Thomsen, Lenzrosen

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Matthias Thomsen

Lenzrosen

Die Wildarten – Schönheiten für jeden Garten


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Matthias Thomsen

Lenzrosen Die Wildarten – Schönheiten für jeden Garten

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Matthias Thomsen (* 1949) studierte an der Universität Freiburg im Breisgau Anglistik und Geowissenschaften mit Schwerpunkt Geoökologie und Klimatologie. Von 1977 bis 2012 arbeitete er als Gymnasiallehrer in Waldshut. Von 1982 an beschäftigte er sich intensiv mit der Gattung Hemerocallis, zu der er etliche gartenbauliche Fachartikel schrieb; im Jahre 1996 war er Mitbegründer der internationalen 1nBO[FOHFTFMMTDIBGU v)FNFSPDBMMJT &VSPQBi 4FJU FSGPSTDIU FS JO QSJWBUXJTTFOTDIBGUMJDIFS 5ÊUJHLFJU EJF FVSPQÊJTDIFO 7FSUSFUFS EFS (BUUVOH )FMMFCPSVT NJU JOTHFTBNU 'PSTDIVOHTSFJTFO [V àCFS 8JMETUBOEPSUFO EJFTFS 1nBO[FO

"VnBHF *4#/ 6NTDIMBHHFTUBMUVOH 8FSLTUBUU .FEJFO 1SPEVLUJPO (NC) % (ÚUUJOHFO (FTUBMUVOH 4BU[ VOE *MMVTUSBUJPOFO .BUUIJBT 5IPNTFO % 8BMETIVU Alle Rechte vorbehalten. Copyright © 2022 Haupt Verlag, Bern Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlags ist unzulässig. Wir verwenden FSC®-Papier. FSC® sichert die Nutzung der Wälder gemäß sozialen, ökonomischen und ökologischen Kriterien. Gedruckt in der Tschechischen Republik

%JFTF 1VCMJLBUJPO JTU JO EFS %FVUTDIFO /BUJPOBMCJCMJPHSBmF WFS[FJDIOFU .FIS *OGPSNBUJPOFO EB[V mOEFO 4JF VOUFS IUUQ EOC EOC EF Der Haupt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021–2024 unterstützt. 8JS WFSMFHFO NJU 'SFVEF VOE HSP FN &OHBHFNFOU VOTFSF #àDIFS %BIFS GSFVFO XJS VOT JNNFS àCFS Anregungen zum Programm und schätzen Hinweise auf Fehler im Buch, sollten uns welche unterlaufen sein. Falls Sie regelmäßig Informationen über die aktuellen Titel im Bereich Natur & Garten erhalten möchten, folgen Sie uns über Social Media oder bleiben Sie via Newsletter auf dem neuesten Stand. www.haupt.ch

4


Inhalt 8

Vorwort Einführung

10

Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

14

&JOMFJUFOEF (FEBOLFO

14

1.1

Die Gattung Helleborus

16

1.2

Die Morphologie der Lenzrosenarten

18

1.3

Der Lebensraum der Lenzrosenarten

46

1.4

Das Problem der Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

%JF 'PSNFOWJFMGBMU innerhalb der jeweiligen Lenzrosenarten

1.6

Vertiefende Betrachtung: Resümee

76

Teil 2 Der Begriff der Art bei den Lenzrosen

80

2.1

Die biologische Art und die morphologische Art

80

2.2

Die bisherige Praxis bei den Lenzrosenarten

81

2.3

Vorschlag einer neuen, angemessenen Praxis für die Lenzrosenarten

81

Vertiefende Betrachtung zu 2: Das Spezies-Problem in der akademischen Diskussion

82

Vertiefende Betrachtung zu 2.1: Biologische Art und morphologische Art

84

Vertiefende Betrachtung zu 2.3: Das Konzept der b-Spezies und der t-Spezies 2.4

Vertiefende Betrachtung: Die praktische Anwendung des Konzepts der t-Spezies

86 5


94

Teil 3 Eine angemessene Ordnung der Lenzrosenarten

Angemessene Ordnung

94

3.1

Abgrenzung durch primäre und sekundäre Merkmale

ÃCFSTJDIU %JF NPSQIPMPHJTDI EFmOJFSUFO "SUFO EFS

100

Lenzrosen 3.3

Kriterien für t-Spezies und Gruppierungen

102

3.4

Die t-Spezies

106

Gruppe 1

6

Helleborus t-occidentalis Helleborus t-slovenicus Helleborus t-dumetorum Helleborus U NVMUJmEVT Helleborus t-hercegovinus

