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NEWSL E TTE R November 2018
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© FFL/ T. Winn
ZUGANG ZUR GESUNDHEITSVERSORGUNG
Fondation Follereau
151, Av. du Dix Septembre L-2551 Luxembourg Tel: 44 66 06 1 | E-mail: info@ffl.lu
www.ffl.lu
Die Aktivitäten der Stiftung in Afrika
2 Interventionsachsen 36 Projekte 9 Länder
MALI BURKINA FASO GUINEA ELFENBEINSKÜSTE
MADAGASKAR
TOGO BENIN ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO
HEALTH IS WEALTH 22 Projekte 80.2% des globalen Budgets mehr als 300 000 BEGÜNSTIGTE
LET KIDS BE KIDS 14 Projekte
19.8% des globalent Budgets
mehr als 23 000 BEGÜNSTIGTE
INHALTSVERZEICHNIS UNTERSTÜTZEN SIE UNSERE PROJEKTE MIT HILFE EINER SPENDE Ihre Spende ist steuerlich absetzbar.
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2 > Die Stiftung 3 > Zugang zur Gesundheitsfürsorge für alle 4 >Allgemeine Gesundheitsversorgung auf kommunaler Ebene 6 > Erlebnisberichte von Freiwilligendienstlern 8 > Frauen und Kinder zuerst 10 > Erfahrungsbericht von Jean Hilger 11 > Interview mit Fatou Sow Sarr 12 > Nachruf an Jos Hilger
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© LG Magazine
Editorial
Im Großherzogtum Luxemburg ist eine Geburt von unermesslichem Glück geprägt. Wenn eine Person aus Ihrem Umfeld die Ankunft eines Neugeborenen ankündigt, überwiegen zunächst große Freude, Emotionen und Hoffnung für die Zukunft. Dieses Glück erfreut Sie umso mehr, wenn es dabei um Ihre eigene Schwangerschaft geht. Allerdings kann dies auch zu Zweifel, Unsicherheit und manchmal sogar zu Angst führen, da Sie sich dem Job nicht gewachsen fühlen oder denken, es sich nicht leisten zu können. Manchmal können sogar Ängste aufkommen, dieses Kind bzw. das eigene Leben bei der Geburt zu verlieren.
In Mali sieht Realität deutlich anders aus. Auf 100.000 Lebendgeburten sterben 587 Frauen während der Schwangerschaft oder nach der Entbindung. Aufgrund der extremen Entfernungen zum nächsten Gesundheitszentrum im ländlichen Raum, gibt es keine Möglichkeit für pränatale Untersuchungen, was das Risiko der Müttersterblichkeit zusätzlich erhöht. In Luxemburg besteht dieses Risiko ebenfalls, allerdings nur bedingt. Alle Frauen bzw. alle Familien der Welt sollten jedoch die Gelegenheit haben, dieses einzigartige Glück zu genießen, ohne einem solchen erhöhten Risiko ausgesetzt zu sein. Aus diesem Grund ist der Gesundheitsbereich einer unserer wichtigsten Interventionsbereiche vor Ort. Wir legen großen Wert auf die geographische Nähe von Gesundheitsdiensten sowie auf dessen Zugang. So stellen wir sicher, dass die Bevölkerungszielgruppen, welche hauptsächlich in ländlichen Gebieten leben, der Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung sowie zu weiteren qualitativ hochwertigen medizinischen Dienstleistungen ermöglicht wird.
Im Jahr 2019 verpflichtete sich die Stiftung beim Bau von zwölf Gesundheitszentren mit jeweils einer Entbindungsstation in Benin, Burkina Faso, Mali und Togo zu helfen. Sie werden vor allem in ländlichen Gebieten gebaut, da es hier keine gute Gesundheitsfürsorge gibt. Das mutigste Bauvorhaben ist sicherlich der Bau einer Frauenklinik auf Stelzen in Lokpodji in Benin. Auf dem Nokoué-See führt eine Bevölkerung von etwa 10.000 Menschen ein Leben als Seenomaden. Dank Ihrer unentbehrlichen Unterstützung wird im ersten Halbjahr 2019 eine erste Entbindungsstation fertiggestellt werden. Das Recht auf ein gesundes Leben für Frauen und Kinder steht natürlich im Mittelpunkt unserer Projektarbeit. Gute Gesundheitsfürsorge, gepaart mit einem gerechten Zugang zu Bildung und entsprechenden Sensibilisierungskampagnen, stärken zweifelsohne diejenigen, die ausgeschlossen oder marginalisiert gewesen sind, um ihr eigenes Schicksal (wieder) bestimmen zu können und so vollwertige Mitglieder ihrer Gemeinden zu werden. Mit Hilfe solcher Projekte sehen hunderttausende von Frauen, Männern und Kindern eine Verbesserung ihres Lebens bzw. ihrer Überlebenschancen. Die Stiftung setzt sich täglich dafür ein, dass ihr Schicksal, das dem unserem sehr ähnlich aber dennoch so verschieden ist, sich entfalten kann. Ein großer Dank geht an unsere vielen Spender der Fondation Follereau Luxembourg. Sie können stolz auf Ihre Beiträge und deren Ergebnisse sowie unsere Zusammenarbeit sein. Ohne Ihren Beitrag wären all diese Erfolge, all diese glücklichen Umstände nicht möglich. Vielen Dank.
