Am Silvestertag 2015 öffnet Hildegard Obert zum letzten Mal die Türen ihres Patchwork-Stübchens in der Jann-Berghaus-Straße. Ab 2016 beginnt ihr wohlverdienter Ruhestand. „Nach 18 Jahren ist die Zeit gekommen“, erklärt sie mit etwas Wehmut in der Stimme, „aber ich kann sagen, dass ich jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen bin und dass es mir immer viel Spaß gemacht hat.“
Seit den Anfangstagen des Patchwork-Stübchens hat sich eine Menge getan. 2001 zieht Hildegard Obert mit ihrem Geschäft in einen größeren Laden in der Jann-Berghaus-Straße. Sie vertieft ihr fachliches Know-how regelmäßig in Workshops und Fortbildungen. Seit vielen Jahren gilt sie als eine Institution auf Norderney in allen Belangen rund um Stricken und Handarbeit. Der offene Stricktreff in ihrem Geschäft diente nicht nur dem Austausch von Tipps und handwerklichen Fragen, sondern auch dem sozialen Miteinander. Mit der Zeit hat sich ein fester Strickkreis gebildet, zu dem neben Norderneyern auch Feriengäste zählen. „Einige kommen zu Beginn ihres Urlaubs, um zu sagen, dass sie wieder auf der Insel sind - und verabschieden sich bei mir, wenn sie wieder nach Hause fahren. Zwischendurch kaufen sie
bei mir ihre Wolle oder lassen sich beraten und helfen“, freut sich Hildegard Obert. „Im Urlaub hat man einfach Zeit und Muße zum Handarbeiten.“ Während zu Beginn vor allem Patchworkstoffe und Stickutensilien nachgefragt wurden, steht bereits seit vielen Jahren die Wolle im Vordergrund. „Es hat sich in den letzten Jahren so viel entwickelt und natürlich gibt es zahlreiche Trends im Strickbereich“, erzählt Hildegard Obert. „Vor zwei Jahren waren die Boshi-Mützen in aller Munde, die auch aus dem Norderneyer Straßenbild nicht wegzudenken waren. Auch jetzt werden vor allem Accessoires gerne gearbeitet - neben Mützen auch Schals, Loops oder mal eine Stola. Das trauen sich auch Leute zu, die nicht so versiert im Stricken sind.“ Aber mit Unterstützung von Hildegard Obert gelingen auch komplexere Stücke wie Pullover oder Strickjacken. Doch wohin mit den Fragen, wenn das Patchwork-Stübchen geschlossen hat? „Die Chancen stehen gut, dass sich eine Nachfolgerin für das Geschäft in der Jann-Berghaus-Straße 13 findet - und ich bin gerne bereit, weiter beim offenen Stricktreff für Fragen zur Verfügung zu stehen“, verrät Hildegard Obert, um abschließend zu ergänzen: „Ich möchte mich bei meinen Kunden für ihre Treue bedanken und wünsche mir, dass meiner Nachfolgerin das gleiche Vertrauen entgegengebracht wird.“ Sie selbst freut sich darauf, in Zukunft mehr Zeit und Ruhe - wie könnte es anders sein - zum Stricken zu haben.
Foto. Carsten Muecke
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Ein Tennisarm war Schuld, dass Hildegard Obert, die seit 1979 auf der Insel lebt, ihren Beruf als Sekretärin nicht weiter ausüben konnte. Ein Nachbar berichtete ihr damals von einem freistehenden Ladenlokal. „Ich hatte immer schon daran gedacht, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen - und dann habe ich mich einfach getraut.“ Hildegard Obert macht ihr Hobby zum Beruf und eröffnet 1997 ein Geschäft für Patchworkmaterialien. Alles fing mit Stoffen und Nähzubehör in der Winterstraße an. „Als dann der damalige Wollladen schloss, kam die Besitzerin zu mir und bat mich, Wolle in mein Sortiment aufzunehmen. Eine glückliche Fügung. Angefangen habe ich dann mit Strumpfwolle.“