106 110 118 122 126

Gruppe 2

Helleborus t-odorus Helleborus t-cyclophyllus Helleborus t-viridis Helleborus t-abruzzicus

130 134 136 140

Gruppe 3

Helleborus t-liguricus Helleborus t-bocconei

144 148

Gruppe 4

Helleborus t-orientalis Helleborus t-guttatus Helleborus t-abchasicus

(SVQQF

Helleborus t-croaticus Helleborus t-atrorubens Helleborus t-malyi Helleborus t-bosniacus Helleborus t-serbicus

162 166 172 178

Gruppe 6

Helleborus t-purpurascens

184

Vertiefende Betrachtung: Diskussion und Resümee

192


Teil 4 Die Lenzrosenwildarten in Kultur

196

4.1

Kultur

196

4.2

Gartenwert der Lenzrosen-Arten

201

4.3

Krankheiten und Schädlinge

208

Abstract – Ein kurzer Überblick in Englischer Sprache

210

Ausgewählte Literaturhinweise

214

Bildnachweis

Glossar

216

7


Vorwort Aus zunächst reiner Begeisterung für die gärtnerischen Gestaltungsmöglichkeiten mit Gartenhybriden der Lenzrosen entfaltete sich bei mir zunehmend eine tiefe Faszination an den Wildarten, und so entstand ganz von selbst ein jahrzehntelanges engagiertes 1SPKFLU [VS &SGPSTDIVOH EFS FVSPQÊJTDIFO wilden Lenzrosen, der Sektion Helleborastrum innerhalb der Gattung Helleborus. Ganz ähnlich entwickelte sich auch die Idee zu diesem Buch aus einer zunächst vagen Ahnung zu immer konkreter werdenden Vorstellungen, die sich nun in diesem WPSMJFHFOEFO #VDI WFSXJSLMJDIFO &JOF HSP F 'àMMF BO XFSUWPMMFO OFVFO &SLFOOUOJTTFO NÚDIUF weitergegeben werden an Gartenbegeisterte VOE BO BMMF EJF TJDI GàS 1nBO[FO JOUFSFTTJFSFO Und es soll gezeigt werden, welche Gartenschätze aus einem bisherigen gärtnerischen Schattendasein ans Licht und in unsere Gärten geholt werden können. Der gärtnerische Wert der Lenzrosenwildarten kann nur ermessen werden und sich erst dann angemessen entfalten, wenn diese 1nBO[FO VOE JISF 2VBMJUÊUFO NÚHMJDITU WJFMFO Gartenbegeisterten wirklich bekannt sind. Dieses Buch soll in Wort und Bild ein Versuch sein, dazu einen Beitrag zu leisten. %JF LPOTFRVFOUF &OUXJDLMVOH NFJOFS Leidenschaft über die Gartenhybriden hinaus hin zu den Wildarten der Lenzrosen, eröffnete den Weg für ein Zusammenwachsen dessen, was für mich zusammen gehört, nämlich 'SFVEF VOE *OUFSFTTF BO 1nBO[FO 'SFVEF BN 3FJTFO VOE 'SFVEF BN &OUEFDLFO VOE BN Forschen in der freien Natur. Und waren es anfangs kurze Abstecher in die Berge während Urlaubsreisen mit der Familie in Italien, so wurden daraus sehr rasch ganz eigenständige 6OUFSOFINVOHFO KB XBISF &YQFEJUJPOFO Während dieser Reisen im April ist es oft noch PEFS XJFEFS LBMU IÊVmH MJFHU JO EFO #FSHFO noch zäher Altschnee oder es fällt später Neuschnee, und es kann im klimatischen &JOnVTTCFSFJDI EFT .JUUFMNFFSSBVNFT NJUVOUFS noch sehr regnerisch und auch stürmisch sein.

