Lösung: Das Papier wird gefaltet, gedrückt und in zwei Händen zusammengepresst. Mit einem leisen Knistern ergibt es sich schließlich seinem unaufhaltsamen Schicksal und landet zerknüllt im Papierkorb.
Auf diese Art finden so einige meiner Zeichnungen den Weg in den Müll. Hier ist dann Endstation für schwache Konzepte oder misslungene Ausarbeitungen. Natürlich ist es in dem Moment ärgerlich, an einer Sache gearbeitet zu haben, die dann einfach weggewor fen wird. Und doch schätze ich den unscheinbaren Papierkorb in meinem Arbeitszimmer. Er kann zehn Liter schlechter Ideen aufnehmen und schafft auf meinem Schreibtisch Platz für bessere Einfälle.
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Dabei bedeutet ein zerknülltes Blatt Papier nicht unbedingt, dass die vorherige Arbeit vergebens war. Denn meist fließt irgendeine Lehre in das zukünftige Schaffen hinein. So kann es zum Beispiel sein, dass eine bestimmte Farbkombination nicht harmoniert. Diese kann dann im nächsten Versuch durch neue Farben ersetzt werden.
Zu einer ziemlich unerwarteten Erkenntnis kam ich, als ich ein bereits zerknülltes Papier wieder hervorkramte: Das einst ebene Papier wies nun eine spannende dreidimensionale Struktur auf. Sie erinnerte mich spontan an Wasser. Schnell stellte ich mir die Frage, was so ein geknittertes Papier noch darstellen könnte. In diesem Buch sammle ich meine Antworten darauf. Sie zeigen, dass Papier so viel mehr sein kann als ein schlichter Zeichengrund. Mit einigen Knicken wird das Papier zum gegenständlichen Bestandteil eines Bildes.
Durch meine Knickbilder möchte ich zum Mitmachen einladen und auch zu eigenen, ganz neuen zerknickten Kunstwerken inspirieren. Lass dich aber nicht entmutigen, falls etwas nicht auf Anhieb gelingt. Fast keine meiner Ideen funktionierte beim ersten Versuch. Einige Ausarbeitungen wollten überhaupt nichts werden. Und bestimmt wirst du für den ein oder anderen Ansatz weit bessere Lösungen finden, als ich sie gefunden habe. Hinter diesem Buch voller geknickter Kunst steht jedenfalls ein übergroßer Papierkorb, gefüllt mit Bildern, die ich wirklich knicken konnte.
Die Falten, die auf einem Blatt Papier entstehen können, sind unregelmäßig, komplex, einzigartig und doch harmonisch. Jede Falte gräbt sich irreparabel in das Papier ein.
Das einstige Weiß weicht einer Vielzahl an Grautönen. Es entsteht ein komplexes Gefüge aus Licht und Schatten, das so ein Blatt Papier zu einem echten Unikat macht.
PROJEKTE
Spätestens jetzt bist du bestens ausgerüstet, um sicher in der Welt des geknitterten Papiers anzukommen. Auf den folgenden Seiten gibt es einige beispielhafte Projekte zu entdecken. Damit möchte ich dich zum Mitmachen einladen und vielleicht auch zu ganz neuen kreativen Ideen inspirieren.
Viel Freude beim Erkunden der Knitterwelt!
Wer nicht so gerne zeichnet, kann genauso gut auf einen Scherenschnitt zurückgreifen. Dabei ist es ratsam, das hellere Papier zur Darstellung des Regens zu verwenden. Denn auf hellem Grund wirken die Schatten der geknitterten Regengüsse kontrastreicher und kommen somit besser zur Geltung als auf dunklem Papier.
In diesen Beispielen habe ich außerdem die Funktion des Regenschirms aufgegriffen und den Bereich darunter von fallenden Regengüssen freigehalten.
In sicherer Entfernung zu den Eisbären am Nordpol leben am Südpol die Pinguine. Dort, in der Antarktis, bilden sie große Kolonien mit Tausenden von Individuen. Auch aus Zeitgründen habe ich mich für dieses Bild auf sechs Pinguine beschränkt.
Hier habe ich nur ein einziges Papier verwendet und den Eisberg dort direkt hineingeknittert.
Meinem minimalistischen Ansatz folgend, habe ich mit einem schwarzen Pinselstift lediglich die schwarzen Bereiche der Pinguine gemalt. Unser Gehirn ergänzt mühelos die fehlenden Konturen und wir erkennen vollständige Pinguine.
