende Licht als Auslöser Eine Sonderform ist die Winterdepression (seasonal affective disorder, SAD): Dabei treten Krankheitsphasen wiederholt und ausschliesslich in den Wintermonaten auf. In Skandinavien sind Winterdepressionen entsprechend häufiger als in südeuropäi schen Ländern. Das fehlende Licht in der dunkleren Jahreszeit ist dafür ein wichti ger Auslöser. Denn Licht ist ein wichtiger Impulsgeber für unsere innere Uhr. Diese stimmt die körpereigenen Abläufe auf den Tag Nacht Rhythmus der Erde ab: In der Netzhaut des Auges wird Licht in Nerven signale umgewandelt. Diese Signale werden zum Nucleus suprachiasmaticus weiterge leitet, einem Kerngebiet in der Mitte des Gehirns. Zellen in diesem Gebiet sind für den inneren 24 Stunden Rhythmus ver antwortlich: Sie steuern die rhythmische Ausschüttung des Botenstoffs Melatonin in den Körper. Dieses körpereigene Hormon regelt unseren Schlaf Wach Rhythmus und taktet unsere innere Uhr, den Biorhythmus.
Fehlendes Licht kann diese Funktionen er heblich stören und damit ein Auslöser für Winterdepressionen sein.
Vor rund 35 Jahren entdeckte eine Ärztin am Inselspital, dass Licht gegen Winterdepres sionen hilft. Seitdem sind Lichttherapien in der Psychiatrie etabliert. Dafür gibt es spe zielle Lichttherapielampen oder brillen, die auch auf ärztliche Verschreibung erhältlich sind. Eine solche «Fototherapie» mit UV Licht empfiehlt sich bei wiederkehrenden Winterdepressionen auch präventiv. Bei den häufigeren nicht saisonalen Depressionen ist Licht dagegen weniger wirksam.
Winterblues oder Depression?
Der Unterschied zwischen dem gängigen Winterblues und der klinischen Diagnose einer Winterdepression liegt im Ausmass der Beeinträchtigung: Von einer Winterdepres sion spricht man, wenn Betroffene während mindestens zweier Wochen an anhaltender Niedergeschlagenheit, Interessen und An triebsminderung leiden und kaum mehr am Alltag teilnehmen können. Auch der Schlaf rhythmus und der Appetit können sich dabei verändern: Im Gegensatz zu anderen Depres sionen haben bei einer Winterdepression vie le Betroffene das Bedürfnis, mehr zu schlafen und zu essen. Typisch für eine Winterdepres sion ist zudem, dass sie nach dem Winter re lativ schnell wieder abklingt.
Menschen mit einer Winterdepression füh len sich kraftlos und allein. Dazu kamen in den letzten Jahren als zusätzliche Risikofak toren die Einschränkungen durch das Coro navirus. Statt wie empfohlen nach draussen ans Tageslicht zu gehen, soziale Kontakte zu pflegen, Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren, waren viele Betroffene gezwungen, zu Hause zu bleiben. Ob die Winterdepres sionen dadurch in der Schweiz zugenom men haben, lässt sich aber noch nicht sagen. Sicher ist, dass es heute sehr gute Behand lungsmöglichkeiten für Winterdepressionen gibt. Bei leichten depressiven Verstimmun gen empfehlen Fachleute die oben erwähnten Aktivitäten, bei schwereren Verläufen eine Psychotherapie und eine medikamentöse Be handlung.
Das sagt die Expertin
«Wenn der Alltag stark beeinträchtigt ist, sollte man nicht zu lange warten, sondern professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. So kann man andere Ursa chen wie eine Schilddrüsen unterfunktion ausschliessen und abklären, ob es sich tatsächlich um eine saisonale Depression handelt. Zum Glück gibt es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten für diese Form einer psychi schen Erkrankung.»
Prof. Dr. med. Katharina Stegmayer, stv. Direktorin der Universitätsklinik für Psychia trie und Psychotherapie, Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD)
Neurorehabilitation
In der Schweiz erleiden jährlich rund 16 000 Personen einen Schlaganfall. Auch wenn es langwierig und anstrengend ist: Dank Akut und umfangreichen Rehabilitationsmassnahmen ist für viele von ihnen ein Weg zurück ins Leben möglich.
Text: Peter BaderDer lange Weg zurück ins Leben
Hirnverletzungen sind sehr häufig, spielen in der öffentlichen Wahrnehmung aber keine sehr grosse Rolle. Das ist umso erstaunlicher, als dass sie für viele Menschen den Tod be deuten oder ihr Leben von einem Moment auf den andern komplett auf den Kopf stellen können. Jedes Jahr erleiden in der Schweiz mehr als 22 000 Personen eine Hirnverlet zung. Die häufigsten Ursachen dafür sind ein Schlaganfall, eine Hirnblutung, ein Schädel Hirn Trauma oder ein Hirntumor.
«Grosse Behandlungsfortschritte»
Einen Schlaganfall erleiden hierzulande jährlich rund 16 000 Menschen. In den industrialisier ten Ländern ist er die dritthäufigste Todesursa che, der zweithäufigste Auslöser einer Demenz und der häufigste Grund einer Behinderung im Erwachsenenalter. Die hauptsächlichen Ri sikofaktoren für Schlaganfälle sind Rauchen, hoher Blutzucker, hohe Cholesterinwerte, Blut hochdruck, unausgewogene Ernährung und fehlende körperliche Bewegung. In den meis ten Fällen werden Schlaganfälle durch einen plötzlichen Verschluss eines hirnversorgenden Blutgefässes verursacht. Das heisst: Teile des Gehirns werden dann nicht mehr mit genügend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, wodurch Hirngewebe absterben kann.
Das sagt der Experte
«Nach einer Hirnverletzung setzen bis ins höhere Lebens alter verschiedene biologi sche Heilungsprozesse ein. Dazu gehört die Neuorgani sation des intakt gebliebenen Nervengewebes, das Funk tionen des zerstörten Gewebes übernimmt. Intensive Neurorehabilitation weckt und fördert von Beginn an diese Heilungsprozesse.»
Dr. med. Oliver Höfle, Leitender Arzt Neurorehabili tation im Spital Riggisberg der Insel Gruppe
«In den vergangenen Jahren hat die Medi zin in der Behandlung von Hirnverletzungen grosse Fortschritte gemacht», sagt Prof. Dr. med. Adrian Guggisberg, Chefarzt und Lei ter Universitäre Neurorehabilitation am Ber ner Inselspital. «Das gilt sowohl für die Akut behandlung wie auch für die Rehabilitation.» Für die Akutbehandlung gilt der Grundsatz «Time is brain – Zeit ist Gehirn»: Je schnel ler die Blutzufuhr wieder gewährleistet ist, desto weniger Schaden nimmt das Gehirn. In der «Stroke Unit» der Universitätsklinik für Neurologie am Berner Inselspital stehen dazu innerhalb der ersten Stunden nach dem Schlaganfall insbesondere zwei Methoden im Fokus: die intravenöse Verabreichung eines Medikaments zur Auflösung des Gerinnsels und dessen mechanische Entfernung durch eine anschliessende angiografische Katheter behandlung.
