Vademecum «ÜberPrüfen»

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Vademecum

ÜberPrüfen

Eine Auswahl an kompetenzorientierten Prüfungsmethoden

vademecum über prüfen

Fähige Berufsleute, die hervorragend für die zukünftige Arbeitswelt ausgebildet sind, zeigen ihr Können an schulinternen Prüfungen sowie an den eidgenössischen Abschlussprüfungen. Sie stellen dabei nicht ihr auswendig gelerntes Wissen zur Schau, sondern es geht um mehr – um viel mehr!

Mit kompetenzorientierten Prüfungen – und nicht mit dem blossen Abfragen von Fachwissen – gelingt es, zuverlässige Aussagen über das Kompetenzprofil der Berufsleute zu machen.

Die Verantwortung, fähige Berufsleute in die Berufswelt zu entlassen oder sie bestmöglich auf die eidgenössischen Abschlussprüfungen vorzubereiten, liegt bei den Organisationen der Arbeitswelt und den Bildungsinstitutionen. Die Aufgabe der Ausgestaltung von kompetenzorientierten Prüfungen ebenfalls. Didaktisch betrachtet ist dies eine Herausforderung.

Wir stellen Ihnen in diesem Vademecum ein Spektrum an kompetenzorientierten Prüfungsmethoden vor. Es handelt sich dabei um Beispiele, die wir in unserem Projektalltag erfolgreich umgesetzt haben. Es werden Einsatzgebiete, Tipps für die Konstruktion und Praxisbeispiele aufgezeigt.

Mit dem Vademecum möchten wir Ihnen eine kleine Praxishilfe in die Hand geben. Wir freuen uns, wenn Sie daraus Impulse mitnehmen.

inhaltsverzeichnis

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Berufliche Kompetenzen sind vielschichtig: Zur erfolgreichen Bewältigung von beruflichen Aufgaben sind neben fundiertem Fachwissen auch eine entsprechende Haltung, analytische Fähigkeiten, methodisches Vorgehen oder ein umfassendes Problemlöseverhalten notwendig.

Aufgrund ihrer Vielschichtigkeit sind berufliche Kompetenzen in Prüfungen nur schwer fassbar. Somit bewegt man sich bei der Konstruktion der Prüfungen zwangsläufig im Spannungsfeld zwischen Wünschenswertem und Machbarem.

Das Wünschenswerte: Die Kandidat/innen zeigen ihre beruflichen Fähigkeiten direkt in der realen Praxis – live und in Farbe, mit all der Komplexität, die darin steckt. Die Prüfungsexpert/innen beobachten und bewerten die gezeigten beruflichen Kompetenzen.

Die Problematik: Ökonomisch betrachtet ist das oftmals nicht machbar. Der Aufwand für ein solches Prüfungssetting würde ins Unermessliche steigen.

Das Machbare: Man trifft eine Auswahl der zu prüfenden Kompetenzen. Die berufliche Praxis wird so realitätsnah wie möglich im Prüfungssetting nachgebildet.

Der Lösungsansatz: Die zu prüfenden Kompetenzen werden über verschiedene Prüfungsmethoden erhoben. Dabei erhöht ein breiter Mix an Prüfungsmethoden die Wahrscheinlichkeit, die Vielschichtigkeit der beruflichen Kompetenz in ihrer Ganzheit zu erfassen

auswahl an möglichen prüfungsmethoden

Fachwissen in praktischen Situationen abrufen

Wissensfragen

Fachgespräch

Auswahl an möglichen Prüfungsmethoden

Postkorb

Erfolgskritische Situationen (Critical Incidents)

Mini Case

Gesprächsanalyse

Handlungssimulation

Anwendungen in praktischen Situationen durchdenken

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Handlungssimulation

Geleitete Fallarbeit

Fallstudie

Handlungen in praxisnahen Situationen durchführen

Rollenspiel

Gruppendiskussion

Präsentation

Werkschau

Projektarbeit

Praxisarbeit

Kompetenzstatus

Statusgespräch

Berufliche Erfahrung dokumentieren, reflektieren und begründen

Praxisprüfung

Handeln in der realen Berufspraxis zeigen

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1 fachwissen in praktischen situationen

abrufen

Einsatzgebiet

Ein wichtiger Bestandteil von Handlungskompetenz ist, dass man über das relevante Grundlagenwissen verfügt und dieses auch verstanden hat. Wissensfragen werden eingesetzt, um zu überprüfen, ob die Kandidat/innen über das notwendige Fachwissen und Verständnis verfügen.

Ausgestaltung

Wissensfragen können auf unterschiedliche Art gestellt werden:

> Geschlossen, also mit vorgegebenen Antwortoptionen in Form von Single Choice, Multiple Choice, Zuordnungs­ oder Reihenfolgeaufgaben

> Offen, indem die Kandidat/innen die Antwort selbst verfassen

Tipps für die Umsetzung

Betten Sie die Frage in den beruflichen Kontext der Kandidat/innen ein und führen Sie die Kandidat/innen zur Fragestellung hin. Achten Sie auf eine klare Fragestellung.

Beispiel

Single-Choice-Frage zum Thema Geschäftsabschluss:

Am Ende eines Jahres wird in der doppelten Buchhaltung der Geschäftsabschluss vorbereitet. Dabei wird unter anderem auch der Gewinn in der Schlussbilanz 1 erfasst.

Wie wird ein allfälliger Gewinn in der Schlussbilanz 1 einer Aktiengesellschaft erfasst?

Kreuzen Sie die zutreffende Aussage an.