8

Ich habe beispielsweise eine Reise fest geplant, vor Reisebeginn herrscht auf dem gesamten westlichen Balkan drei Wochen lang mildes Vorfrühlings- und Frühlingswetter, genau an dem Abreisetag jedoch nähert sich von Nordosten her eine mächtige Kaltfront, die binnen Stunden die Landschaft, die ich bereisen und erforschen möchte, tief mit Schnee verhüllt. Oder es regnet tagelang, verbunden mit Sturm bei fünf Grad über Null, sodass ich überhaupt nicht aus dem Auto aussteigen mag, und wenn ich es dann irgendwann doch tue, ist das Auto innen bald genau so nass wie außen, von der alles durchdringenen Kälte ganz zu schweigen. Und dann wieder gibt es die Reisen mit zauberhaften Frühlingstagen und all jenen Zutaten, die das Wesen des Frühlings ausmachen.

Ich übernachte, wo mich entlang der geplanten Strecke gerade der Spätnachmittag oder der Abend überholen will, genieße die herzliche Gastfreundschaft in privaten Unterkünften oder nehme notgedrungen die uniforme Tristesse manch seelenloser Hotels in Kauf. Immer dabei aber ist die Vorfreude auf EFO OÊDITUFO 5BH BVG OFVF &OUEFDLVOHFO BVG ungeahntes Neues. Und so kauere ich anderntags wieder an einem Waldrand auf einer mageren Wiese, GPUPHSBmFSF BVGXFOEJH NJU 4UBUJW WPMMLPNNFO


selbst- und zeitvergessen eine interessante 1nBO[F BMT TJDI VOWFSNJUUFMU FJO CMFJFSOFS 4DIBUUFO BVG NJDI MFHU VOE FJO vVOFOEMJDIi schweres Gewicht auf meine Schulter. Panisch fahre ich herum und gewahre über mir, geblendet vom Sonnenlicht, das herzlich lächelnde Gesicht eines hühnenhaften örtlichen Bauern, der in seiner Sprache wohl fragt, ob er helfen könne. Und es entspinnt sich ein Dialog in babylonischer Sprachverwirrung – und [VHMFJDI WÚMMJHFN HFHFOTFJUJHFN 7FSTUÊOEOJT .BO EàSGF EJF 1nBO[FO OJDIU FTTFO TJF TFJFO giftig und ein schreckliches Unkraut auf Wiesen und Weiden ... und eigentlich sollte man sie alle ausreißen. Und dann verschwindet er wieder, für mich genauso geräuschlos und spurlos, wie er scheinbar aus dem Nichts gekommen war. Als ich nach einer sehr langen Stunde zurückkomme zu meinem Auto am Rande des schmalen Feldwegs, begrüßt mich auf der Windschutzscheibe ein kleiner Strauß mit Helleborastrum-Blüten ... Danken möchte ich den vielen Menschen, die ich in freundschaftlichen und bereichernden Begegnungen in all den bereisten Landschaften kennen und schätzen lernen durfte. Danken möchte ich Will McLewin, mit dem ich seit dem Jahre 2002 insgesamt 13 gemeinsame Helleborastrum-Forschungsreisen unternommen hatte. Auf diesen Reisen untersuchten wir gemeinsam sehr viele 1nBO[FOTUBOEPSUF BOBMZTJFSUFO CFTUFIFOEF taxonomische Probleme, und versuchten, konzeptionelle Lösungen zu entwickeln. Dies, gepaart mit unterschiedlichen Ansätzen und unterschiedlicher persönlicher Wahrnehmung, – alles Sehen ist perspektivisch* – führte im Laufe vieler Jahre zu teilweise gemeinsamen, teilweise sehr divergierenden Vorstellungen von einer überzeugenden ,MBTTJmLBUJPO GàS Helleborastrum, die aber eine gemeinsame Basis hatten in einem zentralen Gedanken, dem später hier vorzustellenden "SULPO[FQU &T FOUTUBOEFO BVDI ,FSOCFSFJDIF