Elektrische Stimulation des Gehirns
Genauso wichtig wie die Akutbehandlung ist für die Patientinnen und Patienten eine mög lichst schnelle Aufnahme der Rehabilitati onsmassnahmen. Diesbezüglich arbeitet die Insel Gruppe mit dem abgestuften Versor gungsmodell und bietet die Dienstleistungen an zwei Standorten an: die Früh und Akut
Die wichtigsten Symptome eines Schlaganfalls
• Halbseitige Lähmungen
• Gefühlsstörungen
• Sprach- und Sehstörungen
• Heftige Schwindelattacken
Neurorehabilitation
Die Schulung der Aufmerksamkeit ist in der Rehabilitation zentral.
Neurorehabilitation sowie die ambulante Neurorehabilitation im Inselspital Bern und die weiterführende stationäre Neurorehabili tation im Spital Riggisberg, wo die Patientin nen und Patienten durchschnittlich fünf Wo chen bleiben. Für den stationären Aufenthalt stehen in Bern und Riggisberg rund 70 Plätze zur Verfügung.
Für die Rehabilitation sorgt ein Team aus Neuropsychologinnen, Physiotherapeuten, Logopädinnen und Ergotherapeuten. Dank intensiven Trainings bilden sich im Gehirn neue Nervenverbindungen: So können ver lorene Fähigkeiten neu erlernt werden. Die Palette von Massnahmen ist vielfältig: All tagssituationen wie das Fahren im öffentli
chen Verkehr oder das Treppensteigen wer den neu gelernt und geübt. Kann ein Patient infolge der Hirnverletzung einen Arm nicht mehr gebrauchen, muss er lernen, alltägliche Tätigkeiten mit einem Arm zu bewältigen. Ist die Fussspitze einer Patientin nicht mehr sta bil, erhält sie eine Schiene zur Stabilisation des Fusses und muss das Gehen damit neu erlernen. Mittels 3 D Brillen kann die Orien tierungsfähigkeit trainiert werden. Zentral ist auch die Schulung des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit. Zudem werden nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen Hirnareale elektrisch stimuliert und so dabei unterstützt, Funktionen für zerstörtes Gewe be zu übernehmen.
Zwei Drittel leben ohne Hilfe zu Hause «Grundvoraussetzung für den Behandlungs erfolg ist ausdauerndes Üben. Die Reha bilitation ist für die Betroffenen äusserst anstrengend, ermüdend und langwierig. Sie kommen schneller an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit als früher», sagt Prof. Dr. med. Adrian Guggisberg. «Manchmal ist eine Erholung weitgehend möglich – dies ist vor allem der Fall bei leichteren Hirnver letzungen und bei jüngeren Personen.» Zwei Drittel aller überlebenden Patientinnen und Patienten können schliesslich ohne externe Hilfe zu Hause leben.
Mit Spielen werden Feinmotorik und Koordination trainiert.Ein anderes Leben
Text: Peter BaderDen Ostermontag 2017 wird Georg Horisberger nie mehr vergessen. Das Wetter war trüb und viel zu kühl für die Jahreszeit. Er war im Büro im Ober geschoss seines Hauses in Grünenmatt im Emmental. Plötzlich sei ihm extrem schwindlig geworden, erzählt er. Nach dem er sich hingesetzt hatte, merkte er sofort, dass etwas nicht mehr so war wie zuvor. «Ich musste mich mit der rechten Hand an der Tischkante festhalten, an sonsten wäre ich vom Stuhl gefallen.» Georg Horisberger hatte einen Schlag anfall erlitten, ausgelöst wohl durch eine unbemerkte Schlafapnoe, wegen der er heute nachts eine Beatmungs maske trägt. Seine komplette linke Kör perseite war gelähmt.
Zum Glück war der Sohn da Glücklicherweise war sein Sohn im Haus, der sofort den Notruf verstän digte. In Erinnerung geblieben ist Georg Horisberger der Sanitäter, der den Fahrer des Rettungsfahrzeugs darauf hinwies, «Gas zu geben». Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute. In der «Stroke Unit» des Inselspitals konnten die Ärztinnen und Ärzte das verstopfte Blutgefäss mittels angio grafischer Katheterbehandlung wie der freilegen.
Danach spürte Georg Horisberger sei ne linke Körperhälfte wieder. Zurück blieb allerdings ein diffuses Gefühl, das bis heute anhält. Und er musste alle Be wegungen neu erlernen. Bereits auf der «Stroke Unit» besuchte ihn eine Ergo therapeutin, mit der er die ersten Re habilitationsübungen machte. «Um die Finger meiner linken Hand zu bewe gen, musste ich die Bewegung erst mit der rechten machen», erinnert sich der
61 Jährige. «So bekam ich eine Vorstel lung vom Bewegungsablauf und konnte ihn dann mit der linken nachmachen.»
Von Bern nach Riggisberg
Aber Georg Horisberger machte schnell Fortschritte. Nach einer Woche konnte er die Insel bereits verlassen und wech selte in die stationäre Neurorehabilita tion im Spital Riggisberg, das ebenfalls zur Insel Gruppe gehört. «Als ich mich dort in einen Rollstuhl setzen sollte, dachte ich erst: Was? Ich in einem Roll stuhl? Den brauche ich doch nicht!» Er konnte ihn anfangs dann doch ziemlich gut gebrauchen, «weil ich beim Gehen noch sehr wacklig war.»
In Riggisberg absolvierte er ein intensi ves Training von Montag bis Freitag, mit täglich bis zu fünf Therapien: Am Com puter machte er kognitives Training zur Stärkung der Aufmerksamkeit, des Ge dächtnisses und der Reaktionsfähigkeit. Er unternahm Spaziergänge, erst kürze re in einer Gruppe, dann auch längere allein. Und auf seinem Laptop lernte er das 10 Finger Schreibsystem neu.
Denn Georg Horisberger wollte so schnell wie möglich zurück ins Leben und zu seiner Arbeit. Er ist gelernter Elektromonteur, bei einem Arbeitsunfall in den 90er Jahren verletzte er sich sein Knie so gravierend, dass er ab da bei ei ner Firma für Schaltanlagen im Büro ar beitete. Rund drei Monate nach seinem Schlaganfall stieg er dort wieder ein. Aber es gab Probleme: Er wurde schnell müde, nach einem halben Tag war er er schöpft. Und er hatte Mühe, sich zu kon zentrieren, machte Fehler. «Ich rechne etwas aus, erhalte eine sechs und schrei be eine drei, ohne es zu merken», erklärt
er. «Das passiert mir noch heute. Aus gerechnet mir, der ich früher ein Perfek tionist war und extrem viele arbeitete.»
