n Baukasten
?
Seit vielen Jahren besitzen wir aus einem Nachlass einen Elektro-Baukasten. Er ist in einem akzeptablen Zustand, soweit komplett und auch die Anleitung ist vorhanden. Können Sie mir verraten, von wann ungefähr der Baukasten sein könnte und seinen aktuellen Wert? L. Meisel, Pforzheim
!Es handelt sich um einen KosmosBaukasten „Elektro“ von der Kosmos Franckh’schen Verlagshandlung Stuttgart, hergestellt wohl 1934 mit den Maßen 39 x 25,5 x 5 cm. Der Lehrbaukasten wurde von Wilhelm Fröhlich (1892-1969), einem Schweizer Sekundar-Schullehrer konzipiert und erschien in insgesamt 17. Auflagen von Anfang der 1920er-Jahre bis Mitte der 1950er-Jahre. Hier die 12. Auflage: „Eine methodische erste Einführung mit praktischen Versuchen für Schülerübungen und zum Selbstunterricht“. Versuche zur Lehre des Magnetismus, elektrische Ladungen, Stromwirkungen, der Elektromagnet, Stromstärke, Widerstand, Spannung, elektrische Beleuchtung, Thermostrom, Telefon, Elektromotor, Akkumulatoren, Funkentelegrafie etc. sollten der Jugend nahegeführt werden. 175 Abbildungen in der sehr motiviert geschriebenen Gebrauchsanleitung unterstützten zur Veranschaulichung die zahlreich möglichen Elektro-Experimente. Schon 1903 gründete sich in Stuttgart die Kosmos Gesellschaft der Naturfreunde mit einer monatlich erscheinenden Zeitschrift. Den ersten Experimentierkasten brachte Kosmos bereits 1922 auf den Markt. Spielend lernen mit Hilfe von naturwissenschaftlichen Experimentierkästen war das Ziel des Kosmos-Verlags, die in die ganze Welt exportiert wurden und 1937 bei der Weltausstel-



lung in Paris mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Im Handel wird ein solcher kompletter Lehrbaukasten mit Original-Anleitung im guten Zustand zwischen 80 bis 150 Euro angeboten.
Joscha Eberhardt, Redaktion
?Da ich mich für elektronische Musik schon seit den 90-Jahren sehr interessiere, bin ich vor circa 30 Jahren auf die Band Kraftwerk gestoßen. Zufällig entdeckte ich damals auch ein Kraftwerk-Plakat in einem Secondhand-Geschäft, das ich kaufte und das seitdem bei mir an der Wand hängt. Leider ist es nicht datiert, können Sie mir mehr dazu mitteilen?
L. Wunderlich, Lübeck
!
Die Düsseldorfer Elektroniker von Kraftwerk sind wohl die renommiertesten Pioniere der elektronischen Musik in Deutschland. Auch weltweit sind sie seit Anfang der 70er das Aushängeschild für innovati-
ve Electro-Sounds made in Germany. Ihre LP „Autobahn“ von 74 mit dem gleichnamigen epischen Track und dem weltbekannten Refrain „Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn“ brachte den Düsseldorfern den internationalen Durchbruch (u. a. Platz 5 in den US-Charts). Seit 1972 gehörte auch der Künstler Emil Schult (*1946 in Dessau) zum inneren Kreis von Kraftwerk. Er gestaltete u. a. das hier abgebildete ikonische Albumcover „Autobahn“. Auf der LP sind Text und Plattencover äußerst reduziert, was zu einer ungewohnten, fasst schon wissenschaftlich seriösen Betrachtung der unterkühlten Plattenaufnahme führen kann. Die Technik-Freaks Kraftwerk sahen sich immer schon als Gesamtkunstwerk, die avantgardistische Pop-Sounds mit futuristischer Gestaltung auf allen Ebenen verbindet. Anfang Oktober 1975 wollten Kraftwerk auch dies in der Musikhalle Hamburg live zum Besten geben, aber das Konzert wurde wegen mangelnden Vorverkaufs abgesagt, wie überhaupt große Teile der damaligen DeutschlandTournee. Die exotischen Kraftwerkler stan-
n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist.
Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können.
Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:
Gemi Verlags GmbH
Redaktion Leserforum
Robert-Bosch-Str. 2 85296 Rohrbach
oder per E-Mail an info@gemiverlag.de
n Plakat
den zu dieser Zeit noch zwischen allen gängigen Musikgruppen und Genres und passten damals in keine passende Schublade. Gerade aus dieser noch nicht so kommerziell erfolgreichen Kraftwerk-Epoche sind Band-Memorabilia-Objekte sehr selten und dementsprechend besonders nachgefragt. Ob in Asien, in den USA, in Great Britain oder auch in Südamerika: Kraftwerk-„Fanatics“ zahlen oftmals im weltweiten Wettstreit hohe Preise. Vor circa zehn Jahren und früher wurden solche deutschen Konzert-Poster von der „Autobahn -Tour 75“ für 300 bis 500 Euro in der Regel noch angeboten. Aktuell tauchen nur noch sehr selten Exemplare von diesem Konzert-Plakat auf. Und wenn, dann eher im internationalen Handel zu vierstelligen, leicht utopischen Preisen zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Joscha Eberhardt, Redaktion
n Büchlein
?Dieses kleine Büchlein habe ich im Bücherschrank meiner Tante entdeckt und geschenkt bekommen. Handelt es sich hier um eine Rarität oder ist es ein Massendruck-Erzeugnis? Von wann könnte das Werk von Pfarrer Kneipp denn stammen? N.N.