einer gemeinsamen englischsprachigen Fassung des Helleborastrum-Problems mit einer angemessenen und praktikablen Lösung. Danken möchte ich meinem Sohn Niklas, der meine botanische Leidenschaft teilt, und mit dem ich gemeinsam zwei ausgedehnte 'PSTDIVOHTSFJTFO VOUFSOFINFO LPOOUF &S IBU wichtige Beobachtungen und bedeutsame Fotos zu diesem Buch beigetragen. Danken möchte ich meinem Freund Urs #BMUFOTQFSHFS IFVUF *OIBCFS WPO v&EFMXFJTT 1FSFOOJBMTi JO 0SFHPO 64" EFS BMT 0CFSHÊSUOFS in der ehemaligen Staudengärtnerei Hansuli Friedrich in der Schweiz mich mit den Gartenhybriden und anschließend erstmals mit den Wildarten bekannt machte, und der mich auch auf die Spur von Will McLewin setzte. Danken möchte ich Sabine Roth und Barbara Wüthrich von den Merian Gärten in Basel, sowie Michael Dreisvogt von der Stiftung Arboretum Park Härle in Bonn für die "VGQnBO[VOH VOE XJTTFOTDIBGUMJDIF #FUSFVVOH jeweils eines Duplikats meiner Sammlung zuverlässig echter Wildarten, die dort nun einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich sind. Und schließlich – und vor allem – danke ich meiner viel zu früh verstorbenen Lebenspartnerin Ursula, die meine botanische Leidenschaft stets in liebevoller Weise begleitet und unterstützt hat, und die mich immer wieder ermutigt und letztlich überzeugt hat, dieses Buch zu schreiben. Ihr widme ich diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit. Abschließend bleibt mir zu sagen, dass eine solche Forschungsanstrengung angesichts des großen Verbreitungsgebietes und vieler bisher nicht untersuchter Regionen eigentlich XJFEFSVN OVS FJO WPSMÊVmHFT o XFOO BVDI GàS NJDI [VOÊDITU [VGSJFEFOTUFMMFOEFT o &SHFCOJT sein kann, ... und dass man in zwanzig Jahren WJFMMFJDIU CFTTFSF &SLFOOUOJTTF IBU BMT IFVUF Und so können wir sagen, dass dort, wo sich zukünftig möglicherweise neue Fragen stellen werden, wir getrost noch etwas Arbeit übrig lassen können für nachfolgende Generationen.

* Zitat Friedrich Wilhelm Nietzsche

9


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

'LH 0RUSKRORJLH GHU /HQ]URVHQDUWHQ 1.2.1 Struktur und Gestalt der Grundorgane der Lenzrosen Als Grundorgane bezeichnet man Spross, Blatt und Wurzel. Die Sprossachse ist aufgeteilt in den unterirdischen Kurztrieb (Rhizom) und den oberirdischen Langtrieb (Blütenstand). Die Blätter sind sowohl die Laubblätter, die dem Rhizom, also dem unterirdischen Kurztrieb, entspringen, als auch die nach oben hin zunehmend kleineren Hochblätter, hier Tragblätter, unter jeder Verzweigung des Blütenstandes, also dem Langtrieb. Die Wurzeln bilden sich jährlich neu an den jeweiligen jungen Rhizomzweigen. Beispiel: + RFFLGHQWDOLV Mitte März mit frisch austreibenden Laubblättern

Tragblatt

Blüte Tragblatt verzweigter Blütenstand (Langtrieb) mit Tragblättern, Blütenstielen und Blüten

