86_91_Stricker_Zeisel
12.03.2013
14:29 Uhr
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KERAMIK
Eva Stricker-Zeisel, Vase (Form 3393), 1930, Herst.: Schramberger Majolikafabrik, Schramberg, Sammlung Volker Zelinsky Eva Stricker-Zeisel, Krug (Form 3287, Dekor Gobelin 13), 1929, Herst.: Schramberger Majolikafabrik, Schramberg, Sammlung Wienecke-Zuschlag Eva Stricker-Zeisel, Likörkanne (Form 3366, Dekor Schottland), 1930, Herst.: Schramberger Majolikafabrik, Schramberg, Sammlung Werner Steinecke
Studium an der Kunstakademie (Képzomuveszeti Academie) in Budapest, das sie schon nach drei Semestern wegen des Berufswunsches Keramikerin und ihres Strebens nach Unabhängigkeit beendete. Bereits mit achtzehneinhalb Jahren gründet sie nach einer kurzen Ausbildung in der traditionellen Budapester Töpferei von Jakob Karapancsik ihr eigenes Atelier, wo sie noch unter dem Einfluss der Wiener Werkstätte und der traditionellen Töpferkunst Ungarns steht. Rasch findet ihr Schaffen Anerkennung bis hin zur ungarischen Regierung, die sie in Philadelphia ausstellt. Erste Erfahrungen mit der industriellen Produktion sammelte sie 1926 mit einigen sehr verspielten Entwürfen für Aschenbecher und Schälchen in Tierform in der 1922 gegründeten Keramikmanufaktur in Kispest. Dem Eigentümer der Manufaktur war die mit Strickers Anstellung einher gehende künstlerische Ausrichtung des Unternehmens bald zu betont, weshalb bereits nach einem Jahr die Kunstabteilung schloss und die Fabrik nur noch Sanitärkeramik produzierte.
DEUTSCHLAND Ihr Weg führte sie nicht zurück in ihre eigene Werkstätte, sondern nach Hamburg, wo die erst 22-Jährige ein
halbes Jahr für die „Hansa Kunstkeramik" von Martin Zerkowski arbeitete. Da sie ihre Kreativität dem Auftrag, nur vorgegebene Modelle zu wiederholen, nicht unterordnen konnte, verließ sie Hamburg bereits im Frühjahr 1928 wieder. Trotz ihrer nur geringen, bei der Kispester Manufaktur gesammelten Erfahrung auf dem Gebiet der industriellen Fertigung erhielt sie im Herbst 1928 eine Anstellung als Keramikdesignerin bei der Schramberger Majolikafabrik im Schwarzwald, was für sie den Schritt vom Handwerk zum Design bedeutete. Ein befreundeter Architekt lehrte sie das Zeichnen von Entwürfen, da für die industrielle Herstellung maßhaltige Zeichnungen sowohl für die 1:1-Schnittmodelle aus Papier als auch für die dreidimensionalen Modelle aus Ton oder Gips, nach denen schließlich die Gussformen erstellt wurden, benötigt wurden. In Schramberg lernte sie vom Entwurf über die Ausführung bis hin zum Merchandising alle Bereiche moderner industrieller Produktion kennen. Werbeprospekte und -anzeigen gestaltete sie selbst – mit von ihr selbst gemachten Fotos endloser Reihen an Kannen und Krügen. Diese persönliche Weiterentwicklung zusammen mit ihrem Wissen um die Entwicklungen am Bauhaus und in Frankreich schlug sich in der Folge in der geometrischen Formensprache ihrer sachlichen Entwürfe nieder. Nach dem Besuch der Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Paris schrieb sie, dass der Gestalter den Zusammenhang zwischen Funktion, Material und Produktionsbedingungen genau kennen muss. Sie fordert in der Zeitschrift „Die Schaulade" (8. Jg, 1932, H. 3/4, 174) Einfachheit für die Produktion besonders im Hinblick auf preisgünstige Ware: „So wenig also bis an die Grenze der Geschicklichkeit des Arbeitspersonals gegangen werden kann, so wenig können die letzten Gestaltungsmöglichkeiten, die dem Material inne wohnen ausgenützt
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