Programmbuch räsonanz-Stifterkonzert München 2025

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räsonanz

Stifterkonzert München 2025

Donnerstag, 9. Januar 2025, 20 Uhr

Prinzregententheater München

räsonanz ist eine Initiative der Ernst von Siemens Musikstiftung in Kooperation mit der musica viva des Bayerischen Rundfunks und Lucerne Festival.

Inhalt Grußwort

Tabea Zimmermann und Winrich Hopp

Zur räsonanz-Initiative

Programm

räsonanz – Stifterkonzert München 2025

Éclat/Multiples

Zu Éclat/Multiples

Pli selon pli

Patrick Hahn: Vorhang zu einer Künstlerbiografie

Zu Stéphane Mallarmé

Die Mallarmé-Gedichte von Pli selon pli

Wolfgang Fink: Entsprechung von Wort und Ton, Poesie und Musik. Pierre Boulez im Gespräch

Éclat/Multiples

Liebe Freundinnen und Freunde der zeitgenössischen Musik, der Ernst von Siemens Musikstiftung und der musica viva des Bayerischen Rundfunks,

vor etwas mehr als zwanzig Jahren gegründet, entdeckt und pflegt das in Paris ansässige Ausnahmeorchester Les Siècles ein Repertoire von bislang nicht dagewesenem Umfang, von der Musik des 17. Jahrhunderts bis zu den Werken unserer Zeit, mit atemberaubender Selbstverständlichkeit sich zwischen den Epochen, Stilen, Aufführungspraxen und Musikinstrumenten aus 500 Jahren europäischer Musikgeschichte bewegend.

Bereits für 2020 hatten wir im Rahmen der räsonanz – Stifterkonzertinitiative das erste Münchner Gastspiel dieses Orchesters angekündigt. Dann brach die Corona-Pandemie aus, und das Konzertleben kam zum Erliegen. Drei Jahre nach dem Ende der Pandemie kann nun endlich das Gastspiel stattfinden, und dies verbunden mit einem besonderen Anlass: 2025 jährt sich der Geburtstag des großen französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez, der am 5. Januar 2016 verstarb, zum 100. Mal.

Pierre Boulez hat nicht nur die kuratorische Arbeit der Ernst von Siemens Musikstiftung über viele Jahre geprägt, sondern in den späten 50 ern und frühen 60 er Jahren auch die Programme der musica viva-Konzertreihe des Bayerischen Rundfunks. Von dem damaligen Leiter und Gründer der Konzertreihe, Karl Amadeus Hartmann, wurde der junge französische Dirigent und Komponistenkollege mit einer über mehrere Spielzeiten reichenden Serie von Konzerten mit dem Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks betraut, denen Pierre Boulez den auf die berühmte Renaissance-Streitschrift von Vincenzo Galilei zurückgehenden Titel „Dialogo della musica antica et della moderna“ gab. In ihnen verband der Kurator Boulez Musik des späten Mittelalters und der Renaissance, also einer Zeit, in der es so etwas wie Symphonieorchester noch gar nicht gab, mit der Musik der Moderne und damaligen Avantgarde. In einem der Programme umrahmten die aus dem 14. Jahrhundert stammende Messe de Tournai und Debussys Martyre de Saint Sébastien die Aufführung der drei Innensätze Improvisation sur Mallarmé I, II, III aus dem Zyklus Pli selon pli für Gesang und Orchester von Pierre Boulez –

ein Programm, das auch gut der kuratorischen Feder von Les Siècles hätte entstammen können!

Wir freuen uns sehr, dass Les Siècles unter der Leitung von Franck Ollu, zusammen mit der Sopranistin Sarah Aristidou, ihr erstes Gastspiel in München ganz dem großen Jubilar widmen und mit Pli selon pli – Portrait de Mallarmé eines der großen epochemachenden Werke präsentieren, das auf den Programmen der deutschen Konzertbühnen nur selten zu hören ist. In der Mitte dieses komponierten „Faltenwurfs“ steht eine Zeile aus Mallarmés Gedicht Le Cygne, von Boulez klanglich auf unnachahmliche Weise in Szene gesetzt: „Le vierge, le vivace et le bel aujourd’hui“.

Das Lebendige und das Schöne Heutigentags: Ihnen widmet sich gerne auch die Arbeit des Kuratoriums der Ernst von Siemens Musikstiftung und die Programmarbeit der musica viva des Bayerischen Rundfunks.

Wir bedanken uns beim Management und den Musiker*innen von Les Siècles für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bei der Vorbereitung dieses besonderen Gastspiels und wünschen Ihnen einen anregenden Konzertabend.

Tabea Zimmermann

Vorsitzende des Stiftungsrates der Ernst von Siemens Musikstiftung

Winrich Hopp

Künstlerischer Leiter der musica viva des Bayerischen Rundfunks und Mitglied des Kuratoriums der Ernst von Siemens Musikstiftung

räsonanz – Stifterkonzerte der Ernst von Siemens Musikstiftung

Seit über einem halben Jahrhundert begleitet die Ernst von Siemens Musikstiftung das internationale Musikleben, setzt sich in einzigartiger Weise für die Musik unserer Zeit ein, fördert Komponist*innen, Interpret*innen, Ensembles, Projekte, Publikationen und Veranstaltungen zeitgenössischer Musik. Mit den 2016 gemeinsam mit Lucerne Festival und der musica viva des Bayerischen Rundfunks ins Leben gerufenen räsonanz –Stifterkonzerten ermöglicht die Ernst von Siemens Musikstiftung außergewöhnliche Gastspiele internationaler Sinfonieorchester mit zeitgenössischer Musik. Sie kommt damit ihrer Verpflichtung der Neuen Musik gegenüber nach, ermutigt die großen Klangkörper, Werke der jüngeren Gegenwart ins Repertoire aufzunehmen, und verhilft auch schwer zu realisierenden Werken zu Wiederaufführungen.

Durch räsonanz wächst nicht nur die Selbstverständlichkeit, mit der sich das Neue im Konzertsaal etabliert, sondern öffnen sich auch die Ohren der Musiker*innen und des Publikums weiter für das Ungewohnte und die Wahrnehmung des Neuen in der Musik.

räsonanz

Stifterkonzert der Ernst von Siemens Musikstiftung

Donnerstag, 9. Januar 2025, 20 Uhr

Prinzregententheater München

Programm

Les Siècles

Franck Ollu, Leitung

Sarah Aristidou, Sopran

Pierre Boulez (1925 –2016)

Éclat/Multiples (1970) für Orchester 25’

Pause ca. 25’

Pli selon pli. Portrait de Mallarmé (1957–1962/1989) für Sopran und Orchester 67 ’

I. Don (rev. Fassung von 1989) für Sopran und Orchester

II. Improvisation I (1957/1962)

« Le vierge, le vivace et le bel aujourd’hui » für Sopran und Orchester

III. Improvisation II (1957)

« Une dentelle s’abolit » für Sopran und 9 Instrumentalisten

IV. Improvisation III (1959/1983)

« A la nue accablante tu » für Sopran und Orchester

V. Tombeau (1959/1962) für Sopran und Orchester

Im Anschluss an das Konzert lädt die Ernst von Siemens Musikstiftung zu einem Empfang im Gartensaal.

BR-KLASSIK sendet den Konzertmitschnitt am 25. März 2025 um 20 05 Uhr im Radio.

Das Konzert ist eine Initiative der Ernst von Siemens Musikstiftung, veranstaltet von der musica viva des Bayerischen Rundfunks.

Pierre Boulez bei der musica viva des Bayerischen Rundfunks, 2011

Éclat/Multiples

für Orchester (1970)

Das siebenminütige Kammermusikwerk Éclat klingt wie eine direkte Fortsetzung der musikalischen Welt von Pli selon pli, mit seinen glänzenden Schlagzeugklängen und seiner hypnotischen Fixiertheit. Kurz nach der Uraufführung von Éclat für fünfzehn Instrumente im Jahr 1965 kündigte Boulez an, dass das Werk als erster Teil einer großen Komposition für Orchester dienen sollte. 1970 fügte Boulez dem ursprünglichen Éclat eine neue Fortsetzung, Multiples, hinzu, mit der Absicht, schließlich ein vierzigminütiges Stück mit einer immer größeren Anzahl von Instrumenten zu schreiben. Zu seiner Neigung, seine Werke aus dieser Zeit zu überarbeiten und zu erweitern, bemerkte er: „Auf der kreativen Ebene lebe ich in einer Art Plasma, das es mir ermöglicht, mich hin und her zu bewegen. Ich bleibe in derselben Sache und strahle in mehrere Richtungen gleichzeitig. Ich habe jetzt ein geschmeidiges Material, das es mir ermöglicht, mich in der Zeit und in diesen Neuschöpfungen zu bewegen.“ Dementsprechend wurde die erweiterte Version von Éclat, genannt Éclat/Multiples, zu einer Art Work-in-Progress, mit fortlaufenden Erweiterungen, die im Laufe der Zeit geplant waren.