Blattstiel mit Laubblatt JO &OUXJDLMVOH

schuppige Niederblätter

Rhizomverbund (verzweigte Kurztriebe) sprossbürtige Wurzeln

18


Struktur und Gestalt der Grundorgane

Strukturschema der Grundorgane der Lenzrosen Im ersten Jahr der jeweiligen Sprossentwicklung bildet sich das kurze Rhizom mit einem grundständigen Laubblatt und einer terminalen Knospe für den Langtrieb in der Blattachsel des Laubblattes, der sich im zeitigen Frühjahr des zweiten Jahres zum Blütenstand entwickelt. Der oberirdische Langtrieb stirbt nach der Samenreife ab, während jeder unterirdische Kurztrieb etliche Jahre überdauert und seitliche Knospen bilden kann für weitere Rhizomverzweigungen. letztjähriges Laubblatt (je nach Art im Frühjahr noch grün oder bereits abgestorben)

diesjähriges Laubblatt

Blüte Blütenstiel (Pedicellus) Tragblatt

verzweigter Blütenstand (Langtrieb) mit Tragblättern, Blütenstielen und Blüten

#PEFOPCFSnÊDIF Knospe für neuen Rhizomspross (Kurztrieb) mit Laubblatt für das nächste Jahr

Blattstiel (Petiolus)

Knospe des Blütenstandes (Langtrieb) für das nächste Jahr (vgl. Bild S. 20) Rhizomverbund (verzweigte Kurztriebe) sprossbürtige Wurzeln

19


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten Analyse der Verzweigung eines zusammengesetzten Blattes von H. abruzzicus. (In diesem Blatt liegen die Verzweigungspunkte im Zentrum sehr dicht beieinander, wodurch die pedate Grundstruktur nicht erkennbar wird; das Blatt ist aber nur scheinbar palmat.)

MJOLT SFBMFT #MBUU VOUFO 7FS[XFJHVOHTTUSVLUVS

Richtung der Verzweigung Richtung derseitlichen seitlichen Verzweigung der derTeilblättchen Teilblättchen

26


Struktur und Gestalt des Blattes

Drei Typen der morphologischen Ausprägung der Verzweigungsstruktur bei +HOOHERUDVWUXP Blättern

Typ 1: einfach verzweigt wenige Teilblättchen

Typ 2: doppelt verzweigt mäßig viele Teilblättchen

Typ 3: dreifach verzweigt sehr viele Teilblättchen H. hercegovinus H. abruzzicus

H. serbicus 4 ) NVMUJmEVT H. bosniacus H. bocconei H. malyi 2 H. occidentalis H. viridis H. atrorubens H. purpurascens Ungarn H. slovenicus 1 H. croaticus H. liguricus H. odorus H. dumetorum H. abchasicus H. guttatus H. orientalis

Maximum gezählt: 320 Maximum gezählt: 200

3

H. purpurascens Rumänien

/FV CFTDISJFCFOF "SU WHM 4 Revidiert für H. torquatus .POUFOFHSP WHM 4 3 Neu für H. torquatus #PTOJFO VOE )FS[FHPXJOB WHM 4 4 Revidiert für H. torquatus 4FSCJFO WHM 4 1 2

Typ 1

Typ 2

Typ 3

#FJTQJFM H. orientalis

#FJTQJFM ) NVMUJmEVT

#FJTQJFM H. abruzzicus

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Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

Struktur und Gestalt der Lenzrosenblüte Anordnung der Kelchblätter (Sepalen) Genau wie die Laubblätter, sind bei Helleborus auch alle Blütenorgane wechselständig fortlaufend spiralig in FJOFN 8JOLFM WPO ¡ BOHFPSEOFU der nahe dem Goldenen Schnitt liegt. %JF /VNNFSO o CF[FJDIOFO EJF zeitliche und räumliche Abfolge der &OUXJDLMVOH VOE "OPSEOVOH EFS Kelchblätter innerhalb der Blüte.

1

4

3

2 5

t Kelchblätter 1 und 2 sind strukturell außen. t Kelchblatt 3 ist strukturell halb außen und halb innen. t ,FMDICMÊUUFS VOE TJOE TUSVLUVSFMM innen. t die Größe der Kelchblätter nimmt WPO ,FMDICMBUU CJT ,FMDICMBUU stetig ab.

außen innen

1

4 3

2 5

32

*O FJOFS vHFGàMMUFOi #MàUF o XFJUFSF ,FMDICMÊUUFS FSTFU[FO hier die Nektarblätter – ist die regelmäßige Anordnung der Blütenorgane deutlich erkennbar.


