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125 Jahre Hypo Vorarlberg - eine Zeitreise

Die vergangenen 125 Jahre waren bewegte Zeiten für die Hypo Vorarlberg. Die Bank ist an und in ihrem Umfeld und mit ihren Kundinnen und Kunden gewachsen – bis heute ein stetiger Prozess der Veränderung.

1894 – 1914: GRÜNDUNGSAUFTRAG UND ANFANGSJAHRE

Ende des 19. Jahrhunderts kämpft Österreich, damals noch Teil der K.u.K.-Monarchie, unter anderem gegen eine Agrarkrise an. Die alpenländische Landwirtschaft ist gegenüber dem westlichen Europa rückständig, ein Großteil der bäuerlichen Betriebe in Vorarlberg ist verschuldet. Kredite werden – hochverzinst – vor allem von Privaten angeboten. Zur Besicherung der Kredite verpfänden die Bauern ihre Liegenschaften. Regelmäßig werden überschuldete Höfe versteigert.

Um die Landwirtschaftskrise in den Griff zu bekommen, beschließt der Vorarlberger Landtag in den 1890er Jahren die Gründung einer „Hypothekenbank des Landes Vorarlberg“. Ziel ist die Entschuldung der bäuerlichen Betriebe durch langfristige Darlehen mit stabilen und erschwinglichen Zinssätzen. Nach Genehmigung durch Kaiser Franz Joseph I. und Kundmachung des Statuts im Gesetzblatt für Tirol und Vorarlberg ist die Gründung am 17.11.1897 offiziell.

In den ersten zehn Geschäftsjahren suchen über 4.000 Grundbesitzer um Hypothekendarlehen an. Die Darlehen werden durch die Ausgabe von Pfandbriefen refinanziert. Diese sind durch die Hypotheken und zusätzlich durch die Haftung des Landes Vorarlberg gesichert und gelten als besonders attraktiv. Daher erwirtschaftet die Bank bereits in den ersten Geschäftsjahren einen kleinen Überschuss.

914 – 1938: 1. WELTKRIEG UND NEUORIENTIERUNG

Der 1. Weltkrieg kostet nicht nur Millionen Menschenleben, sondern ist zugleich die bis dahin größte Geldvernichtungsaktion: Österreich-Ungarn finanziert den 1. Weltkrieg einerseits über hoch verzinste Kriegsanleihen, andererseits über exzessives Drucken von Banknoten. Die daraus resultierende Hyperinflation stürzt das Land wirtschaftlich in eine tiefe Krise. Erst die nach Kriegsende durch den Völkerbund ausgegebene „Genfer Anleihe“ (1922) stabilisiert die Kronenwährung und ermöglicht eine Währungsreform.

Wirtschaftliche Gewinner in dieser Zeit sind die Bauern, die die Hyperinflation nutzen, um ihre Darlehen zurückzuzahlen. Die Folgen für die Bank sind fatal, durch das regelrechte Rückfluten der Darlehen ist der gesamte Bestand bedroht. Das Vertrauen in Banken ist durch die Inflation erschüttert. Wer kann, flüchtet in starke Währungen wie den Schweizer Franken.

Um den Fortbestand der Hypothekenbank zu sichern, ist eine Neuorientierung notwendig. So werden die Tätigkeitsbereiche erweitert und die ersten Weichen in Richtung Universalbank mit Landeshaftung (Landesbank) gestellt: 1925 erhält die Bank die Konzession zur Ausgabe von Pfandbriefen in Fremdwährungen und zur Betreibung des Spareinlagengeschäftes. Sie übernimmt den gesamten Zahlungsverkehr für das Land und in den Folgejahren die Abwicklung der Wohnbauförderung sowie die Verwaltung des Landeswohnbaufonds.

Erste Erfolge zeigen sich bald. Da die Hypothekenbank zu diesem Zeitpunkt noch keine Unternehmensfinanzierungen tätigt, übersteht sie die Weltwirtschaftskrise (1931) und die nachfolgende Bankenkrise weitgehend unbeschadet.