Pierre Boulez als Gastdirigent beim Royal Concertgebouw Orchestra, Amsterdam, 6. Februar 1963
Pierre Boulez als Gastdirigent beim Royal Concertgebouw Orchestra, Amsterdam, 6. Februar 1963

Zu Éclat/Multiples bemerkte Boulez: „Die vielfachen Reflexionen der ursprünglichen musikalischen Bilder interferieren miteinander und erzeugen divergierende Perspektiven, wie Paul Klee sie sich in einigen seiner Gemälde vorgestellt hat.“ Ein Großteil der Dramatik in Multiples entsteht durch die Interaktion der statischen und dynamischen Materialien, die erstmals in Éclat zu hören waren, wobei die beiden nun um die Vorherrschaft konkurrieren. Darüber hinaus verleihen die zehn Bratschen in Multiples dem Werk einen dunkleren Farbton, und das Bassetthorn fungiert als eine Art Vermittler zwischen den Streichern und den solistischen Instrumenten von Éclat

In einem Interview im Jahr 2010 gab Boulez an, dass er „Éclat/Multiples besonders gerne fertigstellen würde“, und kommentierte: „Das ist eines der Werke, das fast fertig ist, und wissen Sie, ich habe praktisch die doppelte Länge des Werks, wie ich es jetzt spiele, und deshalb würde ich es gerne fertigstellen, weil das Konzept des Endes bereits vorhanden ist.“ Der Schriftsteller Allen Edwards berichtete, dass er das unvollendete und unveröffentlichte Manuskript in der Paul Sacher Stiftung studierte und feststellte, dass es aus 220 Seiten bestand, was etwa der doppelten Anzahl der Seiten der 25 -minütigen Version entspricht, die öffentlich aufgeführt und aufgenommen wurde. Das Werk blieb jedoch zum Zeitpunkt des Todes des Komponisten leider unvollendet.

Malcolm Hayes bezeichnete eine Aufnahme des Stücks als „eines der klarsten Beispiele für Boulez‘ Gespür für überschwängliches, zellulares Wachstum, das von einem Gefühl der Instabilität durchzogen ist“, und als „eines der besten Werke von Boulez“. Er bemerkte: „Das gesamte Werk ist ein Fest der lieblichen Klänge, und insbesondere Éclat enthält einige der klanglich verführerischsten Musikstücke, die Boulez uns bisher geschenkt hat.“

Pli selon pli. Vorhang zu einer Künstlerbiografie von Patrick Hahn

Ein Schlag. Nicht wie ein Asthieb, wie bei Mahler. Eher ein Schlag, wie ihn sich der französische Dichter Arthur Rimbaud vorstellte, als er schrieb, dass er ein Universum in Vibration versetzen könnte: „Alle Töne erklingen. Beginn der Vollendung.“ Pli selon pli setzt ein wie ein Gespräch mit Pierre Boulez: ohne Umschweife, ohne Schnörkel; energetisch, prägnant, elektrisierend. Gleich einem Urknall öffnet der Tutti-Einsatz am Anfang der Komposition einen Welt-Raum, der sich anschließend über die Dauer von mehr als einer Stunde entfaltet: das Universum von Pierre Boulez.

In diesem Klanguniversum bereitet das untergründige Brodeln glockig wabernder Vibraphone dem Hören einen bebenden Grund. Knochige Xylophone beschreiten labyrinthische Pfade, mit beschwörendem Ton fallen die Flöten ein. Paarungen von Bongos und Kontrabässen wecken archaische Assoziationen. Mandoline, Gitarre und fünf Harfen hinterlassen scharfkantige Risse im philharmonischen Schleier. Doch wenn sich dann Harfe, Celesta und Klavier im hohen Register miteinander verbinden, meint man die Geburt eines neuen Sterns zu erleben. Lauscht man wiederum den Trillern der Bläser und Streicher, stellt sich unweigerlich das Gefühl ein, die flackernden Nervenbahnen eines lebenden Organismus vor sich zu haben. Mal über dem Orchesterklang schwebend, dann wieder in ihm versinkend: die Stimme eines lyrischen Soprans, die uns mitnimmt in „höhere Gefilde“.

Er habe manchmal das Gefühl, sein Leben lang nur an einem einzigen Stück zu schreiben, erklärte Pierre Boulez. Selten ist er ‚diesem einen Stück’ wohl nähergekommen als in Pli selon pli

Piere Boulez, Skizze zu Pli selon pli, Tombeau, 1958
Pierre Boulez, Skizze zu Pli selon pli, Don, 1960

Dieses Portrait de Mallarmé stellt die Summe seiner Auseinandersetzung mit einem Dichter dar, dessen Schaffen ihn maßgeblich geprägt hat. Nicht – wie im Falle der Mallarmé-Vertonungen Ravels und Debussys – durch seine atmosphärischen, symbolistisch-hermetischen Sprachbilder, sondern durch die Erneuerung der Sprache selbst. Ein pessimistischer Grundton durchzieht die fünf Pli selon pli zugrundeliegenden Gedichte Mallarmés. Requiemartig erscheint manches an diesem Zyklus, der in ein Grabmal (Tombeau) mündet; schon der Titel deutet diese Richtung an, entnommen dem Gedicht Remémoration d’amis belges, Verdrängte Erinnerung an belgische Freunde.

Auch im osmotischen Verhältnis von Sprache und Musik springt das Wechselverhältnis von Vergegenwärtigung und Verdrängung ins Ohr: Mal illustriert Boulez die Sprachbilder klangfarblich, dann wieder geht die Poesie vollständig in seiner Inszenierung auf, im analytischen, unsichtbaren Theater der Sinnstrukturen. Weltbemächtigung und Weltverlust gehen hier Hand in Hand. „Falte um Falte“, „Pli selon pli“, eröffnet sich in diesem Boulez’schen Schlüsselwerk jedoch auch der Vorhang zu einer Künstlerbiografie. Don, der erste der fünf Teile, handelt von der Initiation zum Künstler. [...] Am Ende von Pli selon pli erklingt der gleiche, unerbittliche Tutti-Schlag wie zu Beginn des Zyklus. Man kann ihn als eine abschließende Geste deuten; viel eher jedoch sollte man in dieser Wiederkehr eine Geste der Öffnung erkennen: Nicht nur, weil sie die Linearität der Zeit aufhebt, sondern vor allem deshalb, weil es für die „Schläge“ von Pierre Boulez charakteristisch ist, dass sich in ihrem Nachhall Welten öffnen. Oder um es noch einmal mit Rimbaud auszudrücken:

„Ein Schritt von dir: der neue Mensch. Sein Erwachen und Aufbruch“.

Stéphane Mallarmé

Stéphane Mallarmé, 1842 geboren und 1898 gestorben, der distinguierte graumelierte Herr, der auf den bekannten Fotos aussieht wie der gute Onkel Doktor, war in Tat und Wahrheit ein gefährlicher Terrorist. Seine Waffen waren freilich weder laute Manifeste noch zensurwürdige Obszönitäten. Provokation lag dem stillen Dichter nicht. Im Gegensatz zu Baudelaire und Théophile Gautier, die er verehrte, bestritt er sein Leben in bürgerlicher Manier als Englischlehrer, und nichts an seinem ordentlichen Alltag erinnert an Exzesse seiner bohèmehaften Zeitgenossen. Mallarmés Stil war, wie Jean-Paul Sartre schrieb, ein „Terrorismus des höflichen Anstands“; das gilt für seine Lebensführung, ebenso wie für seine Gedichte, die den Leser durch ihre metallene Musikalität in Bann ziehen und gleichzeitig auf Distanz halten: zauberhafte Wortmagie, verbunden mit abweisender Sprödheit.

Stéphane Mallarmé ist neben René Char der wichtigste künstlerische Wahlverwandte, den Pierre Boulez gefunden hat. Bereits der Titel seines 1948 entstandenen Streichquartetts Livre pour quatuor darf als Reverenz an Mallarmé aufgefasst werden: an dessen unvollendetes Projekt Le Livre, jenes große, geheimnisvolle BUCH, mit dem Mallarmé nicht allein die Form seiner und aller künftigen Poesie, sondern auch deren interpretatorischen Nachvollzug festzulegen beabsichtigte. Mallarmé ist in Deutschland vor allem als der Dichter des Après-midi d’un faune und anderer insbesondere von Debussy und Ravel vertonter Gedichte bekannt geworden. Die radikalste dichterische Revolution der Moderne, die er bewerkstelligte, ist indessen hierzulande, trotz Stefan George und Paul Celan, die bei ihm anknüpften, kaum ins Bewusstsein getreten, was damit zusammenhängen mag, dass seine Sprache sich weniger noch als andere lyrische übersetzen lässt.