!Es handelt sich hier um „Pfarrer Seb. Kneipp‘s Taschen- und Reiseapotheke“ von der Bucher‘schen Buchhandlung Würzburg, erschienen um 1891, in der patentierten Form eines Schiebe-CigarrenEtuis mit den Maßen 14 x 8,5 cm. Von dem hochwürdigen Herrn Pfarrer Seb. Kneipp in Wörishofen persönlich in Augenschein genommen, soll dieses Informationsheftchen (damaliger VP 1 Mark) die unumstrittenen Heilwirkungen u. a. einer „Wasserkur“ verdeutlichen. Motto: „Ich wünsche nur das Eine, dass die alten Bekannten


(die Heilkräuter nämlich) zu neuen Ehren gelangen!“ Sebastian Anton Kneipp (1821 Stephansried-1897 Wörishofen) wurde mit seiner Kaltwassertherapie Namensgeber der Kneipp-Medizin und der Wasserkur mir Wassertreten. Kneipp erkannte, dass der Mensch, seine Lebensgewohnheiten und seine natürliche Umwelt als Einheit anzusehen sind und dass zum Gesundsein mehr gehört als Nicht-Kranksein. Über die Jahre trug Kneipp seine Erkenntnisse der naturheilkundlichen Behandlungsweisen zusammen und entwickelte daraus sein ganzheitliches Naturheilverfahren, die Kneipp-Therapie. Anscheinend taucht dieses kleine Büchlein recht selten auf (ein Exemplar ist im Kneipp Museum in Bad Wörishofen dort unter den über 2.000 Objekten ausgestellt). 50 bis 100 Euro könnte ein Händler für diese Skurrilität vielleicht verlangen und auch wahrscheinlich erhalten.
Joscha Eberhardt, Redaktion
n Reklameteller
?
Auf einem Antikmarkt in Turin haben wir vor etlichen Jahren diesen farbenprächtigen Reklameteller gefunden. Leider wissen wir bis jetzt nichts über den Hersteller und das Alter des Tellers. Der Wert ist eher zweitrangig, da der Teller in unsere Küche etwas „Bella Italia“ verströmt! I. Rieders, Stuttgart
!Der äußerst dekorative Werbeteller „Moriondo & Gariglio", wohl unleserlich unten bez. „G. DE Andrels?" dürfte Anfang des 20. Jahrhunderts in Italien hergestellt wor-
den sein. Den farbig lithografierten MetallTeller ziert eine südländisch lächelnde Jugendstil-Schönheit. Im oberen Bereich befindet sich der Schriftzug „Cioccolato e Cacao", unten der Firmenname mit Ortsbezeichnung „Moriondo & Gariglio Torino". Dekoriert ist der Teller umlaufend mit Pfauen-Motiven, leider auch mit diversen Altersspuren. Die Geschäftstätigkeit von Moriondo & Gariglio begann schon 1868, als das erste Geschäft mit angeschlossener Werkstatt auf der Piazza San Carlo in Turin eröffnet wurde. Schnell zog man in größere Fabrik-Räumlichkeiten in der Via Artisti 36 in Turin, wo schon 1890 über 200 größtenteils Frauen beschäftigt waren. Die Fabrik produzierte täglich zweitausend Kilogramm Schokolade, die zu Tafeln, Gianduiotti und Pralinen weiterverarbeitet wurden. 1924 wurde Moriondo & Gariglio aufgelöst und mit Venchi fusioniert, die seit 1878 im Schokoladengeschäft tätig sind. Ein interessantes und frühes Genussmittel-Werbeobjekt, welches auf dem italienischen Markt sicher 200 bis 400 Euro einspielen könnte. Jedoch sind Abstriche durch den vorhandenen Zustand zu machen. Joscha Eberhardt, Redaktion


AUSSTELLUNGEN
n Menschen, Tiere, Sensationen
Bis 31. August heißt es im Oschatzer Stadt- und Waagenmuseum: Hereinspaziert! Der Sammler Gerhard Pretzl aus Viechtach in Bayern zeigt in der neuen Sonderausstellung seine außergewöhnliche Sammlung zum Thema „Menschen, Tiere, Sensationen – Faszination Blechspielzeug“.
Die gezeigten Blechspielzeuge aus der Zeit von 1900 bis 1960 lassen die Herzen von Jung und Alt höher schlagen. Im Museum tummeln sich auf einem Jahrmarkt Zirkusakrobaten und Clowns. Im Zoo sind alle Arten von Tieren zu sehen. Aufziehfiguren wie die Äffchen beim Seilklettern, Krokodile in der Manege oder der Affe mit der Trommel erinnern auf faszinierende Weise an eine Zeit ohne Fernsehen und Internet. Egal, ob das klassische Karussell aus der Zeit von 1910 oder der Handstandclown aus den 1950er-Jahren – die Ausstellung lässt entfernte Kinderzeiten aufleben. So gilt es einzutauchen, in die farbenfrohe Welt des Blechspielzeugs.
