Commedia dell’Arte
Harlekin-Paar
?Beide Figuren habe ich von Jahren erworben, Porzellan, ca. 23 cm hoch. Mich würde der Hersteller der Porzellanfiguren interessieren und natürlich auch deren Wert.
Jochachim Schneider, Dresden
!Die
beiden Figuren stellen Charaktere der Commedia dell´arte dar. Im Laufe der Jahrhunderte änderten sich die charakterlichen Merkmale dieser Bühnenfiguren wiederholt. Der traurige Pierrot, Gegenspieler des lebenslustigen Harlekin, wurde durch eine französische Bühnenfigur des böhmisch-französischen Pantomimen Jean-Gaspard Deburau im 19. Jahrhundert populär. Schon Pagliaccio, der italienische Vorläufer des Pierrot, trägt eine weiße Hose sowie ein übergroßes weißes Hemd. Ein eng anliegender Faltkragen („Gorgera") aus Stoff oder Spitze ist ein weiteres Merkmal seiner Kleidung. Die großen schwarzen Knöpfe tauchen zuerst bei der Oper „Pagliacci" (1892) auf. In dieser Oper eskaliert das Liebesgeplänkel um Zurückweisung und Freundschaftsfalle zu Eifersucht und Mord.
Die recht hohe Modellnummer der Pierrot-Figur (7728) grenzt die Zahl der möglichen Hersteller schon auf eine kleine Gruppe der üblichen Verdächtigen ein. Es handelt sich um die in Katzhütte in Thüringen ansässige Firma Hertwig & Co. Die 1864 gegründete Firma produzierte ab 1900 ausgezeichnete Porzellanfiguren im Jugendstil bzw. später auch sehr schöne Art-déco-Figuren. Zu den Entwerfern zählte z. B. auch Stephan Dakon. Rund 500 Angestellte
waren in der Hochphase um 1930 für die Firma tätig. Als Folge der Weltwirtschaftskrise stellte die Firma 1936 auf die Produktion von Feinsteinzeug um. In diesem Fall handelt es sich um das zu geringeren Kosten herstellbare Feinsteinzeug.
Man kann das Figurenpaar „Columbine & Pierrot" also in den Zeitraum 1936 bis 1939 datieren. Während des Krieges wurde die Produktion sicher zurückgefahren aus Mangel an Brennmaterial und Arbeitern. Nach dem Krieg wäre dieses bourgeoise Thema wohl nicht von den Politkommissaren zur Produktion zugelassen worden. Die beiden Figuren illustrieren ein zeitloses Thema, weshalb sich auch heute Käufer für diese Figuren finden. Der Wert für das Paar liegt bei etwa 100 Euro. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Lüneburg
Kleines Konvolut
Nymphenburg-Porzellan ?Vor einiger Zeit wurde ich gebeten, den Nachlass für eine Jugendstilvilla in Dachau für ein Auktionshaus zusammenzustellen. Mein Hauptinteresse bezieht sich heute ausschließlich auf das Nymphenburg-Porzellan. Alle diese Teile sind mit dem sogenannten Hexagramm-Stempel versehen. In dem Ihnen sicher bekannten Buch von Alfred Ziffer, Nymphenburger Porzellan, ist auf den Stempel verwiesen für Porzellan von 1763 bis 1767. In einem weiteren Vermerk heißt es, der Stempel soll 1890 nochmal kurz verwendet worden sein. Die Stempel sind alle nicht aufgedruckt, sondern wohl handgemalt. Wie bei Ziffer sind die Ecken des Hexagramms mit Buchstaben, Ziffern oder geometrischen Zeichen versehen. Darüber hinaus gibt es auch eine Reihe von Stempeln die an den Eckpunkten die Großbuchstaben KPMN aufweisen. Nach meiner Fantasie könnte dies „Kurfürstliche (alte Schreibweise) Porzellanmanufaktur Nymphenburg" bedeuten. Kann mir jemand sagen, wann und für was Nymphenburg diesen Hexagramm-Stempel verwendet hat? Beigefügt sind mehrere mir derzeit zur Verfügung stehende Fotografien diverser Stempel und einiger dazu gehörigen Porzellanteile. Manfred Horn, o. O.
