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Ein Like fürs Bike

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Jasmin Kreulitsch BIKE REPUBLIC SÖLDEN

LÄNGENFELD

BIKE REPUBLIC SÖLDEN SÖLDEN

ZWIESELSTEIN

JASMIN KREULITSCH

Die freie Reisejournalistin Jasmin Kreulitsch und ihre Nichte Sophie testen alles, was Familien in der Gipfelwelt der Ötztaler Berge erleben können. Stadt, Land, Flow: Junior-Reporterin Sophie tauscht ihr Cityfahrrad gegen ein Mountainbike. Die flowigen Lines in Sölden eignen sich für Freerider genauso wie für Trail-Einsteiger – und für Teenager aus der Stadt, die im Ötztal Abenteuer suchen.

Mach den Gorilla!“ ruft Vreni. „Jetzt warst du gerade ein Gummibärchen!“ Sophie lacht auf und nimmt die richtige Haltung ein. Ellbogen nach außen, Kopf nach unten, Blick nach vorne. Nur wenn die Position passt und die Pedale mittig auf gleicher Ebene sind, kann sie aufstehen und den Berg in der korrekten Haltung runtersausen. Zumindest theoretisch, denn noch lernt Sophie die richtige Fahrtechnik. Vreni Meijerink von der Bikeschool „RIDE ON!“ in Sölden erklärt unermüdlich, zeigt Kniffe, führt Bewegungen vor: „Im ersten Schritt geht es um ein Grundverständnis für das Fahrrad.“ Zwei Stunden lang wird geübt: Gleichgewicht finden, richtiges Bremsen, Kurven fahren – und eben auch den „Gorilla“ lernen, die Position für das richtige Downhill-Fahren mit angewinkelten Ellbogen. Das „Gummibärchen“ soll Sophie vermeiden – so nennt man das zu sehr vorgelehnte Fahren. Sophie kommt wie viele Teenager, die im Sommer im Ötztal Urlaub machen, aus der Stadt. Sie fährt dort zwar auf Fahrradwegen, aber nicht auf Trails oder Lines auf dem Berg. Sie staunt, als sie das Mountainbike besteigt: „Das fährt ganz anders als meines zuhause!“ Vreni klärt auf: „Die meisten glauben, dass die Voraussetzungen in der Stadt und auf dem Berg dieselben sind, aber das ist ein Irrtum. Ein Citybike ist kein Bergrad, ein Fahrradweg kein Mountainbiketrail.“ Gemeinsam mit ihren Kollegen bietet sie in der Bikeschool Bikepark-Trainings und Fahrtechnik-Workshops an. Jeder Rider ist willkommen; spezialisiert sind sie auf Kinder und Teenager. Biker ab drei Jahren dürfen hier auf die Mountainbikes, für die Älteren gibt es einwöchige Bike-Camps.

Einstimmung

Bevor Sophie auf dem Mountainbike einen Berg runterfahren wird, geht es auf den Pumptrack. Hier soll sie ausprobieren, was sie im Fahrtechnikunterricht gelernt hat. Ein Pumptrack ist eine Art Rundkurs mit Wellen und Elementen wie Steilwandkurven. Kurze Loops ermöglichen wiederholendes Lernen. Zuerst gehen Vreni und Sophie die Strecke ab. Vreni erklärt, auf welcher Linie Sophie fahren soll. Je besser die Linie, desto leichter nimmt man die Kurven. Markierungen auf dem Boden sollen helfen, auf Kurs zu bleiben. „Du musst so bald wie möglich ans Ende der Kurve schauen. Ist der Kopf richtig positioniert, folgt der Körper automatisch“, erklärt Vreni.

Kurven & Wellen

Sophie atmet tief durch, ehe sie aufs Rad steigt. „Wenn man diese Kurven und Wellen vor sich sieht, macht das schon ein bisschen Angst“, sagt sie. Noch ein lauter Schnaufer, dann tritt sie in die Pedale, schaut konzentriert auf die Markierungen. Da, die erste Kurve. Sophie ist nicht ganz auf Kurs, fährt zu hoch, kommt aus dem Rhythmus. „Weiterfahren, du schaffst das!“, ruft Vreni. „Nochmal von vorne!“ Sophie konzentriert sich, erinnert sich an das Gelernte, geht in die erste Kurve – und nimmt sie im perfekten Bogen. „Super, Sophie!“ jubelt Vreni. Sophie lacht. „Ich bin es nicht gewohnt, stehend zu fahren. Das ist anfangs echt anstrengend. Doch sobald ich mich überwunden hatte, die erste Kurve zu fahren, ging es besser. Es sieht schwerer aus, als es ist!“

Sicherheit ist oberstes Gebot

Wenig später schaut Sophie auf die Line vor sich. Nach Fahrtechnikunterricht und Pumptrack steht sie jetzt auf dem Berg. Vreni hat eine blaue Line ausgewählt. „Die eignen sich perfekt für erste Trail-Fahrten!“ In Sölden gibt es rund 30 verschiedene Möglichkeiten, mit dem Bike zu riden. 2015 wurde die BIKE REPUBLIC SÖLDEN eröffnet, auf der es nicht nur angelegte Lines, sondern auch Naturtrails gibt – für jedes Niveau und für jede Laune. Die Strecken werden tadellos in Schuss gehalten, im Sommer sind schon mal um die vierzig Trail-Bauer an der Arbeit. „Sicherheit ist das oberste Gebot“, erklärt Vreni, „das gilt für uns in der Bikeschool genauso wie für die Strecken auf dem Berg.“ Die Line vor Sophie ist menschenleer. Sie fährt los, erst langsam, dann schneller. Die richtige Haltung, Blick nach vorne, Körper angespannt. Vreni hat Sophie im Blick, ruft ihr lobende Worte zu. Sie sieht es als eine ihrer Aufgaben, sich in ihre Schüler hineinzuversetzen. Gut zuzuhören, Ängste zu nehmen, Spaß zu vermitteln. „Am Ende will ich, dass sie sagen: ‚Wow, das ist lässig!’“ Sophie bleibt stehen. Die erste Kurve macht ihr Angst. Vreni spricht ihr Mut zu. „Ich hätte dich nicht raufgenommen, wenn ich mir nicht sicher wäre, dass du es schaffst“, motiviert sie. „Du packst das!“ Sophie fährt langsam an, gleitet die Line hinunter, biegt in die erste Kurve, in die zweite, … bleibt stehen, dreht sich strahlend um und ruft: „Wow, das ist lässig!“

Trainerin Vreni bringt Sophie in Sölden die Fahrbasics bei. Theorie vor der Fahrschule (oben links) und Praxis im Pumptrack (oben rechts und unten).

Du musst so bald wie möglich ans Ende der Kurve schauen. Ist der Kopf richtig positioniert, folgt der Körper automatisch.

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