Als Zunahme der Reserven gegenüber der Eröffnungsbilanz

Als Zunahme des Aktienkapitals gegenüber der Eröffnungsbilanz

Als Zunahme des Reinvermögens gegenüber der Eröffnungsbilanz

Als Zunahme des Gewinn­ oder Verlustvortrags gegenüber der Eröffnungsbilanz

Einsatzgebiet

Handlungskompetente Berufspersonen verfügen über ein umfangreiches Fachwissen. Sie nutzen dieses Wissen, um zu argumentieren, zu reflektieren und in Alternativen zu denken. Diese Kompetenz zeigen die Kandidat/innen im Fachgespräch. Häufig knüpft das Fachgespräch an eine vorausgehende Praxis­ oder Projektarbeit, Präsentation oder Praxisprüfung an.

Ausgestaltung

Ein Fachgespräch folgt einem klar strukturierten Ablauf und besteht meist aus zwei bis vier Teilen. In einem Gesprächsleitfaden werden pro Teil Beispielfragen definiert. Diese dienen den Expert/innen jedoch nur als Anregungen. Sie sind grundsätzlich frei in der Wahl ihrer Fragen, solange sie der Zielsetzung des entsprechenden Teils des Fachgesprächs entsprechen.

Tipps für die Umsetzung

Ein Fachgespräch sollte nicht als Frage­Antwort­Ping­Pong gestaltet sein, sondern ein richtiges Gespräch zwischen zwei Fachexpert/innen darstellen. Die hauptsächliche Redezeit sollte aufseiten der Kandidat/innen liegen.

Beispiel

Variante 1: Diskussion von Handlungsabläufen

Teil 1: Das Vorgehen in bestimmten beruflichen Situationen beschreiben und begründen

Teil 2: Mögliche alternative Vorgehensweisen erläutern

Teil 3: Mögliche alternative Vorgehensweisen beurteilen

Variante 2: Verteidigen von erarbeiteten Inhalten

Teil 1: Die Ausführungen in einer Präsentation, Fallstudie, einer Praxis­ oder Projektarbeit begründen

Teil 2: Bestimmte Inhalte vertiefen

Teil 3: Mögliche alternative Vorgehensweisen aufzeigen

Variante 3: Debriefing infolge einer Ausführung

Teil 1: Das Vorgehen im Anschluss an eine Praxisprüfung oder Handlungssimulation reflektieren

Teil 2: Fachliche Fragen im Zusammenhang mit dem Vorgehen beantworten

Teil 3: Optimierungsmöglichkeiten in Bezug auf das gezeigte Vorgehen erläutern

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2 anwendungen in praktischen situationen durchdenken

Einsatzgebiet

Handlungskompetente Personen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl die Situation als auch das eigene Handeln richtig einschätzen können. In der Fachsprache nennt sich dies Reflexionsfähigkeit oder Metakognition. Mini Cases sind geeignet, um die Reflexionsfähigkeit der Kandidat/innen zu überprüfen. Sie werden aufgefordert, die Situation oder das rollenkonforme Verhalten in einer bestimmten Situation einzuschätzen.

Ausgestaltung

Ein Mini Case beinhaltet eine Praxissituation und lässt sich in wenigen Sätzen beschreiben.

Er enthält eine Aufforderung, über die Situation, das Verhalten oder die Rolle zu reflektieren. Er eignet sich für mündliche und schriftliche Prüfungen.

Tipps für die Umsetzung

Wählen Sie Praxisfälle, die sich zur Reflexion eignen (z. B. eine Handlung, welche eine nicht korrekte Vorgehensweise beinhaltet). Die Fälle müssen eine gewisse Komplexität aufweisen.

Beispiel

Reflexion vergangener Ereignisse

Lokführer Heiri Müller nahm am Morgen einen Zug in Betrieb. Er schaltete die Lok ein und verliess dann den Führerstand, um die Aussenkontrolle vorzunehmen. Plötzlich bemerkte er, dass der Zug rückwärts rollte. Erst der Prellbock konnte den Zug wieder zum Stillstand bringen.

Wo sind Ihrer Meinung nach Fehler passiert? Welche Massnahmen muss Lokführer Müller ergreifen, um diese Situation künftig zu vermeiden?

Reflexion Rolle

Sie sind Teamleiter/in im Unternehmen X. Aufgrund einer Restrukturierung müssen Sie zwei Mitarbeitende entlassen. Nach langem Abwägen haben Sie entschieden, von welchen Mitarbeitenden Sie sich trennen werden.

Wie gehen Sie als Vorgesetzte/r nun konkret vor? Welches sind Ihre Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in dieser Situation?

Einsatzgebiet

Arbeiten unter Zeitdruck, Prioritäten setzen oder die Arbeiten planen sind grundlegende Aspekte einer beruflichen Handlungskompetenz. Diese können mit einer Postkorbübung überprüft werden.

Ausgestaltung

Es wird eine berufliche Handlungssituation beschrieben, die ein genaues Planen und Prioritäten­Setzen erfordert. Die Kandidat/innen erhalten dazu eine ganze Reihe schriftlicher Dokumente oder Aufgabenstellungen, welche in ähnlicher Weise im Postfach eines/r Mitarbeiter/in zu finden sind. Die Kandidat/innen beschreiben in einem Aktionsplan die Reihenfolge der einzelnen Schritte, welche sie zur Lösung der Situation vornehmen würden, und begründen das gewählte Vorgehen.

Tipps für die Umsetzung

Die Postkorb­Aufgabe dauert je nach Komplexität der Aufgabe zwischen 30 und 90 Minuten. Bei Postkorb­Übungen gibt es geeignete und weniger geeignete Lösungen und nicht nur eine einzig richtige Lösung. Arbeiten Sie mit möglichst authentischem Material.