Wolfgang Fink

Stéphane Mallarmé um 1890

Pli selon pli.

Portrait de Mallarmé

Gedichte von Stéphane Mallarmé

Don [du poème]

Je t’apporte l’enfant d’une nuit d’Idumée !

[Noire, a l’aile saignante et pâle, deplumée,

Par le verre brûlé d’aromates et d’or,

Par les carreaux glacés, hélas! mornes encor,

L’aurore se jeta sur la lampe angélique.

Palmes! et quand elle a montré cette relique

A ce père essayant un sourire ennemi,

La solitude bleue et stérile a frémi.

O la berceuse, avec ta fille et l’innocence

De vos pieds froids, accueille une horrible naissance:

Et ta voix rappelant viole et clavecin,

Avec le doigt fané pressera-tu le sein

Par qui coule en blancheur sibylline la femme

Pour les lèvres que l’air du vierge azur affame ?]*

…basalte… …y… …échos… …et… …une… à… …ecume… … mais…

…laves… …épaves…

…selon nul ventre… enfui… …blême…

…d’autrefois se souvient… …qui sans espoir… …resplendi… … vivre…

…pour n’avoir pas… …c’est lui… …hiver…**

Übersetzung: Carl Fischer

Gabe [des Gedichts]

Ich bringe dir das Kind aus Edoms Nacht geboren!

[Mit Flügeln blutig-bleich schwarz federlos-verloren

Und durch das Fensterglas gebeizt von Gold und Duft

Vereiste Scheiben ach! wie eine bleiche Gruft

Die Morgenröte sich mit meiner Lampe paarte.

Triumph! und als sie die Reliquie – die zarte –Dem Vater wies der nur ein feindlich Lächeln fand

Lief blau ein Schauer durch das unfruchtbare Land. –

Die ihre Tochter wiegt – an kühlem Wandel reine.

Empfange mütterlich das Kind aus grausem Schreine:

Du Stimme voll Gesang – Klavier und Geigenklang –

Wirst du auch aus der Brust mit Fingern bleich und bang

Das sybillinisch Weiße – das Weibliche – nun spenden

Den Lippen die im Glanz des Azurs sonst verenden?]*

…Basalt… …drüber… …Echos… …und… …ein… …an… … Schaum…

…doch... ...Lava… …Trümmern…

…aus ihrem Schoß allein… …bauscht sich… …dem klaren…

…der so gedenken mag… …im hoffnungslosen Ringen… …erglänzt… …leben… …der nicht verstand… …er ist es… …Winter…**

*Der in Klammern [ ] gesetzte und eingerückte Gedichttext wird nicht gesungen.

**Die drei Gruppen von Wörtern sind der Improvisation III, II, und I entnommen.

Improvisation sur Mallarmé I

Le vierge, le vivace et le bel aujourd’hui

Va-t-il nous déchirer avec un coup d’aile ivre

Ce lac dur oublié que hante sous le givre

Le transparent glacier des vols qui n’ont pas fui!

Un cygne d’autrefois se souvient que c’est lui

Magnifique mais qui sans espoir se délivre

Pour n’avoir pas chanté la région où vivre

Quand du stérile hiver a resplendi l’ennui.

Tout son col secouera cette blanche agonie

Par l’espace infligée à l’oiseau qui le nie,

Mais non l’horreur du sol où le plumage est pris.

Fantôme qu’à ce lieu son pur éclat assigne, Il s’immobilise au songe froid de mépris

Que vêt parmi l’exil inutile le Cygne.

Improvisation sur Mallarmé II

Une dentelle s’abolit

Dans le doute du Jeu suprême

A n’entr’ouvrir comme un blasphème

Qu’absence éternelle de lit.

Cet unanime blanc conflit

D’une guirlande avec la même,

Enfui contre la vitre blême

Flotte plus qu’il n’ensevelit.

Mais, chez qui du rêve se dore

Tristement dort une mandore

Au creux néant musicien

Telle que vers quelque fenêtre

Selon nul ventre que le sien,

Filial on aurait pu naître.

Improvisation über Mallarmé I

Der jungfräuliche der lebendig-schöne Tag

Wird er mit mildem Wehn und Trunkenheit der Schwingen

Aus dem erstarrten See die Flüge wiederbringen

Der klaren Gletscher nicht erblühten Flügelschlag!

Der stolze Schwan erliegt der so gedenken mag

Der Herrlichkeit von einst im – hoffnungslosen Ringen….

Der nicht verstand das Land des Lebens zu besingen

Als unfruchtbarer Glanz des Winters auf ihm lag.

Des Vogels Hals verdreht sich schrill im weissen Krampfe

Es bricht der Raum herein in seinem Todeskampfe

Nicht mehr der Erde schmach die sein Gefieder hält.

Gespenstisch packt ihn wild der Taumel seines Wahnes

Im kalten Traume der Verachtung dieser Welt

Erstarrt er fremd hinauf ins Sternenbild des Schwanes.

Improvisation über Mallarmé II

Ein Vorhang öffnet zweifelnd sich

Das höchste Spiel zu offenbaren

Um statt des Bettes zu gewahren

Nur ewge Leere lästerlich.

Das Rankenwerk um Stich für Stich

Dem weißen Muster zu willfahren

Bauscht sich zum Fenster hin – dem klaren.

Das von der Gruft ins Freie wich.

Wer solchen goldnen Traum erschaute

Bei dem schläft traurig eine Laute

Ein Innen aus Musik allein

Als brauche man zum Licht zu schweben

Nur ihrem Schoß entsprossen sein

Als ihres Leibes Frucht zu leben.

Improvisation sur Mallarmé III

A la nue accablante tu

Basse de basalte et de laves

A même les échos esclaves

Par une trompe sans vertu

Quel sépulcral naufrage (tu

Le sais, écume, mais y baves)

Suprême une entre les épaves

Abolit le mât dévêtu

Ou cela que furibond faute

De quelque perdition haute

Tout l’abîme vain éployé

Dans le si blanc cheveu qui traîne

Avarement aura noyé

Le flanc enfant d’une sirène.

Tombeau

[Le noir roc courroucé que la bise le roule

Ne s’arrêtera ni sous de pieuses mains

Tâtant sa ressemblance avec les maux humains

Comme pour en bénir quelque funeste moule.

Ici presque toujours si le ramier roucoule

Cet immatériel deuil opprime de maints

Nubiles plis l’astre mûri de lendemains

Dont un scintillement argentera la foule.

Qui cherche, parcourant le solitaire bond

Tantôt extérieur de notre vagabond –

Verlaine ? Il est caché parmi l’herbe, Verlaine

A ne surprendre que naïvement d’accord

La lèvre sans y boire ou tarir son haleine]*

Un peu profond ruisseau calomnié la mort.

Improvisation über Mallarmé III

An schwerer Wolke träger Last

Aus Lavablöcken und Basalten

Wo keine Echos je erschallten

Dem Horn des dumpfer Ton verblasst

Welch Untergang (O Schaum du hast

Was du erschaut für dich behalten)

Als Heiligstes da Trümmer prallten

Riss ihn hinab den nackten Mast

Vielleicht ein andres – wilden Mutes

Um den Verlust des höchsten Gutes

Und der Vernichtung die misslang

In weißen Haares leichter Ranke

Aus ungestillter Gier verschlang

Des jungen Meerweibs Schuppenflanke.

Grab

[Der schwarze Fels voll Zorn dass Sturm ihn schüttle – rolle Kommt nicht zur Ruhe auch nicht unter frommer Hand

Die seine Menschlichkeit ertastet und umspannt

Als ob sie seine Form die spröde segnen wolle.

Hier wo die Taube gurrt umschließt die trauervolle Vergeistigung wohl oft mit faltigem Gewand

Bräutlich den reifen Stern des ruhmvoll rascher Brand

Dereinst die Menge noch verklären wird – die tolle.

Wer trifft auf seinem Sprung durch diese Einsamkeit

Den Vagabunden kaum geflohen und schon weit –Verlaine? Unser Freund Verlaine ist verschwunden

Und sucht im Grase so gelassen wie sichs bot

Der Mund nicht trinkend und nicht atemlos hier unten]*

Ein seichtes Wässerlein – verleumdet oft – den Tod.

