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Vorstände im Gespräch - Ein Interview zum Jubiläum

Vorstandsvorsitzender Michel Haller und seine Kollegen Wilfried Amann und Philipp Hämmerle blicken zurück auf 125 Jahre Unternehmensgeschichte und erzählen, warum die Hypo Vorarlberg heute gut aufgestellt ist und wie sie auch künftig unter den besten Banken Österreichs sein wollen.

Würden Sie die Geschichte der Hypo Vorarlberg insgesamt als Erfolgsgeschichte bezeichnen?

Haller: Eindeutig ja. Man kann sich natürlich die Frage stellen, wie man Erfolg misst. An einem hohen Marktanteil? An wirtschaftlichen Daten wie z.B. Umsatz oder Gewinn? Oder daran, wie ein Unternehmen durch Krisenzeiten gekommen ist? Mit Blick auf die wirtschaftlichen Kennzahlen und die Resilienz unserer Bank müssen wir uns jedenfalls nicht verstecken.

Amann: Auch die Tatsache, dass es die Hypo Vorarlberg bereits so lange gibt, spricht dafür, dass unser Haus immer wieder in der Lage war, sich weiterzuentwickeln und erfolgreich am Markt zu behaupten.

Wie viel Vorarlberg steckt in der Hypo Vorarlberg?

Haller: Wir sind eine regionale Bank und haben unsere Wurzeln in Vorarlberg. Das schließt nicht aus, dass wir auch international unterwegs sind. Was viele nicht wissen: Wir haben zwar ein sorgfältig geplantes Filialnetz in Vorarlberg und treten hier als Universalbank auf, sind aber inzwischen auch stark in unseren anderen Marktgebieten außerhalb der Region vertreten. So macht z.B. das Neugeschäft im Raum Wien knapp 40 % des gesamten Wachstums in der Hypo Vorarlberg aus. Gerade im Firmenkundenbereich begleiten wir Unternehmen auch im Ausland.

Amann: Was unsere Kundinnen und Kunden – vor allem außerhalb Vorarlbergs – zu schätzen wissen, sind die typ i schen Vorarlberger Werte, die im Kontakt mit uns spürbar sind. Wir sind ein ambitionierter und zuverlässiger Partner für alle Menschen, die etwas vorhaben. Dass das gut ankommt, zeigen die vielen langjährigen bzw. jahrzehntelang gepflegten Kundenbeziehungen.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es viele Veränderungen. Bevorzugen Sie eher Tradition oder Innovation?

Amann: Ich würde es so formulieren – die Digitalisierung und technische Innovationen bieten unserem Haus neue Möglichkeiten, uns auf unsere traditionelle Beratungsstärke zu fokussieren, statt diese zu verdrängen. Unsere Herausforderung ist es, unseren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit zu geben, so viele Dinge wie gewünscht digital zu erledigen und gleichzeitig jederzeit persönlichen Kontakt zu uns aufnehmen zu können.

Hämmerle: Parallel arbeiten wir daran, unsere bankinternen Prozesse effizienter zu gestalten. So finden unsere Beraterinnen und Berater zukünftig noch mehr Zeit für die persönliche Beratung, um Perspektiven aufzuzeigen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Gerade bei maßgeschneiderten Veranlagungs- und Finanzierungsmodellen ist das ein wesentlicher Prozess.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Bankfilialen?

Haller: Als Reaktion auf geänderte Kundenbedürfnisse investieren wir künftig verstärkt in Kompetenz-Center, d.h. in den Ausbau größerer Standorte und die Integration kleinerer Filialen, um unseren Kundinnen und Kunden so beste Beratung an einem Ort bieten zu können. Wir setzen zudem auf möglichst kundenorientierte Entwicklung neuer Produkte bzw. Dienstleistungen. Zu diesem Zweck wurde eigens der FREIRAUM in der Filiale im Messepark konzipiert, der mit der klassischen Bankfiliale nicht mehr viel zu tun hat. Dieser Standort ist dazu da, um neue digitale Formate und Produkte auszuprobieren und im Austausch mit den Kundinnen und Kunden weiterzuentwickeln.