Telefon: 03435 920285
Webseite: www.oschatz-erleben.de
n Schräg und abseitig
F. K. Waechters anarchischer Witz und Vorliebe für schrägen Nonsens prägte nicht nur Generationen von Zeichnern. Er hatte, wie er selbst einmal sagte, große Freude daran, „das Dümmste, Banalste, Schrägste, Abseitigste (…) weiterzutreiben“ und sich gegen Regeln, Autoritäten und Unsinniges zu stellen, war führendes Mitglied der „Neuen Frankfurter Schule“ und Mitbegründer des endgültigen Satire-
F. K. Waechter, Ich schlief wie schon lange nicht mehr, 1981; Karikaturmuseum Hannover © F. K. Waechter Erbengemeinschaft
magazins Titanic. Mit Cartoons wie „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein“ (1971) zeichnete er sich ins kollektive Gedächtnis.
Waechter war auf vielen Bühnen zu Hause, auch – und das ist allgemein weniger bekannt – auf jenen des Theaters. Über 40 poetische Theaterstücke stammen aus seiner Feder, einige davon inszenierte er auch an unterschiedlichsten Bühnen. Allein in Hannover wurden zu Waechters Lebzeiten sechs Stücke uraufgeführt, alle unter der Intendanz von Ulrich Khuon. Das erste und prominenteste Stück war „Die Eisprinzessin“, das zwischen 1993 und 2000 im berühmten Treppenhaus der Cumberlandschen Galerie über 270 Mal aufgeführt wurde. „Auf nach Süden! (…) wo die Irren flirren …“ heißt es im Stück. Im heißen Sizilien streift die gefühlskalte, aber wunderschöne Prinzessin nach und nach ihre Kälte ab und entdeckt ihre Gefühle. Ein großes Erzähltheater um Liebe und Geschlechterkampf. Ganz anders war es mit Waechters Stück „Prinz Hamlet“, das 1995 als Theaterstück entstand, aber nicht

zur Aufführung kam. Zehn Jahre später, kurz vor seinem Tod, übertrug der Künstler den dramatischen Inhalt in ein großartiges Bilderbuch. Wunderschön in farbigen, collagierten Zeichnungen und künstlerisch beeindruckend in Szene gesetzt, entstand ein Zyklus aus über 60 Blättern. Die Sonderausstellung im Karikaturmuseum Hannover „Wo die Irren flirren: F. K. Waechter. Unvergessen für immer“ zeigt beide Schaffenswelten von Waechter: die des Zeichners und die des Theaterstückautors. Beide vereinen große Themen wie Glück, Liebe, Verrat, Träume und das Ende des Lebens. (24.05.-14.09.)
Felefon: 0511 16999911
Webseite: www.karikatur-museum.de
MESSEN/MÄRKTE
n Guter Ton
Bereits zum 45. Mal findet am 14. und 15. Juni der europäische Keramikmarkt in Höhr-Grenzhausen statt. Auf einer ca. 500 Meter langen Marktzone wird alles gezeigt, was die Vielfalt der Keramik ausmacht. Dabei wird den Besuchern von rund 150 Ausstellern aus ganz Europa Gebrauch- und Zierkeramik, echt salzglasiertes Steinzeug, Keramikschmuck und viele andere Erzeugnisse aus Keramik dargeboten.
Es nehmen wieder zahlreiche europäische Aussteller z. B. aus Großbritannien, Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Polen oder Ungarn teil. Sie öffnen den Blick über die eigenen Grenzen hinaus.
Am Laigueglia-Platz – mitten in der Marktzone – gibt es an beiden Tage ein umfangreiches keramisches Rahmenprogramm: Am Sonntag z.B. findet dort die „5. Offene Deutsche Töpfermeisterschaft“ im Rahmen des Europäischen Keramikmarktes statt. Das Keramikmuseum Westerwald, direkt in der Marktzone, lockt beim Museumsfest mit vielen Aktionen bei freiem Eintritt. Zahlreiche Keramikwerkstätten in der Stadt haben ebenfalls geöffnet.
Telefon: 02624 19433
Webseite: www.natur-kultur-keramik.de
n Feiner Scherben
Der „Kunstverein terra rossa e. V.“ hat seinen Sitz in Leipzig und wurde im Jahr 2001 gegründet. Nach dem Auszug aus den Vereinsräumlichkeiten in der ehemaligen Galerie „terra rossa“ am Roßplatz, organisiert der Verein seit August 2020 weiter verschiedene keramische Events und Begegnungen.
Die Haupttätigkeit des Vereins lag bis 2020 in der Präsentation keramischen Schaffens. Seit 2021 fokussiert sich der Verein nun auf die Organisation von
Altes Blechspielzeug aus der Sammlung Gerhard Pretzl, Viechtach; Stadt- und Waagenmuseum Oschatz Fotos: G. Pretzl
Matthes und Klaas, Cerareptilien; Keramikmarkt Höhr-Grenzhausen
© Matthes und Klaas
Raritätenbörse Essen Zeche Carl
Workshop- und Schulungsprogrammen zu unterschiedlichen keramischen Themen.
Ein wichtiges Thema ist die Organisation des Keramikmarktes Leipzig im Grassi und der damit verbundenen Vergabe des Keramikmarktpreises, heuer am 14. und 15. Juni.
Webseite: https://terrarossaleipzig.wordpress.com
n Rares für Sammler
Pfingstsonntag und Pfingstmontag, 8. und 9. Juni, ist Vintage Time auf Zeche Carl. Die Raritätenbörse, der große Liebhaberund Sammlerevent im Westen gilt als Kult-
Annegret Streu, Halle; Keramikmarkt im Grassi, Leipzig
© Annegret Streu
börse in Deutschland, die ihresgleichen sucht.