Beispiel

Planung des Gästeempfangs am WEF in Davos

In Ihrer Rolle als Eventmanager/in des WEF Davos müssen Sie den Gästeempfang und ­transport organisieren. Das Programm, die Informationen zur Ankunft der einzelnen Gäste und ein Situationsplan liegen bei.

Aufgabe:

Studieren Sie die vorliegenden Informationen, legen Sie die richtigen Aktionen fest und priorisieren Sie diese. Begründen Sie Ihre Entscheidungen.

Stellvertretung der vorgesetzten Person übernehmen Sie haben einen ausgefüllten Tag vor sich, die Abgabe einer wichtigen Offerte ist heute terminiert. Bei Ihrem Eintreffen erfahren Sie, dass Ihr Chef erkrankt ist und Sie an seiner Stelle an drei Sitzungen teilnehmen müssen. In der Beilage erhalten Sie eine kommentierte Tagesplanung, die Vorbereitungsunterlagen für die drei Sitzungen, ein Organigramm und eine Beschreibung der zentralen Ansprechpartner/innen.

Aufgabe:

Planen Sie Ihren Tag neu und zeigen Sie Schritt für Schritt auf, wie Sie vorgehen.

Einsatzgebiet

Handlungskompetente Personen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in kritischen Situationen entschlossen handeln. Erfolgskritische Situationen, auch Critical Incident (CI) genannt, eignen sich, um die professionelle Bewältigung von herausfordernden Situationen des beruflichen Umfelds zu überprüfen.

Ausgestaltung

Die erfolgskritische Situation beschreibt eine realistische, anspruchsvolle Arbeitssituation, welche eine unmittelbare Handlung erfordert. Die Kandidat/innen sind aufgefordert zu schildern, welche Massnahmen sie ergreifen würden, um die Situation zu bewältigen.

Tipps für die Umsetzung

Wählen Sie für das entsprechende Berufsbild typische erfolgskritische Situationen. Die Situationen müssen einen hohen Aufforderungscharakter haben.

Beispiel

Herausforderung im Bereich der Personalführung

Sie sind Teamleiter/in in einem Dienstleistungsunternehmen und führen fünf Mitarbeitende. Frau Meier, welche erst seit einem halben Jahr in Ihrem Team arbeitet, hat Sie um ein Gespräch gebeten. Während des Gesprächs bricht Frau Meier in Tränen aus und erzählt Ihnen, dass sie von zwei älteren Mitarbeiterinnen gemobbt wird.

Wie gehen Sie in dieser Situation vor?

Herausforderung im Bereich der Pflege

Sie sind der/die Pflegeverantwortliche auf Ihrer Station. Sie sitzen mit Ihren drei Mitarbeitenden beim Rapport, da geht der Feueralarm los.

Was ist Ihre Reaktion? Welches sind die nächsten Vorkehrungen, die Sie treffen?

Einsatzgebiet

Die Umsetzung von praktischen Handlungen ist zentral für die berufliche Handlungskompetenz. Handlungssimulationen sind geeignet, um die Umsetzung konkreter, abgeschlossener Routinehandlungen zu überprüfen.

Ausgestaltung

Es wird eine berufliche Handlungssituation geschildert, in der die Kandidat/innen eine Routinehandlung ausführen müssen. Sie werden dann dazu aufgefordert, Schritt für Schritt zu beschreiben, wie sie die Handlung ausführen würden. Diese Beschreibung kann schriftlich oder mündlich erfolgen.

Tipps für die Umsetzung

Wählen Sie zentrale Handlungen aus. Verwenden Sie nur Handlungen, welche routiniert erfolgen und nach einem vorgegebenen Ablauf durchgeführt werden müssen.

Fokussieren Sie die Fragestellung ausschliesslich auf die Handlung.

Beispiel

Sie sind Pflegefachmann/frau in einem Spital. Dabei müssen Sie regelmässig bei Patient/innen Blut für eine Blutsenkung abnehmen.

Aufgabe:

Beschreiben Sie genau – Schritt für Schritt –, wie Sie dabei vorgehen würden.

Einsatzgebiet

In sehr vielen Berufen und Tätigkeiten sind kommunikative Fähigkeiten von Bedeutung. Mit der Gesprächsanalyse lässt sich überprüfen, ob sich die Kandidat/innen wichtiger Grundsätze, Methoden und Techniken der Gesprächsführung zum Beispiel in Beratungsgesprächen, Verkaufsgesprächen, Konfliktgesprächen oder Mitarbeitendengesprächen bewusst sind.

Ausgestaltung

Die Kandidat/innen beobachten ein Gespräch bzw. einen Gesprächsausschnitt entweder live oder anhand eines Videos, analysieren das Kommunikationsverhalten der Berufsperson und stellen ihre Ergebnisse anschliessend mündlich den Expert/innen vor.

Tipps für die Umsetzung

Den Kandidat/innen muss die Ausgangssituation des Gesprächs im Vorhinein beschrieben werden. Auch sollte klar kommuniziert werden, auf welche Aspekte sie sich bei der Analyse konzentrieren sollen.

Beispiel

Die Kandidat/innen sehen einen 10­minütigen Gesprächsausschnitt aus einem Kündigungsgespräch. Während des Ansehens des Videos analysieren sie das Vorgehen und Verhalten der Führungsperson und machen sich Notizen. Sie konzentrieren sich dabei auf folgende Aspekte:

1. Gestaltung des Gesprächseinstiegs durch die Führungsperson

2. Einsatz von Kommunikationstechnik

3. Rollenkonformität

4. Nonverbales Verhalten

5. Beziehungsgestaltung

6. Auftreten

Anschliessend erläutern sie ihre Ergebnisse den Expert/innen. Diese stellen Verständnis­ und Begründungsfragen zu den dargebotenen Inhalten.

