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„Krea(k)tivität“: Prinzip gelingenden Lebens Von Kreativität und der schöpferischen Gestaltung des Älterwerdens Dr. Matthias Zimmermann
„Ein Mensch sitzt kummervoll und stier, Vor einem weißen Blatt Papier. Jedoch vergeblich ist das Sitzen, Auch wiederholtes Bleistiftspitzen Schärft statt des Geistes nur den Stift. Selbst der Zigarre bittres Gift, Kaffee gar, kannenweis geschlürft, den Geist nicht aus den Tiefen schürft, Darinnen er, gemein verbockt, höchst Unzugänglich einsam hockt. Dem Menschen kann es nicht gelingen, Ihn auf das leere Blatt zu bringen. Der Mensch erkennt, dass es nichts Nützt, wenn er den Geist an sich besitzt, Weil Geist uns ja erst Freude macht, Sobald er zu Papier gebracht.“ Eugen Roth beschreibt mit seinem unverwechselbar tiefsinnigen Humor in seinem Gedicht vom „Arbeiter der Stirn“ das Leid der Textschaffenden. Dieses Leid wiegt umso schwerer, wenn der Text, den es zu schaffen gilt, den Lesern das Thema „Kreativität“ näherbringen will. Bewundern wir nicht alle die Kreativen, die Schaffenden in der Literatur, der Musik, der Kunst, der Wissenschaft…? Und man selbst quält sich, zermartert sich den Kopf, sucht nach Inspiration, liest Bücher, grübelt…! Der Text aber, der lässt irgendwo tief im Gehirn auf sich warten, will sich nicht zusammenbauen, fließt nicht in die Feder. Eine Blockade? Ein Mangel an Kreativität?
Was ist das eigentlich – Kreativität?
Kreativität hat etwas Mystisches. „In principio creavit Deus caelum et terram: am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“. Schaffen, erzeugen, gestalten – diese Begriffe finden sich in der Literatur als Umschreibung von Kreativität, abgeleitet von dem lateinischen Wort „creare“. Der US-amerikanische Persönlichkeits- und
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Intelligenzforscher Joy Paul Guilford, der als Begründer der modernen Kreativitätsforschung gilt, formuliert eher nüchterntechnisch: „Kreativität ist der Prozess der flüssigen, ursprünglichen Erzeugung von Konzepten zur Lösung von neuartigen Problemen“. Rainer Holm-Hadulla erweitert das Verständnis von Kreativität und sieht die begriffliche Verwandtschaft zu „crescere“, zu übersetzen mit: „werden, gedeihen, wachsen lassen“.
Neben dem Aspekt des bewussten Schaffens von Neuem erlangt „das Wachsenlassen unbewusster Potentiale“ Bedeutung für die Beschäftigung mit Kreativität. Und die Beschäftigung mit Kreativität – was sie bedeutet, wo sie herkommt, wie man sie entwickelt und fördert – ist heute bedeutender denn je. Der US-Ökonom Richard Florida bezeichnet Kreativität als „wichtigste wirtschaftliche Ressource der Menschheit“ (nach Weiß, S. 121).