Alljährlich treffen sich Liebhaber ausgewählter und exzellenter Sammlerstücke zur Raritätenbörse in Essen. Ein neuer Schwerpunkt liegt auf Industriedesign, alten Fabriklampen, Werkbänken mit jahrelanger Geschichte, Werkstattinterieur, Loftdesign und vielem mehr. Auch Automobilia und Petrolania (z.B. alte Zapfsäulen und schön gestaltete Ölkanister aus vergangenen Jahrzehnten) sind im Kommen – Vintage pur in allen Facetten. Ein besonderer Service: Inhaber von Sammelobjekten können ihre Stücke bei ausgewiesenen Experten schätzen lassen. Fast wie bei „Bares für Rares“ – nur hautnah auf der Börse.
Telefon: 0151 65130260
Webseite: www.raritaetenboerse.com
n Sammlerparadies
Auf dem Antik- und Trödelmarkt am Pfingstmontag, dem 9. Juni, in der Ortsmitte von Wäschenbeuren dreht sich alles um Altes, Gebrauchtes und echte Schätze. Ein Paradies für Sammlerherzen. Neuwaren haben hier keinen Platz. Wer ausstellen möchte, sollte bis spätestens 7 Uhr vor Ort sein; keine Autos am Stand. Die Anmeldung erfolgt unter folgenden Adressen:
Telefon: 07161 68111
E-Mail: markt.krettenhof@web.de Webseite: www.fritsch-haushaltsaufloesung.de
n Attraktionen – Dimensionen
Der legendäre Riesenflohmarkt auf der Trabrennbahn Karlshorst lädt vom 7. bis 9. Juni zum großen Pfingst-Special. Oldthings größter und schönster Markt in bombastischem Ambiente ist an diesen drei Tagen besonders prall gefüllt. Auf
über 20.000 m² bieten rund 500 Stände drinnen und draußen alles, was Sammlerherzen begeistert: hochwertige Antiquitäten, Kunst, Design, Vintage- und Stilmöbel, originelle Sammlerstücke und echter Trödel – Vielfalt und Raritätenfaktor sind hier unschlagbar.
Händler mit weiterer Anreise können bereits am Freitagabend anreisen und im Fahrzeug/Van überrnachten. Wer zu Pfingsten nicht dabei sein kann, ist zu den regulären Terminen jeweils zum ersten Wochenende des Monats gern gesehen.
Telefon: 0176 58889385
Webseite: www.oldthing.de/riesenflohmarkt
n Trödeln in Altstädten
Seit über 15 Jahren begeistern die Antikund Edeltrödelmärkte des Veranstaltungsteams „Schöne Märkte” nicht nur die Besucher, sondern auch die vielen teilnehmenden Händler aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland. Das Besondere bzw. das Erfolgsrezept ist die Verbindung zwischen einem attraktiven Veranstaltungsort und dem qualitätvollen Warenangebot bei freiem Eintritt. Aktuell finden in den wunderschönen Altstädten von Regensburg am 8. Juni, Mosbach am 5. Juli und Ladenburg am 5. Oktober Antik- & Edeltrödelmärkte statt.
Webseite: www.schoene-maerkte.de
in
Pfingstmarkt in Wäschenbeuren Foto: Auktionshaus Fritsch
Oldthing Riesenflohmarkt auf der Trabrennbahn Karlshorst Berlin
Antikmärkte
Regensburg, Mosbach, Ladenburg
BAHLSEN
KATHRIN BONACKER
„Dumdidum. Kekse!!!“ So lauten die meistgesprochenen Worte des Krümelmonsters, bevor es sich unter wildem Zerbröseln alles irgendwie Keks-Ähnliche in den Mund stopft. Wer sich aber mit der Firma Bahlsen befasst, bringt dem Gebäck, seiner Verpackung und den wunderschönen Werbemitteln vielleicht etwas mehr Achtung entgegen, als das gefräßige blaue Plüschtier aus der Sesamstraße. Die 1889 gegründete Hannoveraner Keksfabrik bietet bis heute nicht nur kulinarische Genüsse, sondern immer auch etwas für’s Auge, wenngleich die schönen Präsentierdosen inzwischen Pappverpackungen gewichen sind. Umso wertvoller sind die alten Originale aus dem 20. Jahrhundert.
Aus der Firmengeschichte
Zuerst war da ab 1889 eine von dem 30-jährigen Hermann Bahlsen (18591919) gegründete „Hannoversche CakesFabrik“: Der Jungunternehmer hatte eine
Zeit in London gelebt und kannte daher Teegebäck. Dieses wurde jetzt nicht mehr nur selbst gemacht oder beim Bäcker oder Konditor gekauft, sondern konnte bei Bahlsen gekauft, später schachtelweise gelagert und bei Bedarf hervorgezaubert werden. Bis aus „Cakes“ dann die im deutschen Alltag selbstverständlichen „Kekse“
wurden (das englisch-stämmige Wort wurde erst nach 1911 in den Duden übernommen), dauerte es allerdings noch eine Weile.