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handlungen in praktischen situationen durchführen

Einsatzgebiet

Die Umsetzung von praktischen Handlungen ist zentral für die berufliche Handlungskompetenz. Handlungssimulationen sind geeignet, um die Umsetzung konkreter, abgeschlossener Routinehandlungen zu überprüfen.

Ausgestaltung

Es wird eine berufliche Handlungssituation geschildert, in der die Kandidat/innen eine Routinehandlung ausführen müssen. Sie werden dazu aufgefordert, die Handlung konkret durchzuführen. Beurteilt wird das Vorgehen, das Ergebnis der Handlung oder beides.

Tipps für die Umsetzung

Wählen Sie eine zentrale Handlung aus. Verwenden Sie nur Handlungen, welche routiniert erfolgen und nach einem vorgegebenen Ablauf durchgeführt werden müssen.

Fokussieren Sie die Fragestellung ausschliesslich auf die Handlung.

Beispiel

Variante 1:

Vorgehensbezogene Handlungssimulation

Sie sind Pflegefachmann/frau in einem Spital. Frau Müller ist eine Patientin auf Ihrer Station.

Aufgabe:

Nehmen Sie ihr Blut für eine Blutsenkung ab. Kommentieren Sie dabei Ihre Handlungen.

Variante 2:

Ergebnisbezogene Handlungssimulation

Sie sind Pflegefachmann/frau und haben einer Patientin Blut abgenommen. [Hier wird der Fall näher geschildert ...]

Aufgabe:

Nehmen Sie den entsprechenden Eintrag in der Patientenakte vor. Verwenden Sie das beiliegende Formular.

Einsatzgebiet

Kommunikation ist in vielen Berufen eine zentrale Kompetenz. Im Rollenspiel kann die Kommunikationsfähigkeit simuliert und von den Prüfungsexpert/innen beobachtet und bewertet werden.

Ausgestaltung

Das Rollenspiel findet typischerweise in Zweiergesprächen statt, wobei eine Rolle durch eine/n Fachexpert/in (Kund/in, Vorgesetzte/r, Kolleg/in ...) ausgefüllt wird. Sowohl der/die Kandidat/in als auch der/die Fachexpert/in erhalten eine genaue Beschreibung der Ausgangslage und der Gesprächssituation. Beide erhalten ausserdem eine genaue Rollenbeschreibung und eine Aufgabenstellung. Das Gespräch wird nach einer kurzen Vorbereitungsphase live durchgeführt.

Tipps für die Umsetzung

Die Fachexpert/innen bleiben während des ganzen Rollenspiels in der vorgesehenen Rolle.

Die beobachtenden Prüfungsexpert/innen arbeiten mit einem differenzierten Beobachtungsbogen.

Beispiel

Vertragsverhandlung

Sie haben als Verkaufsleiter/in eine Offerte zu einer Produktentwicklung erstellt und sich bemüht, die Anforderungen des Pflichtenheftes genau zu erfüllen. Dadurch haben Sie aber den Kostenrahmen, den Ihnen Ihr Kunde gesteckt hat, überschritten. In einem Gespräch besprechen Sie Ihre Offerte mit dem Kunden.

Reklamation einer Kundin im Coiffeur-Salon Sie arbeiten schon mehrere Jahre als Coiffeuse/Coiffeur in einem kleinen Salon. Eine Stammkundin kommt verärgert in den Salon und beschwert sich über die Tönung, die Sie ihr vor drei Tagen gemacht haben und die nach der ersten Haarwäsche grünlich wirkt. Spielen Sie diese Situation durch.

Beratung einer Patientin zu Fragen ihren IV-Antrag betreffend

Sie haben als Sozialversicherungsexpert/in den beiliegenden IV­Antrag bearbeitet und ihn an die Patientin retourniert. Nun ist sie am Telefon und hat verschiedene Fragen Ihre Antwort betreffend. Spielen Sie diese Situation durch.

Einsatzgebiet

Das Prüfen der sogenannten Sozialkompetenz stellt eine besondere Herausforderung dar. Mit Gruppendiskussionen werden berufstypische Besprechungs­ und Verhandlungssituationen simuliert und damit kommunikative Fähigkeiten in der Gruppe bewertet.

Ausgestaltung

Es wird eine berufstypische Gesprächssituation beschrieben. Die Kandidat/innen erhalten einen entsprechenden Auftrag mit den Rahmenbedingungen und einer Beschreibung ihrer jeweiligen Rollen. Anschliessend führen sie eine Diskussion in der Gruppe. Die Prüfungsexpert/innen greifen nicht in die Diskussion ein, sondern beobachten und bewerten das Verhalten und die Beiträge der Kandidat/innen.

Tipps für die Umsetzung

Die Prüfungsexpert/innen erhalten einen differenzierten Beobachtungsbogen.

Beispiel

Bereich Detailhandel

Sie arbeiten in einem Grossverteiler in einer mittelgrossen schweizerischen Stadt. In den letzten Monaten ist der Umsatz stetig gesunken. Die Geschäftsleitung geht davon aus, dass die Umsatzrückgänge auf den Einkaufstourismus ins nahe Ausland zurückzuführen sind. Sie hat deshalb eine Arbeitsgruppe zusammengerufen, welche Ideen zu Gegenmassnahmen sammeln soll.

