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Bäuerliche Wort-Antiquitäten

Uwe Grinzinger

Mit dem Ötztaler Dialektforscher Josef Öfner suchte und fand unser Autor ländliche Begriffe, die es vor dem Vergessen zu bewahren gilt.

Das Ötztalerische ist ein rund 900 Jahre alter, recht eigenständiger Dialekt. Er hat zahlreiche Altertümlichkeiten bewahrt – bedingt durch die frühere Abgeschiedenheit des Tales. Nicht zuletzt deshalb wurde der Ötztaler Dialekt im Jahr 2010 von der UNESCO als „Immaterielles Kulturerbe“ geadelt. Dialektexperte Josef Öfner schaut – oder besser: hört – den Einheimischen seit Jahrzehnten aufmerksam aufs Maul. Wer meint, das wäre etwas grob formuliert: „Das Wort ‚Mund‘ gibt es im Ötztaler Dialekt nicht“, schmunzelt Josef. „Egal, ob Kuh, Ross oder Mensch: alle haben ein Maul.“ Hörproben des lautmalerischen Singsangs gibt’s nicht bloß im Museum oder über Soundfiles im Internet. Sondern auch auf der Straße, im Geschäft, in der Schule, am Bauernhof. Überall im Tal wird im Alltag selbstverständlich Ötztalerisch gesprochen. „Ich habe absolut keine Angst, dass der Ötztaler Dialekt demnächst verschwindet“, ist sich Josef Öfner sicher. „Im Gegenteil: Speziell bei jungen Leuten um die zwanzig ist der Dialekt total ‚in‘. Sie verwenden ihn sogar für Nachrichten in den sozialen Medien oder am Anrufbeantworter.“ Gerade weil der Dialekt so lebendig ist, ändert er sich auch ständig. Denn Sprache ist ein Kommen und Gehen: Neues wird eingebunden, Altes wird ausgemistet. Etwa bäuerliche Alltagsgegenstände, die nur mehr selten in Gebrauch sind. Oder handwerkliche Tätigkeiten, die kaum mehr jemand ausführt. Hier sechs Begriffe, die fast in Vergessenheit geraten sind:

Ein „Brotgatter“: Also ein Gestell, in dessen Fächern die Breätlen aufbewahrt werden, eine Ötztaler Brotsorte. In manchen Häusern gibt’s noch ein solches Bröetgattr. In anderen feiert es demnächst vielleicht ein Comeback – gefördert durch den Trend zum Selbstbacken.

Das Stampfen der Butter. Man verwendet dazu ein Butterfass, also einen Bottich aus Holz. Darin wird ein Holzstab auf und nieder gestampft, mit einer Scheibe am unteren Ende. Dadurch wird der Rahm zur Butter verfestigt. Auch heute nennen manche die Tätigkeit noch „Kiible treibm“, obwohl das Buttern inzwischen maschinell geschieht.

Ein steifer, gepolsterter Ring, den man Zugtieren um den Hals legt. Er verteilt die Zugkraft – z. B. auf Brustkorb und Schultern. Bei Pferden wird so erst die volle Zugkraft nutzbar.

Ein Metallbehälter zum Erwärmen von Wasser. In anderen Regionen nennt man ihn „Wasserschiff“. Alte Küchenherde enthielten meistens einen wassergefüllten Blechbehälter. Wer den Herd eingeheizt hat, hatte somit gleichzeitig warmes Wasser. Eine historische „Brechelmühle“ zum Flachsbrechen („pluien“): Zwei mit Wasserkraft angetriebene große Holzbalken stampfen abwechselnd auf Granitblöcke, auf denen der getrocknete Flachs liegt. Dadurch lösen sich die holzigen Teile des Flachs-Stängels von der Faser. Zu besichtigen im Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum in Längenfeld.

Brechelmühle

Heimat- und Freilichtmuseum in Längenfeld

Weitere Informationen unter www.oetztalermuseen.at/dialektwoerterbuch

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