*Der in Klammern [ ] gesetzte und eingerückte Gedichttext wird nicht gesungen.

Pierre Boulez bei der musica viva des Bayerischen Rundfunks, 2011

Entsprechung von Wort und Ton, Poesie und Musik

Gespräch mit Pierre Boulez über Pli selon pli

Wolfgang Fink: Der Titel Pli selon pli gibt, das ist häufig gesagt worden, einen Hinweis auf den Entstehungsprozess des Werkes, der durch verschiedene Stadien der Um- und Überarbeitung gekennzeichnet ist.

Pierre Boulez: Der Titel entstammt einem Sonett von Mallarmé, Remémoration d’amis belges, in dem der sich lichtende Nebel beschrieben wird, der allmählich, Falte um Falte, wie bei einem Vorhang, den Stein (gemeint sind die Häuser von Brügge) sichtbar werden lässt. So verhält es sich auch bei diesem Werk, es ist nach und nach entstanden, und am Anfang hatte ich keine Ahnung, was das für ein Stück werden würde. Zunächst gab es nur eine erste Improvisation, die ich, ohne äußeren Anlass, für mich selbst skizzierte. Die zweite Improvisation entstand dann als Auftragswerk für den Norddeutschen Rundfunk in Hamburg.

Wolfgang Fink: Diese beiden Stücke, Improvisation I und II, wurden im Januar 1958 in Hamburg von Hans Rosbaud uraufgeführt, der später, wenn ich mich recht erinnere: 1959, auch die III. Improvisation erstmals aufgeführt hat.

Pierre Boulez: Im gleichen Jahr habe ich, anlässlich des Todes des Prinzen zu Fürstenberg in Donaueschingen, eine erste Fassung von Tombeau geschrieben, die ich später dann sehr erweitert habe. Auch dieses Werk entstand zunächst zu einem äußeren Anlass. Noch später, als schon eine bestimmte Tendenz des Werkes klar war, kam Don. Bei Don spielten dann inhaltliche und formale Erwägungen eine Rolle, die sich im Verlauf der Komposition der übrigen Sätze herausgebildet hatten. Die Richtung allerdings, in der sich das Werk entwickelte, war zuerst überhaupt nicht klar und hat sich auch später immer noch verändert.

Wolfgang Fink: Die erste Fassung von Don für Stimme und Klavier wurde in Köln am 13. Juni 1960 anlässlich des 34. Weltmusikfests der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik bei der ersten Vorstellung aller fünf Teile uraufgeführt. Da stand auch schon der Titel des Gesamtwerkes fest, obwohl nicht nur Don, sondern auch Tombeau bis zur Uraufführung der eigentlichen Werkgestalt in Donaueschingen 1962 noch ziemlich verändert wurden.

Pierre Boulez: Ja. Ich habe besonders bei Don in jeder Beziehung nochmals ganz von vorne angefangen. Man kann also sagen, dass ich selbst das Werk Falte um Falte – „Pli selon pli“ –entdeckt habe.

Wolfgang Fink: Die fünf Sätze können auch isoliert aufgeführt werden. In Ihren Programmen tauchen relativ häufig Improvisation I und II auf.

Pierre Boulez: Ja. Die Bevorzugung von Improvisation I und II hat vor allem praktische Gründe, denn die anderen Sätze sind größer besetzt. Gelegentlich habe ich auch alle drei Improvisations aufgeführt. Tombeau kann auch für sich allein aufgeführt werden, während Don dafür weniger geeignet ist. Don ist eine Einleitung, eine lange zwar, aber eben eine Einleitung, die zum einen Zitate aus den Improvisations enthält, und zum anderen eine Art Variation über Tombeau, zumindest einige Aspekte von Tombeau, darstellt. Don ist also der Satz mit den meisten Referenzen zu den anderen Stücken und sollte daher nur mit diesen zusammen aufgeführt werden. Die Stücke hängen also in unterschiedlicher Weise miteinander zusammen, aber sie sind, jedes für sich genommen, (fast) vollkommen unabhängig voneinander. Man kann das mit den Materialien einer architektonischen Konstruktion vergleichen, zum Beispiel mit Steinen, die man zusammenbauen kann, die aber auch für sich allein oder in einem anderen Kontext stehen können.

Wolfgang Fink: Sie haben alle fünf Teile von Pli selon pli mehrfach überarbeitet: die ursprünglichen Fassungen oder Zwischenstadien haben Sie, wenn sie überhaupt veröffentlicht wurden, wieder zurückgezogen.

Improvisation I allerdings existiert in zwei unterschiedlich besetzten Fassungen, die beide aufgeführt werden können.

Pierre Boulez: Improvisation I war zunächst ein ganz spielerisches Werk, das ich geschrieben habe, um mich von der 3. Klaviersonate zu erholen. Wenn ich mich erholen will, denke ich immer an eine sehr einfache melodische Linie, die sicherlich nicht zwölftönig ist. Das wird Sie vielleicht erstaunen, aber diesen Zwang zur Vollständigkeit aller zwölf Töne habe ich oft als unerträglich empfunden, weil es so vorhersehbar ist. Bei dieser Melodie, von der ich eben sprach, gibt es Wiederholungen, bilden sich Polaritäten aus, die mich interessieren. Die erste Fassung von Improvisation I kreist im Wesentlichen um dieses Phänomen. Zur Artikulation habe ich auf Skizzen zu meinen Notations zurückgegriffen, die ich zwischen diese melodischen Segmente interpolierte. Die Form wird also durch ein Selbst-Zitat artikuliert. Wenn man die ursprünglichen Fassungen der fünf Sätze von Pli selon pli betrachtet, ergibt sich folgendes Bild:

Don (Klavier allein und Stimme)

Improvisation I (kleine Besetzung und Stimme)

Improvisation II (etwas größere Besetzung und Stimme)

Improvisation III (große Besetzung und Stimme)

Tombeau (sehr große Besetzung)

– also ein Crescendo in der Besetzung. Dann merkte ich, dass die erste Improvisation im Vergleich mit der dritten kein rechtes Gewicht hatte. Die Neufassung von Improvisation I ist nicht nur eine Orchestrierung, sondern auch eine Erweiterung und Verdichtung, so habe ich die melodische Linie mit Echos, Imitationen und so

weiter angereichert. Konsequenterweise musste ich auch Don in dieser Richtung erweitern. Jetzt gibt es, bei der integralen Aufführung aller Sätze, ein Decrescendo zur Mitte und ein Crescendo zum Schluss hin. Die Formtendenz hat sich also vollkommen geändert. In der ersten Improvisation habe ich die Methode angewendet, ein kleines Objekt zu nehmen und einer anderen Sache aufzupfropfen, woraus dann etwas Neues entsteht. Das ist sehr einfach gemacht.

Wolfgang Fink: Mallarmés Sprache zeichnet sich durch eine ungeheure formale Strenge und Dichte aus, die es so in der Lyrik davor und danach kaum wieder gegeben bat. Die Syntax ist – ich glaube auch für einen gebildeten Franzosen – sehr kompliziert und die Semantik derart aufgeladen, dass das Netz an Referenzen fast undurchschaubar wird. Man muss die Literaturgeschichte, aber auch die griechische Mythologie und die Bibel gut kennen, um alle Anspielungen zu begreifen. Dieser konstruktive Nachdruck reicht bis in die Vokalstruktur hinein: Bestimmte Gedichte erscheinen wie Variationen über Vokale. Freilich ist Mallarmé ein Dichter des 19. Jahrhunderts und es gibt Kritiker, die Ihnen da einen Widerspruch vorwerfen. Diese Sprache mit all ihrer Hermetik gehöre, so liest man, ins 19. Jahrhundert, während Ihre Musiksprache sich von der Tradition gerade losgesagt habe.

Pierre Boulez: Warum diese Klassifikationen? Warum sollte etwas, das im 19. Jahrhundert entstand, nicht für uns heute gültig sein? Sie haben es selbst gesagt: nach Mallarmé gab es doch so gut wie keine formelle Entwicklung mehr, zumindest nicht in der von Mallarmé eingeschlagenen Richtung. Das stellt eine Extremposition dar, die so nicht zu überbieten ist. Ich wollte nichts anderes, als diese formale Strenge in die Musik zu transponieren.

Wolfgang Fink: Sie haben einmal davon gesprochen, dass die drei Improvisationen in unterschiedlichen Ausprägungen eine Art Analyse der Sonettstruktur darstellen. Wie ist das zu verstehen?