Der schwarze Bilderrahmen greift die dunkle Farbe der Pinguine auf und bildet gleichzeitig einen maximalen Kontrast zum weißen Papier. Er unterstreicht auf diese Weise die klare, reduzierte Wirkung des Bildes.
Dieser Scherenschnitt zeigt zwei Wandernde, die sich gegenseitig einen steilen Abschnitt hinaufhelfen – ein ausdrucksstarkes Motiv für Zusammenhalt und Abenteuerlust. Das grobfaserige Kraftpapier verstärkt mit seiner Struktur die raue Anmutung der Felslandschaft. So braucht es nicht mehr als ein wenig Knitterei, um den Berg plastisch erscheinen zu lassen.
Wer mag, kann zusätzlich hellere Papierebenen in den Hintergrund legen, die weiter entfernte Berge darstellen. Wie immer gibt es keine Regeln und die Gestaltungsmöglichkeiten sind sicher unerschöpflich.
Für Wanderbegeisterte kann ein solches Bild jedenfalls eine schöne Erinnerung an die letzte Tour sein. Um es noch persönlicher zu gestalten, lassen sich die Silhouetten der Personen individuell anpassen. Vielleicht gibt es sogar ein passendes Urlaubsfoto, das als Vorlage dienen kann. Falls nicht, lässt sich eine ähnliche Szene leicht nachstellen und fotografieren.
Knickboxen
Au
sein: Ich hätte hier genauso gut ein Karatebild zeichnen können. Doch der flache Wortwitz war einfach zu verlockend.
Zum Glück tut ein Tritt beim Knickboxen keiner Person, sondern höchstens dem Papier weh.
Du kannst die Knickboxerin mit Bleistift skizzieren und mit schwarzem Buntstift die dunklen Bereiche nachzeichnen. So ein skizzenhafter Charakter mit einigen schwungvollen Linien verleiht der Illustration eine gewisse Dynamik. Eine Akzentfarbe, wie hier das Rot der Boxhandschuhe, setzt gezielte Highlights und füllt die Zeichnung mit zusätzlicher Energie.
Dort, wo die Knickboxerin mit dem Fuß hintritt, wird das Papier zusammengeschoben. Um die Kraft des Trittes zu betonen, darf es an dieser Stelle gerne etwas zerknautscht aussehen. Nach unten und oben flachen die Knicke langsam ab.
Damit die Licht- und Schatteneffekte im zerknitterten Teil des Papiers gut zu erkennen sind, sollte das Licht von der Seite auf das Bild scheinen. Ein schwarzer Rahmen fasst die Zeichnung ein und gibt dem teilweise zerstörten Papier den notwendigen Halt.
1. Auflage: 2025
ISBN 978-3-258-60301-8
Illustrationen, Fotografie, Gestaltung und Satz: Teelke Limbeck, D-Uplengen
Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlags ist unzulässig. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Weise für das Training von Technologien oder Systemen der künstlichen Intelligenz verwendet oder vervielfältigt werden. Die Verwendung der Inhalte für das Text- und Data-Mining ist untersagt.
Wir drucken mit mineralölfreien Farben und verwenden FSC®-zertifiziertes Papier. FSC® sichert die Nutzung der Wälder gemäß sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien. Gedruckt in Slowenien
Diese Publikation ist in der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet. Mehr Informationen dazu findest du unter http://dnb.dnb.de.
Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021–2025 unterstützt.
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Wir verlegen mit Freude und großem Engagement unsere Bücher. Daher freuen wir uns immer über Anregungen zum Programm und schätzen Hinweise auf Fehler im Buch, sollten uns welche unterlaufen sein.
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Bilder, die du knicken kannst!
Zerknülltes Papier findet sich meistens im Papierkorb, doch hier wird das Zerknittern zur Kunst erhoben! Durch gezielte Knicke in den Bildern entstehen faszinierende Strukturen, die an Blitze, Sand, Hautfalten oder Bettwäsche erinnern.
Teelke Limbeck stellt die Tricks des Knitterns, Knüllens und Knickens mit verschiedenen Papiersorten vor und zeigt, wie das Spiel von Licht und Schatten diese dreidimensionalen Kunstwerke zum Leben erweckt und ganz neue Möglichkeiten für deine Zeichnungen eröffnet.
Lass dich von einer Vielzahl inspirierender Projekte begeistern und tauche ein in die spannende Knitterwelt.