Der Chef verlor schnell die Geduld und entliess ihn. «Das hat mich extrem ent täuscht», sagt Georg Horisberger.
Kampf mit der IV und neuer Job
Im Zentrum für Berufliche Abklärung in Luzern sagte man ihm, dass er noch zu 10 Prozent in einem geschützten Rahmen arbeitsfähig sei. Die Invalidenversiche rung (IV) sah das anders und bestand auf einer Arbeitsfähigkeit von 40 Prozent. Erst nach einer dreijährigen kräftezeh renden Auseinandersetzung mit der Ver sicherung erhielt er eine 75 Prozent Ren te zugesprochen – eine Erfahrung, die ihn am «Rechtsstaat Schweiz» zweifeln liess.
Heute arbeitet Georg Horisberger an zwei halben Tagen in der Woche als Ma gaziner bei einem Elektriker im Nach bardorf. Die Arbeit erschöpft ihn immer noch schnell, Kopfschmerzen plagen ihn. Wenn er mit dem automatisch ge schalteten Auto nach Bern fährt, muss er auf dem Weg immer eine Pause ein legen. Auch von Träumen musste er sich verabschieden: «Meine Frau und ich wollten nach der Pensionierung mit dem Camper Europa erkunden. Das wird nun leider nicht mehr gehen.»
Dafür hat er sich unlängst einen anderen Traum erfüllt und einen neuen Töff ge kauft, bei dem das Schaltpedal seinem geschwächten linken Fuss angepasst ist. So kann er kleine Touren unternehmen. Und auch die Spiele der SCL Tigers be sucht er ab und zu wieder. Georg Horis berger ist zurück im Leben. Er sagt: «Es ist zwar ein anderes als zuvor, aber ich bin dankbar für das, was es mir noch bietet.»
Vor fünf Jahren erlitt Georg Horisberger einen Schlaganfall. Auch dank intensivem Rehabilitationstraining konnte er wieder ins Alltagsleben zurückkehren. Er ist dankbar für das, was es ihm noch bietet, obwohl es sich deutlich von seinem vorherigen unterscheidet.
«In der Schweiz gibt es nicht viele Spitäler wie Riggisberg»
Dr. med. Jörg Isenegger ist ärztlicher Leiter im Spital Riggisberg, das im Sommer 2022 seine Neurorehabilitationsabteilung ausgebaut hat. Im Interview spricht er über einen wichtigen medizinischen Spagat und beantwortet die Frage, warum das Spital für die Region Gantrisch so wichtig ist.
Interview: Peter BaderHerr Isenegger, Mitte 2022 wurde in Riggisberg die Anzahl Betten der stationären Neurorehabilitation von 35 auf 45 erhöht. Hat man damit auf eine gestiegene Nachfrage reagiert? Ja, ganz klar. Ob die absolute Zahl an Schlaganfallpatientinnen und patien ten weiter zunimmt, ist unklar. Aber die gestiegene Sensibilisierung der Be völkerung zeigt Wirkung: Dadurch, dass Menschen bei Anzeichen eines Schlaganfalls heute sofort das Spital aufsuchen, überleben mehr von ihnen und tragen dabei auch weniger Folge schäden davon.
War es schwierig, das nötige Fachper sonal zu finden?
Ja, denn die Neurorehabilitation ist sehr personalintensiv, und es braucht eine grosse Breite an verschiedenen Fachper sonen. Neben Pflegefachkräften haben wir auch nach Verstärkung in den Berei chen Logopädie, Ergotherapie, Physio therapie und Neuropsychologie gesucht. Im «Konkurrenzkampf» um die besten Fachkräfte mit anderen Neurorehabili tationskliniken haben wir allerdings ei nen kleinen Standortvorteil: Riggisberg liegt zwar auch ein bisschen abgelegen, ist aber dennoch gut erreichbar. Man muss also nicht zwingend hier wohnen, um bei uns zu arbeiten.
Welche Vorteile bietet der Standort für die Genesung der Patientinnen und Patienten?
Die ländliche Umgebung mit wirklich toller Aussicht bietet sicher gute Vor aussetzungen für die Genesung, für die Neurorehabilitation an sich spielt sie aber keine sehr grosse Rolle. Wichtig
ist, dass Riggisberg für die Angehöri gen gut erreichbar ist. So fühlen sich Patientinnen und Patienten nicht ab geschoben. Entscheidend ist auch der Standortwechsel: Nach der Akutbe handlung – meist im Inselspital – folgt bei uns in Riggisberg mit der stationä ren Reha eine neue Phase. Das sendet ein wichtiges Signal an die Patientinnen und Patienten und die Angehörigen: Es geht vorwärts! Nach solchen Wechseln beobachtet man oftmals auch messba re, medizinische Fortschritte.
einem Schlaganfall nicht sofort ansieht, die also zum Beispiel Schwierigkeiten bei planvollen und komplexen Vorge hensweisen haben. Die brauchen eine breite Reha Unterstützung aus vielen verschiedenen Fachgebieten. Bei uns in Riggisberg erhalten sie diese.
Riggisberg ist ein Akutspital mit Chi rurgie, Medizin und Notfallstation, hinzu kommt die Neurorehabilita tionsabteilung. Ist das ein schwieriger Spagat?
Nein, ein nötiger. Beide Abteilungen profitieren voneinander: wir von der Medizin etwa durch die grosse Palette an Spezialistinnen und Spezialisten aus den Bereichen Physiotherapie oder Lo gopädie. Und die Neuroreha Abteilung profitiert durch unmittelbar verfüg bare, akute medizinische Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten, zum Beispiel nach einem Sturz oder bei Be gleiterkrankungen. Zusammen errei chen wir die nötige Grösse, um in der Region Gantrisch weiterhin eine wich tige Rolle in der medizinischen Grund versorgung zu spielen.
Auf welchen Gebieten erwarten Sie in Zukunft die grössten Fortschritte in der Neurorehabilitation?
Spannende Entwicklungen sehe ich bei Behandlungen, die von Computern und Robotern unterstützt werden, beispiels weise bei Lähmungen von Armen oder Beinen. In diesem Bereich wird es si cher noch weitere Fortschritte geben. Das grösste Potenzial sehe ich bei jenen Patientinnen und Patienten, denen man das ganze Ausmass von Defiziten nach
Was heisst das konkret? Wir übernehmen zum Beispiel schon heute die Notfallversorgung für die Re gion, sind die einzigen, die 24 Stunden geöffnet sind. Akut Abteilung und Neu rorehabilitation ergeben zusammen ein Spital, das genügend Ärztinnen und Ärzte für einen 24 Stunden Betrieb einstellen und sich ein Labor oder einen Computertomografen leisten kann. Das ist nicht selbstverständlich: In den ver gangenen Jahren sind in unserer Umge bung vier Akutspitäler verschwunden.
