friedrich Zeitschrift für BerlinBrandenburg Oktober 2011

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Energiespaßtag

Tipps vom Kochprofi dorfes betrifft. Viele Bewohner, die zuvor einfach gar keine Meinung hatten, haben nun eine. Da klingelt es plötzlich abends an der Tür, und einer, den du höchstens vom Grüßen kennst, raunt: »Ick wollt’ nur ma sajen: Ick wohn’ zwar ooch uff der anderen Seite von der Pfuhle, wa – aber ick jehör nich zu denen. Nur damit dit ma klar is.« Das gab es zuhauf. Dennoch: Widerstand soll sich auch im Zusammenhang mit dem wiedereröffneten Dorfladen regen, dessen Angebot sich nach Ansicht der Kritiker an den Bedürfnissen der Dorfbevölkerung vorbei bewegt ... ... und nur selbstgemachten Bio-Nusslikör verkauft, ja, ja. Der Witz ist doch zunächst einmal, dass man all das uns in die Schuhe schiebt. Sicher, meine Frau hatte eine Idee zur Wiederbelebung, das stimmt. Doch was jetzt daraus entsteht, liegt nicht in unserer Hand. Die Frauen, die den Laden heute eigenverantwortlich führen und ihr Projekt verteidigen wie Löwinnen, allesamt Ureinwohnerinnen übrigens, die haben hier eine Aufgabe gefunden – und es läuft! Sogar gefeiert wird dort wieder. Und, im Ernst: Dass das Angebot nicht dasselbe ist wie bei ›REWE‹ oder ›Edeka‹ ist doch nur logisch und sinnvoll. Trotzdem ist es absoluter Quatsch, dass man dort bloß Delikatessen vom MoorHof und Nussschnaps bekäme. hand aufs herz: Empfinden Sie die beschriebene Zone nach wie vor als arschlochfrei? Natürlich nicht, aber die kann es ja auch gar nicht geben. Nirgends. Allein die Tatsache, definieren zu wollen, was arschlochfrei ist, wäre doch schon Arschlochverhalten. So etwas auszurufen, ist ein Widerspruch in sich. Als Utopie wäre sie allerdings ziemlich gut. Und es bringt einen definitiv dazu, das eigene Tun kritisch zu überprüfen. Wo sehen Sie die größten Berührungspunkte, wo die größten Differenzen zwischen der Landbevölkerung der Schweiz einerseits und jener Brandenburgs andererseits? Jede Landbevölkerung eint zunächst etwas, das man so gar nicht vermuten würde: ein hohes Maß an Toleranz. Man kann sich auf

dem Dorf schlicht nicht aussuchen, mit wem man täglichen Umgang pflegt, also muss man sich irgendwie arrangieren. Sicher: Zunächst ist da vor allem Misstrauen. Aber auch der, mit dem ich nicht so kann, soll schnaufen können. Vermutlich liegt der große Unterschied in der legendären Direktheit des Brandenburgers, die viele als Unfreundlichkeit empfinden. Wo der Brandenburger bellt »Das finde ich richtig Scheiße!«, sagt der Schweizer: »Ja, das isch doch interessant, oder?« (lacht) Da musst du ständig um die Ecke denken. Wie also geht es in Zukunft konkret weiter mit dem Modelldorf hirschfelde, das in Teilen so recht keines sein will? Da kann ich nur für unseren Bauernhof sprechen, und da geht es stetig, aber langsam voran – Schrittchen für Schrittchen. Momentan träumen wir von einer speziellen Schlitzdrille, die wir für zwei, drei unserer sanierungsbedürftigen Böden unbedingt bräuchten. Leider sind die Dinger so teuer wie ein Mittelklasse-Auto, also bleibt es vorläufig beim Träumen. (lacht) Wir benötigen mehr Kohle, um unseren noch immer löchrigen Maschinenpark auszubauen. Und das alles nur, damit die Viecher frisches Heu zu fressen haben. Abseits des sozialen Miteinanders: Fallen Ihnen Dinge ein, die Sie am Land- und Bauerndasein generell nerven? (denkt nach) Komischerweise überhaupt nicht. Klar ist nicht jede Tätigkeit auf dem Hof angenehm, aber erst alles zusammen ergibt das Ganze. Ich weiß eigentlich immer, wofür ich das alles mache. Das ist die Hauptsache. [interview: patrick Großmann] Dieter Moor liest aus ›Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Geschichten aus der arschlochfreien Zone‹ 17. Oktober, 20 Uhr, ›Nikolaisaal‹

8. Oktober 11 - 16 Uhr WilhelmGalerie • E-Spartipps vom Live-Koch • Experimente rund um Energie • Stromkreis zum Selberbauen • E-Auto, E-Bikes und Segway zum Testen • Energieberatung vom Experten • Thermografieaktion

›Bauer sucht Frau mit Trecker – Foto des Treckers bitte an chiffre BZ 627 620. Neue Geschichten aus der arschlochfreien Zone‹ erscheint am 1. Juli 2012.

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