der Schlosskirche Köniz, mussten die Gläser sogar auf dem Boden des Ateliers ausgebreitet werden (Abb. S. 18, 51). Einige Künstler, für die das Atelier Halter tätig war, kamen persönlich in die Werkstatt, um bei der Ausführung der Schei ben selbst mit Hand anzulegen. Der vielseitige Künstler Max Brunner (1910–2007) etwa, der sich häufig im Atelier aufhielt und mit allen drei GlasmalerGenerationen eng verbunden war, wählte die Gläser in der Regel selber aus (Abb. S. 54). Für die Scheiben der Kapelle des Berner Burgerspitals beispiels weise trug der renommierte Berner Künstler Louis Moilliet (1880–1962) im Atelier eigenhändig das Schwarzlot auf (Abb. 2) und charakterisierte mit nur wenigen Pinselstrichen die Ge sichter und Hände der Figuren (Abb. 3). Die enge Zusammenar beit mit den Künstlern ging sogar so weit, dass Louis Halter ei nigen Kunstschaffenden wie Paul Zehnder (1884–1973) den schönsten Raum der Werkstatt als Atelier zur Verfügung stellte.3 Neben dem Entwurf und der Ausführung von Glasmalereien gehört seit Anfang an auch die Restaurierung alter Scheiben zum umfassenden Aufgabengebiet der Halters, wie beispiels weise der mittelalterlichen Scheiben in der Schlosskirche von Köniz (vgl. Abb. S. 47 und die Beiträge S. 140–147). Antikglas als Werkstoff des Glasmalers Das Material, mit dem der Glasmaler nach alter Tradition ar beitet, ist das sogenannte «Antikglas», auch «Echtantikglas» genannt. Martin Halter bezieht es aus dem bayerischen Wald sassen, wo eine der letzten Glashütten das mundgeblasene Flachglas noch produziert. Die Materialeigenschaft des Antikglases ist auch für die Glas malerei des Mittelalters typisch und kam durch die damals erforderliche Zugabe von Pflanzenasche zur Glasschmelze zu stande. Seit dem Aufkommen der künstlichen Soda (Natron) im Jahr 1789 für die Glasherstellung stand den Glasmalern im 19. Jahrhundert, als die Kunst der Glasmalerei einen grossen Aufschwung erlebte, ein sehr reines Glas zur Verfügung. 4 Doch schätzte man gerade die «Unreinheiten» (Bläschen und Schlie renstrukturen) des mittelalterlichen Glases, vor allem weil es lebendiger erscheint. Der Begriff «Antikglas» sagt insofern nichts über das Alter des Glases aus, sondern beschreibt seine Herstellungsweise.
Abb. 2: Louis Moilliet im Atelier Halter vor seiner Scheibe des Fensters Himmlische Barmherzigkeit, um 1959
Abb. 3: Louis Moilliet, Detail des Fensters Himmlische Barmherzigkeit in der Berner Burgerspitalkapelle, 1959
Das Atelier Halter – 100 Jahre Berner Glasmalereigeschichte
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