«Heute suchen Menschen bei Anzeichen eines Schlaganfalls sofort das Spital auf. Dadurch überleben mehr von ihnen und tragen weniger Folge schäden davon.»
Bewegung tut gut – und schöne Wanderungen gibt es im Kanton Bern oft direkt vor der Haustür. Unser Vorschlag führt auf der neuen «ViaBerna» von Mühleberg nach Aarberg und durch die Wasserwelten von Aare und Saane. Ganz nach dem Motto: Kraft tanken entlang der Berner Kraftwerke.
Text: Mia Hofmann
Idyllische Wasserwelten zwischen Bern und Aarberg
Facts
Dauer:
An-/Abreise: Mit dem Postauto nach «Fuchsenried, Mühleberg werk», ab Aarberg mit dem Zug oder Postauto nach Kerzers, Biel oder Bern.
«ViaBerna»: Teil der Etappe 7: viaberna.ch Infos zur Region: aarberg-tourismus.ch
Eine Möwe kreischt, Insekten summen, ein Fischreiher segelt vorbei, direkt vor uns landet eine Libelle. Wir überholen zwei Männer, die mit Feldstechern und grossen Objektiven ausgerüstet sind. «Eben haben wir einen Buntspecht ge hört. Den wollen wir sehen!», erzählt einer der Hobbyornithologen. Willkom men im Naturschutzgebiet Niederried Oltigenmatt, einem Auengebiet, Flach moor und Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung.
In einer halben Stunde ins Paradies Angereist sind wir ab Bern mit der S5 nach Brünnen Westside und danach mit dem Postauto nach Fuchsenried, Müh lebergwerk. Nach nur 22 Minuten Fahrt steigen wir auf dem Wanderweg durch den Wald hinunter. Bereits schimmert blaugrünes Wasser durch die Bäume: Unter uns liegt der Wohlensee. Der Weg führt durch ein kleines Tor auf den Vorplatz des Wasserkraftwerks Mühle berg. Das altehrwürdige Gebäude von 1920 beeindruckt von aussen mit seinen kreisrunden und hohen Fenstern – im Inneren wird mit Aarewasser Strom für rund 45 000 Haushalte im Raum Bern produziert.
Wandertipp
In der Aareschlaufe zwischen dem Wasser und dem Kernkraftwerk Müh leberg laden diverse kleine Stein oder Sandsträndchen zur Abkühlung ein. Noch begrüsst das KKW mit Zaun, Reaktor und rot weiss gestreiftem Ka min: Es wurde 2019 abgeschaltet und befindet sich nun im Rückbau. Nach Schätzungen der BKW kann das Areal ab 2034 neu genutzt werden. Schon geht bei uns das Kopfkino los: Entsteht hier eine Fischzucht, eine Brutstätte, ein Erlebnisbad?
Wo Flüsse zusammenfliessen Bald erreichen wir den Saanesteg: Bis her sind wir der Aare gefolgt, nun kreu zen wir auf einer hübschen kleinen Me tallbrücke die Saane, die kurz darauf in die Aare fliesst. Wir tauchen definitiv ins Naturschutzgebiet ein: linker Hand hohes Schilf, der Weg aus feinem Sand, auf der anderen Seite der Aare eine hohe Sandsteinfluh. Wie viele verschie dene Tiere hier wohl leben?
Nach einem kurzen Abstecher in den Wald folgt bereits das nächste High light: der Stausee Niederried. Auch hier verzücken Flora und Fauna. Wie es der Name verrät, ist auch dieser See durch ein Wehr entstanden. Seit 1913 wird ein Teil des Wassers hier abgezweigt und fliesst durch den Unterwasserkanal in das Wasserkraftwerk Kallnach. Später fliesst es direkt in den Aare Hagneck Kanal. Seit 1963 befindet sich an der Stelle des alten Wehrs nun das Lauf wasserkraftwerk Niederried Radelfin gen – bereits das dritte Kraftwerk auf unserem Weg.
Nun folgen die Sportlichen den immer wieder mit «Uferweg» beschrifteten gelben Wegweisern eine weitere Stun de bis Aarberg. Wer lieber abkürzen möchte, geht nach Kallnach und steigt dort in den Zug oder das Postauto. Kurz vor Aarberg ist es dann so weit: Mit dem Wasserkraftwerk Aarberg folgt das vierte Kraftwerk des Tages. Hinter der Badi begrüssen uns die ho hen Silos der Zuckerfabrik, und über die dunkle Holzbrücke gelangen wir in die Altstadt. In einem der zahlreichen Restaurants und Cafés lassen wir den Tag ausklingen und legen zufrieden die Beine hoch.
Das sagt die Expertin
«Körperliche Aktivität senkt das Risiko für diverse Erkrankungen: Erwachsenen emp fehlen wir, sich pro Woche mindestens 150 Minuten mit mittlerer oder 75 Minuten mit hoher Intensität zu bewegen. Dazu zweimal Kraft- und zweimal Koordinationstrai ning. Längere sitzende Tätig keiten am Bildschirm sollten regelmässig mit kurzer Aktivi tät unterbrochen werden.»
Andrea Suter Fiechter, Therapieexpertin / Sport therapeutin, Inselspital
Spitzenköchin Aline Born legt Wert auf eine gesunde Ernährung mit regionalen Produkten. Für das Insel Magazin hat sie saisongerechte Rezepte für eine Vorspeise, einen Hauptgang und ein Dessert zusammengestellt.
Text: Thorsten KaletschAline kocht
Bei der Auswahl ihrer Herbstrezepte war es Aline Born wichtig, mit saisonalen Gemüsen aus der Region zu arbeiten. Bei der Vorspei se entschied sie sich für Randenfalafel mit Tahini Joghurt Dip. «Randen werden un terschätzt», ist sie überzeugt. «Und Hülsen früchte isst man generell zu wenig, die sind nämlich sehr gesund.» Deshalb hat sie sich für ein Rezept mit Kichererbsen entschie den. Bei Tahini handelt es sich um eine Pas te aus geschälten oder ungeschälten, meist gerösteten Sesamkörnern, die problemlos im Detailhandel erhältlich ist.
Als Hauptgang kochte sie Kalbsbacken mit Kürbis Kartoffel Stampf und einem Sa lat aus geröstetem Rosenkohl und Grape fruit. «Ich habe mir lange überlegt, ob ich ein komplett vegetarisches Menü zusam menstellen soll, denn beim Fleisch bin ich aus ökologischen Gründen sehr zurückhal tend», sagt sie. «Aber wenn ich Fleisch ver wende, dann setze ich mich dafür ein, dass alle Stücke verwertet werden, also auch die Kalbsbacken.» Die Flexitarierin gibt vegane Kochkurse, kocht aber selbst lieber mit But ter als mit Margarine. Kürbis findet sie für die Küche sehr spannend. «Man kann ihn süss und salzig zubereiten, und bei der ver wendeten Sorte Knirps kann man auch die Schale essen.»
