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Historie

Einmal Turnerbündler, immer Turnerbündler

Die erfolgreiche 155-jährige Geschichte des HTB ist stets mit dem bemerkenswerten persönlichen Engagement seiner Mitglieder verbunden. Hinter den sportlichen Erfolgen, der Gestaltung des Vereinslebens mit seinem großartigen Zusammenhalt, stehen immer außergewöhnliche Persönlichkeiten, die als aktive Sportler, Trainer, Betreuer, ehrenamtliche Mitarbeiter, Abteilungsleiter, Vorstands- oder Präsidiumsmitglieder den Verein wesentlich geprägt und weiter entwickelt haben.

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Zu ihnen gehört Willi Bothe (Jahrgang1935 und seit 75 Jahren Mitglied unseres Vereins – unten im Foto aus dem Jahr 1962), der nachstehend mit seinem Bericht ganz persönliche Einblicke in seinen Werdegang gibt. // KB

„Ich war ein schlechter Turner und auch kein guter Fußballer…“

„Natürlich führte auch mein Weg zum Turnerbund 1946 über die „zerbombte Hütte“ von Heinrich Jungenitz in der Schorchtstraße. Es war eine kleine Stube, vollgestellt mit alten Möbeln; in einer Ecke ein Netz mit Fußballstiefeln, in der anderen ein Netz mit Fußbällen und mittendrin der beleibte, unvergessene Heinrich Jungenitz, der damalige Jugendwart, der die Jugendlichen so auf die Handball- und Fußballmannschaften aufteilte, dass der Turnerbund alle Jugendklassen in beiden Sportarten besetzen konnte – egal ob man für die Sportart Talent mitbrachte oder nicht.

Ich wurde für Fußball eingeteilt und mein erstes Spiel machte ich in der 2. Knaben (heute D-Jugend) gegen Bostelbek, dessen Sportplatz sich damals auf dem Gelände des ehemaligen „Tempowerks“ befand. Es gab so kurz nach dem II. Weltkrieg nur wenige Spiele, da die Gegner fehlten, denn die anderen Harburger Vereine stellten in jeder Altersklasse meist nur eine Mannschaft, während der HTB schon sehr früh drei besaß.

Training fand für unseren Jahrgang auf der „schrägen Wiese“ am Platz 2 der Jahnhöhe statt. Die Tore hatten ein Drahtgehäuse – Netze gab es nicht. Mein erster Trainer, Herr Weisbarth, gab uns einen alten, schweren Lederball, sagte „nun spielt man schön“ und verabschiedete sich, um selbst Tennis zu spielen. Jeden Tag pilgerten wir zur Jahnhöhe, um zu „bolzen“. Am liebsten „spielten wir einen aus“ – zwei Mannschaften auf ein Tor. Auf dem Bolzplatz galt übrigens früher die Regel, dass die Mannschaft, die drei Ecken rausgeholt hatte, einen Elfer schießen durfte…

Obwohl untalentiert, spielte ich immerhin von den Knaben bis zu den Jungmannen (heute A-Jugend). Aber nie in der 1. Mannschaft – immer in der 2. oder 3. Die Jugendabteilung platzte aus allen Nähten und als unsere 1. Herren 1949 in die damals höchste Spielklasse (Oberliga Nord) aufstieg, gab es noch weiteren, ungebremsten Zulauf von jugendlichen Fußballern.

Parallel zum Fußball sah ich mich in der 1948 wieder neu entstandenen Turnabteilung in der Turnhalle am Petersweg um. Hier ging es beschaulicher zu. Otto Struck war mein erster Turnlehrer und es gab auch eine junge, blonde, sehr attraktive Turnlehrerin – Fräulein Wilma Bartsch. Sie wirkte streng, war aber bei den Jugendlichen sehr beliebt.

Später wechselte Adolf Bethge (Vater des HTB-Ehrenvorsitzenden Jürgen Bethge) von der Turnerschaft zum HTB. Mit ihm bekamen wir den besten Turnlehrer (später Oberturnwart), den man sich vorstellen konnte. Die Turnabteilung entwickelte sich zu einem Leistungszentrum und die 1. Riege des Turnerbundes gehörte zu den Besten in ganz Hamburg.