Sie sind Mitglied dieser Arbeitsgruppe. Die Geschäftsleitung erwartet, dass Sie nach der heutigen Sitzung fünf konkrete Massnahmen präsentieren und Ihr Vorgehen begründen können.

Diskutieren Sie die Ausgangslage und entwickeln Sie gemeinsam Ideen, welche Sie der Geschäftsleitung vorschlagen möchten. Entscheiden Sie zudem, wer die Ideen der Geschäftsleitung präsentieren wird.

[Die Kandidat/innen erhalten Hintergrundinformationen zu ihren Rollen.]

Einsatzgebiet

Wird im Berufsalltag Präsentationskompetenz gefordert, sollte die Prüfungsmethode «Präsentation» zum Einsatz kommen. Bei dieser geht es in erster Linie darum, zu überprüfen, ob die Kandidat/innen in der Lage sind, Konzepte, Ideen, Arbeitsergebnisse usw. strukturiert, nachvollziehbar und unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel vorzutragen und zu verteidigen.

Ausgestaltung

Die Kandidat/innen bearbeiten eine berufstypische Aufgabenstellung und präsentieren das Ergebnis den Prüfungsexpert/ innen. Diese können im Anschluss inhaltliche Rückfragen stellen. Im Zentrum der Bewertung steht jedoch die Qualität der Präsentation.

Tipps für die Umsetzung

Erhalten die Kandidat/innen für die Vorbereitung der Präsentation nur eine begrenzte Vorbereitungszeit, kann zusätzlich die Fähigkeit der Kandidat/innen, die zentralen Inhalte zu einem Thema schnell zu erfassen und aufzubereiten, überprüft werden.

Beispiel

Variante 1:

Präsentation zu einem über einen längeren Zeitraum bearbeiteten Thema

Die Kandidat/innen haben sich in Form einer Praxisarbeit mit einer Fragestellung aus ihrem beruflichen Alltag auseinandergesetzt. Für den Prüfungstag bereiten sie eine Präsentation der wichtigsten Inhalte aus dieser Arbeit vor.

Variante 2:

Präsentation mit kurzer Vorbereitungszeit Ihr Kollege ist kurzfristig erkrankt. Sie sollen an seiner Stelle einem Kunden das von ihm erarbeitete Marketingkonzept präsentieren. Auf dem Schreibtisch Ihres Kollegen haben Sie die folgenden Unterlagen gefunden (vgl. Beilagen).

Bereiten Sie anhand dieses Materials eine überzeugende Präsentation des Konzeptes vor.

Mögliche Beurteilungskriterien sind Struktur, Inhalt, Zuhörerorientierung/Körpersprache/Medieneinsatz sowie Verständlichkeit/Sprache.

Einsatzgebiet

Handlungskompetente Berufspersonen verfügen über konzeptionelle und analytische Kompetenzen sowie Umsetzungskompetenz in ganz konkreten beruflichen Situationen. Anhand der geleiteten Fallarbeit werden daher konzeptionelle Aufgaben, Analyse­ und Umsetzungsaufgaben in überschaubaren Praxisfeldern simuliert.

Ausgestaltung

Die Kandidat/innen bearbeiten ausgehend von einem vielschichtigen Praxisfall verschiedene aufeinanderfolgende Teilaufgaben. Diese Teilaufgaben werden aus den Kernprozessen und ­aufgaben des Berufs abgeleitet und erfordern zum Beispiel die Analyse einer vorgegebenen Situation, das Ziehen von Schlussfolgerungen, das Ausarbeiten eines Konzepts oder auch ganz konkrete Anwendungen.

Tipps für die Umsetzung

Die geleitete Fallarbeit bildet eine Alternative zur klassischen Fallstudie. Anstatt einen komplexen Praxisfall anhand einer offenen Frage zu bearbeiten, werden die Kandidat/ innen hier – wie der Name schon sagt – systematisch mittels verschiedener Teilaufgaben durch die Bearbeitung des Falls geleitet.

Beispiel

Fall: Personalbeschaffung

Sie sind Inhaber/in eines kleinen Coiffeursalons. In Ihrem Salon beschäftigen Sie vier Mitarbeitende – zwei ausgelernte Coiffeusen und zwei Lernende (vgl. Übersicht Mitarbeitende).

Beilagen: Übersicht Mitarbeitende, Unternehmensbroschüre, Stellenprofil, Lebensläufe, Bewerbungsdossier Frau Sieber

Teil 1:

Stelleninserat [es folgen weitere Informationen zur Fallbeschreibung]

Erstellen Sie anhand des Unternehmensleitbildes und des Stellenprofils ein vollständiges Stelleninserat für die auszuschreibende Stelle.

Teil 2:

Auswahl von Kandidat/innen [es folgen weitere Informationen zur Fallbeschreibung]

Analysieren Sie die eingegangenen Lebensläufe und wählen Sie daraus drei Kandidat/innen aus, die Sie zu einem Gespräch einladen möchten. Begründen Sie Ihre Auswahl.

Teil 3:

Gesprächsleitfaden [es folgen weitere Informationen zur Fallbeschreibung]

Einsatzgebiet

Problemlösefähigkeit ist ein wichtiger Bestandteil von Handlungskompetenz. Die Fallstudie eignet sich zur Prüfung der Analyse­ und Beurteilungsfähigkeit und der konzeptionellen Fähigkeiten. Auf Basis einer Fallbeschreibung (wenn möglich mit Originalunterlagen) bearbeiten die Kandidat/innen eine offene, komplexe Fragestellung aus dem beruflichen Umfeld und leiten daraus eine plausible Schlussfolgerung bzw. ein Konzept ab.

