einführung
Die Gruppendiskussion ist eine Prüfungsform, in deren Verlauf ca. 4–6 Kandidat/innen eine Fragestellung in der Gruppe diskutieren und zu einem gemeinsamen Entschluss bzw. einem gemeinsamen Ergebnis kommen müssen. Während dieses Prozesses werden die Kandidat/innen von Expert/ innen beobachtet.
Der Einsatz dieser Methode eignet sich dann, wenn das konstruktive Arbeiten in Teams zum Tätigkeitsspektrum der Kandidat/innen zählt. Sie ermöglicht es, die Kommunikations und Verhandlungsfähigkeit der Kandidat/innen im Kontext der Teamarbeit zu überprüfen.
Ganz nach dem Motto «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile» können sich in gut funktionierenden Teams entscheidende Synergieeffekte ergeben. Unternehmen sind stark daran interessiert, dass ihre Mitarbeitenden konstruktiv zusammenarbeiten. Aus diesem Grund bilden Gruppendiskussionen einen zentralen Bestandteil von AssessmentCentern (Beitz & Loch, 2004).
Laut Krüger (2015) sind es Aspekte wie ein gemeinsames Ziel, Kooperationsbereitschaft, intrinsische Motivation, grosses Vertrauen, eine offene Informations und FeedbackKultur sowie ein starkes Zugehörigkeitsgefühl, die ein Team von einer Gruppe unterscheiden. Die Gruppendiskussion zeigt auf, inwieweit Kandidat/innen in der Lage sind, sich in Teams konstruktiv einzubringen und zu einem positiven Gruppenergebnis beizutragen.
Verschiedene Autoren (Schuhmacher, 2014; Obermann, 2009) weisen aber auch auf die Gefahren der Gruppendiskussion hin. So sind es häufig «gute Schauspieler/innen», die in Gruppendiskussionen erfolgreich sind. Da die Redeanteile der einzelnen Teilnehmenden an einer Gruppendiskussion eher gering sind, haben diese viel Zeit, ihr Verhalten danach auszurichten, was ihrer Meinung nach von den Beobachter/innen als positiv eingeschätzt wird. Dem kann durch inhaltlich vielschichtige Themen, die den Teilnehmenden auch einen emotionalen Bezug ermöglichen, entgegengewirkt werden.
Einen theoretischen Einblick in die Grundlagen der Gruppendiskussion ermöglichen die folgenden Werke:
Beitz, H. & Loch, A. (2004).
Assessment Center: Erfolgstipps und Übungen für Bewerber.
EBook: Goldmann.
Ebbinghaus, M. & Schmidt, J.U. (2002). Prüfungsmethoden und Aufgabenarten. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung.
Janssen, S., Osterholz, A., el Hage, N. & EillesMatthiesse, C. (2002).
Schlüsselqualifikationen in Personalauswahl und Personalentwicklung.
Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Verlag Hans Huber.
Krüger, W. (2015). Team führen. Freiburg: Haufe.
Obermann, C. (2009).
Assessment Center. Entwicklung, Durchführung, Trend. Wiesbaden: Gabler.
Schuhmacher, F. (2014).
Assessment Center und Risikomanagement bei Personalentscheidungen. Leitfaden zur Anwendung. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Beim Einsatz einer Gruppendiskussion ist genau zu überlegen, welche Kompetenzen der Kandidat/innen mit dieser Methode überprüft werden sollen. Dementsprechend lassen sich drei Varianten der Gruppendiskussion unterschieden.
Variante 1: Persönlichen Standpunkt vertreten
Diese Variante eignet sich vor allem dazu, ein Bild von den persönlichen Einstellungen der Kandidat/innen zu erhalten. Dazu bearbeiten alle Diskussionsteilnehmenden dieselbe Fragestellung. Sie erhalten den Auftrag, im Rahmen der Gruppendiskussion ihren persönlichen Standpunkt bzw. ihre eigenen Interessen zu vertreten.
Variante 2: Ergebnis vertreten
Bei dieser Variante liegt der Schwerpunkt auf der Überzeugungs und Argumentationsfähigkeit der Kandidat/innen. Sie baut direkt auf einer anderen Prüfungsform, wie z.B. einer geleiteten Fallarbeit auf. Wichtig ist, dass in dieser vorangehenden Prüfungsform alle Kandidat/innen dieselbe Fragestellung bearbeitet haben. Zu Beginn der Gruppendiskussion stellt nun jede/r Kandidat/in seine/ihre Ergebnisse kurz vor. In der Diskussion vertritt er/sie seinen/ihren Vorschlag.
