politicks Der steirische Landeshauptmann Franz Voves schuf gemeinsam mit seinem Stellvertreter ...
... Hermann Schützenhöfer eine Schablone für eine funktionierende rot-schwarze Zusammenarbeit.
Bundeskanzler Werner Faymann lässt sich von seiner deutschen Amtskollegin zu Reformeifer animieren ...
... und auch Vizekanzler Michael Spindelegger will nicht so weitermachen wie bisher.
14
FA Z I T
Steirische Reformpartner und Berlin als Vorbild für SPÖ und ÖVP? Der Fortbestand der großen Koalition wäre – allen schrägen Wahlkampftönen zum Trotz – wohl nur bei einem zwar denkbaren, aber doch unwahrscheinlichen Verfehlen der Mandatsmehrheit durch SPÖ und ÖVP gefährdet. Dem Vernehmen nach wollen sowohl Werner Faymann als auch Michael Spindelegger nicht so weitermachen und auf einen echten Reformkurs einschwenken, anstatt sich auf Biegen und Brechen gegenseitig zu bekämpfen. Mit der vom steirischen Landeshauptmann Franz Voves und seinem Vize Hermann Schützenhöfer vorgelebten „steirischen Reformpartnerschaft“ steht tatsächlich erstmals eine Schablone zur Verfügung, wie eine Koalition funktionieren kann, die wirklich etwas reformiert und noch dazu beim Wähler ankommt. In der ÖVP denkt man darüber nach, das steirische Modell zu kopieren, um endlich auch jene Bereiche reformieren zu können, bei denen Widerstände aus den eigenen Reihen vorprogrammiert sind. Denn ein Grundprinzip der steirischen Reformpartnerschaft ist die weitgehende Abkehr von einer klassischen KlientelPolitik, wodurch die Schmerzen der Reformen auf beide Partner gleich verteilt sein müssen. In der Steiermark hat der drohende Kollaps des Landeshaushalts zur Reformpartnerschaft geführt. Dazu kam, dass Voves und Schützenhöfer eigentlich konsensorientierte Menschen sind. Auf Bundesebene hat die große Koalition jene Reformen umgesetzt, die nicht „die jeweils Eigenen“ betrafen. So wurden auf ÖVP-Seite etwa die Bauern oder Beamten und bei der SPÖ die Eisenbahner verschont. Sowohl Werner Faymann als auch Michael Spindelegger wissen, dass es in Österreich langfristig unhaltbar ist, sich den sozialen Frieden mit einer der höchsten Abgabenquoten der Welt zu erkaufen, weil das Land dadurch schon jetzt Schritt für Schritt an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Der Bundeskanzler, heißt es, blickt nach Berlin und hat sich von der deutschen Bundeskanzlerin darin bestärken lassen, endlich die inneren und äußeren Widerstände gegen notwendige Reformen zu überwinden. Das Argument Angela Merkels ist, dass ein Kanzler mit seiner Wiederwahl spürbar an Autorität gewinne und er diesen Schwung für echte Reformen nutzen könne. Lehrerdienstrecht als Lackmustest für den VP-Reformwillen Beim Lehrerdienstrecht kann die ÖVP noch vor der Wahl beweisen, dass sie dazu bereit
ist, Reformen zuzulassen, die der eigenen Klientel mehr Schmerzen bereiten als jener des Regierungspartners. Da es sich in Wahrheit um einen virtuellen Streit handelt – schließlich ist kein einziger Lehrer betroffen, der bereits unterrichtet –, könnte tatsächlich eine Lösung vor der Tür stehen. Ziel der Bundesregierung ist es jedenfalls, das neue Lehrerdienstrecht noch vor der Wahl zu beschließen. Angesichts des Wahltermins hat die ÖVP „ihrer“ Lehrergewerkschaft ordentlich Druck gemacht – mit dem Ergebnis, dass von dort auf einmal, wenn schon keine zustimmenden, so aber doch zumindest moderatere Töne zu den Regierungsvorschlägen kommen. Dass sich die Lehrer ihre Zustimmung nur mit weiteren Zugeständnissen erkaufen lassen wollen, ist zwar klar, aber die Idee von Finanzministerin Maria Fekter, nur dann eine Einigung zuzulassen, wenn die AHS-Lehrer gegenüber den sonstigen Pädagogen bevorzugt werden, wurde von der ÖVP inzwischen fallen gelassen. Dadurch wissen die Lehrergewerkschafter, dass es der Partei durchaus ernst sein könnte, sich nachhaltig aus der Geiselhaft der FCG zu befreien. Auch der Druck, den die VP-Landeshauptleute und die Wirtschaft auf eine rasche Einigung ausüben, hat zuletzt deutlich zugenommen. Das Einstiegsgehalt der Junglehrer wird mit der Reform auf 2420 Euro brutto angehoben. Nach 39 Dienstjahren sollen die Lehrer in Zukunft 4330 Euro verdienen. Deutsch-, Mathematik- und Fremdsprachenstunden werden mit zusätzlichen 24 Euro vergütet. Zuschläge von bis zu 150 Euro sind auch für Klassenvorstände und Mentoren vorgesehen. Neuorganisation des Emissionshandels gefährdet die Industrie Obwohl man in Österreich viel zu wenig davon mitbekommt, nehmen die Entscheidungen des EU-Parlaments immer öfter großen Einfluss auf unser tägliches Leben. Schon heute kommen die meisten EU-Gesetze durch gemeinsame Entscheidungen von Europäischem Parlament und Ministerrat zustande. Beispiele dafür sind Verkehrs- und Umweltpolitik, Arbeitnehmerfreiheit, die Harmonisierung des Binnenmarktes und der Konsumentenschutz. Dass dabei auch viel Blödsinn herauskommen kann, hat das EU-Parlament erst Anfang Juli bewiesen, als es entgegen allen ökonomischen Expertisen mit 344 zu 311 Stimmen für die als „Backloading“ bekannte Novellierung des Emissionshandelssystems stimmte. Damit wurde die Idee der EU-Kommission, 900 Millionen CO2-Zertifikate aus dem Markt zu
AUGUST 2013