Ausgestaltung

Die Ausgangslage einer Fallstudie ist eine detailliert beschriebene Situation. Die Beantwortung der Fragestellung erfordert eine Analyse und Beurteilung der Situation und daraus abgeleitete Lösungsvorschläge.

Tipps für die Umsetzung

Der gewählte Fall muss realitätsnah, komplex und offen sein. Mehrere Lösungen sind möglich. Weiterführende Fragestellungen sind denkbar. Sie sollten aber offen sein und nicht den Lösungsweg vorwegnehmen.

Beispiel

Businessplan erstellen

Sie möchten einen Coiffeur­Salon eröffnen. Für die Startfinanzierung benötigen Sie einen Bankkredit. Als Grundlage für das Beratungsgespräch auf der Bank erstellen Sie einen Businessplan.

[Die Prüfungsaufgabe enthält eine umfassende Fallbeschreibung mit den entsprechenden Unterlagen.]

Förderkonzept für ein auffälliges Kind in der Kita Sie sind in Ihrer Kita verantwortlich für die fünfjährige Anja. Anja fällt durch ihre Zurückgezogenheit auf. Sie veranlassen eine Abklärung beim Schulpsychologen. Sie sind zusammen mit den Eltern und der Kindergärtnerin bei einem Gespräch dabei und erhalten den Auftrag, ein Förderkonzept für Anja zu erstellen.

[Die Prüfungsaufgabe enthält eine umfassende Fallbeschreibung mit den entsprechenden Unterlagen.]

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4 handeln in der realen berufspraxis zeigen

Einsatzgebiet

Oftmals ist das Zusammenarbeiten in Form eines Projekts eine zentrale Kompetenz von Berufsleuten. Diese Handlungskompetenz kann mittels einer Projektarbeit, die real im Betrieb durchgeführt und entsprechend dokumentiert wird, eins zu eins überprüft werden.

Ausgestaltung

Die Kandidat/innen wählen ein reales Projekt aus, das sie in ihrem Betrieb konkret umsetzen. Sie erstellen einen Projektplan, führen das Projekt durch und evaluieren das Vorgehen. In einer Dokumentation beschreiben Sie den Erarbeitungsprozess, das Resultat und reflektieren die Evaluationsergebnisse. Als Abschluss der Prüfung kann ein Fachgespräch durchgeführt werden, um offengebliebene Aspekte zu vertiefen oder das Vorgehen zu hinterfragen.

Tipps für die Umsetzung

Diese Form eignet sich nur, wenn das Leiten von Projekten eine Kompetenz im Berufsbild ist. Die Umsetzung der Projekte muss durch den Betrieb unterstützt werden. Diese Voraussetzung ist sicherzustellen.

Beispiel

Veränderungsprojekt umsetzen

In einer Führungsausbildung, im Modul Veränderungsmanagement, erhalten die Teilnehmenden den Auftrag, in ihrem Betrieb ein Veränderungsprojekt konkret durchzuführen.

Prozessoptimierung erarbeiten und umsetzen

In einer Weiterbildung zum Thema Qualitätsmanagement erhalten die Teilnehmenden den Auftrag, einen Prozess in ihrer Abteilung zu analysieren und eine Optimierung vorzuschlagen. In einem Projekt wird die erarbeitete Prozessoptimierung umgesetzt.

In Form einer Projektarbeit beschreiben Sie jeweils Ihr Vorgehen von der Projektinitiierung über die ­durchführung bis hin zur Auswertung. Sie reflektieren, was gut bzw. weniger gut gelungen ist, und leiten entsprechende Learnings ab.

Einsatzgebiet

Das Erstellen von komplexen, aussagekräftigen Konzepten sowie deren Umsetzung ist in vielen Berufsbildern eine zentrale Kompetenz. Im Rahmen einer konzeptionellen Praxisarbeit werden die Kandidat/innen aufgefordert, ihr konzeptionelles Know­how zu zeigen und allenfalls dessen Umsetzung zu beschreiben und zu reflektieren.

Ausgestaltung

Die Praxisarbeit setzt bei den vermittelten Unterrichtsinhalten an und fokussiert eine Anwendung der Inhalte in der Praxis der Kandidat/innen in Form von konzeptionellen Überlegungen (z. B. die Erstellung eines Marketingkonzeptes) und allenfalls auch deren Umsetzung und Reflexion.

Tipps für die Umsetzung

Es ist darauf zu achten, dass die Kandidat/innen in ihrer Praxis Konzepte erstellen müssen.

Die Aufgabenstellung und die Anforderungen an die Lösung sind klar zu formulieren.

Beispiel

Führungsausbildung

Die Kandidat/innen erstellen ein Personalentwicklungskonzept für ihr eigenes Team. Dabei ist es ihnen freigestellt, auf welche inhaltlichen Punkte sie sich konzentrieren möchten: ob sie das Arbeitsklima im Team wählen, den Schwerpunkt auf Gesundheitsförderung legen oder sich auf effizientes Arbeiten im Team fokussieren.

Changemanagement

Die Kandidat/innen erstellen ein Konzept für ein Veränderungsvorhaben in ihrer Praxis. Dabei ist es ihnen freigestellt, auf welche inhaltlichen Punkte sie sich konzentrieren möchten. Wichtig dabei ist, dass sie ein plausibles und erfolgversprechendes Vorgehen wählen.

Die Kandidat/innen schildern jeweils zuerst die konkrete Fragestellung, fassen die theoretischen Grundlagen zusammen und leiten wichtige Konsequenzen daraus für ihre Konzeptionen ab. Anschliessend legen sie ihr Konzept dar und beschreiben optional dessen Umsetzung. Zum Schluss ziehen sie ein Fazit.