Pierre Boulez: In der ersten Improvisation folgen die vier Strophen einfach aufeinander. Ich habe schon erwähnt, dass es sich beim Ausgangsmaterial um eine relativ einfache melodische Linie handelt, die übrigens aus einem anderen Zusammenhang, einer Hörspielmusik, stammt. Diese drei Komponenten: das Gedicht von Mallarmé, die melodische Linie und die zwischen die Strophen eingeschobenen Einsprengsel aus den Notations hatten zunächst nichts miteinander zu tun, der Zusammenhang, der sich zwischen Musik und Sprache einstellt, ist also eher spielerischer Natur. Bei der zweiten Improvisation ist die Entsprechung von Wort und Ton, Poesie und Musik viel weiter vorangetrieben. Ausgehend von der Sonettstruktur: den beiden Quartetten und den beiden Terzetten korrespondieren zwei verschiedene Vokalstile, nämlich eine strikt syllabische und eine dekorativ ornamentale Artikulation. Diese beiden fundamentalen Artikulationsweisen bieten jede für sich ein großes Register der Textbehandlung. Man kann sehr nahe am Text bleiben oder ihn völlig unverständlich machen, indem man einerseits das dekorative Element zum Exzess treibt, oder, im syllabischen Bereich, die Einsatzabstände zwischen den einzelnen Silben so weit auseinanderzieht, dass sich dem Hörer nur noch der einzelne Silbenlaut mitteilt. Es eröffnen sich da Möglichkeiten, ganz unterschiedliche Grade von Kontinuität sowohl in musikalischer als auch literarischer Hinsicht aufzufächern, die von großer Kontinuität zu absoluter Diskontinuität reichen. Was nun Improvisation II angeht, so ist die erste Strophe strikt ornamental, die zweite strikt syllabisch, wobei, wie angedeutet, einerseits die Ornamentik immer ausschweifender, andererseits die Einsatzabstände immer mehr gespreizt werden. Bei den Terzetten richtet sich der Wechsel am Reimschema aus: AAB/CBC – und hat die Artikulation „ornamental, ornamental, syllabisch / ornamental, syllabisch, ornamental“ zur Folge. Ich will in dem Zusammenhang noch darauf hinweisen, dass die Zahl acht in Improvisation II eine wichtige Rolle spielt: Die strikte Achtsilbigkeit dieses Sonetts dient als Basis für das Strukturgerüst der Musik.

Wolfgang Fink: Vereinfacht gesagt, betrachtet man demnach bei der ersten Improvisation das Sonett gleichsam von außen, während der II. bereits eine sehr detaillierte Analyse der Strophenstruktur zugrunde liegt.

Pierre Boulez: Genau. In der III. Improvisation wird es nochmals wesentlich komplizierter, weil ich mich damit der Struktur jedes einzelnen Verses und seiner Bedeutung innerhalb der Gesamtform des Gedichts auseinandergesetzt habe. Es ging mir dabei, kurz gesagt, darum, für jeden Vers sozusagen eine eigene Form zu finden.

Wolfgang Fink: In den Improvisations wird demzufolge also auch Zug um Zug, man könnte auch sagen Schicht um Schicht die Form des Sonetts musikalisch durchdrungen. Es gibt aber sicher auch noch andere Formen des Zusammenwirkens von Gedicht und Musik. Zumal in den gewichtigen Ecksätzen, in Don und Tombeau das textliche Element kaum in Erscheinung tritt.

Pierre Boulez: In Don gibt es nur einen Vers zu Beginn und in Tombeau kommt ein Vers ganz am Schluss. Aber auch dort spielt die Auseinandersetzung mit Mallarmé eine Rolle. Ich habe das damals versucht zu bezeichnen mit „centre et absence“. Die Poesie steht manchmal ganz im Mittelpunkt und manchmal ist sie in ihrer Präsenz verschleiert. Sehen Sie, zu diesem Formproblem, mit dem ich mich damals sehr beschäftigt habe, das war auch die Zeit meiner Dritten Klaviersonate, habe ich eine überzeugende Korrespondenz nur bei Mallarmé gefunden. Wenn ich das in Gedichten aus der Zeit 500 vor Christus oder bei Aischylos gefunden hätte, hätte ich darauf Bezug genommen und Texte aus dieser Zeit gewählt. Der Anteil des 19. Jahrhunderts bei Mallarmé spielt für mich überhaupt keine Rolle, das tritt völlig in den Hintergrund; er ragt weit aus dieser Epoche heraus.

Wolfgang Fink: Sie legen sehr viel Wert auf die Textverständlichkeit, der Text soll erkennbar und nicht in seine Bestandteile aufgelöst, gleichsam pulverisiert werden, wie etwa bei Nono – wo man in vielen Fällen den ursprünglichen Wortlaut eines Textes gar nicht mehr erkennen kann. Der könnte, überspitzt gesagt, auch der eines Telefonbuchs oder einer Gebrauchsanweisung sein.

Pierre Boulez: Der Textkörper ist für mich wichtig, obwohl ich auch mit dem Text spiele, wenn ich etwa eine Silbe so ornamentiere, dass man dem Text kaum mehr folgen kann, weil einen die Ornamentierung der melodischen Linie so ablenkt, dass man den Faden verliert. Ich habe deswegen nie eine imaginäre Sprache benutzt, weil die literarische Sprache viel interessanter und viel weniger vorhersehbar ist als eine imaginäre Sprache. Alle diese Dada-Versuche usw. finde ich bestenfalls ganz nett, aber letztlich doch sehr simpel. Mich interessieren gerade die Übergänge von völliger Verständlichkeit und Verstehbarkeit hin zu immer weniger Verständlichkeit. Die Spreizungen, die unterschiedlichen Grade an Aufspreizung, die einen Satz oder ein Wort so sehr mit musikalischer Information aufladen, dass man zum Beispiel am Ende eines Satzes oder Wortes nicht mehr weiß, wie es angefangen hat, einfach weil ab einer gewissen Zeitdauer die Kontinuität in Diskontinuität umschlägt: Das eröffnet der Imagination doch einen viel größeren Spielraum, als wenn Sie von vornherein die Sprache nur als Lautmaterial betrachten. Das Gedicht bietet auf allen Ebenen, von denen wir eben gesprochen haben, sehr viel mehr Möglichkeiten als irgendeine imaginäre Sprache.

Wolfgang Fink: Sie sagten, gerade die Komplexität von Mallarmés Sprache und Poetik habe Ihnen geholfen, mit den formalen Herausforderungen Ihrer Musik umzugehen. Sehen Sie darin nicht auch das Problem, vor dem die Komposition für das Musiktheater steht. Ich möchte damit nicht die satztechnische und formale Strenge Ihrer Musik verallgemeinern, aber es ist unbestreitbar, dass die Transformationsmöglichkeiten, die

in der Musik seit Webern und Messiaen entwickelt wurden, derart komplex sind, dass sie mit den ganz anders gelagerten Entwicklungen in der zeitgenössischen Dramatik kaum mehr vermittelbar erscheinen.

Pierre Boulez: Wenn man für die Oper schriebe, müsste man eine sehr flexible Konzeption haben und die Sprache vollkommen anders als herkömmlich benutzen, nämlich auf verschiedenen Ebenen.

Wolfgang Fink: Das fängt schon mit dem an, was man „die Handlung“ nennt.

Pierre Boulez: Genau. Eine Handlung oder eine Geschichte, was auch immer, braucht man, egal wie abstrakt oder konkret sie auch sein mag. Das ist aber nicht das Hauptproblem, wichtig sind die verschiedenen Ebenen.

In der Tradition ist das über Jahrhunderte standardisiert und, das ist jetzt sehr generell gesagt, unterschieden nach einer Informationsebene – im Rezitativ, da sind die Worte wichtig und einer Ebene der Kontemplation – da sind die Worte nicht so wichtig und die Musik tritt in ihr Recht. Das sind zwei Pole, innerhalb derer der Gesang die Entwicklung eines Charakters oder die Entwicklung einer Situation zeigen kann.

Ich würde sagen, dass heute dieses Register einfach viel größer geworden ist, und ich denke, zu den dramatischen Möglichkeiten muss eine sehr flexible Stilistik kommen: bis hin zum „objet trouvé“. Wenn ich eine Oper schreiben würde, würde ich mich vor objets trouvés nicht scheuen, weil eine theatralische Situation das einfach verlangt bzw. verlangen kann. Bei Konzertmusik ist das anders gelagert, deswegen führt da kein direkter Weg von Pli selon pli hin und ein triviales objet trouvé, wie wir es zum Beispiel bei Pétrouchka finden, hat da keinen Platz. Das ist ein gutes Beispiel: Petruschka, das ist ein Ballett, ein Stück fürs Theater, da geht ein objet trouvé, das gehört zu einer bestimmten Situation, genauso in der Histoire du soldat, aber ein objet trouvé – um bei Strawinsky zu bleiben – im Dumbarton Oaks Konzert, das ist, finde ich, daneben.