Struktur und Gestalt des Blütenstandes und der Blüten

+HOOHERUXV: Struktur der Blüte Wechselständig spiralige Anordnung der Kelchblätter in schematischer Darstellung

1

1

4 4

3 137,5°

3

137,5° 5

2

Knospe im Querschnitt

5

2

außen innen 1

1

3 3

4

4

5

Knospe im Querschnitt

2

5

2

33


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

Struktur und Gestalt der Blütenorgane bei Lenzrosen

Kelchblätter

(Sepalen) mit Schutzfunktion; SFHFMNÊ JH

Kronblätter / Nektarblätter

(hier Staminodien) locken mit Nektar Bestäuber an; regelmäßig 8 bis 13

Staubblätter

(Stamina) mit Staubfaden und Staubbeutel (Pollen); zahlreich

Fruchtblätter

(Karpelle) mit Narbe, Griffel und 'SVDIULOPUFO SFHFMNÊ JH CJT weniger oder mehr ist möglich

&JOJHF /FLUBSCMÊUUFS TJOE JO EJFTFS #MàUF CFSFJUT BCHFGBMMFO

#JME PCFO 4FJUF SFDIUT VOUFO &JOF #FTPOEFSIFJU JO EFS (BUUVOH Helleborus ist das Fehlen von echten Kronblättern – den auffälligen Blütenblättern anderer Gattungen. Statt ihrer und ungefähr an der HMFJDIFO 1PTJUJPO mOEFO TJDI CFJ Helleborus-Blüten die Nektarblätter. Diese werden oft irrtümlicherweise BMT VNHFXBOEFMUF ,SPOCMÊUUFS CFUSBDIUFU *O 8JSLMJDILFJU XJF EBT 'PUP 4 [FJHU TJU[FO EJF UàUFO PEFS röhrenförmigen Nektarblätter auf deutlichen Stielen, die den Staubfäden der Staubblätter gleichen, LFJOFTGBMMT BCFS EFO nBDIFO VOE CSFJUFO "OTÊU[FO WPO ,SPOCMÊUUFSO %FS #FHSJGG v/FLUBSJFOi GàS EJFTF 0SHBOF JTU FCFOGBMMT JSSUàNMJDI EB NJU v/FLUBSJFOi TUSFOH HFOPNNFO OVS EJF /FLUBSESàTFO BN (SVOEF des Nektarblattes bezeichnet werden.

34


Struktur und Gestalt des Blütenstandes und der Blüten

;XFJ #FJTQJFMF -JOLT TFIS EFVUMJDI HFTDIMPTTFOF VOE FJOHFSPMMUF /FLUBSCMÊUUFS SFDIUT TFIS EFVUMJDI XFJU PGGFOF /FLUBSCMÊUUFS

#FJTQJFM &IFS HFTDIMPTTFOF /FLUBSCMÊUUFS UFJMXFJTF leicht geöffnet, teilweise leicht eingerollt

#FJTQJFM &IFS PGGFOF /FLUBSCMÊUUFS LBVN FJOHFSPMMU

#FJTQJFM 0GGFOF /FLUBSCMÊUUFS LBVN FJOHFSPMMU

%FVUMJDI HFTUJFMUF /FLUBSCMÊUUFS ÃCFSHBOHTGPSN [XJTDIFO Kelchblättern und Staubblällern. (Von unten gesehen, Kelch- und Staubblätter zur besseren Sichtbarkeit entfernt)