!DiePorzellanteile zeigen in der Tat Porzellanmarken, welche denen der Churfürstlichen Porcelain Fabrique Nymphenburg ähneln. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war Porzellan der Nymphenburger Manufaktur ein Luxusprodukt, welches vom hohen Rang der Wittelsbacher über die Grenzen Bayerns hinaus künden sollte. Viele aufgeklärte Fürsten jener Zeit versuchten durch die Gründung




von Manufakturen eine Industrie in ihren Ländern zu etablieren. Idealerweise sollten die Produkte von der Qualität und Leistungsfähigkeit des Landes zeugen und Steuereinnahmen generieren. Nur selten waren diese vom Adel getragenen Unternehmungen erfolgreich. Auch die Nymphenburger Manufaktur erlebte im 19. Jahrhundert einen Niedergang. Produziert wurde vermehrt technisches Porzellan, z. B. Isolatoren für Telegraphenmasten oder Laborschalen. Versuche, künstlerisch bedeutsames Porzellan herzustellen, scheiterten. So entschied man sich 1888 die Manufaktur an einen bürgerlichen Unternehmer zu verpachten. Der neue Pächter Albert Bäuml gelangte offenbar nach einer Bestandsaufnahme zu dem Schluss, sich auf alte Qualitäten der Manufaktur zu besinnen. Die alten Porzellanmarken zu verwenden war daher eine logische Entscheidung. Die hier zu besprechenden Porzellanteile zeigen einen modernen Standring und eine recht einfache Bemalung. Die Nymphenburger Manufaktur verwendete diese Firmenzeichen für den kurzen Zeitraum von 1890 bis 1900. Der Wert des kleinen Porzellan-Konvoluts sollte bei unter 200 Euro liegen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Lüneburg


Mutig, laut und zeitgenössisch
ARTe Konstanz
Die Kunstwelt versammelt sich erneut im Bodenseeforum, wenn die fünfte Ausgabe der ARTe Kunstmesse Konstanz vom 18. bis 20. Juli ihre Tore öffnet. Seit ihrer Gründung im Jahr 2016 hat sich die ARTe als die führende eigenständige Messe für zeitgenössische Kunst im südwestdeutschen Raum etabliert, heute mit Schwestermessen in Stuttgart, Wiesbaden, Untergruppenbach bei Heilbronn, Dortmund und Osnabrück.
Die ARTe Kunstmesse Konstanz hat einen festen Termin im Kulturkalender der Region und konnte sich mit ihrem nun fünfjährigen Bestehen als ein jährliches Highlight für Kunstliebhaber aus der ganzen Bodenseeregion etablieren. Seitens der Stadt wird die ARTe Kunstmesse Konstanz mit der Schirmherrschaft von Herrn Oberbürgermeister Uli Burchardt unterstützt: „Die ARTe zeigt: Konstanz kann nicht nur schön – sondern auch richtig mutig, laut und zeitgenössisch. Kunst, die irritiert, inspiriert und unsere Stadt weiterdenkt. Sehr gerne habe ich die Schirmherrschaft für die diesjährige Kunstmesse im Bodenseeforum übernommen!“.
Das Zusammenspiel des sommerlichen Ambientes und der malerischen Kulisse des Veranstaltungsorts am BodenseeUfer erzeugt eine einzigartige Atmosphäre aus Leichtigkeit, Urlaubsgefühlen und künstlerischer Inspiration.
Rund 60 Galerien und Künstler aus Deutschland und dem
angrenzenden Ausland präsentieren ihre Kunst im Bodenseeforum.
Vertreten sind unter anderen die aus der Schweiz stammende Galerie Antonio Wehrli Art Space und die Galerie INTER ART aus Stuttgart. Auch Einzelkünstlerinnen und Künstler wie Steffen Schulze aus Schorndorf bei Stuttgart, Reinhold Mehling aus Hanau und Rike Schweizer aus dem nahegelegenen Spaichingen präsentieren ihre zeitgenössischen Werke.
„Unsere Verkaufsmesse in Konstanz verbindet Kunstschaffende und Kunstinteressierte auf besondere Weise. Hier wird Kunst erlebbar und zugänglich. Unsere ARTe Kunstmesse Konstanz ist sehr vielseitig, hier findet man unterschiedlichste Positionen der bildenden Kunst“, so Lisa Marie Nau, Marketingmanagerin der ARTe Kunstmessen.
In einer ungezwungenen und luftigen Atmosphäre haben Besucher die Möglichkeit, die Vielfalt zeitgenössischer Kunst zu entdecken.