Neue Technologien und digitale Währungen sind auf dem Vormarsch. Welche Erfahrungen haben Sie hier gesammelt?

Hämmerle: Schnelligkeit, Effizienz und Sicherheit sind wichtige Merkmale, die diese Form der digitalen Abwicklung z.B. bei Emissionen mit sich bringt. Gemeinsam mit einer Partnerbank ist es uns vor einiger Zeit gelungen, eine konkrete Anwendung der neuen Blockchain-Technologie erfolgreich umzusetzen. Wir freuen uns darauf, diese zukunftsweisende Plattform weiterzuentwickeln, damit weitere Investoren und Emittenten von dieser Innovation profitieren können.

Amann: Die Bankbranche wird auch auf die Entwicklung im Bereich Kryptowährungen umgekrempelt. Beispielsweise ist der Bitcoin eine ganz neue Kategorie von Finanzprodukten, und so ist es schwierig für Regulierungsbehörden, aber auch für Banken, damit umzugehen. Da Bitcoins diverse Charakterzüge von Geld, Rohstoffen und Wertpapieren aufweisen, sind sie auch für Investoren schwierig einzustufen. Als hochspekulative Anlageklasse und aufgrund ihrer extremen Volatilität sehen wir Kryptowährungen als Anlageform daher besonders kritisch.

Hat das Bankenwesen angesichts dieser Umbrüche eine Zukunft?

Haller: Banken werden sicher veränderungsbereit bleiben müssen und sich überlegen, wie sie neue Geschäftsfelder erschließen können oder ob es sinnvoll ist, sich z.B. auch mit anderen Banken oder Dienstleistern wie Fintechs zusammenzuschließen.

Amann: Bankberatung der Zukunft heißt, sich auf neue Technologien und verändertes Kundenverhalten ein zulassen und den Wandel proaktiv zu gestalten. Die Kundinnen und Kunden im digitalen Zeitalter erwarten ein intelligentes und individuell auf sie abgestimmtes Spektrum an Zugangswegen zu ihrer Bank: vom unkomplizierten Online-Produktabschluss über Mobile Banking bis hin zur persönlichen Beratung.

Was waren für Sie die größten Herausforderungen der letzten Zeit?

Haller: Sicherlich der Umgang mit der Pandemie und die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Krise. Wir haben Unternehmen, die mit Umsatz- und Gewinneinbußen zu kämpfen hatten, rasch unterstützt und sie durch diese Zeit begleitet. Ganz nach unserem Motto werden wir gemeinsam wieder Großes leisten!

Amann: Auch die Umsetzung der neuen Anforderungen des EU-Aktionsplans hat uns sehr beschäftigt. Ziel ist es, Finanzströme in eine nachhaltige Richtung zu lenken – das unterstützen wir natürlich als achtsame Regionalbank. Wir begreifen diese Veränderung als Chance, neue, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Und für Kundinnen und Kunden, die auf Nachhaltigkeitsaspekte Wert legen, wird es künftig noch leichter nachvollziehbar, wohin ihre Gelder fließen.

Hämmerle: In den letzten Monaten haben wir wichtige strategische Weichen neu gestellt und konkrete Maßnahmen abgeleitet. Mit der adaptierten IT-Strategie 2021 gehen wir Schritt für Schritt in eine neue (agile) Art der Zusammenarbeit zwischen Fachabteilungen und IT, um gemeinsam das gesamte Leistungsspektrum der Bank aktiv zu gestalten.

Wird es in 25 Jahren eine 150-Jahr-Feier geben?

Haller: So weit nach vorne zu blicken, ist aus meiner Sicht gewagt. Wenn man 25 Jahre zurückblickt, gab es seither eine rasante Entwicklung, gerade auch mit Hinblick auf Automatisierung und Digitalisierung: Das Geld wird heute in der Regel am Automaten geholt. Wer weiß, ob in zehn Jahren überhaupt noch Bargeld benötigt wird? So wie unsere Bank dasteht, sind wir aus heutiger Sicht jedenfalls gut aufgestellt – was auch immer die Zukunft mit sich bringen wird.