35


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

ࡐ*HI OOWH´ %O WHQ EHL +HOOHERUDVWUXP 4PHFOBOOUF v'àMMVOHFOi JO EFO #MàUFO WPO Helleborastrum können aus dem gesamten Spektrum aller möglichen Übergangsformen bestehen, von stark vergrößerten Nektarblättern bis hin zu einer Anzahl zusätzlicher, schmalerer Kelchblätter. o "MMF #JMEFS BVG EJFTFS 4FJUF [FJHFO v'àMMVOHFOi der Blüten durch zusätzliche große Kelchblätter. Diese fallen wie echte Kelchblätter nicht ab. – Auf der rechten Seite ist im Bild links oben die teilweise Trichterform gut zu erkennen, die am BOEFSFO &OEF EFT 4QFLUSVNT NPSQIPMPHJTDI OÊIFS CFJ /FLUBSCMÊUUFSO MJFHU "MMF v'àMMVOHFOi BVG der rechten Seite fallen, wie Nektarblätter, nach zwei bis drei Wochen ab. H. abruzzicus am Naturstandort

H. atrorubens in Kultur

H. torquatus am Naturstandort

H. torquatus am Naturstandort

Zwischenform H. odorus – H. torquatus am Naturstandort

36


Struktur und Gestalt des Blütenstandes und der Blüten

) NVMUJmEVT am Naturstandort

Zwischenform ) NVMUJmEVT o ) UPSRVBUVT

H. torquatus am Naturstandort

H. torquatus am Naturstandort

H. torquatus am Naturstandort

H. dumetorum am Naturstandort

37


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

Blütenfarben und Farbmuster bei Lenzrosen Innerhalb der Sektion Helleborastrum MBTTFO TJDI [XFJ 'BSCHSVQQFO VOUFSTDIFJEFO Farbgruppe 1

Farbgruppe 2

Weiß über Grünweiß bis Grün

Purpur bis Rosa

H. liguricus

H. viridis

H. atrorubens

H. abchasicus

Farbspektrum und Farbgruppen der Blütenfarben der Sepalen-Außenseiten innerhalb der Gattung +HOOHERUXV Sektion Helleborastrum