Die ARTe Kunstmesse Konstanz bietet zudem an insgesamt fünf Terminen kostenfreie Führungen mit der Kunsthistorikerin Anette Ochsenwadel an. In wechselnden Touren stellt sie die Positionen der Aussteller vor und setzt diese in ihren kunsthistorischen Kontext. Die Anmeldung können Interessierte auf der ARTe Kunstmessen Webseite vornehmen. Am Vernissage-Abend, Freitag, dem 18. Juli, laden die Veranstalter alle Besucher zwischen 17 und 18 Uhr zum freien Eintritt ein.
TELEFON | 0152 03075156 WEBSEITE | www.arte-kunstmessen.de
Feinsteingut für
Übersee
26. Roeslerbörse in Bad Rodach
Das Erschließen neuer Märkte hatte der Firmengründer Max Roesler im Sinn, als er, noch Direktor der Wächtersbacher Steingutfabrik, in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts familiäre Beziehungen nach Amerika nutzte, um das Wächtersbacher Steingut dort bekannt zu machen. Sein eigenes Unternehmen in Rodach exportierte um 1900 in die
ARTe Konstanz im Bodenseeforum Foto: Christopher Cocks
Rike Schweizer; ohne Titel; ARTe Konstanz im Bodenseeforum
Service 155 Kugelform Köln, Entwurf Wolfgang Kreidl, Dekor Mignon, Stempel: Wappen mit der Rose in olivgrün ab 1933. Das Dekor wurde im Frühjahr 1934 in der Schaulade vorgestellt; Roesler-Börse Bad Rodach Sammlung und Foto: Jan Reith
ganze Welt. Im „Adressbuch der Keram-Industrie“ von 1907 heißt es: „Export nach allen Ländern. Alleinverkauf für Zentral- und Südamerika: J & M Salomon, Hamburg, für Südafrika und Australien: Schütze, Steffens & Co ebenfalls Hamburg“. Möglicherweise gab es auch da schon geschäftliche Verbindungen zu der amerikanischen Importfirma Zeh, Ebeling & Reuss in Philadelphia. Sie wurde 1886 von den deutschen Auswanderern Theodore Ebeling und Frederik Reuss gegründet, die sich mit dem Porzellan- und Glaswarenhändler John E.F. Zeh zusammenschlossen, um Porzellan, Steingut und Glas vor allem aus Deutschland und Böhmen in die USA zu importieren. Nach dem Ausscheiden von Zeh firmierte das Unternehmen ab 1900 als Ebeling & Reuss Philadelphia bis 2002, dann wurde es von der Strathmore Corporation of Pennsylvania übernommen. Die amerikanische Steingutindustrie steckte Ende der 1920er-Jahre in einer Krise, einfache Gebrauchsartikel aus Steingut waren wenig gefragt und das Publikum tendierte immer mehr zum wertigeren Porzellan. Einige Unternehmen versuchten dieser Tendenz entgegenzusteuern, indem sie „art pottery“, also Kunstgegenstände auf den Markt brachten, wie die „Keramische Rundschau“ 1930 schreibt. Ebeling & Reuss sahen dieses Problem. Sie kannten den europäischen Markt sehr gut, in Deutschland und auch in der Tschechoslowakei wurden moderne, künstlerisch interessante Entwürfe angeboten, die sehr wohl eine gewinnbringende Konkurrenz zum Porzellan sein konnten. Auch in Europa hatte man mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Feinsteingutfabrik Max Roesler musste zum Beispiel im Frühjahr 1931 ihr Zweigwerk in Darmstadt schließen. Der Export nach Amerika war ein wichtiger Faktor und Ebeling & Reuss nutzte die Stunde, um mit verschiedenen Unternehmen Verträge so abzuschließen, dass nur noch ihre Stempel die Produkte kennzeichneten und nicht mehr die der Hersteller.
Deshalb gibt es sehr viele Steingutprodukte auf dem amerikanischen Sammlermarkt, die nur den Unterglasurstempel der Importfirma mit dem Namenskürzel „Erphila“ oder „Er Phila“ mit dem Zusatz: Bavaria, Germany oder Czechoslovakia tragen. Oft ergänzt durch den Zusatz „Art Pottery“. Die Hersteller blieben unbekannt und sind es in den meisten Fällen bis heute.