Allerdings reichte auch beim Geräteturnen mein Talent nicht aus, zu größeren Erfolgen zu gelangen. Aber durch meinen Spaß und die Freundschaft zu den Leistungsturnern blieb ich der Turnabteilung treu und wurde

immerhin als Vorturner für die 5. Riege eingeteilt. Später ernannte mich Adolf Bethge zum Turn-Jugendturnwart – er hatte o enbar mein Talent als Organisator entdeckt.

Meine persönlichen Turner-Höhepunkte waren die Teilnahmen an den Deutschen Turnfesten 1953 in Hamburg und vor allem 1958 in München. Dort durfte ich beim Festumzug die Traditionsfahne des Turnerbundes tragen (siehe Foto) – vorbei am damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss.

Als sich Adolf Bethge in den 60er Jahren aus Altersgründen zurückzog, wurde Hans Langemann sein Nachfolger als Vereins-Turnlehrer. Mit ihm kam ich nicht zurecht. Ihn interessierten nur die turnerisch Begabten – alle anderen liefen am Rande mit. Daher kehrte ich in die Fußballabteilung zurück, wurde Schiedsrichter und übte diese Aufgabe mit großer Freude bis 1980 aus.

Daneben war mein Weg als „Funktionär“ schon vorgezeichnet: Im erweiterten HTB-Vorstand übernahm ich die Aufgabe eines Mitgliederwartes und stellte mich als Betreuer der 2. Jungmannen zur Verfügung. Als ich dann 1962 in das Amt des Fußball-Jugendleiters gewählt wurde, trat ich sozusagen in die Fußstapfen von Heinrich Jungenitz. Unter den Spieleinladungen stand nun jedoch nicht mehr „mit Bundesgruß H. Jungenitz“, sondern „mit sportlichen Grüßen W. Bothe. Diese Tätigkeit habe ich über 20 Jahre mit großer Leidenschaft ausgefüllt. Einige „Highlights“ sind besonders erwähnenswert: die vielen von mir organisierten Jugendturniere, die gleichzeitig auf allen drei Plätzen der Jahnhöhe – meistens mit mehr als 25 Mannschaften (mit Teilnehmern aus Holland und Dänemark) und ca. 400 Jugendspielern stattfanden. Zudem sind die Berlin-Reisen unvergessen, die wir fast ein Jahrzehnt lang jeweils zu Ostern mit unseren 3 A-Jugendmannschaften unternahmen, wie auch der Jugendaustausch mit dem holländischen Verein VV Waterloo Ijmuiden, der 13 Jahre existierte. 1981 gab ich mein Mandat in jüngere Hände und stellte mich von 1982 bis 1988 für die Mitarbeit im HTB-Hauptvorstand zur Verfügung. Als Organisator der Vatertagsturniere blieb ich der Fußballabteilung sehr eng verbunden, genau so wie ich von 1972 bis 1993 als Gründungsmitglied der 5. Bundesvereinigung entsprechend ihrer Satzung die Fußballabteilung förderte.

1993 kehrte ich als Rentner nach Bad Harzburg in meine Harzer Heimat zurück. Dort lebe ich inzwischen in einem Seniorenheim und pflege nach wie vor den Kontakt (meistens über Telefon, Mail oder Whatsapp) zu meinen HTBFreunden – insbesondere zu denen von der 5. BV. Für mich ist es selbstverständlich gewesen, meine Vereinszugehörigkeit auch „in der Fremde“ bestehen zu lassen. Ich bin mit dem HTB seit numehr fast 75 Jahren verbunden und fühle mich als Beitragszahler als

links im Foto: Eugen Hospach sen. und dahinter seine Frau Lisa, vorne Jugendspieler „Eule“ Hospach, ganz rechts Willi Bothe / Pfingstturnier 1971 auf der Jahnhöhe.

ein förderndes Mitglied des Vereins. In meinem Gedächtnis bewahre ich eine schöne, erfüllte Zeit mit Erinnerungen, die mir niemand nehmen kann. Einmal Turnerbündler – immer Turnerbündler! Euer Willi Bothe