Jean Hilger Vorstandsvorsitzender
TEAM Conny Reichling, Aurélie Costantini, Nathalie Davila, Clémentine Gloire, Naristé Grün, Mohamed Mounir, Monique Schmit, David Thommes. VERWALTUNGSRAT Jean Hilger (Präsident), Julio Nerin (Vizepräsident), Brigitte Bontemps-Loschetter, Georges Keipes, Anne Majerus, Boubacar Niang, Jean-Luc Pauly, Dr. Jean Smit, Jos Hilger †. ERWEITETER VORSTAND Marie-Thérèse Ney.
*Quelle : CIA World Factbook (2015) -3-
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“HEALTH IS WEALTH”
Der Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten im ländlichen Raum in West- und Zentralafrika
« Frauen sterben nicht wegen Krankheiten, die wir nicht heilen können. Sie sterben weil die Gesellschaft noch nicht beschlossen hat, dass es wert ist ihre Leben zu retten. » Mahmoud F. Fathalla, Gynäkologe
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enn wir krank sind, gehen wir zum Arzt. Generell dauert so eine Konsultation etwa eine Stunde, wenn man die Zeit im Wartezimmer mit einrechnet. Wir haben die Wahl, die Rechnung sofort oder erst später zu begleichen und die Kosten werden von der Krankenkasse zurückerstattet. In Luxemburg ist diese Vorgehensweise für die meisten Einwohner selbstverständlich. In anderen Ländern, insbesondere in Westafrika, ist das nicht der Fall. Noch weniger, wenn man die großen Städte verlässt und sich in isolierte ländliche Regionen begibt. Seit mehreren Jahren setzt sich die Fondation Follereau für einen verbesserten Zugang der ländlichen Bevölkerung zu sanitären Einrichtungen und grundlegenden Gesundheitsdiensten ein. So wurde in Zusammenarbeit mit unserem lokalen Partner AATFFL in Doglobo in Togo ein Pflegezentrum gebaut und eingerichtet. In diesen Gesundheitszentren arbeiten medizinische Fachkräfte aus der Region – dies stärkt die örtliche Gemeinschaft und fördert langfristig die Nachhaltigkeit des Projekts. -4-
« Dieses Projekt [die Krankenstation in Doglobo] hat einen hohen Nutzen für uns. Ich habe dort mein fünftes Kind zur Welt gebracht. Vorher mussten wir für eine ärztliche Untersuchung oder eine Geburt mehr als 5 km laufen. Dank des neuen Zentrums in Doglobo ist es heute viel einfacher, zur Schwangerschaftsvorsorge und zur postnatalen Beratung zu gehen. » Adjo Ahadjro, 30 Jahren, Bäuerin aus Doglobo
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Weltweit stirbt alle 2 Minuten ein Kind unter 5 Jahren an den Folgen von Malaria. Quelle : Weltgesundheitsorganisation
KONKRET 1. Einbeziehung der Gemeinden in die Verwaltung ihrer eigenen Gesundheit und Sicherstellung des Zugangs zu Hygieneeinrichtungen mit Hilfe entsprechender Mittel • Bau von Gesundheitszentren • Ausbildung von Gesundheitspersonal • Bereitstellung von Krankenwagen • Initiieren von einkommenschaffenden Maßnahmen
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2. Förderung weiterer Gesundheitsfaktoren • Verbesserung des Zugangs von sauberem Trinkwasser • Förderung der allgemeinen öffentlichen Gesundheit mit Hilfe zahlreicher Informations- und Sensibilisierungsprogramme für die Bevölkerung (sehr wichtig für die Akzeptanz der Gesundheitszentren)
In der Zentralafrikanischen Republik wurden „Gesundheitstickets“ gegen einen symbolischen finanziellen Beitrag an die Aka und Bantou Stämme der Region verteilt. So sollen die Einwohner dazu animiert werden, die Gesundheitszentren zu besuchen. Auch benachteiligten Menschen, die bisher von den Gesundheitsdiensten ausgeschlossen waren, ermöglicht dieses System den Zugang zu diesen Strukturen, ohne dass diese an Einkommen einbüßen.
verstärkt in ihren Programmen die MutterKind-Gesundheit.