Das Gespräch mit Pierre Boulez führte Wolfgang Fink am 11. Mai 1999 im IRCAM, Paris

Werkdaten

Éclat/Multiples (1970)

für Orchester

Solisten

2 Viola

Instrumentierung

Altflöte in G

Englischhorn

Bassetthorn

Trompete in C

Posaune

Glockenspiel

Röhrenglocken

Vibraphon

Cimbalom

Harfe

Celesta

Klavier (2 Klaviere, 1 Spieler)

Mandoline

Gitarre

Viola (8)

Violoncello (1)

Entstehungszeit: 1966 –1970

Länge: 25 min

Herausgeber: Universal Edition, Tesin

Uraufführung: 21. Oktober 1970, Royaume-Unis, London, BBC Symphony Orchestra unter der Leitung von Pierre Boulez

Pierre Boulez, Manuskript Éclat/Multiples, Universal Edition, 1966

Pli selon pli. Portrait de Mallarmé (1957–1962/1989)

für Sopran und Orchester

I. Don (rev. Fassung von 1989)

« Je t’apporte l’enfant d’une nuit d’ldumée ! » für Sopran und Orchester

II. Improvisation I 1957/1962

« Le vierge, le vivace et le bel aujourd’hui » für Sopran und Orchester

III. Improvisation II

« Une dentelle s’abolit » 1957 für Sopran und Orchester

IV. Improvisation III

« A la nue accablante tu » 1959/1983 für Sopran und 9 Instrumenatlisten

V. Tombeau 1959/1962

für Sopran und Orchester

Kompositionsdaten: 1957–1962

Länge: 67 ’

Erstaufführung ohne Improvisation III: 13. Januar 1958, Donaueschinger Musiktage, NDR-Symphonieorchester, Ilse Hollweg, Sopran, Hans Rosbaud, Leitung Uraufführung: 13. Juni 1960, Köln, SWF-Sinfonieorchester Baden-Baden, Pierre Boulez, Leitung

Pierre Boulez, 1. Akkord Pli selon pli, Don, 1960

Pierre Boulez

Pierre Boulez war als Komponist, Dirigent und auch als Vermittler und Organisator eine der zentralen Gestalten der Musikgeschichte der Nachkriegszeit. Dabei hat er einen weiten Weg zurückgelegt vom angriffslustigen, um keine Provokation und keine sprachliche Spitze verlegenen Rebellen zum allseits hoch geachteten Künstler. Pierre Boulez wurde 1925 in Montbrison geboren. Seine Eltern hatten ihm ein mathematisches Studium nahegelegt, Boulez aber entschied sich dagegen und für die Musik. Ein rational geprägtes Element ist dennoch auch für seinen Zugang zur Musik charakteristisch. In seinem Schaffen spielen zahlenhafte Ordnungen eine große Rolle, auch wenn sie dem Hörer verborgen bleiben. Von 1943 an studierte Boulez am Pariser Konservatorium. Die Analysekurse Olivier Messiaens und später die durch René Leibowitz vermittelte intensive Beschäftigung mit der Zwölftontechnik und der Musik der Schönberg-Schule, vor allem der Weberns, waren die prägenden Einflüsse jener Zeit. Zudem begeisterte sich Boulez für die Literatur und vor allem die Lyrik der französischen Moderne. Nach dem Studium übernahm Boulez für zehn Jahre, bis 1956, die musikalische Leitung der gerade ins Leben gerufenen Theatergruppe von Jean-Louis Barrault und trat nun auch mit Kompositionen wie der Klaviersonate oder der ersten Fassung von Le Visage nuptial an die Öffentlichkeit. 1952 nahm Boulez erstmals an den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik teil, wo er gemeinsam mit Luigi Nono und Karlheinz Stockhausen zum wichtigsten Wortführer der Avantgarde wurde. Mit der Uraufführung der Kammerkantate Le Marteau sans maître im Jahr 1955 etablierte sich Boulez endgültig als einer der führenden Komponisten der Zeit.

Pierre Boulez als Gastdirigent beim Royal Concertgebouw Orchestra, Amsterdam, 6. Februar 1963

Eine Konstante in Boulez’ imponierendem kompositorischen Schaffen bildet der stete Wandel. Wandel bestimmt zunächst die äußere Werkgestalt. Immer wieder wendet sich Boulez schon abgeschlossenen Kompositionen zu, überarbeitet sie und erstellt neue Versionen, die oftmals den Charakter nicht nur einer neuen Fassung, sondern eines neuen Werkes haben. Vor allem aber charakterisiert steter Wandel die Musik selbst. Gleich aus welcher Zeit sie stammt und mit welchen Mitteln sie verwirklicht wird, ist seine Musik in ständiger innerer Bewegung, Entwicklung und Veränderung begriffen. Die dabei durchmessenen Ausdrucksbereiche sind zwischen zwei einander entgegengesetzten Polen ausgespannt, einer ungestüm vorantreibenden, teils nervös, teils aggressiv wirkenden Wildheit auf der einen, einer bitter-süßen, lyrischen Zartheit auf der anderen Seite. So entstehen faszinierend schillernde, flüchtige klangliche Kaleidoskope von Farben und Stimmungen.

Die Frage nach einer möglichst werkgetreuen Aufführung Neuer Musik stellte sich für Boulez immer dringlicher und so wagte er sich kurzerhand selbst ans Dirigentenpult. In den 1960 er Jahren vollzog sich sein Aufstieg zu einem Dirigenten von Weltruf, der auch Werke der Tradition in maßstabsetzenden Aufführungen zum Leben erweckt. Die wichtigsten Stationen dabei waren

Pierre Boulez bei der Preisverleihung des Ernst von Siemens Musikpreises in München, 1979

das Dirigat des Parsifal in Bayreuth (1966 –70), die Übernahme von leitenden Positionen bei den New Yorker Philharmonikern (1971–77) und beim BBC Symphony Orchestra in London (1971–75) und die Leitung des „Jahrhundertrings“ in Bayreuth (1976 –79). Boulez hat zahlreiche Tonträger eingespielt. Kontinuierlich leitete er Konzerte der besten Orchester unserer Zeit.

In den 1970 er Jahren gründete Boulez zwei musikalische Institutionen von weltweiter Ausstrahlung und Anziehungskraft. 1976 rief er das Ensemble intercontemporain ins Leben, eine solistische Ensembleformation für zeitgenössische Musik, die zum Vorbild ähnlicher Avantgardegruppen wie dem Ensemble Modern oder dem Ensemble Musikfabrik wurde. Zwei Jahre später wurde maßgeblich auf Boulez’ Initiative hin im Centre Pompidou in Paris das IRCAM eröffnet, das sich der Erforschung der Möglichkeiten widmet, die die Elektronik der Musik eröffnet. Es gibt kaum einen nach 1950 geborenen Komponisten von Rang, der nicht am IRCAM wesentliche Anregungen für seine Arbeit und für die Nutzbarmachung moderner Technologien für die Musik erhalten hätte. Auch auf andere Projekte wie die Gründung der Cité de la musique und die Opéra Bastille nahm Boulez wesentlich Einfluss, bis er sich zu Beginn der 1990 er Jahre entschloss, seine Zeit ausschließlich dem Komponieren und Dirigieren zu widmen. Sein Wirken ist mit höchsten internationalen Auszeichnungen und Preisen bedacht worden. 1979 erhielt er den Ernst von Siemens Musikpreis. Von 1980 bis 1999 bestimmte er maßgeblich die Geschicke der Ernst von Siemens Musikstiftung in deren Kuratorium. Initiativen wie auch die räsonanz – Stifterkonzerte gehen im Wesentlichen auf ihn zurück. 2025 wäre er 100 Jahre alt geworden.

Sarah Aristidou, Sopranistin französisch-zyprischer Herkunft, gilt als eine der innovativsten und kreativsten Künstlerinnen ihrer Generation. Sie ist die erste Sängerin, die mit dem Belmont-Preis für zeitgenössische Musik (2022) ausgezeichnet wurde, ihre jüngste Soloeinspielung Enigma wurde mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet, und im Rahmen der Osterfestspiele Salzburg 2024 arbeitete sie mit DJ Max Cooper an Seme, einer immersiven Erkundung italienischer Ästhetik, Musik und Emergenz.