Bahlsen bewies aber früh schon Geschick in der Vermarktung. Er backte sein gut zu lagerndes Gebäck und nannte es nach einem der bekanntesten Hannoveraner: Der 1646 in Leipzig geborene Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz war 1716 hier gestorben, nachdem er sich als Universalgelehrter und Berater der Mächtigen einen Namen gemacht hatte und auch bei der einfachen Bevölkerung beliebt gewesen war. Eines seiner Interessen war die gute Verpflegung von Soldaten, wofür er dauerhaf-
Links: Hier präsentieren zwei Bäcker den „Leibniz-Keks“ übergroß
Ganz oben: Bahlsens Beilage zur Zeitschrift „Die Gartenlaube“ 1903 war bunt und aufwändig gestaltet
Oben: Eine Reklamemarke zeigt Bahlsens ikonische „Brezelmänner“
tes Gebäck empfohlen hatte (in der Folgezeit zunächst Zwieback). Hermann Bahlsens Strategie war, seine Butterkekse als dauerhaftes Gebäck quasi mit einem akademischen Mythos zu versehen, und er taufte die Kekse daher 1891 nach dem großen Denker „Leibniz-Cakes“. Sie hatten von Beginn an 52 „Zähnchen“ an den Seiten. Auf den Weltausstellungen in Chicago (1893) und Paris (1900) wurden die Kekse jeweils mit einer Goldmedaille prämiert.
Als Markenzeichen diente der Firma 1896 bis 1903 noch das niedersächsische springende Pferd, auch hier sollte jedoch der Begriff der Dauerhaftigkeit zum Thema werden, und das Landessymbol wurde durch das „TET“-Zeichen ersetzt und kam nur noch selten zum Einsatz. Der Grafiker Heinrich Mittag (1859-1920) wurde beauftragt, die für ewige Dauer stehende ägyptische Hieroglyphe „djet“ (von Bahlsen eingedeutscht „TET“), bestehend aus den Symbolen für eine Kobra und einem Halbkreis über einem Strich mit drei Punkten darunter, in ein einprägsames Signet zu verwandeln. Dieses Zeichen wird bis heute benutzt, und auf einer Bahlsen-Packung („Chokini“ 2025) heißt es: „Wir sind ein Familienunternehmen in 4. Generation und viele sollen noch folgen. Dafür steht symbolisch das TET-Zeichen. Hermann Bahlsen entdeckte es auf einer Ägypten-Reise. Es ist eine Hieroglyphe, die eine aufgehende Sonne und eine Schlange zeigt. Ihre Bedeutung: ‚Ewig während‘. Unser Ziel.“
Oben con links nach rechts: Engelchen Nummer 9 von Aenne Koken hat die Kekse bereits verpackt
Hier ein Beispiel für die verbreiteten BahlsenFeldpostkarten von Georgi
Diese Reklamemarke von ca. 1912 wirbt für ein heute nicht mehr produziertes Gebäck
Rechts: Der Grafiker Lucian Bernhard gestaltete die Marke mit dem Fabrikgebäude
Ist doch schön, dass dieses Motto keinen Grabstein, sondern etwas so Lebensbejahendes wie Keksverpackungen ziert!
Werbemaßnahmen und die Kunst
Hermann Bahlsen war ein großer Kunstfreund und Mäzen und Mitbegründer der Hannoveraner Kestner-Gesellschaft. Bereits vor, aber besonders auch im Ersten Weltkrieg war es ihm daher ein Anliegen,
Künstler und Künstlerinnen mit seinen Werbebildern und Verpackungsgestaltungen zu betrauen. Vielen Fans sind beispielsweise Aenne Kokens stark farbige Gebrauchsgrafiken ein Begriff (sie gestaltete zum Beispiel auch die Hummer für die Fischkonserven von Appel). Für Bahlsen entwarf sie fröhliche Reklamemarken, unter anderem eine Serie von zwölf Bildern mit Engelchen-Motiven, die vom Mehl bis zum fertigen Keks die Produktion zeigen, sowie eine Reihe Kinderbilder, die mit Sprüchlein garniert die sorglos-bunte Zielgruppe beim Knabbern abbilden: „Und
Grete bei des Vogels Lied / Den Keks sich zu Gemüte zieht.“ Selbst die Soldaten auf den Feldpostkarten lächeln breit, angesichts der Kekse, die sie gleich essen werden.
Auch der Worpsweder Künstler Heinrich Vogeler oder der Werbegrafiker Lucian Bernhard gestalteten Reklamemarken für Bahlsen, Vogeler widmete sich dem „Knusperhaus“ aus dem Märchen „Hänsel und Gretel“, Bernhard präsentierte die „Leibniz-Keks“-Packungen in zwölf unterschiedlichen Stillleben: die Kekse „Beim



Sport“, „Für Säuglinge“, „Zum Kaffee“, „Zum Wein“, „Zum Geburtstage“, „Zum Dessert“, „Auf der Reise“, „Für Feinschmecker“, „Für Touristen“, „Bei der Arbeit“, „Als Geschenk“ und „Für Rekonvaleszenten“. (Letztere Reihe wurde übrigens bei Ebay 2025 für 195 € angeboten.) Mela Köhlers Reklamemarken für Bahlsen dagegen muten zunächst an wie ModeWerbung: Ihre zwölf Bilder zeigen sehr unterschiedliche, bürgerliche Personen vor beigem Hintergrund, mal einzeln, mal zu zweit, vom spielenden Kind bis zur winterlich gekleideten Dame, die, eine Hand im Muff, mit der anderen einen Keks verspeist. Die Künstlerin (eigentlich Melanie Leopoldina Köhler, 1885-1960) war Mitglied der Wiener Werkstätte, hatte dort Mode-Ansichtskarten publiziert und zeigte auch in der Bahlsen-Serie ihr Talent zur Kostümdesignerin.