H. bocconei H. guttatus H. liguricus H. orientalis

H. abruzzicus H. cyclophyllus H. dumetorum H. hercegovinus H. istriacus ) NVMUJmEVT H. occidentalis H. odorus H. viridis

H. argutifolius

Sektion Griphopus H. foetidus

Sektion Syncarpus H. vesicarius

38

H. atrorubens H. croaticus H. purpurascens H. torquatus

Sektion Chenopus

andere Sektionen

H. abchasicus

H.. lividus H liivid dus

Sektion Helleborus H. niger

Sektion Dicarpon H. tibethanus


Struktur und Gestalt des Blütenstandes und der Blüten

Blütenfarben Obwohl die Blütenfarben bei Helleborastrum im Wesentlichen aus nur drei Farbstoffen bzw. Pigmentgruppen, nämlich dem normalen Blattgrün (Chlorophyll), aus Carotinoiden, und verschiedenen Flavonoiden, unter anderem roten Anthocyanidinen, bestehen, sind die optischen Wirkungen verschiedener Kombinationen im Zusammenwirken mit weiteren Faktoren sehr komplex. Weiß – Wo bestimmte Flavonoide vorherrschen und weitere Farbstoffe oder Pigmente fehlen PEFS JO OVS HFSJOHFS .FOHF WPSIBOEFO TJOE XJSLFO EJF #MàUFO XFJ PEFS XFJ MJDI %JFTF v'BSCFi hat eine deutliche Signalwirkung in eher dunklen immergrünen Wäldern, wie zum Beispiel in küstennahen Regionen Italiens oder an der türkischen Schwarzmeerküste. Grün – Grüne Blüten sind durch die Wirkung von Chlorophyll geprägt. Diese Blüten können in XJOUFSLBIMFO 8ÊMEFSO TDIPO JN [FJUJHFO 'SàIKBIS [VS 'PUPTZOUIFTFMFJTUVOH EFS 1nBO[F CFJUSBHFO Grüngelb o 8P FJOF BOTPOTUFO HSàO CMàIFOEF 1nBO[F BO FJOFN TFIS JOUFOTJW CFTPOOUFO 4UBOEPSU wächst, vor allem in höheren Lagen, kann sich deren Blütenfarbe durch vermehrte Bildung von Carotinoiden zum Schutz vor zuviel Licht in ein Grüngelb bis hin zu einem klaren Blassgelb XBOEFMO %JFTFMCF 1nBO[F XàSEF JO FJOFS TDIBUUJHFO 4JUVBUJPO FIFS HSàO CMàIFO Purpur – Wesentlich komplexer werden die Farbwirkungen, wenn zu den bisher genannten 'BSCTUPGGFO [VTÊU[MJDI SPUF "OUIPDZBOF JO EFS &QJEFSNJT )BVU EFS ,FMDICMÊUUFS IJO[VLPNNFO .FJTU XFSEFO EJFTF EVOLFMSPUFO 'BSCUÚOF JO JISFS 8JSLVOH EBOO 3JDIUVOH #MBVWJPMFUU NPEJm[JFSU durch die lichtstreuende Wirkung einer stark strukturierten Wachsschicht, die als Cuticula über EFS &QJEFSNJT MJFHU &JO #FJTQJFM 8FOO XJS EJF 0CFSnÊDIF FJOFS 1nBVNF MFJDIU SFJCFO [FSTUÚSFO XJS EJF NPEJm[JFSFOEF 8BDITTDIJDIU VOE TFIFO EBSVOUFS EBT %VOLFMCSBVOSPU EFT FJHFOUMJDIFO Farbstoffs (rotes Anthocyan) in der Fruchtschale. Genau so verhält es sich mit den Purpurtönen bei den Blüten von Helleborastrum (vgl. S. 41, rechts oben). Alle verschiedenen Farbtöne des Bereiches Purpur bis Grau entstehen durch die farbliche Kombination aus Chlorophyll in tieferen ;FMMTDIJDIUFO EFT #MàUFOCMBUUHFXFCFT WPO EVOLFMSPUFO "OUIPDZBOFO JO EFS &QJEFSNJT VOE TDIMJF MJDI VOE FOUTDIFJEFOE WPO EFS NPEJm[JFSFOEFO 8JSLVOH EFS 8BDITTDIJDIU XFMDIF EJF &QJEFSNJT CFEFDLU Bei den Blütenfarben von Helleborastrum müssen wir unterscheiden zwischen t einerseits der Grundfarbe und farbigen Mustern, wie dunkle Punktierungen oder Streifungen, t andererseits der Farbe des Blütenäußeren und des Blüteninneren.

(SVOEGBSCF BV FO 1VSQVS JOOFO (FMCHSàO NJU .VTUFS

(SVOEGBSCF BV FO 1VSQVS JOOFO (FMCHSàO

39


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

8JMEQnBO[FO BVT EFS 4FLUJPO Helleborastrum; Blütenfarben Weiß bis Grün

40


Struktur und Gestalt des Blütenstandes und der Blüten

8JMEQnBO[FO BVT EFS 4FLUJPO Helleborastrum; Blütenfarben Purpur bis Grau

41


Teil 1 Die Unübersichtlichkeit der Lenzrosenarten

8JMEQnBO[FO BVT EFS 4FLUJPO Helleborastrum; Farbmuster der Blüten außen

42


Struktur und Gestalt der Blütenorgane – Farbmuster außen

8JMEQnBO[FO BVT EFS 4FLUJPO Helleborastrum; Farbmuster der Blüten innen

43


Lenzrosen erfreuen sich bei Gärtnern und Gärtnerinnen großer Beliebtheit: Schon im zeitigen Frühjahr zeigen sie ihre zauberhaften farbigen Blütenglocken; und auch Frost, Schnee und Unwetter können den robusten Pflanzen kaum etwas anhaben. Bislang sind in den heimischen Gärten vor allem zahlreiche Sorten aus Zucht zu finden, während die wilden Lenzrosen-Arten noch kaum Beachtung finden. Zu Unrecht, stehen sie bezüglich Schönheit und Vielfalt den Züchtungen doch in keinerlei Hinsicht nach. Das vorliegende Buch porträtiert die verschiedenen Arten und erläutert deren Eignung für den Garten.

ISBN 978-3-258-08275-2


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