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Rheumatoide Arthritis: Auf das Herz achten
Foto: © shutterstock.com/ puhhha
Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben nicht nur mit schmerzenden Gelenken und Osteoporose zu kämpfen – die chronisch entzündliche Systemerkrankung kann sich auch negativ auf die inneren Organe auswirken. Hierbei stehen vor allem kardiovaskuläre Komorbiditäten im Fokus, welche bei ca. 70-80 % der RA-Patienten auftreten und zu den häufigsten Todesursachen bei Personen mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zählen.1 Eine aktuelle Studie mit 863 Personen, die an RA leiden, zeigt nun, dass das kardiovaskuläre Risiko bei Frauen und jüngeren Patienten bisher unterschätzt worden sein könnte.2 Das erhöhte kardiovaskuläre Risiko wird einerseits auf die systemische Inflammation zurückgeführt, andererseits auf klassische Risikofaktoren für die Entstehung einer RA – wie Rauchen und Adipositas. Einschätzen lässt sich das kardiovaskuläre Risiko in der Allgemeinbevölkerung anhand von Algorithmen wie SCORE, welcher von der European Society of Cardiology entwickelt wurde. Jedoch argumentieren die Autoren der kürzlich publizierten Studie, dass in diesem Algorithmus eine Gewichtung nach Geschlecht und Alter stattfinde, die ein höheres Risiko kardiovaskulärer Ereignisse bei älteren Personen sowie bei Männern prognostiziere.2
Algorithmus unterschätzt Gefährdung
In Bezug auf RA zeigen Metaanalysen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei älteren Patienten etwa gleich häufig auftreten wie bei gleichaltrigen Personen ohne RA. Die höchste Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse war stattdessen in den jüngsten Alterskohorten zu beobachten, wo das relative Erkrankungsrisiko gleichaltriger Menschen ohne RA eher gering ist. Bei Frauen konnten Forscher ebenfalls eine erhöhte Gefährdung der Herzgesundheit feststellen: Insbesondere all jene Frauen, welche die Menopause früh durchleben, haben >
Eine effektive, individuelle Schmerztherapie
Experten informierten über Beschwerden bei Arthrose und Kopfschmerz*
Der Begriff Arthrose bezeichnet eine zunehmende Schädigung des Knorpels, für die meist mechanische Ursachen verantwortlich sind. Eingeteilt wird sie in vier Stadien, wobei die Stadien 1, 2 und 3 die Domänen der konservativen Therapie sind und beim Stadium 4 eine operative Therapie in Betracht gezogen werden sollte. OA Dr. Ekkehard Schweitzer hebt hervor: „Bei einer Schmerztherapie muss immer der gesamte Mensch miteinbezogen werden. Denn es geht nicht nur um die Gelenksbeschwerden und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Aktivität, sondern auch um psychosoziale Faktoren wie Stimmung, Antrieb, soziale Kontakte, Schlaf usw. Therapieempfehlungen können vom Patienten nur angenommen werden, wenn sie mit seinen eigenen Vorstellungen der Krankheitsentwicklung kompatibel sind. Damit geht es auch bei der Arthrosetherapie letztlich um die Berücksichtigung aller Aspekte des "Lebensvollzugs". Treten Schmerzen auf, so gibt es verschiedenen Therapieansätze. Wichtig ist dabei die Bewegung, die der Knorpel benötigt, um ausreichend ernährt zu werden. Auch Achsentraining und Dehnungsübungen – speziell beim Kniegelenk – gehören dazu. Dr. Schweitzer: „Im Handel werden Salben angeboten, um der Schmerzen Herr zu werden. Diese haben zwar keine systemischen Nebenwirkungen, die Frage ist aber, ob hier überhaupt eine pharmakologische Wirkung besteht. Letztlich ist das eine individuelle Entscheidung.“ Zu Injektionen gibt es diverse Empfehlungen, je nachdem welche Leitlinien man liest. So raten etwa die Amerikanischen Leitlinien von der Injektion von Hyaluronsäure ab. Die Deutschen Leitlinien meinen hingegen, wenn ein Patient NSAR genommen und nicht ausreichend vertragen hat oder diese nicht ausreichend wirksam waren, kann kann man eine Kur unter strengen aseptischen Bedingungen probieren. Bezüglich des Nutzens von Glykosaminoglykanen und Chondroitinsulfat gibt es keine gesicherten Beweise. „Bei der medikamentösen Schmerztherapie werden gerne Prostaglandinsynthesehemmer eingesetzt. Mit ihnen kann man sowohl Schmerz als als auch Entzündung in den Griff bekommen, bei Bedarf sind sie auch fiebersenkend“, so Dr. Schweitzer weiter. „Leider treten auch eine Reihe von Nebenwirkungen auf, die u.a. die Magenschleimhaut, die Nieren oder die Bronchien betreffen. Deshalb werden zur Prävention und Risikoverminderung gastrointestinaler Ereignisse Protonenpumpen-Inhibitoren – so genannte PPI’s empfohlen.“ Ebenfalls sehr hilfreich könne die Kombination einer effektiven Schmerztherapie mit einem bewährten Magenschutz in einer Tablette fix kombiniert sein. Besonders sorgfältig müsse die Medikation bei einem kardiovaskulärem Risiko oder bei einer Kombination mit dem gastrointestinalem Risiko gewählt werden. Auch Opioide sind immer eine Option bei Arthrose. Allerdings gibt es Empfehlungen, die zu beachten sind, wie eine zeitnahe und kritische Evaluation der Wirksam- und Verträglichkeit, Ausschluss eines Suchtpotentials und schwere psychiatrischer Begleiterkrankungen sowie eine Dosisobergrenze von 120 mg Morphinäquivalent oral.