Besonders beliebt ist außerdem der erfolgreiche Münchner Werbegrafiker Ludwig Hohlwein, der bereits 1912 ein BahlsenPlakat entworfen hatte und ab 1914 ebenfalls Kriegspostkarten für Bahlsen malte. Andere kennen den Künstler Walter Georgi (1871-1921) für seine über zwanzig Bilder, die jeweils Soldaten in Schützengräben oder anderswo in direkten Kriegseinsatzgebieten zeigen, die Packung „Leibniz-Kekse“ immer direkt griffbereit – der einzige Hinweis auf die heimatliche ‚heile Welt‘ oder Versorgung mit liebevoller Feldpost. Eine war getitelt mit dem simplen Satz: „Haltet aus im Sturmgebraus!“ Die eigentlich eher expressionistische Künstlerin Martel Schwichtenberg (18961945) arbeitete bereits seit 1917 bis in die NS-Zeit für Bahlsen, sie entwarf Plakate, Aufsteller für Schaufenster und Blechdosen. Nach ihrer Emigration nach Südafrika 1933 erhielt sie weitere Aufträge auf Honorarbasis, und viele der bekannten runden Dosen (zum Beispiel für Lebkuchen – 1935 – und für Salzletten – 1937 –) waren lange im Einsatz. Das Motiv der Lebkuchendose wurde sogar 2021 leicht abgewandelt wieder verwendet.
Links von oben nach unten: Die „Duve“-Anzeige von 1915 veranschaulicht die Kekse und ihre Verpackung
Eine expressionistische Anzeige von 1922 abstrahiert Getreide
Die Werbung von 1925 zeigt sich eher schlicht gestaltet
Oben links und rechts: Die „Salzletten“-Dose, 1937 von Schwichtenberg gestaltet, wurde noch lange so produziert
Die Buchstabenkekse heißen weiter „Russisch Brot“ (Werbung von 2006)
Alltagsgeschichte in der Reklame
Große Firmen passen ihre Werbung normalerweise schnell an sozial-politische Verhältnisse an, und im Ersten Weltkrieg gehörten die TET-Kekse bereits zu den als Liebesgabe empfohlenen Nahrungsmitteln, die in der Feldpost an die Front ge-
Von oben nach unten: Im Krieg wird der Keks Kindern und Kranken empfohlen
Viel Bahlsen steht auch im Mobilen ReklameMuseum im Kaufmannsladen
Pfiffig: Der Keks als Koffer war 1981 auf Plakaten und Anzeigen zu sehen
schickt werden sollten. Die sehr schön gestaltete Reklame-Ansichtskartenserie zeigte dazu jeweils Soldaten in ihrem gefährlichen Alltag, wie sie neben sich und ihren Waffen immer eine Packung „Leibniz-Kekse“ stehen hatten. So konnten sich die Lieben daheim vorstellen, dass sie buchstäblich den Alltag derer versüßten, um die sie sich sorgten. Nach den ersten drei Schreckensjahren des Zweiten Weltkriegs mit der Kenntnis von Millionen Verwundeter bewarb die Keksfabrik ihre Produkte ab 1942 mit der Schlagzeile: „Jetzt besonders für Kinder und Kranke.“ Bahlsen sorgte mit für „Wehrmachtsverpflegung“ und durfte „EINE GABE VOM ROTEN KREUZ“ bestücken (die Packung gestaltete wieder Martel Schwichtenberg), für Kranke und deutsche Kriegsgefangene gedacht. Und selbstverständlich reagiert eine große deutsche Firma sensibel auf Wandlungen
im Verständnis von rassistischen Motiven (und nahm über die Jahrzehnte bestimmte Produkte und ihre stereotypen Darstellungen aus dem Programm) und auch auf europäische Politik. So hießen die jahrzehntelang als „Russisch Brot“ verkauften Buchstabenkekse kurzzeitig – als Reaktion auf den im Februar 2021 begonnenen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine –nur noch „Bahlsen ABC“. Bei ihrer Einführung 1904 wurden sie bereits als „Leibniz ABC“ verkauft, so war das nicht weiter abwegig. Seit April 2023 wird der alte Name des Klassikers jedoch wieder in Kombination verwendet, und die braunen Buchstaben heißen jetzt: „Bahlsen Russisch Brot ABC“.
Aber viel schöner ist es natürlich, wenn die Werbeabteilung sich fröhliche Szenerien ausdenken darf, in denen die Plätzchen, Chips oder Kräcker angeboten werden. Oder wenn ein „Reise-Keks“ erfunden wird, der Plakate und Anzeigen zieren darf: So bekam der klassische Butterkeks nämlich auf einem ganz schlichten Bild einfach einen Koffergriff, und das BahlsenLogo durfte das Eigentümer-Schildchen mimen, 1981 war diese Annonce ein Hingucker in der „Brigitte“, und es gab für alle „Probierpäckchen mit 3 Bahlsen-Spezialitäten“ zu gewinnen, die einen Abschnitt der Reklame nach Hannover schickten. Der nicht so subtile Subtext der Werbung lautete: Gut gepackt ist nur, wenn der Keks dabei ist. Ein Sonderdruck aus dem Jahrbuch der Werbung von 1982 beschrieb das Plakat (auf S. XIII) so: „Aktualisierung des traditionsreichsten Einzelproduktes aus dem Bahlsen-Sortiment zur Hauptverwendungszeit unter dem universellen Verwendungszweck des Unterwegsverzehrs.“ Aha!