Als Bühnendarstellerin hinterließ Aristidou in den letzten Jahren einen bleibenden Eindruck als Venus / Chef der Gepopo in György Ligetis Le Grand Macabre an der Wiener und Bayerischen Staatsoper. Als Zerbinetta in Ariadne auf Naxos war sie an der Wiener Staatsoper, der Staatsoper Berlin, der Oper Frankfurt und der Semperoper Dresden zu hören, und als Ismene in Mozarts Mitridate wirkte sie in Produktionen in Kopenhagen, Malmö und Berlin mit. Aristidou erhielt hervorragende Kritiken für ihre Auftritte als Shoko in der Uraufführung von Thomas Larchers Das Jagdgewehr in Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen und dem Aldeburgh Festival sowie als Hanako in Toshio Hosokawas Oper an der Bayerischen Staatsoper.

In der Spielzeit 2024/25 debütiert Aristidou am Opernhaus Zürich in der Uraufführung von Beat Furrers Das Grosse Feuer, während sie auf der Konzertbühne mit dem Cleveland Orchestra Poulencs La Voix Humaine gibt.

Als begeisterte Verfechterin Neuer Musik hat Aristidou mehrere Kompositionen angeregt, darunter Aribert Reimanns Cinq fragments lyriques, das mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin uraufgeführt wurde, und Jörg Widmanns Labyrinth IV. Bei den Berliner Philharmonikern gab sie ihr Debüt in Edgard Varèses Offrandes.

Geboren 1991 in Paris, sammelte Aristidou ihre ersten musikalischen Erfahrungen im Kinderchor von Radio France. An der Pariser Sorbonne studierte sie Musikwissenschaft, am dortigen Conservatoire régional graduierte sie in Musiktheorie. Ihr Gesangsstudium nahm sie an der Berliner Universität der Künste auf und schloss es an der Münchner Theaterakademie August Everding ab.

sarah-aristidou.com

Franck Ollu ist ein vielseitiger Dirigent, der weithin als Experte auf dem Gebiet der zeitgenössischen und französischen Musik anerkannt ist. Anlässlich des 100. Geburtstages von Pierre Boulez dirigiert Franck Ollu Les Siècles in einer Reihe von Konzerten, darunter Paris, Berlin und Bukarest. Zu den jüngsten und zukünftigen Höhepunkten gehören das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das Budapester Festival, das Netherlands Radio Philharmonic, die Norwegische Oper, das Polish National Radio Symphony und das Basler Kammerorchester. Er dirigierte im Konzerthaus Stockholm ein George-Benjamin-Festival, und wird regelmäßig zum Festival Présences von Radio France eingeladen. In den letzten Spielzeiten dirigierte Franck die Weltpremiere von Thierry Escaichs Shirine an der Oper Lyon und die französische Premiere von Dusapins Macbeth Underworld an der Opéra Comique in Paris. Zu seinen jüngsten Opernengagements gehören eine Neuproduktion von Dallapiccolas Il Prigioniero und Rihms Das Gehege an der La Monnaie sowie Wiederaufnahmen von Debussys Pelléas et Mélisande an der Straßburger Oper und Zemlinskys Der Zwerg in Lille. Franck wurde eingeladen, die Weltpremieren vieler bedeutender Opern zu dirigieren, darunter Benjamins Into the Little Hill (Opéra Bastille), Bianchis Thanks to My Eyes (Festival Aix-en-Provence), Dusapins Penthésiléa (La Monnaie) und Passion (Festival Aix-en-Provence).

Ollu hat eine besonders enge Beziehung zum Ensemble Modern, was zu zahlreichen Opernaufführungen, unter anderem bei den Salzburger Festspielen, geführt hat. Sie haben auch im Bereich des Orchesterrepertoires zusammengearbeitet, und kürzlich dirigierte er Konzerte in Köln und Frankfurt, um ihr 40. Jubiläum zu feiern.

Franck ist ein engagierter Lehrer und Mentor und eng mit dem Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse in Paris verbunden.

franckollu.com

Les Siècles

Als weltweit einzigartige Besetzung, die Musiker*innen einer neuen Generation vereint und jedes Repertoire auf den entsprechenden historischen Instrumenten spielt, stellt Les Siècles auf treffende und unerwartete Weise mehrere Jahrhunderte des musikalischen Schaffens in Zusammenhang.

Les Siècles haben ein Gastspielrecht im Atelier Lyrique de Tourcoing, im Théâtre des Champs-Élysées in Paris, im Département Aisne und in der Region Hauts-de-France. Sie sind Partnerkünstler der Cité de la Musique in Soissons, des Théâtre du Beauvaisis und des Théâtre-Sénart in Lieusaint.

Les Siècles treten regelmäßig auf den Bühnen von London auf (BBC Proms, Barbican Center, Southbank Centre), sowie in Berlin, Luzern, Salzburg, Hamburg, Amsterdam, Köln, Bremen, Brüssel, Aldeburgh, Wiesbaden, Luxemburg, Tokio, Shanghai, Peking, Rom, Venedig, Essen u.a.

Les Siècles sind Mehrfach-Preisträger des Preises der Deutschen Schallplattenkritik und wurden in den Niederlanden dreimal mit dem Edison Klassiek Preis ausgezeichnet. Sie sind regelmäßig für den Gramophone Classical Music Award nominiert, den sie 2018 für die klassische Aufnahme des Jahres (Ravel, Daphnis et Chloé) gewonnen haben. Darüber hinaus sind sie dreimal für den Gramophone Award für das Orchester des Jahres nominiert worden.

In Frankreich gewannen sie unter anderem einen Victoire de la Musique Classique, zwei Diamants Opéra (Mirages mit Sabine Devieilhe und Debussys Pelléas et Mélisande) sowie mehrere Diapasons d’Or und Chocs Classica. Ihre Aufnahme von Debussys, Jeux / Nocturnes / Prélude à l’après-midi d’un faune wurde von der Website Presto Classical zur Platte des Jahres gewählt.

Les Siècles setzen die Aufnahme der gesamten Orchestermusik von Berlioz, Ravel und Debussy sowie ihren Mahler-Zyklus und ihren der Zweiten Wiener Schule gewidmeten Zyklus fort. Les Siècles haben zudem die Erstaufnahmen von Saint-Saëns’

Le Timbre d‘Argent, Félicien Davids Christophe Colomb oder der Kantate Velléda von Paul Dukas vorgelegt.

Die Musiker*innen des Ensembles geben ihre Leidenschaft für klassische Musik an möglichst viele Menschen weiter, und führen regelmäßig Vermittlungsprojekte in Schulen, Krankenhäusern und Gefängnissen durch.

Das Orchester ist Partner der Jeune Symphonie de l’Aisne, des Jeune Orchestre Européen Hector Berlioz und von DEMOS in der Region Hauts-de-France und der Île-de-France. Les Siècles sind auch Initiatoren des Projekts „Musik im Krankenhaus“, am Trousseau-Krankenhaus in Paris und am Krankenhaus in Beauvais angeboten wird, sowie einer pädagogischen Einrichtung in La Petite Bibliothèque Ronde in Clamart.

lessiecles.com

Violine I

François-Marie DRIEUX, solo

Jan ORAWIEC

Violine II

Martial GAUTHIER, Stimmführer

Laetitia RINGEVAL

Viola

Hélène DESAINT, solo

Yael COHEN

Catherine DEMONCHY

Megumi KASAKAWA

Antonin LEFAURE

Anne-Sophie METZGER

Benoît MOREL

Laurent MULLER

Issey NADAUD

Julien PRAUD

Violoncello

Mick STIRLING, solo

Arnold BRETAGNE

Guillaume FRANÇOIS

Amaryllis JARCZYK

Lucile PERRIN

Kontrabass

Axel BOUCHAUX, solo

Lilas BERAULT

Lucas FAUCHER

Marion MALLEVAËS

Lilas RÉGLAT

Léa YECHE

Flöte

Marion RALINCOURT, solo

Minaya CHAPELAIN

Anne-Cécile CUNIOT

Anna SCHWARZ

Oboe/Englischhorn

Stéphane MORVAN

Klarinette

François LEMOINE, solo

Mathieu STEFFANUS

Jérôme SCHMITT

Saxophon I

Miho KIYOKAWA

Fagott/Saxophon II

Michaël ROLLAND

Horn

Rémi GORMAND, solo

Emmanuel BÉNÈCHE

Yun-Chin GASTEBOIS

Cyril VITTECOCQ

Trompete

Fabien NORBERT, solo

Rodolph PUECHBROUSSOUS

Posaune

Damien PRADO, solo

Jonathan LEROI

Lucas PERRUCHON

Schlagzeug/Pauke

Sylvain BERTRAND

Schlagzeug

Matthieu CHARDON

Camille COUTURIER

Emmanuel JACQUET

Guillaume LE PICARD

Elise ROUCHOUSE

Adrian SALLOUM

Cimbalom

RIVALLAND Françoise

Celesta/Schlagzeug

Eriko MINAMI

Klavier/Schlagzeug

Jean SUGITANI

Harfe

Aurélie BOUCHARD

Laure BERETTI

Sarah BERTOCCHI

Mandoline

Florentino CALVO

Gitarre

Pierre BIBAULT

Die Société Générale Foundation ist der Hauptsponsor des Orchesters. Les Siècles ist im Atelier Lyrique de Tourcoing und seit der Spielzeit 2022/2023 im Théâtre des Champs-Élysées in Paris ansässig.