Kopfschmerzen effektiv behandeln
Kopfschmerzen können in primäre (z.B. Migräne, Spannungskopfschmerz) oder sekundäre (im Rahmen einer anderen Erkrankung) unterteilt werden. Die sekundären Kopfschmerzen können permanente neurologische Defizite, beispielsweise eine Sehstörung bis hin zur Blindheit, hervorrufen oder auch lebensgefährlich sein. Es ist daher beim Leitsymptom Kopfschmerz die Unterscheidung zwischen gefährlich und ungefährlich wichtig, meint Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic. „In der Notaufnahme entfallen zwei Drittel der Kopfschmerzen auf primäre Kopfschmerzen, und zwar vorwiegend Migräne und Spannungskopfschmerzen. Bei dem restlichen Drittel handelt es sich um sekundäre Kopfschmerzen. Bei Migräne ist es wichtig, frühzeitig mit der Therapie zu beginnen, um die Wirksamkeit der Analgetika zu verbessern.“ Vor rund 3.000 Jahren glaubte man noch, dass böse Geister an Kopfschmerzen schuld sind. Mittels Kraniotomie, also der Eröffnung des knöchernen Schädels, wurde versucht sie zu vertreiben. Heute stehen wirksame Medikamente zur Verfügung. Primar Mitrovic: „Neben den herkömmlichen Analgetika gibt es auch Medikamente – wie beispielsweise die Triptane, die eine gute Wirksamkeit zeigen, aber nur selten verschrieben werden." Ein möglicher Grund wäre die Erstverschreibungspflicht eines Facharztes. Neigt ein Patient zum Erbrechen, dann sollte eine orale Medikation gemieden und stattdessen Suppositorien, Nasensprays oder subkutane Injektionen angewendet werden. Die orale Medikation kann, wenn notwendig, mit einem Antiemetikum kombiniert werden, dies reduziert die Übelkeit und verbessert in der Regel die Wirkung von Analgetika. Opioide sollen bei Migräne nicht gegeben werden, da sie schlechter wirksam sind und häufig das Auftreten von Medikamenten-Übergebrauchskopfschmerzen fördern. Primar Mitrovic: „Wichtig sind prophylaktische Maßnahmen. Dazu gehört sowohl die Pharmakotherapie als auch nichtmedikamentöse Maßnahmen wie etwa Akupunktur, Entspannungstraining und Biofeedback.“
Experte zum Thema: OA Dr. Ekkehard Schweitzer, DEAA
Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Interdisziplinäre Schmerzambulanz, Klinik Hietzing
* Change.Pain: Compact. Virtuelle Fortbildungsveranstaltung, DFP-approbiert, 18. und 19. März 2021, www.changepaincompact.at
Experte zum Thema: Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic
Vorstand der Abteilung für Neurologie, Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck
„Triptane werden nur selten verschrieben, zeigen aber eine gute Wirksamkeit.“
ein höheres Risiko, sowohl RA als auch kardiovaskuläre Erkrankungen zu entwickeln.2,3 Daher warnen die Autoren davor, klassische Algorithmen wie SCORE ohne eine entsprechende Anpassung bei RAPatienten zu verwenden. Insgesamt traten bei den 863 Probanden 128 kardiovaskuläre Ereignisse auf. Im Rahmen der Studie stellten die Forscher fest, dass durch den Algorithmus 59 % der Patientinnen der Gruppe mit niedrigem kardiovaskulärem Risiko zugeordnet wurden, hingegen nur 32 % der Männer. Diese Zuordnung erwies sich jedoch als falsch: Insgesamt waren vier von fünf Personen, deren kardiovaskuläres Risiko als gering eingestuft wurde und die trotzdem erkrankten, Frauen. Vor allem innerhalb der Altersgruppe unter 55 Jahren wurde das Erkrankungsrisiko stark unterschätzt (siehe Abbildung) – 30 % aller HerzKreislauf-Erkrankungen traten in jener Alterskohorte auf.2
Biomarker und Co für Risikoabschätzung
Bis es valide Instrumente gibt, die das unterschätzte Risiko weiblicher und jüngerer RA-Patienten miteinbeziehen, sollten Algorithmen wie SCORE mit Bedacht verwendet werden. Die Studienautoren empfehlen, in der Zwischenzeit verstärkt Biomarker heranzuziehen und den koronaren Kalk-Score (CAC) bzw. die Intima-Media-Dicke der Karotiden (CIMT) in die Risikostratifizierung bei RAPatienten miteinzubeziehen.2
Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc
Quellen: 1 Braun J et al., Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 197-203. 2 Rohrich DC et al., Arthritis Res Ther 2021; 23(2). 3 Fransen J et al., PLoS One 2016; 11(6):e0157360.
X Abbildung: Prognostizierte vs. tatsächliche kardio-
vaskuläre Erkrankungen2
100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0
Alter < 55 55-65 > 65
Prognostiziertes kardiovaskuläres Erkrankungsrisiko: <10 % 10-20 % > 20 %