Produktionssortiment im Wandel
Das Interessante an Bahlsen ist ja, dass das Sortiment sehr viele unterschiedliche
Zielgruppen anspricht: Da sind die alterslosen Genießer von Feingebäck, die kleinen Kinder und die Leute, die zu ihrer Party, zu Karneval oder anderen Veranstaltungen ansprechendes Salzgebäck servieren wollen.
Der schlichte Butterkeks ist dabei nicht selten die Einstiegsleckerei bereits im Kinderwagen gewesen. Verwöhnte Jugendliche hatten dann vielleicht schon ihre Lieblingskekse aus dem Sortiment und pickten diese im Kampf mit den Geschwistern aus den gemischten Packungen. Kekse werden selten geteilt! Aber für geduldige Genießerinnen waren die kleinen Zähnchen an den Seiten der „Leibniz-Kekse“ ja auch einzeln abzuknabbern.



Bestimmte Kekse gehörten dann auch zu Back-Rezepten, die in Mode kamen. So wird zum Beispiel „Kalter Hund“ aus „Leibniz-Keksen“ (im Wechsel mit einer fetten Kakaokokoscreme geschichtet) zubereitet – selbstverständlich geht das auch mit jedem anderen flachen Butterkeks. Tiramisu-Rezepte mit Löffelbiskuits waren im Westdeutschland der 1960er bis 1980er Jahre allerdings kaum ohne „Bambini“ von Bahlsen denkbar. In der Rezept-Beilage zur Zeitschrift „Petra“ im Februar 1966 wurden beispielsweise auch (auf S. 23) die Zutaten für eine „Mokka-Cremespeise“ angegeben: „3 Eigelb, 100 g Zucker, 1 gestrichener Eßlöffel Stärkemehl, ½ l Milch, 4 Eßlöffel Kaba, 1 Eßlöffel Hag Schnellkaffee, 1 kleine Dose Ananas, 6 Blatt Gelatine, 3 Eiklar, ¼ l Schlagsahne, 1 ½ Pakete Bahlsen Bambini (Löffelbiskuits), etwas Rum.“
Die Nennung der Firmen- und Produktnamen war hierbei vollkommen selbstverständlich.
Für die kindlichen Kaufmannsläden gab es zur Markenbindung Miniaturdosen und
kleine Papppackungen, auch diese werden inzwischen als Sammlerstücke gesucht. Seit den frühen 1980er-Jahren sind es auch ‚Nostalgie-Dosen‘, die alte Werbemotive neu aufnehmen, oder Replika, die
Links von oben nach unten: 1964 kooperierte Bahlsen mit der Firma Kraft für die „Dip-Fibel“
Bahlsens „Club Kräck“ sollte 1964 mit einem „Philadelphia-Dip“ serviert werden
„Kleine Köstlichkeiten“ lassen sich mit diesem Rezeptbuch aus den 1960er-Jahren zubereiten
Oben links und rechts: Salziges Partygebäck wie „Club Kräck“ ergänzte 1966 das Süßgebäck
Was 1969 „Tip-Top“ hieß, war 1977 der „Hit“: ein Doppelkeks mit Schokofüllung
„Salzletten“ war 1968 beinahe ein Synonym für Salzstangen im Allgemeinen
Figuren), andere sind als Produkte vielleicht einfach heute bedauerlicherweise nicht mehr geschmacksgemäß. Der „Leibniz-Keks“ dagegen hat auf seine alten Tage in den 1980er-Jahren tatsächlich noch ein Sahnehäubchen bekommen: Der „Schoko-Leibniz“ wurde in der Produktpalette ergänzt und sofort zum Renner.
Sammelobjekte und Preise
Die am häufigsten gesuchten BahlsenObjekte sind sicher die Blechdosen. Schönheit und Erhaltungszustand bestimmen hier die Preise, überdies natürlich auch Alter und Seltenheit. Gut erhaltene Jugendstilobjekte können durchaus Preise von über 200 € erzielen, aber wer Glück hat, findet auf dem Flohmarkt schon auch
Bahlsen für seine Fans machen lässt, um dem Design der frühen Jahre Respekt zu zollen.
Viele der Keksnamen aus dem BahlsenSortiment sind allerdings auch komplett in Vergessenheit geraten. Dazu gehören mehrere, deren Namen oder Design mit Nationalstereotypen verknüpft ohnehin nicht mehr zeitgemäß wären (wie „Pangani“ oder die „Teekuchen“ mit asiatischen
Von oben nach unten: 1977 versuchte Bahlsen sich am Konzept der Probierpackungen
Die beiden Seiten eines Prospektes von 1956 zeigen heute sehr gesuchte Dosen
Mitte rechts: 1982 zeigt ein Bahlsen-Buch altes Porzellan der Firma (Rechlin, S. 35)
mal eine Fünfzigerjahre-Dose für keine zehn Euro.