Das sagt die Expertin
«Wir empfehlen, wenn immer möglich selbst zu kochen und auf die saisonale Auswahl und die Qualität der Zutaten zu achten. Verarbeitete Produkte enthalten oft sehr viel Salz, ungesundes Fett, zugesetzten Zucker und Stabilisatoren. Hülsenfrüchte mit ihren vielen Mineralien und Nahrungs fasern sind ein gesunder Fleischersatz mit wertvollem Nährstoffprofil.»
Nele Endner, Ärztin Ernährungsmedizin Inselspital
Zum Dessert stellte Aline Born ein Rezept für einen Kürbis Apfel Crumble zusammen. Das sei gesünder als Früchtekuchen. «Früchte und Kürbis mit Streuseln statt Kuchen mit ein paar Äpfeln», scherzt sie. «Zudem habe ich für die Streusel auch Vollkornmehl verwendet.»
Generell möchte sie die Leute dazu anregen, selbst zu kochen, statt Fertigprodukte zu kau fen. «Deshalb habe ich darauf geachtet, dass die Gerichte einfach nachzukochen sind.»
Die Bernerin Aline Born ist gelernte Köchin und diplomierte Hôtelière-Restauratrice HF. Ihr Können verfeinerte sie durch Zusammen arbeit mit Stars wie Andreas Caminada, Yotam Ottolenghi, Tanja Grandits, Urs Messerli und Domingo S. Domingo. Nach Weiterbil dungen zur Barista, Käse-Affineuse und RohVegan-Spezialistin hat sie das Unternehmen «Nuri» gegründet. Hier stellt sie selbst entwi ckelte Produkte her, vertreibt Lebensmittel von ausgewählten Lieferantinnen und Lieferanten und bietet Caterings und Koch-Workshops an. Ihre Produkte sind über den Nuri-Webshop oder am Samstagmorgen auf dem Münster markt erhältlich. Für die Herstellung ihrer eigenen Produkte mietet sie sich jeweils in der «Flavour Kitchen» im sitem-Insel-Gebäude ein. nurifood.ch
Vorspeise
Randenfalafel
Zutaten
250 g Kichererbsen
180 g Randen, gekocht
80 g Zwiebeln, gehackt
1 Stk. Knoblauchzehe, geschält und zerdrückt
2 EL Glatte Petersilie, gehackt
3 EL Koriandergrün, gehackt etwas Cayennepfeffer
1/2 TL Kreuzkümmel, gemahlen
1/2 TL Koriander, gemahlen
¼ TL Kardamom, gemahlen
1/2 TL Backpulver
2 EL Mehl
Plus Mehl zum Formen
1–2 TL Salz etwas Erdnussöl zum Frittieren
Hauptgang Geschmorte Kalbsbacken
Zutaten
1 kg Kalbsbacken
15 g Erdnussöl
150 g Gemüse, grob geschnitten (Karotten, Sellerie, Zwiebeln und wenig Knoblauch)
35 g Lauch 25 g Tomatenpüree
3,5 dl Rotwein
4 Stk. Datteln, entsteint
Zubereitung
1. Kichererbsen über Nacht in der doppelten Menge Wasser einweichen lassen.
2. Am folgenden Tag abgiessen. Randen zu einem glatten Püree mixen. Kichererbsen mit Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie und Ko riandergrün mischen. Portionenweise im Cutter zerkleinern. An schliessend Randenpüree, Gewürze, Backpulver, Salz und Mehl mischen und von Hand zu einem glatten, homogenen Teig ver arbeiten. Abdecken und 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
3. Die Hände anfeuchten, jeweils 1 Esslöffel Teig zu Bällchen formen. Teig fest zusammendrücken. Bei 180 °C in einer Pfanne oder einer Fritteuse ca. 4 Minuten frittieren.
Tahini-Joghurt-Dip
Zutaten
300 g griechisches Joghurt mit 10% Fett 40 g Tahini aus geschälten Sesamkörnern
Zubereitung
11/2 TL Zitronensaft
1/2 kleine Knoblauchzehe etwas Kreuzkümmel Salz und Pfeffer
Zubereitung
1 Zweig Thymian
1 Zweig Rosmarin
1 Lorbeerblatt
1 Messerspitze geräuchertes Paprikapulver
50 g braunen Kalbsfond
4–5 dl Wasser
10 g Maizena
0,25 dl Wasser
10 g Butter kalt
1. Backofen auf 180 °C Ober- und Unterhitze vorheizen.
2. Fleisch mit Salz und Pfeffer würzen. Öl in einem Schmortopf erhitzen. Fleisch sehr gut anbraten und herausnehmen. Das Ge müse (ohne Lauch) in den Schmortopf geben (Topf nicht ab waschen) und anrösten. Das Tomatenpüree beigeben und gut anrösten. Mit dem Rotwein ablöschen und einkochen lassen. Lauch, Datteln und Fleisch wieder beigeben. Braunen Kalbsfond und Wasser dazugeben: Das Fleisch sollte zur Hälfte bedeckt sein. Lorbeerblatt, Paprika und Kräuter beigeben. Mit geschlos senem Deckel im Backofen bei einer Temperatur von 175 °C für 2 bis 3 Stunden unter zeitweisem Wenden weich schmoren.
3. Fleisch herausnehmen und warm stellen. Thymian, Rosmarin und Lorbeer entfernen. Sauce mixen und durch ein feines Sieb passieren, zurück in den Topf geben und nachwürzen. Maizena mit Wasser anrühren und in die Sauce einrühren. 30 Sekunden kochen lassen und Butter einrühren. Kalbsbacken halbieren und wieder in die Sauce geben, kurz erhitzen und servieren.
Tahini vor dem Abwägen unbedingt gut umrühren, sodass eine gleichmässige Paste entsteht und sich auf der Oberfläche kein Öl absetzt. Tahini mit Zitronensaft, Joghurt und Salz zu einer cremigen Sauce verrühren. Eventuell mit einem Stabmixer mixen.
Dazu passt: kleiner Salat und/oder Fladenbrot.
KartoffelKürbis-Stampf
Zutaten
600 g Kartoffeln, weichkochend
600 g Knirps-Kürbis nach dem Rüsten gewogen
Zubereitung
5 EL Olivenöl 250 g Sauerrahm
2 EL Butter Salz, Pfeffer
Kartoffeln schälen, in Stücke schneiden und in Salzwasser ca. 20 Minuten weichkochen. Wasser abschütten. Kürbis halbieren und entkernen. Kürbis samt Schale in Schnitze schneiden (falls es ein Butternusskürbis ist: ohne Schale!). Kürbis in einer Schüssel mit 2 EL Olivenöl, Salz und Pfeffer marinieren. Backofen auf 200 °C vorheizen, Kürbisschnitze auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen und im Ofen 20 Minuten rösten. Einige Kürbisschnitze für die Garnitur warm stellen, den Rest des Kürbisses grob schneiden und zu den Kartoffeln geben. Butter, 3 EL Olivenöl und Sauerrahm dazugeben, mit einem Schwingbesen rühren, bis es nur noch gro be Stücke hat. Kartoffel-Kürbis-Stampf mit Salz und Pfeffer ab schmecken.
