Da neue Waidler - Ausgabe Dez 2013/Jan 2013

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FREYUNG

Resi Schandra - Einblicke in ihr Schreiben „Momentaufnahmen“, wie ist es zu diesem Titel gekommen? Es ist immer nur ein Moment oder eine Situation, in dem mir ein Vers oder ein Aphorismus einfällt. Geht das immer schnell etwas klar niederzuschreiben? Nicht immer. Manchmal muss ich darüber schlafen. Dann fange ich an zu feilen, um auf den Punkt zu kommen. Oft schrumpft dann ein Vierzeiler auf zwei Sätze. Es ist nicht das Thema zuerst da, es ist der Moment da, in dem es passt. Zum Beispiel der Satz „Was im Kopf schnell klar ist, begreift das Herz nur langsam“ ist mir nach dem Tod meines Mannes in der Trauerzeit eingefallen. Es sind Erlebnisse, die sich wie von selbst in Worte fügen. Oder wenn ich Menschen sehe und beobachte, dann passiert ein Gedicht oder ein Aphorismus. Resi Schandra bei einer Lesung - das ist nie Gelesenes, sondern freier Vortrag. Warum? Ich liebe es über alles mit dem Publikum zu kommunizieren, den Menschen in die Augen zu schauen und und mit ihnen in Zwiesprache zu gehen. Seit meiner plötzlichen Augenkrankheit, bei der ich einen Teil meines Sehvermögens verloren habe, ist das ein großer Vorteil und ich bin glücklich darüber. „Du wirst nicht größer, wenn Du den anderen klein machst“ ist ein wichtiger Satz in „Momentaufnahmen“. Wie ist er entstanden? Das ist mir ganz spontan eingefallen durch Beobachtung. Wenn z.B. Wahlen sind und einer über den anderen herfällt, ist mir das zuwider. Außerdem geben 5 Kinder und 9 Enkelkinder und 51 Jahre Ehe viele Gelegenheiten für Beobachtungen.„Die Liebe ist die Liebe. Wer sie anders definiert, diffamiert sie“ ist zum Beispiel ein Satz zum Thema Liebe. Das ist ein unerschöpfliches Thema. Darüber könnte ich endlos schreiben. „Als sie nicht mehr mit ihm schlafen wollte, wachte er auf “ - auch eine wichtige Erkenntnis? Ich bin ein romantischer Realist. Wenn man die vielen Scheidungen anschaut, kommen die Frauen und Männer oft erst darauf darüber nachzudenken, was sie falsch gemacht haben, wenn das Haus schon leer ist. „Momentaufnahmen“ ist das achte Buch und nach den Erzählungen das zweite in Hochdeutsch. Warum? Dialekt ist schwierig zu schreiben und noch schwieriger zu lesen. Jetzt im Alter mache ich nicht mehr soviele Lesungen, deshalb habe ich mich mit großer Leidenschaft dem Hochdeutschen gewidmet. Dialekt ist farbiger und lebendiger, wenn man ihn vorträgt. Hochdeutsch ist aber überall verständlich und grenzt die Leserinnen und Leser nicht regional ein.

New Orleans City Stompers 20

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