1938 – 1950: 2. WELTKRIEG UND WIEDERAUFBAU

Bereits im Jahr 1938 wird fast die gesamte Führung der Bank von den neuen Machthabern ausgetauscht und durch nationalsozialistische Parteigenossen ersetzt. Pfandbriefe werden in Reichsmark ausgegeben bzw. durch deutsche Schuldverschreibungen ersetzt. Mit Fortdauer des Krieges leiden auch die Geschäfte der Hypothekenbank und es gibt Pläne, die Bank sowie weitere Vorarlberger Institutionen in der Gauverwaltung Innsbruck aufgehen zu lassen. Der Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes kommt diesen Plänen zuvor.

Nach Kriegsende wird die Arbeit unter neuer Führung und im Zeichen des Wiederaufbaus fortgesetzt. Die ersten Nachkriegsjahre werden nicht nur für die Hypothekenbank zur Belastungsprobe. Viele stehen vor den Trümmern ihrer Existenz und nur mit Fleiß und harter Arbeit gelingt es der Vorarlberger Bevölkerung, sich von den Kriegsfolgen zu erholen. Eines der dringendsten Nachkriegsprobleme ist die Bekämpfung der Wohnungsnot. So wird die Finanzierung von Eigenheimen zu einem wesentlichen Geschäftsfeld der Bank. Gleichzeitig geht die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Krediten deutlich zurück.

Die Vorarlberger Wirtschaft wird während des 2. Weltkriegs von Zerstörungen weitgehend verschont. Trotzdem steht sie mit Kriegsende vor großen Schwierigkeiten. Transportwege sind unterbrochen und es mangelt an Rohstoffen und qualifizierten Arbeitskräften. Auch das monetäre System wird durch die „größte Tragödie des 20. Jahrhunderts“ erneut zerrüttet. Geordnete Währungsverhältnisse, ein funktionierender Bankenund Kreditapparat und ein leistungsfähiger Kapitalmarkt müssen erst wieder hergestellt werden.

1950 – 1970: STRUKTURWANDEL UND WACHSTUM

Die wirtschaftliche Entwicklung Vorarlbergs nach dem 2. Weltkrieg ist durch ein ständiges Wachstum der Gesamtwirtschaft geprägt. Die in Vorarlberg stark verwurzelte Textilindustrie erlebt ab den 1950er Jahren ihre Blütezeit. 1955 beträgt der Anteil der Textilindustrie über 75 % der gesamten industriellen Produktion des Landes. Der enorme Arbeitskräftebedarf, den das Wirtschaftswachstum mit sich bringt, führt ab den 1960er Jahren zu einer Zuwanderungswelle. In nur zehn Jahren, von 1961 bis 1971, wächst die Bevölkerung Vorarlbergs um fast 25 %.

In den 1950er Jahren zeigen Vorarlbergs Unternehmen eine hohe Investitionsbereitschaft, jedoch sind die inländischen Banken aufgrund des Risikos kaum zur Vergabe zinsgünstiger Darlehen bereit. Mit der Idee der Vorarlberger Garantiegemeinschaft setzt die Hypothekenbank einen Meilenstein in ihrer Unternehmensgeschichte und stellt die Weichen für den bis heute erfolgreichen Wirtschaftsstandort Vorarlberg. Unternehmer erhalten leistbare Kredite, zahlen aber gleichzeitig in einen Haftungspool ein, für den das Land, gemeinsam mit der Wirtschaftskammer (früher Handelskammer), eine Ausfallshaftung übernimmt. Viele heute international tätige Unternehmen legen zu diesem Zeitpunkt den Grundstein für ihren Erfolg. Die Hypothekenbank wird zur Unternehmerbank des Landes Vorarlberg.

Mit dem Einstieg ins Leasinggeschäft (Gründung der Leasinganlagen Vermietungs GmbH) und der ersten Filialgründung im Kleinwalsertal in den 1960er Jahren geht die Hypothekenbank die ersten Schritte auf dem Weg zur breit gefächerten Universalbank.