Die günstigsten Sammelobjekte sind selbstverständlich die neuesten. Wie viele andere Firmen auch, hat Bahlsen in den 1990er-Jahren begonnen, der Packung „Leibniz Zoo“ Sammelfiguren – passenderweise Zootiere – beizugeben, die mit Hilfe von Beipackzetteln als Teil einer 12-teiligen Serie von 4 cm großen Plastikobjekten ausgewiesen wurden. Sie werden ähnlich begeistert, allerdings nicht ganz so professionell und hochpreisig gesammelt wie die Überraschungsei- oder die blauen Koala-Figuren. Bahlsen versuchte sich an vergleichbaren Sets, die Figuren auch einzeln in kleinen Packungen den Keksen beigelegt. 1995 gab es beispielsweise die Schimpansen-Familie „Shimpy“ (mit passenden Palmen als Diorama aufzustellen), und es folgten noch viele andere Sets, alle zwischen 5 und 25 € gehandelt, für gesuchte Einzelfiguren zur Komplettierung sollte niemand mehr als 2 € ausgeben müssen.
Anders verhält es sich mit den für Bahlsen hergestellten Porzellan- und Keramikwaren. 1913 wurde zum Beispiel in Meißen eine von Ludwig Vierthaler (1875-1967) entworfene Porzellandose „Mädchen auf Schildkröte“ für Bahlsen produziert, die derzeit so um 500 bis 1.000 € geschätzt
wird. Es gibt sie in mehreren Ausführungen, eine trägt eine grüne Bemalung. Gertrud Krauts blau-weiße, achteckige Keramikdose von 1914, die eine Brezel als Griff hat, wird als Replik schon nicht unter 30 € gehandelt (unbedingt darunter sehen!), eine originale kostet dann schon mal eher 100 bis 200 €. Die Keramikerin (1883-1980) arbeitete allerdings nicht fest für Bahlsen, sondern gewann mit der Dose einen von dem kunstbegeisterten Firmenchef ausgelobten Wettbewerb. Dieser Kunstbegeisterung verdanken wir bis heute so manchen Schatz auf dem Trödelmarkt!
Literatur
Im „Trödler“ 10/2014 hat Heidrun Th. Grigoleit (auf S. 14-21) bereits über eine Ausstellung in Berlin berichtet, die „Kunst und Keksdose“ hieß, sie verweist auf den Katalog dazu, den Tobias Hoffmann zum 125-jährigen Jubiläum des Hauses Bahlsen herausgegeben hat, die „Trödler“-Abbildungen sind diesem entnommen (Bröhan-Museum Berlin, 2014, 136 Seiten, 75 Farbabbildungen). Hier geht es vor allem um die Dosengestaltung, gezeigt werden Verpackungen von Julius Dietz, Heinrich Mittag, Mela Köhler, Ludwig Vierthaler, Emanuel Josef Margold, Martel Schwichtenberg und Eva Grossberg. Eine kulturgeschichtliche Schrift der besonderen Art bietet Karin Hartewig: „Der Stil des Hauses. Keks, Kunst und Kultur bei Bahlsen“ (Leipziger Universitätsverlag 2024, 32 €). Das Buch ist mit 505 Seiten im Großformat ebenso umfangreich wie spannend und enthält unzählige, vorzügliche Abbildungen aus dem Unternehmensarchiv. Es behandelt die Zeit von 1889 bis in die 1970er-Jahre.
Auch „Die Geschichte des Hauses Bahl-
sen“ von Hartmut Berghoff und Manfred Grieger (Wallstein Verlag 2024, 29 €), das mit nur 53 Abbildungen eher wirtschaftsund sozialgeschichtlich ausgerichtet ist, behandelt nur die Zeit von 1911 bis 1974, ergänzt aber das Hartewig’sche Werk ausgezeichnet.
Für die Zeit danach müssen dann die originalen Firmenschriften als Quellen dienen: Richtig süß gemacht ist beispielsweise die Geschichte, die Eva Rechlin erzählt: „Anita und die Backwerk-Detektive“ (Bahlsens Keksfabrik KG Hannover 1982). Die Helden und Heldinnen der Handlung tun sich an ein paar verregneten Urlaubstagen zusammen, um zu lernen, wie Backen eigentlich funktioniert, und um aus diesen Erkenntnissen dann ein Buch zu machen. Auf Seite 159 wird beispielsweise erklärt, dass es einst geschmiedete, mit kompli-
zierten Bildern gestaltete Waffeleisen gab, die von speziell ausgebildeten Waffelgraveuren hergestellt wurden: Schon deswegen macht es Spaß das Buch zu lesen. Die Frage nach der Herstellung der Bahlsen-
Gebäcke ist jedoch der Beginn der Geschichte: Die Gastgeberin erklärt (S. 19): „So etwas kauft man heutzutage fix und fertig, meine Herrschaften. Was da auf ihren Tischen steht, sind verschiedene Sorten von Bahlsen-Keks, wie es sie dauerhaft verpackt in den meisten Geschäften gibt. Damit habe ich die besten Erfahrungen. Unsereiner muß so etwas immer für Regentage wie heute auf Lager haben.“
Alle Abbildungen privat, Material aus dem Werbearchiv der Autorin
Von oben nach unten: 1982 versuchte Bahlsen sich im Jugendbuch-Sektor
Eine Werbepostkarte der 1990er-Jahre hatte eine ‚abgeknabberte’ Ecke
Eine Lebkuchendose von 2022 bekam das Muster einer runden Dose aus dem Jahr 1935