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WALTER THOMMEN, DER LETZTE GEMEINDEPOLIZIST IN

Silvaplana
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Am Dienstag, 1. Oktober 1985 trat der junge Walter Thommen, kurz vor seinem 28. Geburtstag, seine Stelle als Gemeindepolizist und Weibel der Gemeinde Silvaplana an. Am 31. Oktober 2022 wurde er nach 37 Amtsjahren als Gemeindepolizist, Weibel und «Mädchen für alles» pensioniert.
Hunde im Dorf, verwaltete die Bootsplätze, verkaufte Fischereipatente, beteiligte sich aktiv in diversen Kommissionen und Arbeitsgruppen, koordinierte sämtliche Anliegen der Verwaltung in der IT, verwaltete die Schliessanlagen aller gemeindeeigenen Liegenschaften und organisierte unzählige Nebenaufgaben. Froh war Walter Thommen jeweils, wenn er Gegenstände, die im Fundbüro abgegeben wurden, dem Verlierer wieder übergeben konnte. Der Finder freute sich über den Finderlohn. Oft auch wurden herrenlose Hunde abgegeben, die er dann den glücklichen Besitzer wieder übergeben konnte. Früher war Walter Thommen viele Jahre auch als Schiessplatzaufseher auf der Alp Güglia zuständig. Oft war damals das Militär im Dorf präsent. Als Sicherheitsdelegierter der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) und Bereichsleiter Arbeitssicherheit Verwaltung und Schule setzte er viele Massnahmen um.
Der gelernte Schreiner zog bereits im Frühling 1979 aus dem Baselland ins Engadin, wo er in der Schreinerei von Emil Barth in Surlej anfing. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern (Jahrgang 1981 und 1985) blieb dem Material Holz sein Leben lang treu. In seiner Freizeit schreinerte Walter Thommen auch nach dem Berufswechsel weiter. Viele kannten seine selber gemachten Laternen und Spielbretter. Eine weitere Passion von Walter Thommen war das Kochen – bei vielen Anlässen verwöhnte er die Gäste; legendär ist sein, auf dem offenen Feuer gekochtes Risotto. Viel Zeit widmeten er und seine Familie auch immer den Hunden, die ihn begleiteten.
Als Gemeindepolizist und Weibel bestand seine Aufgabe nicht nur aus dem Kontrollieren von Parkuhren, Aufstellen von Signalisationen, Koordinieren von Anlässen, Regeln von Verkehr, Zustellen von Betreibungsurkunden und Repräsentieren. Walter Thommen leitete das Wahlbüro der Gemeinde, läutete die Kirchenglocken bei speziellen Anlässen, führte Register über alle
Der Weibel Walter Thommen (Mitte) anlässlich der Standespräsidentenfeier im Jahre 1990 in Silvaplana mit Kreisweibel Walter Brunold (rechts)
Bis 2018 verbrachte Walter Thommen, vor allem an verkehrsstarken Samstagen, bei Wind und Wetter auch viele Stunden im Dorf, um den Verkehr beim Engpass Julierpassstrasse zu regeln. Der öffentliche Verkehr fuhr zudem viele Jahre mitten durch das Dorf. Der Bau der Umfahrungsstrasse und die neue Verkehrsführung des öffentlichen Verkehrs haben das Dorf stark beruhigt und die Arbeit der Gemeindepolizei in diesem Bereich vereinfacht.

Als Gemeindepolizist stand Walter Thommen auch bei vielen Anlässen im Einsatz. So bei allen Austragungen des Skimarathons, der früher über die Surlejstrasse führte.

Zu den Anlässen, die einmalig oder wiederkehrend durchgeführt wurden, gehören auch Ankunft sowie Start und Ziel einer Köningsetappe der Tour de Suisse, Inline-Marathon, Hundeschlittenrennen, Austragung des DonschtigJass, Langlaufcups, Spatenstichfest und Eröffnungsfeier der Julier-Umfahrung sowie diverse Dorffeste.
Diverse Veranstaltungen auf dem See im Bereich Surf, Segel und später auch Kite verlangten seine Anwesenheit. Er koordinierte aber auch die Rudernationalmannschaften, die über mehrere Jahre in Silvaplana trainierten.
Ungern erinnert sich Walter Thommen an die ersten Jahre als Gemeindepolizist, als er die Polizeistunde noch kontrollieren musste. Als Einheimischer kannte er die meisten «Höckler», die er dann nach Hause schicken musste.
Auch das Zustellen von betreibungsamtlichen Urkunden führte mitunter zu unangenhemen Begegnungen. Eine grosse Herausforderung war auch die Arbeit in der Lawinenkommission. Die Entscheide wurden oft nicht verstanden.
Wenn nach einer Schliessung von Winterwanderwegen und/oder Evakuation von gefährdeten Liegenschaften nichts passierte, wusste jeder zum Voraus, dass nichts passieren wird. Entstand aber einmal Schaden am Wald, wussten dieselben Leute auch schon zum Voraus, dass etwas passieren würde. Er erinnert sich an eine Geschichte, als die Liegenschaften bei der Corvatschbahn kurzfristig evakuiert wurden, um nach einem ergiebigen Schneefall kontrollierte Sprengungen zu organisieren. Die Evakuierten wurden in der bestehenden Tiefgarage in Sicherheit gebracht. Ohne sich Gedanken über die möglichen Gefahren zu machen, haben einige die Garage über einen anderen Zugang wieder verlassen, um der Sprengung zuzusehen. Walter Thommen ist froh, dass in den 37 Jahren keine grossen Schäden zu verzeichnen waren.
Rückblickend sagt Walter Thommen, dass er im Grossen und Ganzen fast die ganze Zeit, mit all seinen Nebenaufgaben, gerne Gemeindepolizist war. Heute, als Pensionär, lebt Walter Thommen mit seiner Frau im Unterland. Seinem Hobby, der Schreinerei ist er treu geblieben. Auch ein Hund begleitet ihn und seine Frau wieder durchs tägliche Leben.