1970 – 1990: FILIALISIERUNG UND MARKTERWEITERUNG

Ab den 1970er Jahren zeichnet sich – ausgelöst durch die Weltwirtschaftskrise – auch in Vorarlberg ein wirtschaftlicher Wandel ab. Während die Textilindustrie langsam an Bedeutung verliert, erleben andere Branchen wie die Metall-, Elektro- oder Nahrungsmittelindustrie einen enormen Aufschwung. Aus dem ehemaligen „Textilland“ Vorarlberg wird ein moderner Tourismus- und Dienstleistungsstandort mit einem noch immer großen, aber diversifiziert produzierenden Gewerbe.

Die Proteste gegen das im Kanton St. Gallen geplante Atomkraftwerk Rüthi führen in Vorarlberg bereits in den 1970er Jahren zu einer starken Anti-Atomkraft- und Umweltschutzbewegung. Auch im Jugend- und Kulturbereich entsteht eine neue Dynamik, die sich gegen die strenge Verbots- und Zensurpolitik wendet und Vorarlberg gesellschaftspolitisch wegweisend verändert.

Die 1970er bis 1990er Jahre stehen ganz im Zeichen des Wachstums. Der Hypo Versicherungsmakler (heute „COMIT“) nimmt in den 1970er Jahren seine Tätigkeit auf und das Filialnetz wächst weiterhin, sodass die Hypothekenbank, kurz „Hypo Vorarlberg“, in jeder größeren Gemeinde und Talschaft Vorarlbergs mit einer Filiale vertreten ist und sich zu einem der größten Arbeitgeber des Landes entwickelt.

Mit der Einführung eines Energie- Sonderkredits reagiert die Bank auf die umweltbewusste Haltung der Vorarlberger Bevölkerung und bekennt sich bereits 1980 zum Thema Nachhaltigkeit. Zudem startet sie mit dem „Hypo Club“ eine einzigartige kulturpolitische Initiative mit Veranstaltungen in den Bereichen Kultur, Weiterbildung, Sport und Freizeit.

Neben der Wohnbaufinanzierung und dem Firmenkundengeschäft nimmt die Hypo Vorarlberg Ende der 1980er Jahre die Vermögensverwaltung als dritte Säule ins Geschäftsmodell auf, um ihre Kundinnen und Kunden ganzheitlich betreuen zu können.

1990 – 2010: INTERNATIONALISIERUNG UND PROFESSIONALISIERUNG

Zur Absicherung der Wettbewerbsposition und als Resonanz auf die zunehmende Internationalisierung der Vorarlberger Wirtschaft erweitert die Hypo Vorarlberg ihre Geschäftstätigkeit über die Landes- und Staatsgrenzen hinaus. 1989 werden die erste Filiale außerhalb Vorarlbergs in Wien sowie eine Repräsentanz in Bozen (Südtirol) gegründet. Knapp zehn Jahre später folgen eine Niederlassung in St. Gallen (Schweiz) und die Gründung der Hypo Investmentbank AG in Liechtenstein (Verkauf 2009).

1996 ändert die Bank ihre Rechtsform in eine Aktiengesellschaft und geht in weiterer Folge eine Partnerschaft mit einem baden-württembergischen Bankenkonsortium ein. Voraussetzung für die Partizipation am internationalen Kapitalmarkt ist ein anerkanntes Bankenrating. So lässt sich die Hypo Vorarlberg von Standard & Poor‘s bewerten. Sie erhält die Bestnote AAA und wird in der Folge – mit ihren maßgeschneiderten Emissionen – zum begehrten Partner internationaler Investoren.

Der Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1995 stärkt den Wirtschaftsstandort Vorarlberg und beschleunigt sowohl den Diversifizierungsprozess als auch das Gesamtwachstum der Vorarlberger Wirtschaft. Vor allem stark exportorientierte Unternehmen nutzen die sich bietenden Chancen in neuen Märkten.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 ist ein tiefer wirtschaftlicher Einschnitt und verändert das Finanzwesen nachhaltig. Einerseits werden strenge Regulierungsmaßnahmen beschlossen, andererseits senkt die Europäische Zentralbank zur Bewältigung der Krise die Zinsen schrittweise, bis diese 2014/15 sogar den Negativbereich erreichen. Dies stellt Banken und Anleger vor neue Herausforderungen.