Die Fondation unterstützt heute mehr als 20 Projekte im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf Gemeinschaftsebene. Durch diese Gesundheitsstrukturen, wie zum Beispiel das Pflegezentrum in Doglobo, wird der ausgeschlossenen Bevölkerungen der Zugang zu den Gesundheitsdiensten geöffnet, die Entfernungen, die Kranke und Schwangere zu Fuß zurücklegen müssen, werden reduziert, die Vorsorgeuntersuchungen und postnatalen Behandlungen, die Erkennung von Krankheiten, sowie die Betreuung von Risikopatienten können sichergestellt werden. Das qualifizierte medizinische Personal in den Zentren stammt größtenteils aus der lokalen Gemeinschaft. Die Strukturen versorgen die Patienten während ihres Aufenthalts ebenfalls mit Nahrung und ermöglichen länger hospitalisierten Kindern im Benin ihre Schulbildung fortzuführen. Seit einigen Jahren fördert die Fondation Follereau
Die Gesundheit von Mutter und Kind findet sich systematisch im Mittelpunkt unserer Programme im Mali, Togo, Burkina Faso und Benin. Die Patientinnen werden über den gesamten Verlauf ihrer Schwangerschaft betreut, um so eventuelle Gefahren zu verringern und Risikoschwangerschaften rechtzeitig zu erkennen. In afrikanischen Ländern stirbt 1 von 39 Frauen an Komplikationen (Quelle : UNFPA), die mit ihrer Schwangerschaft zusammen hängen (in den nördlichen Ländern ist es 1 von 4700 Frauen). Diese Todesfälle könnten durch eine regelmäßige Betreuung vermieden werden. Säuglinge und Kleinkinder werden in ihren ersten Lebensjahren regelmäßig betreut, um die Kindersterblichkeit zu reduzieren. Noch viel zu oft sind heilbare Krankheiten, eine mangelnde Hygiene und/oder Unterernährung Schuld an der hohen Kindersterblichkeit. Wegen mangelnder Informationen leiden immer noch viel zu viele afrikanische Familien unter dieser Tragödie. Die Fondation Follereau und ihre lokalen Partner setzen daher vermehrt auf Informationskampagnen und Sensibilisierungsaktivitäten zu Themen wie Gesundheit, Impfungen, Basishygiene, sowie die Grundlagen der Ernährung für Mütter und ihre Kinder.
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EINDRÜCKE
MANCHE BEGEGNUNGEN VERÄNDERN EIN LEBEN «
Hallo, mein Name ist Anne-Sophie Pieger. Ich bin seit April nach einem sechs-monatigem Volontariat im Benin wieder zu Hause. Die Fondation Follereau setzt im Benin eine Vielfalt an Projekten um und bietet interessierten jungen Menschen die Möglichkeit sich in einem dieser Projekte in Form eines Volontariates einzubinden. In Allada hat die Stiftung einerseits ein soziales Zentrum, welches Kinder aufnimmt die eine Behinderung haben oder die aus sozialschwächeren Gegenden kommen und andererseits ein Krankenhaus, welches auf Buruli Ulkus, eine schlimme Tropenkrankheit, spezialisiert ist. Dieses Krankenhaus ist das “Centre de dépistage et de traitement de l’Ulcère de Buruli”(CDTUB). Die Freiwilligen haben im Benin die Möglichkeit sich in diesen beiden Projekten einzusetzen und somit auch die Arbeit mit Kindern und im medizinischen Bereich besser kennenzulernen. Während meines Freiwilligendienstes habe ich viele hilfsbereite Menschen kennengelernt, die mich jeder auf ihre Weise berührt haben und wo schöne Freundschaften entstanden sind. Folgend möchte ich euch drei dieser Menschen vorstellen, auch um zu zeigen dass man niemanden unterschätzen sollte und dass erste Eindrücke meist von Vorurteilen verfälscht werden und daher meistens falsch sind.