Die 26. Roeslerbörse findet am Samstag, dem 30. August in Bad Rodach wieder in Verbindung mit dem beliebten Altstadtflohmarkt rund um das Jagdschloss statt. Schon am Freitag, dem 29. August um 18 Uhr hält Rolf Hinderk Peters im Heimatmuseum einen Vortrag zu Wolfgang Kreidl. Das Heimatmuseum mit vielen Exponaten aus der Feinsteingutfabrik Max Roesler, unter anderem einer Puppenküche aus dem Jahre 1915, hat am Samstag zur Roeslerbörse geöffnet.
Wer an der Roesler-Börse oder am Altstadtflohmarkt aktiv mit einem Stand teilnehmen möchte erhält Informationen bei der Stadt Bad Rodach unter der untenstehnder Telefonnummerman kann sich hier direkt für beide Veranstaltungen anmelden. Rolf Hinderk Peters, Berlin
TELEFON | 09564 922215
Möller, Böckchen, Formnummer 0867, Dekor 3800, Stempel:
darüber 3800,
in Germany;
Max
Erphila im Zahnrad,
darunter Made
Roesler-Börse Bad Rodach Sammlung und Foto: Rolf Hinderk Peters
Sommertreff für Sammler
30. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen
In diesem Jahr finden die Bamberger Antiquitätenwochen vom 23. Juli bis 23. August statt. Es ist einer der wichtigsten Sommertreffs für Sammler und Kunstliebhaber. Warum existiert gerade in Bamberg eine solche Vielzahl an Kunst- und Antiquitätengeschäften?, mag sich der ein oder andere fragen. Da Bamberg im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont blieb, gab es hier noch viel Ware, gleichzeitig gab es eine starke Kaufkraft durch den amerikanischen Stützpunkt. Die Amerikaner hatten Freude an Antiquitäten. Walter Senger berichtet beispielsweise von alten Uhren, die besonderen Absatz fanden, und so entwickelte sich nach und nach ein florierender Markt, denn diese Stadt ist als Kulisse für Kunst und erlesene Antiquitäten wie gemacht. Geschichtliche und kulturelle Ereignisse haben seit der Stadtgründung derart eindrückliche Spuren hinterlassen, dass sich Händler und Sammler von Antiquitäten in Bamberg einfach wohl fühlen.

Alfons Walde (Oberndorf 1891-1958 Kitzbühel), Fröhliche Skifahrerin, Provenienz: Privatsammlung Wien; Kunsthandel Senger Bamberg

Die Wege zwischen den einzelnen Händlern sind kurz, unversehens spazieren Besucher von einer Schatzkiste zur nächsten. Und es gibt überall so viel zu entdecken. Ein Museum zum Anfassen. Und noch ein wichtiger Grund, warum Bamberg zum Zentrum für hochwertige Sammelobjekte geworden ist: Die Händler ziehen an einem Strang und arbeiten miteinander. Bei ausgefallenen Kundenwünschen ist man in Bamberg bemüht, den Sammlerwunsch zu erfüllen. So empfehlen sich die Händler untereinander weiter, so dass der Kunde vor Ort fündig werden kann. Im persönlichen Ambiente der Galerien und inmitten des historischen Barockzentrums präsentieren die Kunst- und Antiquitätenhändler wertbeständige Kunstwerke. Sämtliche Ausstellungsräume befinden sich in denkmalgeschützten Gebäuden. Das vielfältige Spektrum nationaler und internationaler Kunst aus sieben Jahrhunderten bietet Inspiration für jeden Geschmack.
TELEFON | 0175 2468806
WEBSEITE | www.bamberger-antiquitaeten.de
Weißes Gold –
schwer gefragt
Fest der Porzelliner in Selb
Jedes Jahr am ersten Wochenende im August findet in der oberfränkischen Porzellanstadt Selb das Fest der Porzelliner statt, bei dem sich alles um das Weiße Gold dreht. Die Besucher erwartet ein umfangreiches Programm mit vielen interessanten Aktionen. Höhepunkt ist Europas größter Porzellanflohmarkt am Samstag, dem 2. August mit rund 350 Anbietern, bei dem die Schnäppchenjäger voll auf ihre Kosten kommen. Auch den Porzellanflohmarkt am darauffolgenden verkaufsoffenen Sonntag mit 100 Anbietern wissen die Sammler und Liebhaber des Weißen Goldes inzwischen durchaus zu
Maerten de Vos, Erzengel Gabriel; Kunsthandel Senger Bamberg