Gerösteter Rosenkohlsalat mit Grapefruit und Sternanis
Zutaten
50 g Zucker
0,5 dl Wasser
1 Stk. Zimtstange
2 Stk. Sternanis
11/2 EL Zitronensaft
Zubereitung
100 g Grapefruit, filetiert 300 g Rosenkohl, geputzt 100 g Schalotten 1 EL Olivenöl etwas Salz und Pfeffer
Dessert Kürbis-Apfel-Crumble
Zutaten
200 g Äpfel, gerüstet und entkernt 200 g Knirps-Kürbis, gerüstet und entkernt
1 EL Vanillezucker
Für die Streusel
50 g Dinkelvollkornmehl
50 g Dinkelweissmehl 100 g Rohrohrzucker
1/2 TL Kurkuma
Zubereitung
1 TL Ingwer, getrocknet und gemahlen
1 Prise Kardamom
1 EL Zitronensaft
100 g Kokosmargarine oder Butter, auch zum Einfetten der Form 50 g Kokosraspeln
1. Eine Gratinform mit Margarine einfetten. Äpfel in 2 cm grosse Stücke schneiden. Kürbis in kleinere Würfel schneiden, da sie eine längere Garzeit haben. Äpfel- und Kürbiswürfel mit Vanille zucker, Ingwer, Kardamom und Zitronensaft vermischen.
2. Backofen auf 200 °C vorheizen.
1. Zucker, Wasser, Zimtstange und Sternanis gemeinsam aufko chen. Unter Rühren kochen lassen, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Vom Herd nehmen und 1 EL Zitronensaft beigeben.
2. Grapefruit filets halbieren oder dritteln und 1 Stunde im Sirup ziehen lassen. Backofen auf 200 °C vorheizen.
3. Rosenkohl und Schalotten in kochendem Salzwasser 2 Minu ten blanchieren und danach kalt abschrecken. Den Rosenkohl senkrecht halbieren, Schalotten vierteln oder achteln. Gemüse mit Olivenöl, etwas Salz und etwas Pfeffer vermischen und auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen. 15–20 Minuten im Ofen rösten, bis der Rosenkohl goldbraun ist, jedoch noch etwas Biss hat.
4. Zimtstange und Sternanis aus dem Sirup entfernen, Grape fruit in einem Sieb abtropfen lassen, Saft auffangen. Schalotten, Rosenkohl und Grapefruit vermischen. Das restliche Olivenöl, den restlichen Zitronensaft, 1 EL Grapefruit sirup und etwas Salz hinzufügen und nach Belieben abschmecken.
3. Mehl, Zucker, Kurkuma, Margarine und Kokosraspeln von Hand zu Krümeln verkneten. Äpfel- und Kürbiswürfel in der ge fetteten Gratinform verteilen und mit den Krümeln bestreuen. In der Mitte des Backofens ca. 25 Minuten goldbraun backen. Warm oder lauwarm servieren.
Dazu passt: Glace «Fior di Latte» oder Crème fraîche
Mit der auffälligen Kampagne «Arbeiten mit den Besten» positioniert sich die Insel Gruppe als attraktive Arbeitgeberin. Im Zentrum der Kampagne stehen Mitarbeitende, die offen und authentisch erzählen, was ihnen ihr Beruf und der Alltag im Spital mit all seinen Herausforderungen, Chancen und Motivationen bedeutet.
Text: Fabienne Schöpfer, Leiterin Employer BrandingMutige Kampagne gegen Fachkräftemangel
Besuchen Sie uns!
Möchten Sie hinter die Kulissen der Arbeitswelt des Inselspitals blicken? Auf der Kampagnen-Website arbeiten-mit-den-besten.ch geben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Berufsfelder in Videointer views offene und ehrliche Einblicke in ihren Arbeits alltag.
Interessiert an der Insel als Arbeitgeberin? Die Website führt Sie direkt zu den offenen Stellen der Insel Gruppe oder auf die QuickBewerbung, über die Sie uns mit einem Klick mitteilen können, was Sie suchen. arbeiten-mit-den-besten.ch
Rund 12 000 Mitarbeitende, davon 250 Lernende – die Insel Gruppe ist im Spi talbereich schweizweit die grösste Ar beitgeberin. Das Spektrum des Stellen angebots reicht von der Spitzenmedizin zur Grundversorgung, vom grossen uni versitären Inselspital zu den regional verankerten, kleineren Spitälern Tiefenau, Aarberg, Münsingen, Belp und Riggisberg.
Doch auch die Insel Gruppe spürt den Fachkräftemangel. Das Bestreben, enga gierte, motivierte und erfahrene Mitar beitende zu halten und neue, qualifizier te Arbeitskräfte zu gewinnen, ist gross. Vor diesem Hintergrund lancierte die Insel Gruppe die Kampagne «Arbeiten mit den Besten». Ein mutiger Slogan, der für Diskussionsstoff sorgt. Was steckt dahinter? Wir fragen nach.
Arbeitgebermarketing
– herausragende Fachexpertise: «In der Insel Gruppe ist sehr viel medizini sche Expertise vorhanden. Das eröffnet den Mitarbeitenden die Chance, mit den Besten ihres Fachgebietes zusam menzuarbeiten und so bei der Arbeit viel zu lernen. Wir freuen uns auf neue interessierte Mitarbeitende, und wir tun auch sehr viel dafür, dass sie zu uns kommen und bei uns bleiben.»
Nicole Stämpfli, Direktorin Personal
– Verantwortung: «Wir können auf die Erfahrung, das breite Wissen und das spezifische Know how unserer langjährigen Mitarbeitenden bauen. Das nimmt uns in die Verantwortung, alles zu tun, um als Arbeitgeberin at traktiv zu bleiben, und Wertschätzung zu zeigen, damit wir diese Menschen noch lange bei der Insel Gruppe halten können.»