Seit 2010 wird das Ensemble vom Kulturministerium und der DRAC Hauts-de-France für eine Residenz in der Region Hauts-de-France subventioniert. Es erhält regelmäßige Unterstützung vom Centre National de la Musique und seit 2011 vom Conseil Départemental de l’Aisne, um seine künstlerische und pädagogische Präsenz in der Region zu stärken, insbesondere in der Cité de la Musique in Soissons. Seit 2018 erhält das Orchester Betriebszuschüsse von der Region Hauts-de-France.

Das Orchester ist „Artist in Residence“ beim Berlioz-Festival in La Côte Saint-André und „Associate Artist“ am Théâtre du Beauvaisis und am Théâtre-Sénart.

Das Orchester wird von der Caisse des Dépôts et Consignations, Hauptsponsor des Jeune Orchestre Européen Hector Berlioz, vom Verein Échanges et Bibliothèques und gelegentlich vom Palazzetto Bru Zane – Centre de musique romantique française, von SPEDIDAM, ADAMI, Institut Français und SPPF unterstützt.

Les Siècles ist Mitglied von PROFEDIM, der Association Française des Orchestres und assoziiertes Mitglied der SPPF.

musica viva

Saison 2024/2025

br-musica-viva.de

18.45 Uhr

Einführung

3 25 März Samstag Herkulessaal der Residenz München – 20.00 H

Pierre Boulez [1925 –2016]

Cummings ist der Dichter für gemischten Chor und Orchester [1970]

Luciano Berio [1925–2003]

Laborintus II für Stimmen, Instrumente und Tonband [1965]

Helmut Lachenmann [*1935]

Harmonica

Musik für großes Orchester mit Tuba [1965]

Stefan Tischler Tuba

Chor des Bayerischen Rundfunks

Max Hanft Einstudierung

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Sir Simon Rattle Leitung

Norbert Ommer Klangregie

tickets 0800 5900 594 || shop.br-ticket.de

Veranstaltung der musica viva des Bayerischen Rundfunks

Eine

BR-KLASSIK sendet den Konzertmitschnitt am Dienstag, 1. April, ab 20.03 Uhr im Radio.

musica viva

Saison 2024/2025

br-musica-viva.de

Einführung 18.45 Uhr

25 4 25 April

Freitag Herkulessaal der Residenz München – 20.00 H

Portrait Pascal Dusapin

Pascal Dusapin [*1955]

Reverso

Solo Nr. 6 für großes Orchester [2005–06]

Wenn du dem Wind … Drei Szenen aus der Oper Penthesilea nach Heinrich von Kleist [2014]

Deutsche Erstaufführung

Uncut

Solo Nr. 7 für großes Orchester [2008–09]

Aufgang

Konzert für Violine und Orchester [2011]

Christel Loetzsch Sopran

Renaud Capuçon Violine

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Ariane Matiakh Leitung

tickets 0800 5900 594 || shop.br-ticket.de

Veranstaltung der musica viva des Bayerischen Rundfunks

Eine

BR-KLASSIK sendet das Konzert live im Radio.

räsonanz

Stifterkonzert Luzern 2025

KKL Luzern, Konzertsaal | 27. August 2025 | 19 30 Uhr

Das Konzert ist eine Initiative der Ernst von Siemens

Musikstiftung, veranstaltet von LUCERNE FESTIVAL.

Netherlands Radio Philharmonic Orchestra

Netherlands Radio Choir

Karina Canellakis, Dirigentin

Liv Redpath, Sopran

Bertrand Chamayou, Klavier

Pierre Boulez (1925 –2016)

Le Soleil des eaux für Sopran, Chor und Orchester

Unsuk Chin (*1961)

Klavierkonzert

Robin de Raaff (*1968)

L’Azur. Kantate für gemischten Chor und Orchester Uraufführung

Pierre Boulez (1925 –2016)

Don aus Pli selon pli für Sopran und Orchester

Weitere Informationen: lucernefestival.ch/raesonanz sowie über LUCERNE FESTIVAL: Ticketing & Besucherservice

T. +41 (0)41 / 226 44 80 | ticketbox@lucernefestival.ch

Karten ab 18 . 3. 2025 | 12 Uhr (MEZ)

CHF 120 | 90 | 60 | 30

www.evs-musikstiftung.ch | www.lucernefestival.ch | www.br-musica-viva.de

Impressum räsonanz ist eine Initiative der Ernst von Siemens Musikstiftung in Kooperation mit der musica viva des Bayerischen Rundfunks und Lucerne Festival.

Textnachweise: Éclat/Multiples S. 14–17: „Pierre Boulez (1925-2016) / Éclat/Multiples (1966–1970)“. IRCAM. Abgerufen 28. Mai 2024. Und Helen Puffer Thwait: Éclat/ Multiples, CCO via Wikimedia Commons. | Pli selon Pli S. 18–21: Patrick Hahn: aus der Neuen Musikzeitung, Ausgabe Juli/August 2011, für den Wiederabdruck redaktionell gekürzt | Froidevaux, Fink zu Mallarmé S. 27, Gespräch Pierre Boulez/Wolfgang Fink S. 32–39: aus dem Programmbuch der Kölner Philharmonie vom 29. März 2000 anlässlich des Konzerts zum 75. Geburtstag von Pierre Boulez | Text Pli selon pli. Portrait de Mallarmé Gedichte von Stéphane Mallarmé S. 24–29, und Biografie Pierre Boulez S. 44–47: Aus dem Programmbuch der musica viva des Bayerischen Rundfunks vom 30. September 2011.

Bildnachweise: Prinzregententheater S. 1: Brigida González | KKL Luzern S. 8 und S. 58: Urs Wyss | Pierre Boulez S. 12/13 und S. 30/31: BR/Astrid Ackermann | Pierre Boulez S. 15, 16, 45: Nationaal Archief, Foto: Harry Pot/Anefo, CCO via Wikimedia Commons | Skizzen/Manuskriptseiten Pli selon pli S. 19, 20, 30, 41, 43: Sammlung

Pierre Boulez der Paul Sacher Stiftung, Basel | Stéphane Mallarmé um 1890 S. 23: Paul Nadar – Sotheby’s, Public Domain, CCO via Wikimedia Commons | Pierre Boulez, Verleihung des Ernst von Siemens Musikpreises, 1979, S. 46: Eric Marinitsch | Sarah Aristidou S. 49: Andrej Grilc | Franck Ollu S. 51: Jean-Jacques Ollu | Les Siècles S. 53: Cyprien Tollet.

Wir haben versucht alle Rechteinhaber ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Sollten trotzdem noch berechtigte Ansprüche bestehen, bitten wir die Rechteinhaber, sich mit dem Herausgeber in Verbindung zu setzen.

Veranstalter: musica viva des Bayerischen Rundfunks, Rundfunkplatz 1, 80335 München

Künstlerische Leitung: Dr. Winrich Hopp

Organisations- und Produktionsleitung: Dr. Pia Steigerwald

Herausgeber: Ernst von Siemens Musikstiftung, Chollerstrasse 4, 6300 Zug, Schweiz Geschäftsführerin: Nicole Willimann

Sekretär des Kuratoriums: Björn Gottstein

Projektleitung und Redaktion: Imke List

Mitarbeit: Anna Groesch und Sonja Scharfe

Konzept und Gestaltung: jäger&jäger, jaegerundjaeger.de Druck: Druck-Ring München

Nachdruck nur mit Genehmigung

Redaktionsschluss: 13. Dezember 2024

Änderungen vorbehalten

Die Ernst von Siemens Musikstiftung dankt der Siemens AG sehr herzlich für die Bereitstellung der Münchner Geschäftsräume.

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Programmbuch räsonanz-Stifterkonzert München 2025 by EvSMusik - Issuu