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Das Coole am Ötzi
from Ötztal Magazin
by Griassdi.com
Vor 30 Jahren tauchte der Mann aus dem Eis auf. Das Freilichtmuseum Ötzi-Dorf spürt seinem Leben in der Jungsteinzeit seit 21 Jahren nach. 5.000 Jahre Alpingeschichte faszinieren Forscher und Laien noch immer.
Isolde v. Mersi
Ein perfekt erhaltener Körper mit Bekleidung und Ausrüstung: Der 5.000 Jahre alte Fund war die Weltsensation schlechthin. Es brodelte und kochte in den Laboren der Forscher, in den Redaktionen der Medien, in den Köpfen und Gerüchteküchen von Hobbyhistorikern. Die Erkenntnisse, Mutmaßungen und Theorien über Ötzi, den jungsteinzeitlichen Mann aus dem Eis, kreuzten, überschlugen und widersprachen sich. „Leidenschaftlich sind sie bis heute, denn Ötzi hat ein neues, einzigartiges Fenster aufgemacht, durch das wir auf zuvor unbekannte Weise zurück in die Jungsteinzeit schauen können“, kommentiert Walter Leitner, emeritierter Professor für Archäologie an der Universität Innsbruck und wissenschaftlicher Berater und Begleiter des Ötzi- Dorfs in Umhausen. Er fasst zusammen, was 30 Jahre interdisziplinärer Forschung nach und nach ans Tageslicht gebracht haben: „Ötzi war ein Mordopfer, das Tötungsmotiv bleibt spekulativ. Er gehörte der Elite an und war reich – das bezeugen sein für damals überdurchschnittliches Alter von rund 50 Jahren, seine technische Ausrüstung wie das Kupferbeil oder seine medizinischen Kenntnisse, dokumentiert durch Körpertätowierungen und blutstillende Medizinschwämme, die er mit sich trug.“ Politiker, Heiler, Priester, Schamane? Das alles könnte Ötzi gewesen sein. Weit über seine Person hinaus weisen die Erkenntnisse: Ötzi und seine Zeitgenossen waren mobil. Feuerstein vom Gardasee, Beilkupfer aus der Toskana, Lebensspuren aus dem Eisack- und Etschtal und nicht zuletzt Ötzis Wanderung ins Ötztal zeigen das.
„Wir Archäologen können auch durch andere, noch 2.000 Jahre ältere Funde nachweisen, dass von Süden her schon lang vor Ötzi Jäger und Hirten saisonal ins Ötztal kamen“, erklärt Walter Leitner. Für das Ötzi-Dorf in Umhausen hat er zum Jubiläum einen neuen Guide verfasst und eine neue „Handwerkerzone“ konzipiert. Die soll zeigen, wie in der Steinzeit Felle für Bekleidung hergerichtet und Birkenteer gewonnen wurde.

Ötzi in 3D
Der Ötzi selbst liegt in Bozen im Museum und „seine Konservierung als Feuchtmumie ist ein heikles und wichtiges Forschungsanliegen“, so Leitner. Ötzis Welt im steinzeitlichen Freilichtmuseum am Ortsrand von Umhausen hingegen ist dreidimensional und interaktiv. Zum Anfassen und Ausprobieren, zum learning by doing und zum Mitmachen bei Sachen, die der sesshafte Mensch von Anbeginn konnte: Backen und bauen, Feuer machen und hüten, knüpfen und weben, schnitzen und schießen, Tiere züchten und verwerten. „Genau besehen sind wir Heutigen den Gestrigen näher, als wir ahnen“, resümiert der Professor: „Außer Corona hatte Ötzi nachweislich so ziemlich alle Leiden, die viele von uns Heutigen plagen.“
Weitere Informationen unter www.oetzi-dorf.at