friedrich Zeitschrift für BerlinBrandenburg November 2012

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Mit 80 Potsdamern um die welt LEbensgefühl

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POTSDAMERN MIT MIT POTSDAMERN UM DIE DIE WELT WELT UM Kleine Fluchten aus dem Alltag oder die ganze Welt entdecken – An Jules Vernes Roman angelehnt, begleitet friedrich Potsdamer auf ihren Reisen um die Welt.

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Simon Hempel Hempel Simon in Nicaragua Nicaragua in

Simon Hempel ist in Potsdam und Wildenbruch aufgewachsen. Im vergangenen Jahr absolvierte er sein Abitur an der Potsdamer Voltaire-Schule. Bevor er vor ein paar Wochen nach Berlin gezogen ist, ging er für ein »Freiwilliges Soziales Jahr« (FJS) nach Nicaragua. Hier ist sein Erlebnisbericht:

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ein Name ist Simon, ich bin zwanzig Jahre alt und seit etwa zwei Monaten wieder in Deutschland. Davor war ich für zwölf Monate in Nicaragua. Nicaragua liegt in Zentralamerika, zwischen Costa Rica im Süden und Honduras im Norden. Dieses wunderschöne Land hat eine Gesamtfläche von rund 129 000 Quadratkilometern. Das entspricht ungefähr der Fläche der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern, nimmt man alle drei zusammen. Der Größe des Landes gegenüber steht die relativ geringe Anzahl von hier lebenden Menschen. Die Einwohnerzahl von rund 5,7 Millionen entspricht ungefähr der Thüringens. Die Bevölkerung besteht zu fast siebzig Prozent aus Mestizen, die sich selber als »Nicas« bezeichnen, rund zwanzig Prozent sind Weiße (meistens Spanier), etwa neun Prozent afri-

kanischer Herkunft und nur rund drei Prozent Indígenas. Neben Kreolisch und einigen Indiosprachen spricht die überwältigende Mehrheit Spanisch, das auch offizielle Amtssprache ist. Ich kam nach Nicaragua, um dort mein »Freiwilliges Soziales Jahr« (FSJ) zu absolvieren, unterstützt durch ›Weltwärts‹. Das ist ein Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das es seit 2007 gibt. Es wendet sich an junge Menschen im Alter zwischen achtzehn und 28 Jahren und fördert Auslandsaufenthalte, wobei kein Fachwissen in den Einsatzbereichen vorausgesetzt wird. Dass ich ausgewählt wurde, empfinde ich bis heute als großes Glück. Die Entscheidung, nach Nicaragua zu gehen, war die beste meines bisherigen Lebens. Nicaragua ist aus meiner Sicht ein Land, das man schnell als ein »typisches Land der Dritten Welt« bezeichnen würde. Bekanntermaßen ein problematischer Begriff, zumal die meisten sich gar keine oder falsche Vorstellungen darüber machen, was es heißt, arm zu sein. In Ländern wie Nicaragua geht es nicht darum, dass man keinen iPod hätte, kein Dach über dem Kopf oder sich jeden Tag

Sorgen darüber machen müsste, ob man genug zum Essen hat. Die meisten Menschen in Nicaragua haben alles Nötige zum Leben. Der Begriff »Dritte Welt« ist ein anachronistischer, der Menschen und Länder chauvinistisch in Kategorien einteilt – ein Erbe des Kolonialismus, der bis heute von vielen zu unreflektiert verwendet wird. Aber das würde jetzt zu weit führen ... Das Projekt, in dem ich mein FSJ verbrachte, hieß »Biblioteca Comunitaria La Casita del Árbol« (dt. »Gemeindebibliothek »Das Baumhäuschen««). Es basiert komplett auf Freiwilligendiensten. Kinder und Jugendli-


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