60 Maria Lassnig * (Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919–2014 Wien) Der Frank und die Frankfurterin, 1970 Öl auf Leinwand; gerahmt; 110 × 140 cm Signiert und datiert rechts unten: M. Lassnig 1970 Provenienz erworben 2016 aus einer Privatsammlung, Österreich; seither Privatsammlung, Schweiz ▲EUR 250.000–400.000
Von 1968 bis 1980 lebt Maria Lassnig in New York, oft mit nur sehr beschränkten finanziellen Ressourcen. Ihr außergewöhnliches Talent, Menschen zu porträtieren, bietet ihr die Möglichkeit, ein wenig Geld zu verdienen. Dieses Doppelbildnis, Der Frank und die Frankfurterin von 1970, ist Lassnigs erster Porträtauftrag in New York. Maria Frankfurter hat in Wien in der Galerie nächst St. Stephan gearbeitet, dort Arnulf Rainer kennengelernt und geheiratet. Mittlerweile ist sie von Rainer geschieden und neu verheiratet, mit Frank de Groote, einem Belgier, der bei der UNO arbeitet. Lassnig bezeichnete dieses Doppelporträt einmal als eine ihrer besten Arbeiten (Vgl. Natalie Lettner: Maria Lassnig. Die Biografie. Wien 2017, S. 217). Mit breitem Pinselstrich erfasst sie das Paar, dessen Körperhaltung zueinander innige Vertrautheit vermittelt. Während Frank de Groote freundlich und aufmerksam aus dem Bild herausschaut, schweift Maria Frankfurters Blick leicht abwesend in die Ferne. Die beiden jeweils innen gelegenen Hände der beiden sind zwar nicht zu sehen, berühren sich jedoch offensichtlich im Verborgenen, und auch die äußeren Hände kommen einander nahe und scheinen sich gegenseitig zu spiegeln. Gleiches gilt für die einander zugewandten Knie. Mit solchen kleinen Kniffen gelingt es Lassnig, die Intimität des Paars zu kommunizieren. Vor allem leistet das jedoch der dominante und die beiden verbindende auffallend grüne Farbton. Das Grün der Haare, seines Anzugs und ihres Rocks kontrastieren – typisch für Lassnig – mit dem Orange seiner Krawatte, dem Orange-Gelb ihrer Bluse und – besonders raffiniert – mit einzelnen Elementen der Gesichter, zum Beispiel den Lippen, ihrem Ohr und seiner Nase. Auf die Farbe des Gemäldes angesprochen, meinte Lassnig einmal, das habe mit dem grünabstrahlenden Linoleumboden in ihrem Atelier, damals im East Village, zu tun. Tatsächlich wirkt sich auf Lassnigs Arbeit oft ihre Umgebung aus. Als sie in den 1960er Jahren in Paris in einem riesigen Wohnatelier lebt, werden auch ihre Leinwände um vieles größer; in ihrer ersten New Yorker Wohnung in Queens entsprechen die Wände in düsterem Rosa ihren damals ebenfalls oft rosa und violetten Body-awarenessArbeiten. Schon als Kind hat Lassnig liebend gerne andere Leute skizziert, oft im Gasthaus auf einen Bierdeckel oder eine Papierserviette. Zeit ihres Lebens ist das Porträtieren für sie eine Möglichkeit, sich intensiv mit Menschen auseinanderzusetzen: „Niemand kann behaupten, jemanden gesehen zu haben, wenn er ihn nicht gezeichnet hat.“ Und: „Ich will die Leute lange ansehen, ihnen dreist in die Augen blicken, was da herausschaut, sehe ich, je länger ich hinsehe. Glück und Unglück ist da gebannt, in Würde, Furchtsamkeit, Hoffnung, dem kann ich mit meinen Augenlinsen folgen und alles erraten, während ich den Stift oder den Pinsel führe.“ (Landleute – Landsleute. Maria Lassnig Ausstellung in der rittergallery. In: Klagenfurt – Die Stadtzeitung mit amtlichen Nachrichten, Nr. 3, 26. 2. 2004, S. 30) (Natalie Lettner)
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