HONORINE Als Erstes möchte ich euch von einem kleinen Mädchen
erzählen, das ich im Krankenhaus kennengelernt habe und das an Buruli Ulkus leidet. Diese Krankheit zeigt sich bei Honorine durch eine große Wunde an seinem ganzen Arm. Das kleine Mädchen ist hübsch und 8 Jahre alt und lebt jetzt seit fast einem Jahr im Zentrum. Honorine leidet an Muskelschwund am Ellbogen durch den Buruli Ulkus. Als Waisenkind wird das Mädchen von einer Lehrerin begleitet und kann momentan nicht zur Schule gehen, da es die Dauer der Behandlung im Zentrum bleiben muss. Doch auch wenn die Situation schwierig ist, Honorine verliert nicht seinen Mut. Das Mädchen macht die verlangten Reha-Übungen und Physiotherapie und achtet darauf dass der Verband um die Wunde immer schön sauber bleibten.
Heilung glaubten. Und doch, Romain konnte geheilt werden. Auch wenn sein Körper noch gekennzeichnet ist von der Krankheit, ist der Junge in guter gesundheitlicher Verfassung und kann ein normales Leben führen. Seit ich mehr Zeit mit ihm verbringen konnte, habe ich ihn als einen aufgeweckten, lieben und sportlichen Jungen kennengelernt. Romain ist auch fast immer Klassenbester. Er lernt gewissenhaft damit er einmal selbst über seine Zukunft bestimmen kann. Romain hat mir wieder einmal gezeigt dass es nicht die Erscheinung sondern die Persönlichkeit ist die einen Menschen ausmachen.
Honorine ist ein fröhliches Kind und sprudelt nur so vor Energie, die es jeden Tag mit mir geteilt hat. Sie ist sehr stark und mutig und darüber hinaus ist Honorine sehr intelligent und hilfsbereit. Sie kennt die Prozeduren in der Klinik gut und hilft manchmal im Alltag mit. Honorine hat mir gezeigt dass man viel von den Kindern lernen kann und man glücklich sein kann auch wenn die Lebensbedingungen es einem manchmal anders aufzwingen.
ROMAIN Die zweite Person, die ich euch vorstellen möchte ist Romain. Er ist 14 Jahre alt und lebt gegenüber vom CDTUB. Auf den ersten Blick und ohne sich näher mit ihm zu beschäftigen, könnte man meinen, Romain würde ein eher trauriges Dasein fristen. Romain hat nur noch einen Arm. Er musste im Alter von 10 Jahren amputiert werden, weil der Buruli Ulkus schon zu weit fortgeschritten und der Arm somit nicht mehr zu retten war. Sein ganzer Körper ist mit Narben übersät, die auch durch die Krankheit verursacht wurden. Romain trägt nicht immer neue Kleider, weil er nicht die Möglichkeit hat sich neue Sachen zu leisten. Seine Familie hat ihn im Stich gelassen, weil sie nicht mehr an -6-
Diese zwei Kinder haben mich sehr positif berührt während meines Volontariates. Es gab aber auch “Maman Jeannette”, die mich zum Nachdenken und Umdenken gebracht hat.
MAMAN JEANNETTE Maman Jeannette lebt gegenüber vom CDTUB, da sie eines ihrer Kinder im Zentrum versorgen lassen musste. Ich habe mein sechs monatiges Volontariat mit Maman Jeannette und ihren Kindern verbracht, und somit wurde ich jeden Tag ein Stückchen mehr ein Teil dieser einzigartigen Familie. Und doch,
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am Anfang hatte ich ein ganz falsche Bild von Maman Jeannette. Sie kommt aus ärmsten Verhältnissen und spricht kein Französisch, was wahrscheinlich bedeutet dass sie nicht zur Schule gehen konnte oder zumindest früh aufhören musste. Sie arbeitet heute als Obstverkäuferin indem sie unter dem großen Baum beim CDTUB Ananas und Orangen verkauft. Da sie kein Französich spricht, konnte ich mich nicht mit ihr verständingen und ich habe mir so schnell ein Bild ausgemalt was eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen darstellt, die nichts großartiges im Leben erreicht hat. Erst durch andere Leute, die Maman Jeannette kennen, wurde ich etwas besseren belehrt. Maman Jeannette lebt seit vielen Jahren gegenüber vom CDTUB, sie kümmert sich um die Lagerung und die Verteilung der Nahrung für die Patienten des CDTUB. Des weiteren beherbergt sie die Waisenkinder die im CDTUB als Patienten sind. So zum Beispiel auch Romain oder auch ein Säugling, dessen Mutter bei der Geburt gestorben ist. Maman Jeannette hat sich mehrere Monate um das Baby gekümmert bis es von einem Waisenhaus aufgenommen werden konnte. Darüber hinaus kümmert sich Maman Jeannette um ihre eigenen Kinder, ermöglicht ihnen warme Mahlzeiten und Ausflüge mit der Schule, die sehr teuer sind.
