Und über uns der blaue endlose himmel

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der Oder, in die Ostzone Deutschlands. Ende 1949 schlug für die noch am Leben gebliebenen Rußlandverschleppten, wie man sie im allgemeinen nannte, die Stunde der Heimkehr. Diese Transporte gingen wieder nach Rumänien und nur die wegen Kartoffelklauens und anderer kleiner Vergehen beschuldigten und verurteilten Personen mußten noch bis 1951 oder 1952 in der Sowjetunion bleiben. Danach wurden auch sie frei und durften heimkehren. Zu Hause im Banat sahen sich die meisten Heimkehrer mit neuen Problemen konfrontiert, denn ihr Vermögen war enteignet und ihre Häuser von den im Banat Kolonisten genannten rumänischen Zuwanderern besetzt. Oft blieben Familien auseinandergerissen, ein Elternteil in Deutschland, der andere in Rumänien. Nachdem auch ein Großteil der Kriegsgefangenen heimgekehrt war, schien sich nach diesen leidvollen Jahren das Leben zu normalisieren. Aber als die so schwer geprüften Banater Schwaben eine sich allmählich anbahnende Besserungsperiode zu verzeichnen glaubten, geschah das, womit keiner mehr im Jahre 1951 rechnete, nämlich eine neuerliche Deportation, dieses Mal aber nicht nach Rußland sondern in die Bara.gan-Steppe Rumäniens. Damit begann wieder ein Leidensweg für tausende Banater Schwaben. Doch jetzt betraf es nicht nur sie allein wie 1945, als nur Deutsche zur Zwangsarbeit deportiert wurden. Das kommunistische Regime in Rumänien fühlte sich nach vier Jahren der Macht schon dermaßen gefestigt, daß es sich erlauben konnte, nicht nur Andersnationale zu deportieren. Aus einem 25 km breiten Grenzgebiet, der sogenannten Grenzzone entlang der rumänisch-jugoslawischen Grenze, deportierten die rumänischen Kommunisten außer Deutschen, Serben, Ungarn, Bulgaren und anderen nationalen Minderheiten auch Vertreter aus den Reihen der eigenen Nation. So mußten alteingesessene rumänische Familien und im Banat angesiedelte Bessarabier und Mazedorumänen zwangsweise ihre in der Grenzzone gelegenen Ortschaften verlassen und mit ihren andersnationalen Leidensgenossen 18 neue Dörfer in der Baragan-Steppe erbauen. 8 Im Jahre 1951 zählte nicht so sehr die ethnische Herkunft wie 1945, sondern andere Kriterien traten in den Vordergrund und wurden für Zehntausende schicksalbestimmend. Beiall den leidvollen Erfahrungen, die damit im Zusammenhang standen, und die Behörden fünf Jahre lang die Betroffenen wie Verbrecher behandelten, muß auf einen positiven Aspekt hingewiesen werden. Die so erniedrigten und beschimpften Menschen ließen sichtrotz aller Schikanen undtrotzder Unbilden der Natur, der sie hilflos gegenüberstanden, nicht entmutigen und unterkriegen. Sie führten Tagebücher, fotografierten trotz Verbots und merkten sich viele Einzelheiten, die es durch Veröffentlichungen von Erlebnisberichten, Tagebuchaufzeichnungen, Briefen, Gedichten, Zeichnungen, Dorfplänen, von den Behörden ausgefolgten Schriften und von aussagekräftigen Fotos ermöglichen, diese leidvolle Zeit nachzuvollziehen. 9 Solange Rumänien von den Kommunisten regiert wurde und deren Repressionsorgane allgegenwärtig 11


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