Einsatzgebiet

Handlungskompetenz wird am besten in der konkreten beruflichen Praxis sichtbar. Bei Praxisprüfungen werden die Kandidat/innen in ihrem realen Arbeitsumfeld beobachtet.

Ausgestaltung

Die Kandidat/innen erhalten vor der Prüfung Informationen über ihre Aufgaben, die Rollen aller Beteiligten, zeitliche und inhaltliche Rahmenbedingungen, zur Verfügung stehende Hilfsmittel, die Kriterien, anhand derer ihre Leistung beurteilt wird, usw.

Anschliessend nehmen sie die entsprechenden Handlungen vor und werden dabei von den Prüfungsexpert/innen beobachtet. Bewertet wird einerseits die Qualität des Ergebnisses, andererseits aber auch das konkrete Vorgehen.

Tipps für die Umsetzung

Es muss sichergestellt werden, dass alle Handlungen, die beurteilt werden sollen, im entsprechenden Beobachtungszeitraum auch gezeigt werden können.

Beispiel

Bereich IT

Informatiker/innen bauen einen Teilbereich des IT­Netzwerks für einen bestimmten Geschäftsbereich. Die Vorarbeiten sind geleistet und die Bauteile stehen bereit.

Bereich Zaunbau

Elektroinstallateur/innen bauen einen Teil eines Elektrozauns um ein Fabrikgelände. Die Vorarbeiten sind geleistet, das Material steht bereit. Sie halten sich an die entsprechenden Konstruktionspläne.

Bereich öffentlicher Verkehr Angehende Lokführer/innen werden einen halben Tag lang auf dem Führerstand begleitet.

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5 berufliche erfahrung dokumentieren, reflektieren und begründen

Einsatzgebiet

Die Werkschau eignet sich, um das Handlungswissen, aber auch die Reflexionsfähigkeit der Kandidat/innen zu beurteilen.

Ausgestaltung

In Form von Praxisaufträgen werden die Kandidat/innen aufgefordert, eine bestimmte Handlung in der Praxis auszuführen und anschliessend in Form eines Werkes

1. Schritt für Schritt zu dokumentieren, wie sie vorgegangen sind,

2. zu reflektieren, was ihnen gut bzw. weniger gut gelungen ist, und

3. zu überlegen, was sie aus der Umsetzung gelernt haben und sich für ein nächstes Mal merken möchten.

Tipps für die Umsetzung

Der Fokus bei der Beurteilung sollte auf der Reflexion liegen. Erkennen die Kandidat/innen Stärken und Schwächen ihres Handelns und können sie entsprechende Konsequenzen daraus ableiten?

Beispiel

Praxisauftrag Kundenberatung

Führen Sie ein Beratungsgespräch mit einem/r Kund/in.

Erstellen Sie anschliessend ein Werk zu diesem Gespräch.

Dieses sollte folgende vier Elemente umfassen:

1. Beschreibung der Ausgangslage: Wie ist es zu diesem Gespräch gekommen?

2. Dokumentation des Gesprächs: Wie genau ist das Gespräch abgelaufen? Was haben Sie wann und wie gemacht?

3. Reflexion des Gesprächs: Was ist gut bzw. weniger gut gelaufen?

4. Aufzeigen von Learnings: Was nehmen Sie aus diesem Gespräch für die Zukunft mit?

Einsatzgebiet

Viele unserer beruflichen Handlungen führen wir durch, ohne lange darüber nachzudenken. Aus unserer beruflichen Erfahrung heraus wissen wir einfach, wie wir in einer bestimmten Situation richtig vorgehen müssen. Genau diese berufliche Erfahrung kann mithilfe des Kompetenzstatus sichtbar und bewertbar gemacht werden.

Ausgestaltung

Anhand verschiedener Analyseinstrumente wie Kompetenzraster, Werkschau oder Dispositionscheck setzen sich die Kandidat/innen mit ihren Einstellungen und Werthaltungen, ihren Stärken und Schwächen und ihrem konkreten Handeln im Berufsalltag auseinander. Im Kompetenzstatus fassen sie ihre Erkenntnisse zusammen.

Tipps für die Umsetzung

Die direkten Ergebnisse der Analyseinstrumente werden nicht beurteilt. Im Fokus der Beurteilung steht die Reflexion der Ergebnisse und das Ableiten von Konsequenzen.

Beispiel

Bereich Pflege

Fachexpert/innen im Bereich Pflege haben zu verschiedenen Zeitpunkten Selbst­ und Fremdeinschätzungen zum Stand ihrer Kompetenzentwicklung vorgenommen bzw. eingeholt.

Mithilfe eines Dispositionschecks haben sie Aufschluss über ihre Einstellungen und Haltungen, die ihr Handeln im Berufsalltag prägen, erhalten, z. B. in Bezug auf die Zielsetzungen, die sie mit dem Pflegeberuf verbinden, inwieweit sie es als wichtig ansehen, das eigene Handeln zu reflektieren, oder wie viel Wert sie auf den Selbstschutz legen. Ausserdem haben sie über einen definierten Zeitraum hinweg immer wieder Praxisaufträge umgesetzt. Ihr konkretes Vorgehen bei der Umsetzung der Praxisaufträge haben sie in einer Werkschau dokumentiert und reflektiert.

Im Rahmen der Abschlussprüfung werden die Kandidat/innen nun aufgefordert, die Ergebnisse der Analyseinstrumente zu verdichten und sich selbst als Berufsperson in einem Kompetenzstatus differenziert und reflektiert darzustellen.