Dr. Martin L. Verra, Direktor Institut für Physiotherapie
– Bereicherung: «Ich erlebe jeden Tag, wie sich unsere Mitarbeitenden für unse re Patientinnen und Patienten einsetzen, wie motiviert sie sind, neue medizinische Angebote einzuführen, und wie pro fessionell die verschiedenen Fachteams
zusammenarbeiten. Es ist für mich des halb eine grosse persönliche Bereiche rung, mit den Besten arbeiten und ein Team mit den Besten führen zu dürfen.» Michela Mordasini, Leiterin Radiologiefachpersonen
– eine grosse Chance: «Die Insel Gruppe ist für die Besten als Arbeit geberin attraktiv, weil sie so viele Ent wicklungsmöglichkeiten bietet. Dazu gehören die zahlreichen Aus und Wei terbildungsangebote, das grosse Spekt rum an Fachbereichen oder das Arbeiten in Teams mit so viel Expertise. In einem Universitätsspital ist man auch sehr nah an der Forschung. Ich bin dabei, wenn neues Wissen direkt im klinischen All tag umgesetzt wird: Aktuellhabe ich die grosse Chance, im IT Grossprojekt KISS mitzuwirken.» Robin Schick, Pflegeexperte CNS, Umsetzungsverantwortlicher KISS by Epic
– Dankbarkeit: «Als grösstes Uni versitätsspital der Schweiz sind wir im mer am Puls der Zeit in den Bereichen Medizin, Gesundheits und Spital wesen. Die hohe Dynamik in unserem Arbeitsalltag ist extrem spannend und wertstiftend, aber sie kann auch her ausfordernd sein. Sie zu meistern, ist nur möglich, wenn wir mit den Besten arbeiten können. So drückt für mich der Slogan der Kampagne vor allem Stolz und eine sehr grosse Dankbarkeit gegenüber den rund 12 000 Mitarbei tenden der Insel Gruppe aus.» Dr. med. h.c. Uwe E. Jocham, Direktionspräsident
– ein einzigartig breites Spektrum: «Was immer an Wissen im Bereich der Pflege existiert: Bei uns kann man es erlernen und anwenden. Das dif ferenziert die Insel Gruppe von jeder anderen Spitalgruppe. Damit die Mit arbeitenden von dieser Einzigartigkeit profitieren können, müssen aber auch die Rahmenbedingungen stimmen. Deshalb sind wir laufend dabei, die se zum Wohle der Arbeitnehmenden zu optimieren. Aktuell bauen wir zum Beispiel einen Pflegepool auf, damit wir attraktive Anstellungs und Ar beitszeitenmodelle bieten können, die
der Work Life Balance gerecht werden oder Wiedereinsteigenden den Weg zu rück in den Beruf erleichtern.»
Dr. Paula Adomeit, Direktorin Pflege
– Teamwork: «Unser Alltag im Spital ist bereichernd, wertstiftend, motivie rend, aber auch anspruchsvoll und her ausfordernd. Wir stehen täglich vor neu en, schweren Entscheidungen, werden mit aufwühlenden Krankengeschichten konfrontiert und spüren neben der Be friedigung über das Geleistete auch die Arbeitslast. Die Tatsache, dass wir dabei auf die Expertise sowie einen unterstüt zenden und offenen Umgang im inter professionellen Team zählen können, macht es möglich, dass wir gemeinsam für unsere Patientinnen und Patienten die Besten sind.» Matthias Theis, Leiter Pflege
Medizinbereich Querschnittsfächer (u.a. Anästhesiologie, Intensivpflege und Notfallmedizin)
– für Unterstützung sorgen: «Der herrschende Fachkräftemangel führt dazu, dass offene Stellen nicht besetzt werden können. Damit das Wohl der Patientinnen und Patienten trotzdem immer sichergestellt ist, kompensieren die Mitarbeitenden in unseren Spitä lern diese Lücken. Hier setzt die Kam pagne an. Sie bringt Anerkennung und Dankbarkeit gegenüber der grossen Leistung der Mitarbeitenden zum Aus druck. Gleichzeitig sollen mit der Kam pagne neue Fachkräfte zur Stärkung der Teams gewonnen werden. So wollen wir einen Beitrag leisten, damit die Bes ten ihr Bestes geben können.» Simon Schmid, Leiter Marketing
«Arbeiten mit den Besten» ist:
«Ich jogge sehr, sehr langsam ...»
1. Schlafen Sie gut?
Ja, wenn ich nicht zu viele Nachrichten gelesen habe oder zu lange auf Twitter war.
Nils Althaus (41) ist Kabarettist, Musiker und Schauspieler. Seit 2007 ist der diplomier te Biochemiker auf Bühnen und Leinwän den zu Hause. Seine Rollen in Filmen wie «Tannöd», «Im Sog der Nacht» und «Eine wen iig – dr Dällebach Kari» brachten ihm die Aus zeichnung Shooting star 2007 sowie vier Nominationen für den Schweizer Filmpreis ein. Mit seinen vier Solo programmen «Fuess note», «Ändlech», «Ehrlich gheit» und «Aussetzer» absolvierte er über 800 Auftritte.
Mit seiner Familie (zwei Söhne) ist Nils Althaus in Bern wohnhaft.
2. Wann waren Sie das letzte Mal im Spital?
Vor etwa drei Jahren hatte ich eine Knieoperation. Die Vollnarkose war ein bereicherndes Erlebnis.
3. Wie achten Sie auf Ihre Gesundheit?
Ich putze meine Zähne, esse grösstenteils vegan und ignoriere sämtliche Telegram Chatgruppen.
4. Welche «Sünden» gönnen Sie sich?
Alpkäse und dieses Jahr Ferien in Griechenland.
5. Wann haben Sie das letzte Mal geweint?
Das ist leider viel zu lange her. Es waren Rührungstränen bei irgendeiner manipulativen Hollywood Schnulze.
6. Wie entspannen Sie sich?
Ich jogge sehr, sehr lang sam – so langsam, dass ich manchmal von Spazier gängerinnen und Spazier gängern überholt werde.
7. Was tun Sie gegen ein schlechtes Gewissen?
Ich habe Leidminderung zu einer Priorität gemacht. Ich spende zehn Prozent meines Einkommens für Tiere und die Prävention technologi scher Risiken, unterrichte zu den Prinzipen des effektiven Altruismus und habe im Hörspiel «Cibelius – ein Aus serirdischer in Konolfingen» aktuelle ethische Gedanken experimente vertont.
8. Wann können Sie fast nicht Nein sagen?
Wenn mich meine Kinder mit leiser Stimme und ganz ohne Schimpfwörter um etwas bitten.
9. Wie sieht für Sie ein idealer freier Tag aus?
Knoblaucholiven mit schwarzem Steinhauerbrot zum Frühstück, dann drei Stunden unerwarteter Pro duktivitätsschub, 30 Minu ten Sport, Spaghetti aglio olio e peperoncino, Sach buch in der Hängematte, zwischendurch einschlum mern, am Nachmittag
Überraschungsbesuch von Freunden und am Abend gemeinsam Pläne schmieden, die nie umgesetzt werden.
10. Wovon träumen Sie?
Am Tag von einer Welt mit überfliessendem Mitgefühl, in der Nacht von Parkett schäden.