Variante 3: Rolle vertreten
Die Perspektivenübernahme, der Umgang mit Konflikten sowie die Verhandlungsfähigkeit stehen im Zentrum des Interesses bei dieser Variante. Hierzu wird allen Kandidat/ innen eine bestimmte Rolle zugewiesen. Die Kandidat/innen erhalten unterschiedliches, zum Teil widersprüchliches Informationsmaterial zu einem Thema, wodurch bewusst Konfliktsituationen erzeugt werden. Im Rahmen der Diskussion versetzen sich die Kandidat/innen in die jeweilige Rolle und vertreten deren Interessen.
Wichtig bei der Methode der Gruppendiskussion ist es also, dass bereits im Vorfeld festgelegt wird, worauf der Beobachtungsfokus während der Diskussion liegt.
tipps für die entwicklung der prüfungsaufgaben
Bei der Entwicklung einer Gruppendiskussion ist auf die Ausarbeitung einer klaren und vollständigen Aufgabenstellung sowie geeigneter Beurteilungskriterien zu achten. Auch die Schulung der Expert/innen darf nicht zu kurz kommen.
Aufgabenstellung
Eine Aufgabenstellung für eine Gruppendiskussion enthält eine Beschreibung der Ausgangslage, einen klaren Auftrag sowie Hinweise zu den Zeitvorgaben und den erlaubten Hilfsmitteln. Ausserdem müssen in der Aufgabenstellung folgende Fragen geklärt werden:
> In welchem Kontext findet die Diskussion statt?
> Wer sind die Teilnehmenden?
> Was ist das Ziel der Gruppendiskussion?
> Wie muss das Ergebnis festgehalten bzw. präsentiert werden?
> Geht es in der Gruppendiskussion darum, die eigene Meinung aufzuzeigen, das Ergebnis einer vorangegangenen Aufgabe zu vertreten oder sich in eine bestimmte Rolle zu versetzen?
Bei Variante 3 «Rolle vertreten» ist darauf zu achten, dass die Kandidat/innen in Form von Beilagen zur Aufgabenstellung umfassende Informationen zu ihrer Rolle, deren Bedürfnisse und Ziele erhalten. Es ist wichtig, dass keiner bzw. keine der Kandidat/innen rein aufgrund ihrer Platzierung in der Gruppe Vor oder Nachteile hat, sich in die Diskussion einzubringen.
Beurteilungskriterien
Bei einer Gruppendiskussion werden Beurteilungskriterien definiert, die Rückschlüsse auf die Kommunikations und Verhandlungsfähigkeit der Kandidat/innen zulassen. Es ist darauf zu achten, dass stets das individuelle Interaktionsverhalten und nicht die Gruppenleistung beurteilt wird. Die Kriterien beziehen sich demnach auf das Eingehen auf das Gegenüber, die persönliche Kommunikationstechnik, die eigene Überzeugungskraft und die Strukturierung des Prozesses der gemeinsamen Lösungsfindung. Die Leitfragen zu den Beurteilungskriterien werden den Kandidat/innen in der Aufgabenstellung transparent gemacht.
Schulung der Expert/innen
Die Beobachtung und Beurteilung einer Gruppendiskussion ist eine relativ komplexe Angelegenheit. Verschiedene Personen mit zum Teil unterschiedlichen Aufgabenstellungen müssen hinsichtlich ganz spezifischer Aspekte beobachtet werden. Es ist wichtig, die Expert/innen umfassend auf diese Aufgabe vorzubereiten. Sie müssen in die Kriterien sowie das Vorgehen bei der Beurteilung eingeführt werden.
Die Kandidat/innen erhalten grundsätzlich zwischen fünf und 30 Minuten Zeit, um sich auf die Diskussion vorzubereiten.
Die Gruppendiskussion selbst dauert in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten. Am Ende der Diskussion können fünf bis zehn Minuten eingerechnet werden, in denen die Gruppe ihr Ergebnis präsentiert.
Grundsätzlich sind die Diskussionsteilnehmer/innen in der Gruppendiskussion gleichberechtigt, d.h., es gibt keine/n Moderator/in, der/die das Wort erteilt und die Diskussion strukturiert. Es ist sinnvoll, dass ein/e Expert/in zu Beginn der Diskussion Ablauf, Zielsetzungen und Rollen der Teilnehmenden kurz zusammenfasst.
Während der Diskussion werden die Kandidat/innen von den Prüfungsexpert/innen beobachtet. Es lohnt sich, die Kandidat/innen auf die beobachtenden Expert/innen zu verteilen. Es ist darauf zu achten, dass jede/r Expert/in nicht mehr als zwei Kandidat/innen beobachtet. Die Expert/innen notieren ihre Beobachtungen schriftlich auf einem Beobachtungsbogen, greifen jedoch nicht in das Geschehen ein. Anschliessend nehmen sie anhand der vordefinierten Kriterien eine Beurteilung der Leistungen der Kandidat/innen vor.
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Auflage 2. Auflage, August 2021
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