Maman Jeannette hat mir gezeigt, dass auch wenn man vielleicht nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, man trotzdem mit dem nötigen Herzblut etwas Großes zustande bringen kann. Ich kann also sagen dass ich während meines Freiwilligendienstes sehr viel dazu gelernt habe. Ich bin nach Allada gegangen mit der Optik etwas von mir zu geben und zurückgekommen mit der Erkenntnis wieviel ich von anderen gelernt habe. Diese Menschen haben viel zu meiner persönlichen Entwicklung beigetragen und meine Sichtweise verändert. Welche? Meine Sicht auf Vorurteile und falsche Kritik, über Engagement und ganz einfach auch über uns als Menschen.
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FRAUEN UND KINDER ZUERST Im Benin
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as Land Benin, mit seinen ungefähr 11 MILLIONEN Einwohnern, ist von Togo, Nigeria, Niger und Burkina Faso umgeben und besitzt nur einen engen Zugang zum atlantischen Ozean. Die Gesundheitsversorgung von Müttern und Kindern vor Ort stimmt mit der des afrikanischen Kontinents überein: Sie ist auf einem sehr niedrigem, jedoch verbesserungswürdigem Niveau, wobei jedoch die nötigen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auch wenn die politische Situation in der Region instabil ist, versucht die beninische Gesellschaft sich weiterzuentwickeln. Daher ist es wichtig der schutzbedürftigen Bevölkerung und vor allem den zukünftigen Generationen, die Mittel bereitzustellen um ihre Lebensqualität und ihr Bildungsniveau zu verbessern, um so ihre Chancen im Kampf gegen externe Bedrohungen und Spannungen zu verstärken.
2002
Seit 2002 ist die Fondation Follereau mit ihrem lokalen Partner im Benin vertreten und dies hauptsächlich in der Atlantikregion. Trotz guter Resultate in dieser Region, gibt es weiterhin einen großen Bedarf den Lebensstandard zu verbessern. Deshalb hat die Fondation beschlossen ihre Aktivitäten vor Ort auszubauen und das Einzugsgebiet zu erweitern und so die Anzahl an direkten Nutznießer zu erhöhen. So wird das Programm zur Förderung der Gesundheit von Müttern und Kindern in der Region Allada-Zè-Toffo (PRODUSAFCOM) in den Jahren 2019 und 2020 auf die Region Abomey-Calavi/So-Ava ausgedehnt. Das Projekt umfasst mehrere Bereiche, die vor allem die Gesundheit von Mutter und Kind betreffen. So werden in den Jahren 2019 und 2020 DREI NEUE GESUNDHEITSZENTREN gebaut und ausgestattet, um die Distanz, die die Bevölkerung für grundlegende Gesundheitsdienste zurücklegen muss, zu verringern. Um den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu gewährleisten, werden Brunnen saniert. Durch diese Strukturen und mit Hilfe der lokalen Gemeinschaften kämpft die Stiftung gegen Unterernährung bei Kindern: bisher sind schon 850 KINDER betreut worden. Die Ausdehnung des Programms auf die neuen Regionen ermöglicht es, dieses Problem besser zu erkennen und es somit zu reduzieren. Mütter und Betreuerinnen werden über Geburtshilfe aufgeklärt. Regelmäßig werden große HIV/Aids-Sensibilisierungsund Früherkennungskampagnen organisiert: so sind bisher 2000 betroffene Menschen aufgespürt und betreut worden. In Zusammenarbeit mit dem Beniner Gesundheitsministerium unterstützt das Programm Impfkampagnen, welche zum Erreichen der nationalen Impfquoten beitragen. Unterstützen Sie das PRODUSAFCOM Benin mit einer Spende!