Zitate zum Thema Gesundheit und Medizin
«Die Medizin sollte nicht nur dem Leben Jahre geben, sondern auch den Jahren Leben.»
Georg Christoph Lichtenberg, deutscher Physiker (1742–1799)
«Ich kenne Menschen, die sich vor dem Ski fahren duschen und die Körperhaare stutzen, um bei einer Spitaleinlieferung die höchste Stilnote auf sicher zu haben.»
Fabian Unteregger, Schweizer Komiker und Arzt (geb. 1977)
«Leben wird nicht gemessen an der Zahl von Atemzügen, die wir nehmen, sondern an den Momenten, die uns den Atem nehmen.»
Maya Angelou, US-amerikanische Schriftstellerin (1928–2014)
«Man kann die Erkennt nisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mässig genossen, ist unschädlich.»
Mark Twain, US-amerikanischer Schriftsteller (1835–1910)
«Die grösste Behinderung des Lebens liegt darin, ständig auf seine Gesundheit zu achten.»
Platon, griechischer Philosoph (427–348 v. Chr.)
«Während der einen Hälfte unseres Lebens opfern wir die Gesundheit, um Geld zu erwerben, während der anderen das Geld, um die Gesundheit zu erlangen.»
Voltaire, französischer Philosoph (1694–1778)
Kolumne
Schlafen ist ein heiss diskutiertes Thema. Zuerst erkläre ich Ihnen, weshalb die Suche nach Tipps für einen besseren Schlaf nicht die beste Idee ist. Später verrate ich Ihnen dann doch Kniffe, die mir persönlich zu einem guten Schlaf verhelfen. Einverstanden?
Text: Marlen ReusserSchlafen, um zu ...
Der Schlaf fristet bei uns ein unpopuläres Da sein. Am liebsten würden wir ganz auf ihn ver zichten und sind neidisch auf Menschen, die of fenbar wenig davon brauchen. Dann stellen wir hohe Anforderungen an ihn, nehmen ihn als Mittel zum Zweck. Wir schlafen, «um zu»: um uns zu erholen, um unsere gestressten Körper und Hirne wiederherzustellen, um Gelerntes zu konsolidieren, um die Alterung zu verlang samen, um unsere Gesundheit zu fördern oder um unsere Leistung zu optimieren.
Wir basteln ständig am Schlaf herum und wollen ihn verbessern. Dabei könnte man ihn auch einmal einfach Schlaf sein las sen. Wir könnten ihn auf eine Empore heben und leidenschaftlich zelebrieren. Ohne Hin tergedanken, ohne ihn zu instrumentalisie ren. Und sollte er nicht kommen, so nehmen wir die Nacht mit wachen Augen. Das kann einen ganz eigenen Zauber haben! Probieren wir neue Wege!
Sie alle kennen es: Nach einem langen und erfüllten Tag fallen wir todmüde ins Bett und schlafen «wie ein Baby». Ausgiebig und gut. Der Schlaf kommt ganz von selbst. Doch worin liegt der Unterschied zwischen einer solchen Nacht und einer schlaflosen? Die meisten Antworten darauf finden sich zwei fellos in unseren überladenen Tagen, unserer Gefühlswelt und unseren ungelösten Proble men – und nicht in der Nacht. Vielleicht ist der Schlaf also eher ein subtiler Lehrer, dem wir aufmerksam zuhören sollten?
Marlen Reusser (32) hat ein Medizinstudium absolviert und ist seit 2017 Profiradsportlerin. Die Emmentalerin ist Vize olympiasiegerin, zweifache Vizeweltmeisterin und Europameisterin im Zeitfahren und wurde 2020 und 2021 zur Schweizer Radsportlerin des Jahres gewählt.
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Toby Baier erzählt und liest vor: einschlafen-podcast.de
Nun zum zweiten Teil, den ich verspro chen habe: Mein Schlaf ist aktuell grundsätz lich gut, wenn es auch manchmal kleinere Verzüge gibt. Das war nicht immer so. Auch ich hatte Phasen, die von Schlaflosigkeit ge prägt waren. Ich will Sie aber nicht mit Er läuterungen zu einer gesunden Schlafhygiene langweilen. Lieber erzähle ich etwas aus dem Nähkästchen. Zum Beispiel habe ich kürz lich angefangen, die Vorhänge erst während meiner nächtlichen Pipi Pause zu schliessen und nicht bereits beim Ins Bett Gehen. So lege ich mich abends schlafen und geniesse die Stimmung und das Licht der Nacht, hor che den Tieren und dem Wind und blicke zu den Sternen oder in die Wolken. Kennen Sie eigentlich den Abendstern?
Bin ich noch aufgewühlt von einem aufregenden Tag, so setze ich mich gerne in eiskaltes Wasser. Jap. Das braucht immer etwas Überwindung, und wenn ich drin sit ze, muss ich mich konzentrieren und meine Atmung beruhigen. Die Magie geschieht da nach: Komme ich aus dem Wasser, fühle ich eine tiefe Ruhe und Sicherheit in mir auf steigen. Mit diesem wohligen Gefühl schlafe ich wunderbar ein. Das Durchschlafen ist für mich übrigens deutlich besser, wenn ich mich ausreichend mit Kohlenhydraten ver sorgt habe! Die Low Carb Zeiten sind bei mir Geschichte.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein unverkrampftes Verhältnis mit dem Schlaf!
Vorschau
Das nächste Insel Magazin erscheint im Frühling 2023
Herzenssache
Das Herz versorgt unseren Körper mit Blut und steht für Liebe und Leidenschaft. Die nächste Ausgabe widmet sich unserem wichtigsten Organ und der Herz- und Gefässmedizin, geht aber auch auf andere Herzensangelegenheiten ein.
Impressum
Herausgeberin: Insel Gruppe AG, Bern.
Konzept und Kreation: Stämpfli Kommunikation, Bern.
Projektleitung und Koordination: Simon Schmid (Insel Gruppe), Monica Masciadri (Stämpfli Kommunikation), Thorsten Kaletsch (textatelier.ch).
Redaktionsleitung: textatelier.ch, Biel.
Redaktion: Marco Garbely, Marianne Kaiser, Petra Ming, Fabienne Schöpfer, Loriana Zeltner (alle Insel Gruppe), Peter Bader, Denise Fricker, Mia Hofmann, Thorsten Kaletsch (alle textatelier.ch).
Art Direction: Michael Dürig (Insel Gruppe), Benjamin Scheurer (Stämpfli Kommunikation).
Illustrationen: Alice Kolb, Gavin Patterson.
Fotografie: Pascal Triponez (Insel Gruppe), Manu Friederich, Mia Hofmann (textatelier.ch), iStock, Stocksy, Shutterstock.
Gesamtherstellung: Stämpfli Kommunikation, Bern.
Auflage: 141 570 Exemplare.
Erscheint zweimal jährlich.
Kontakt: magazin@insel.ch.
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