Dass die Hypo Vorarlberg die Finanzkrise ohne größere Einbußen übersteht, liegt einerseits an ihrem konservativen, sicherheitsorientierten Geschäftsmodell, andererseits an der Stärke und Stabilität ihrer Firmen- und Privatkunden.

2010 – 2022: DIGITALISIERUNG UND ÖKOLOGISIERUNG

Die Digitalisierung bringt für Wirtschaft und Gesellschaft neue Chancen und Risiken. Aufgaben wie IT-Sicherheit, Big Data und das „Schritthalten“ mit der rasanten technologischen Entwicklung fordern große, aber besonders auch kleine und mittelständische Unternehmen. Ein branchenübergreifender Austausch wird immer wichtiger und so entstehen neue Plattformen, wie Lernfabriken, um die digitale Transformation gemeinsam zu bewältigen und die Region nachhaltig zu stärken.

Seit 2018 wird die „größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts“, die Bekämpfung des Klimawandels, durch die „Fridays for Future“-Bewegung weltweit weiter in den Fokus gerückt. Es besteht Einigkeit, dass sämtliche Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes getroffen werden müssen. Vorarlberg setzt sich zum Ziel, bis 2050 Energieautonomie zu erreichen.

2020 bricht die globale COVID-19-Pandemie aus und bringt die Welt zeitweise weitgehend zum Stillstand. Welche Spuren die Pandemie in Gesellschaft und Wirtschaft hinterlässt und welche Lehren daraus für die Zukunft gezogen werden, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Seit Beginn der 2000er Jahre zeichnet sich auch im Bankwesen ein digitaler Wandel ab. Alltägliche Schaltergeschäfte werden zunehmend online erledigt, während komplexere Bankthemen eine persönliche Beratung unersetzbar machen. Die Hypo Vorarlberg trägt dieser neuen Entwicklung Rechnung, indem sie kleine Filialen zu „Kompetenz-Centern“ bündelt. 2020 wird der Hypo Vorarlberg FREIRAUM im Messepark mit innovativem Konzept und modernster Technik neu eröffnet. Ziel ist es, im engen Austausch mit Kundinnen und Kunden das Online-Angebot weiter zu optimieren.

2013 gründet die Hypo Vorarlberg – gemeinsam mit neun anderen Unternehmen – das Klimaneutralitätsbündnis 2025. 2017 setzt sie einen „grünen Meilenstein“ in ihrer langjährigen Emissionsgeschichte und begibt als erste österreichische Bank einen öffentlichen Green Bond. Auch abseits vom Kerngeschäft verankert die Hypo Vorarlberg das Thema „Nachhaltigkeit“ weiter in der Geschäftsstrategie und dokumentiert es in einem eigenen, jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht.

Die regionale Wirtschaft hat sich in der Pandemie erneut stark gezeigt und auch in den Geschäftszahlen der Hypo Vorarlberg schlagen sich die wirtschaftlichen Folgen in verträglichem Ausmaß nieder. Mit Überbrückungskrediten und Stundungen können coronabedingte Härtefälle rasch abgefangen werden. Bereits im zweiten Jahr der Krise zeigt sich schon eine deutliche Besserung.

2022 – 2025: BLICK IN DIE ZUKUNFT

Die Pandemie wirkt als starker Treiber für Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Auch die Hypo Vorarlberg integriert Nachhaltigkeit noch stärker in das Kerngeschäft und richtet ihre Produkte und Dienstleistungen an den Vorgaben der EU-Taxonomie aus. Verschiedene Projekte und Initiativen in der Region, die einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten, werden auch in Zukunft unterstützt und auch die Bank selbst setzt entsprechende Maßnahmen.

Die Hypo Vorarlberg achtet auf Vielfältigkeit in der Belegschaft, fördert Diversität im Rahmen der Personalentwicklung noch stärker und setzt Schwerpunkte im Bereich Talenteförderung.

Mit der Eröffnung eines neuen Standortes in Salzburg im Jahr 2021 will die Hypo Vorarlberg einen zukünftigen Wachstumsmarkt besetzen, um weiterhin erfolgreich wirtschaften zu können.