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MISSION
UNTERWEGS Im Togo und Benin
Der Präsident der Fondation Follereau Luxembourg, Jean HILGER, war vom 20. bis 28. Oktober auf Projektvisite im Togo und Benin. In Begleitung von Herrn Boubacar NIANG, dem Vertreter der Stiftung in Westafrika, konnte er die Auswirkungen der verschiedenen vorfinanzierten Projekte der Stiftung untersuchen. Ziel dieser Reise war es, Partnerorganisationen der Stiftung zu treffen und einige Projekte zu besuchen, u. a. regionale Gesundheitszentren, Zentren zur Bekämpfung von Lepra und Buruli-Ulkus, Berufsbildungszentren und Frauenkliniken im ländlichen Raum. Diese Monitoringmissionen sind sehr wichtig, um nicht nur den reibungslosen Ablauf der Aktivitäten zu gewährleisten, sondern auch um gemeinsam mit unseren Partnern Verbesserungspotenziale auszuschöpfen, um eine bessere Zukunft für alle Begünstigten zu gewährleisten. Blickpunkt auf zwei dieser Projekte: Förderung der Familiengesundheitsfürsorge sowie der kommunalen Gesundheitsversorgung in Togo In ländlichen Gebieten haben 46% der Bevölkerung keinen Zugang zu hygienischen Versorgungseinrichtungen. Basierend auf dem Identifizierungsprozess unseres lokalen Partners, der AAT-FFL, hat sich die Stiftung verpflichtet, zwischen 2015 und 2018 drei Gesundheitszentren zu errichten. So konnte Jean HILGER das neue regionale Gesundheitszentrum von Zionou besuchen. Seit der Eröffnung im April wurden mehr als 40 Geburten und 150 Konsultationen abgeschlossen. Gemäß den WHO-Gesundheitsstandards muss jeder Ort, der mehr als 5 km vom nächsten Gesundheitszentrum entfernt ist und eine Bevölkerung von mindestens 5.000 Einwohnern hat, über eine Gesundheitsstruktur verfügen. Dennoch haben viele Menschen keinen Zugang zu entsprechenden Versorgungseinrichtungen. Weiter rechts finden Sie das Beispiel eines für junge Mütter unerlässliches Neugeborenen-Sets (siehe Foto rechts), das in den regionalen Zentren bereitgestellt wird. Gesundheitsförderung von Müttern und Kindern in der Region Allada-Zè-Toffo in Benin Nachdem die Delegation unter der Leitung von Herrn HILGER die Grenze zwischen Togo und Benin passiert hatte, konnte sie zusammen mit den lokalen Behörden von So-Ava und Lokpodji (siehe Dorf oben) den Bau der Entbindungsstation von Lokpodji besuchen. Diese Frauenklinik stellt eine architektonische und medizinische Herausforderung dar, weil sie auf Stelzen gebaut wird. Ihre Fertigstellung in der ersten Hälfte des Jahres 2019 gewährleistet den sicheren Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Versorgung für die Mehrheit der Menschen. - 10 -
« 98 Stelzen werden die Plattform der Frauenklinik von Lokpodji (Benin) tragen. Etwa 10.000 Seenomaden, also Menschen die auf einem riesigen See leben, werden im ersten Halbjahr 2019 Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Niemand hat es gewagt. Wir haben es gemacht. Vielen Dank euch allen! » Jean Hilger
INTERVIEW „ES BRAUCHT EIN IDEAL UM DIE GESELLSCHAFT VORAN ZU BRINGEN, ABER ES BRAUCHT DIE WISSENSCHAFT UM DIE WELT ZU ÄNDERN“ FATOU SOW SARR Fatou Sow Sarr ist Forscherin an der Cheikh Anta Diop Universität von Dakar, Sozial-Anthropologin und Leiterin des von ihr 2004 gegründeten Gender and Scientific Research Laboratory.
Im Mai 2018 organisierten wir mit ihr eine Konferenz „Intersections“ über die Rolle afrikanischer Frauen in der Bekämpfung von Frauenrechtsverletzungen. Die Gelegenheit, mit ihr etwas mehr über dieses Thema zu diskutieren.
vielleicht noch weiter gehen müssen als die Frage der prinzipiellen Gleichstellung, die eine Gleichstellung der Lebensbedingungen ist, aber nicht eine reelle Gleichstellung. Hatte Ihr Umfeld Vorbehalte gegenüber Ihrer Karriereentscheidung oder Ihres Engagements?
FFL: Sind die feministischen Kämpfe, die in Afrika ausgetragen werden, ähnlich oder vergleichbar mit denen in Europa?