Die Struktur des Kompetenzstatus ist vorgegeben:

1. Das mache ich

2. Das lernte ich

3. Das bin ich

4. Das kann ich

5. Das hat sich mir gezeigt

Einsatzgebiet

In der heutigen Arbeitswelt, die von Megatrends wie Globalisierung und Digitalisierung geprägt ist, gewinnt ein klares Verständnis der eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten sowie Motive für das Handeln zunehmend an Bedeutung. Genau darum geht es im Statusgespräch.

Ausgestaltung

In einem Statusgespräch unterhält sich ein/e Kandidat/in mit einem/r Expert/in über die berufliche Erfahrung des/r Kandidat/in. Es geht um den Stand der Kompetenzentwicklung, um Einstellungen und Haltungen zu berufsrelevanten Aspekten sowie um Handlungsstrategien für den Berufsalltag. Die Kandidat/innen bereiten sich auf ein Statusgespräch auf angeleitete Weise vor.

Tipps für die Umsetzung

Der Einsatz des Statusgesprächs als Prüfungsmethode eignet sich dann, wenn die Kandidat/innen bereits in der Praxis tätig sind und eine reflektierte Sicht auf ihre Entwicklung, ihre Haltung und Berufsidentität für die Ausübung ihrer Rolle wichtig ist.

Beispiel

Möglicher Gesprächsaufbau (allgemein):

Teil 1: Rollenbewusstsein

Die Kandidat/innen erläutern ihre zentralen Aufgaben, die Erwartungen ihres Betriebs und wie sie diese erfüllen.

Teil 2: Stärken und Schwächen im Kompetenzprofil

Die Kandidat/innen zeigen auf, in welchen Bereichen sie über umfassende Kompetenzen verfügen und in welchen noch Entwicklungsbedarf besteht. Sie plausibilisieren ihre Ausführungen anhand von konkreten Beispielen.

Teil 3: Haltungen und Einstellungen

Die Kandidat/innen erläutern, wie sich einzelne ihrer Einstellungen und Haltungen in der Praxis konkret zeigen. Sie analysieren, für welche Aufgaben bzw. Situationen diese mehr oder weniger geeignet sind.

Teil 4: Ausblick

Die Kandidat/innen analysieren ihr persönliches Potenzial und leiten Zielsetzungen und Massnahmen für die Zukunft ab.

Möglicher Gesprächsaufbau (aufbauend auf einen Kompetenzstatus):

> Kurzpräsentation der eigenen beruflichen Erfahrung

> Transfer der Darstellungen in vergleichbare Praxissituationen in Form von Mini Cases und Critical Incidents

> Ableiten eines Fazits

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weitere fragestellungen und literatur

was an übergeordneten fragen zur überprüfung beruflicher kompetenzen noch offenbleibt …

> Welche Kompetenzen sollen im Rahmen von schulinternen und eidgenössischen Prüfungen überprüft werden?

> Mit welchem Prüfungssystem können diese Kompetenzen ganzheitlich erfasst werden?

> Welche Instrumente werden zur Beurteilung eingesetzt, um zu objektiven Ergebnissen zu kommen?

> Wie werden die Prüfungsexpert/innen geschult, damit eine möglichst einheitliche Umsetzung und Bewertung stattfindet?

> Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich Ectaveo bei der Konzeption von «kompetenzorientierten Prüfungen».

Weitere Ausführungen dazu finden Sie in unseren Manualen und Umsetzungstipps. Sofern Sie Fragen dazu haben, stehen wir gerne unverbindlich zur Verfügung.

literatur

In diesem Vademecum stellen wir Ihnen Methoden vor, die sich für uns in der Praxis vielfach bewährt haben. Dabei stützen wir uns auf die didaktischen Paradigmen der folgenden Autor/innen:

Bössenroth, W. & Reibolt, D. K. (2017).

Die mündliche Prüfung in der Erwachsenenbildung. 2. Auflage. Renningen: expert verlag.

Breuer, K. & Lübke­König, J. (2006).

Valide Prüfung von Handlungskompetenzen in berufsbezogenen Prüfungen.

In: Euler, D. (Hrsg.). Facetten des beruflichen Lernens. Bern: h.e.p. verlag ag.

Ebbighaus, M. & Schmidt, J. U. (1999).

Prüfungsmethoden und Aufgabenarten.

Bielefeld: Bertelsmann.

Frey, K. & Frey­Eiling, A. (Hrsg.) (2010).

Ausgewählte Methoden der Didaktik.

Zürich: VDF Hochschulverlag.

Schröder, M. (2015).

Kompetenzorientiert prüfen. Zum Lernergebnis passende Prüfungsaufgaben.

Nexus impulse für die Praxis, Ausgabe 4.

Tent, L. & Stelzl, I. (1993).

Pädagogisch­psychologische Diagnostik.

Band 1: Theoretische und methodische Grundlagen. Göttingen: Hogrefe.

In unserer Publikationsreihe «Umsetzungstipps – Prüfungsmethoden» wird jede Methode noch einmal ausführlicher beleuchtet. Dort sind auch die konkreten Quellen zur jeweiligen Methode angegeben.

Herausgeberin

Ectaveo AG

Riedtlistrasse 15a

CH-8006 Zürich info@ectaveo.ch www.ectaveo.ch

Autorin

Ectaveo AG

Gestaltung und Satz dezember und juli gmbh www.dezemberundjuli.ch

Auflage 1. Auflage, 2022

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Vademecum «ÜberPrüfen» by Ectaveo - Issuu