Die Leute, die mein Leben direkt beeinflussen, wie meine Eltern, mein Mann oder mein Bruder, haben mich unterstützt. Der Rest meines Umfeldes war nicht einverstanden, sie fanden das befremdens. „Wie kann es sein, dass diese Frau einfach geht und ihren Mann zurücklässt?“ Natürlich fanden die Leute auch dass mein Mann nicht normal sei, weil er so etwas akzeptierte.
Fatou Sow Sarr: Es handelt sich um den gleichen Kampf, ob im Norden oder im Süden, in den Städten oder auf dem Land. Es geht immer um die Stellung der Frau, egal wo es sich abspielt. Im Senegal wurde oft gesagt, dass der Kampf für die Gleichstellung eine Sache der Intellektuellen ist. Wir antworten darauf, dass das System dafür sorgt, dass die Abgeordneten in der Nationalversammlung ihr Dorf vor Ort repräsentieren. Es wird also Frauen in der Nationalversammlung geben, die nicht zur Schule gegangen sind. Ob sie Premierministerin oder Arbeiterin sind, sie unterstehen alle dem selben Gesetz.
Hat sich die Gesellschaft mittlerweile weiterentwickelt?
Man muss die vielen unterschiedlichen Lebensbedingungen der Frauen von ihrem Status trennen. Die Stellung der Frau in der Gesellschaft ist immer untergeordnet, ob im Norden, im Süden oder anderswo. Das ist für alle Frauen gleich. Im Inneren eines Landes ist der Status der Frauen gleich, egal ob sie unterschiedlichen sozialen Klassen angehören oder nicht. Die Situation wird natürlich noch verstärkt, wenn man einer ärmeren Schicht angehört. Wer nicht arm ist, ist sich nicht unbedingt des Ausmaßes der Diskriminierungen und der Entbehrungen von Existenzgrundlagen, bewusst. Sprechen wir von Beschäftigung. Wir sehen, dass man für gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn bekommt, dass derselbe Abschluss nicht dasselbe Einkommen mit sich bringt. Die Ausprägung kann je nach Kontext unterschiedlich sein, aber die Hintergründe sind dieselben. Wofür engagiert sich die internationale Entwicklungshilfe? Das ist eine der Fragen, die gestellt werden muss. Sie engagiert sich für Gesundheit und Bildung, aber wird sie sich auf die eigentliche Problematik konzentrieren: die Frage der Genderbeziehungen, die politische Dimension? Die Entwicklungshilfe gibt sich mit zu wenig zufrieden. Daher sind die Begegnungen zwischen Norden und Süden wichtig, denn Frauenbewegungen können die Öffentlichkeit beeinflussen. Obwohl sie
Momentan frage ich mich, ob wir uns nicht in einer Regression befinden. Meine Studentinnen sagen mir, dass sie die Polygamie unterstützen. Ihre Argumentation beruht auf einer Wahrscheinlichkeitsanalyse von polygamen Ehen und der Existenz von zweiten, dritten oder vierten Ehefrauen. Statistische Daten zeigen, dass es eine 50%-ige Chance gibt, dass ein Mann eine zweite Ehefrau nimmt, aber nur eine sehr geringe Chance, dass er auch eine dritte oder vierte Frau heiratet. Für die Frauen scheint es am günstigsten zu sein, die zweite Ehefrau eines Mannes zu werden, denn Beobachtungen zeigen, dass die erste Frau oft vernachlässigt wird während die zweite Frau sehr verwöhnt wird. Wenn ich mit jungen Frauen diskutiere, begründen sie ihre Entscheidung oft mit ihrer Überlebensangst und ihrer materiellen Unsicherheit. In dem Artikel im Le Monde erkläre ich, dass die Männer ihrer Generation keinen Job haben, weil es keine gibt. Diese Mädchen sehnen sich jedoch nach Sicherheit, und diese Sicherheit finden sie nur in der älteren Generation, die oft schon verheiratet ist. Die wirtschaftlichen Bedingungen, die Krise, die Arbeitslosigkeit… stellen das politische Ideal in Frage. Es ist ein Luxus idealistisch zu sein. Wer es sich leisten kann idealistisch zu sein, hat andere, dringendere Probleme für sich gelöst. Wer täglich mit den Schwierigkeiten des Lebens konfrontiert ist, sucht vor allem nach Überlebensmöglichkeiten. Ich möchte kein Werteurteil darüber fällen, ich versuche vor allem zu verstehen was die Rationalisierung dahinter ist, und sie erklären es mir. Aus Angst alleine zu bleiben, leben sie lieber mit einem polygamen Mann zusammen.
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NACHRUF
HERRN JOS HILGER (1931-2018)
H
err Jos Hilger, Ehrendirektor der Lalux-Gruppe, Ehrenvorsitzender der Kirchenfabrik der Kathedrale Notre-Dame, Gründungsmitglied von Hëllef Doheem und Ehrenpräsident der Fondation Follereau, ist am 3. August 2018 im Alter von 86 Jahren verstorben.
Buruli-Ulkus) betroffenen Menschen, ganz im Sinne seines Vorbilds Raoul Follereau. Als aufmerksamer Ehegatte und liebender Vater und Großvater lagen ihm die Lebensbedingungen von benachteiligten Frauen und Kindern besonders am Herzen.
Im Jahr 1966 schließt sich Jos Hilger seinem Freund und Mentor Raoul Follereau (1903 – 1977) an und tritt der Fondation Follereau Luxemburg in den ersten Stunden ihrer Gründung bei. Schon bald wird er zum Sekretär der Organisation ernannt. Der von Raoul Follereau als sein geistlicher Sohn angesehene Joseph Hilger wird 1971 Mitglied des Directoire de l’Union des Associations Follereau Internationales in Paris, bevor er von 1990 bis 1992 dessen Vorsitz übernimmt. Im Jahr 1976 überlässt ihm Pierre Ney den Vorsitz der Fondation Follereau Luxemburg, die er 35 Jahre lange leiten wird. Er übergibt seinerseits den Vorsitz seinem Sohn Jean Hilger, der in 2011 vom Verwaltungsrat ernannt wird.
Jeder Spender, ob groß oder klein, ob privat oder Gesellschafter, verdiente seine Hochachtung und seinen ehrlichen Dank. Er freute sich besonders über das Engagement der Schulen und Gymnasien des Landes, die jedes Jahr ihre gesamte Kreativität entfalteten um Spenden zu sammeln und die Fondation Follereau in Westafrika zu unterstützen.
Herr Hilger war ein unermüdlicher Mensch mit vielen Talenten und Interessen. Er hatte einen tiefen Respekt vor dem menschlichen Wesen, unabhängig von seiner Hautfarbe, seiner sozialen Stellung, seiner Bildung oder seiner religiösen Konfession. Neben einer erfüllten beruflichen Laufbahn widmete er sein ganzes Leben den von Lepra oder anderen Hautkrankheiten (wie dem
Jos Hilger konnte seine Gesprächspartner mit Anekdoten von seinen humanitären Reisen begeistern. Alleine oder von einer luxemburgischen Delegation begleitet hat er sich mehrmals vor Ort begeben, um vor allem in Mali die Zuweisung der luxemburgischen Spendengelder zu überprüfen und die Entwicklung der verschiedenen Projekte der Fondation zu verfolgen. Mehrere Krankenhäuser und Ausbildungszentren wurden unter seiner Präsidentschaft gebaut und sind bis heute aktiv. Mit seiner warmherzigen und freundlichen Natur sah Herr Hilger überall das Gute. Er hatte immer ein treffendes Zitat für jede Situation. Jenen, die die humanitäre Hilfe anzweifelten, erzählte er folgende Geschichte: „Eines Tages, an einem Strand, sah ein Mann einen kleinen Jungen, der Seesterne einsammelte um sie zurück ins Meer zu bringen. Der Mann sagte ihm: Du verlierst deine Zeit, das was du tust bringt nichts. Es sind so viele, du kannst sie nicht alle retten. Und der kleine Junge antwortete: Für jene, die wieder ins Meer zurückkommen, macht es einen Unterschied.“ Durch seinen Tod verliert die Fondation Follereau eine wichtige Stütze und das Land einen ehrlichen und leidenschaftlichen Philanthropen und Humanisten. Er hat über 50 Jahre lang mit viel Engagement den Kampf Raoul Follereaus gegen Lepra und alle Formen der Ausgrenzung weitergeführt. Er hat den Kranken, den Mittelosen und den von der Gesellschaft ausgeschlossenen ihre Würde zurückgegeben. Jos Hilger war einer jener Menschen, die die Gabe haben, die Menschen um sie herum glücklich zu machen und dafür zu sorgen, dass jeder Augenblick kostbar ist. Wir werden uns an Jos Hilger erinnern, an seine Größe und seine Empathie, und werden ihn vermissen. Von ihm bleiben alle Samenkörner, die er auf seinem Weg gestreut hat, und die wir mit der Fondation weiter wachsen lassen werden. Äddi Här Hilger. Äddi Jos.
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