Umsetzungstipp Präsentation
Mit Fachlichkeit überzeugen
In unserem Vademecum «ÜberPrüfen» haben wir die Herausforderungen kompetenzorientierter Prüfungen vorgestellt und ein Spektrum verschiedener Prüfungsformen aufgezeigt, die das Überprüfen von Handlungskompetenzen möglich machen.
Die Umsetzungstipps knüpfen an das Vademecum an, vertiefen jeweils eine darin aufgeführte Prüfungsmethode oder stellen eine neue Methode vor. Fokus der Umsetzungstipps –sie tragen ihn bereits im Namen – ist die Umsetzung. Während im Vademecum vor allem das WAS ins Zentrum gestellt wurde, geht es in den Umsetzungstipps nun um das WIE bei den zentralen Prüfungsmethoden.
Wir hoffen, Ihnen mit den Umsetzungstipps wertvolle, praxisnahe und vor allem hilfreiche Impulse für die Umsetzung der Prüfungsmethoden in die «Prüfungsrealität» geben zu können.
Die Präsentation ist eine Methode zur Überprüfung der Präsentationskompetenz der Kandidat/innen. Sie bearbeiten dazu eine berufstypische Aufgabenstellung und präsentieren das Ergebnis vor einem bestimmten Gremium. Im Zentrum der Bewertung steht die Qualität der Präsentation. Es wird überprüft, ob die Kandidat/innen in der Lage sind, Konzepte, Ideen, Arbeitsergebnisse etc. strukturiert, nachvollziehbar und unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel vorzutragen.
Erhalten die Kandidat/innen für die Vorbereitung der Präsentation nur eine begrenzte Vorbereitungszeit, wird zusätzlich die Fähigkeit der Kandidat/innen überprüft, die zentralen Inhalte zu einem Thema schnell zu erfassen und aufzubereiten.
Die Präsentationskompetenz wird ebenso wie z. B. Problemlöse und Entscheidungsfähigkeit, Konflikt und Verhandlungsfähigkeit oder Lernbereitschaft oft als Schlüsselqualifikation bezeichnet. Unter diesem Begriff werden jene Fähigkeiten und Fertigkeiten zusammengefasst, die es einer Person ermöglichen, sich an die sich ständig verändernden beruflichen, wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Anforderungen anzupassen.
Bössenroth und Reibolt (2009) postulieren jedoch, dass die Methode der Präsentation in einer Prüfung vor allem dann eine hohe Aussagekraft hat, wenn es tatsächlich zu den Aufgaben der Berufsperson gehört, Inhalte vor anderen Personen zu präsentieren. Will man hingegen die Fähigkeit zur Bearbeitung betrieblicher Aufträge erfassen, raten die Autoren zu einer direkten Beobachtung des Arbeitsverhaltens.
Wichtig bei dieser Prüfungsmethode ist es, im Vorfeld genau zu definieren, um welche Art der Präsentation es sich handelt. Mantel et al. (1997, zitiert nach Grass et al., 2008) unterscheiden zwischen der Meinungspräsentation, dem Sach bzw. Fachvortrag und der Gesellschaftsrede. Während es bei der Meinungspräsentation darum geht, die Zuhörenden zu überzeugen, steht beim Sach bzw. Fachvortrag die Informationsübermittlung im Vordergrund. Die Gesellschaftsrede, die der Unterhaltung und Anteilnahme dient, spielt im Prüfungskontext kaum eine Rolle.
Neben der Zielsetzung der Präsentation gilt es zu überlegen, welche Aspekte in die Beurteilung dieser Prüfung einfliessen. Die Qualität einer Präsentation wird schliesslich nicht nur von deren Inhalt, sondern in hohem Masse auch von Aspekten wie Publikumsorientierung, Rhetorik und Verständlichkeit, Körpersprache oder Medieneinsatz und Visualisierung bestimmt (Grass et al., 2008).
Einen theoretischen Einblick in die Grundlagen der Präsentation ermöglichen die folgenden Werke:
Bössenroth, W. & Reibolt, D.K. (2009).
Die mündliche Prüfung in der Erwachsenenbildung.
Renningen: expert verlag.
Ebbighaus, M. & Schmidt, J.U. (2002).
Prüfungsmethoden und Aufgabenarten.
Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung.
Grass, B., Ant, M., Chamberlain, J.R. & Rörig, H. (2008).
Schritt für Schritt zur erfolgreichen Präsentation.
Berlin Heidelberg: SpringerVerlag.
Hochschule Coburg (2010).
Das ABC der Präsentation – So präsentieren Sie richtig mit Powerpoint & Co.
Zugriff am 18. Februar 2017 unter: http://www.4hoch2oberfranken.de/fileadmin/4hoch2/files/ ABC_der_Praesentation.pdf
Janssen, S., Osterholz, A., el Hage, N. & EillesMatthiesse, C. (2002).
Schlüsselqualifikationen in Personalauswahl und Personalentwicklung.
Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Verlag Hans Huber.
Napp, H. (2015).
Präsentieren wie ein Berater
Anleitung für professionelle Präsentationen. Fallstudien namhafter Beratungsfirmen.
Zugriff am 18. Februar 2017 unter: https://projektwege.files.wordpress.com/2016/04/ praesentierenwie einberaterpdf.pdf
Thurow, C. (2015).
Mündliche Prüfung Bilanzbuchhalter (IHK).
Souverän den Prüfungsteil C meistern. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Universität Zürich (2013).
Hochschuldidaktik A – Z. Präsentationsmedien im Vergleich. Zugriff am 18. Februar 2017 unter: http://www.hochschuldidaktik.uzh.ch/dam/ jcr:ffffffff9a088ccaffffffffd70e5554/ A_Z_Praesentationsmedien_im_Vergleich.pdf
Universität Zürich (2015).
Hochschuldidaktik A – Z. Präsentieren in der Lehre. Zugriff am 18. Februar 2017 unter: http://www.hochschuldidaktik.uzh.ch/dam/ jcr:ffffffff9a088cca0000000035f46bde/ A_Z_Praesentieren_in_der_Lehre_neu.pdf
Eine Auswahl der aufgeführten Artikel ist auf unserer Homepage www.ectaveo.ch im Themenfokus unter dem Stichwort «Kompetenzmessung» aufgeschaltet.
Der Erfolg der Prüfungsmethode Präsentation hängt in hohem Ausmass vom Thema, der Aufgabenstellung sowie den Kriterien für die Beurteilung ab.
Thema
Nicht jedes Thema eignet sich für eine Präsentation. Damit diese Prüfungsmethode auch aussagekräftig ist, sollte eine berufstypische Aufgabenstellung gewählt werden. So macht es z. B. wenig Sinn, eine/n Finanzexpert/in die Vorteile eines bestimmten Produkts präsentieren zu lassen. Bei einem/r Verkäufer/in, der/die in diesem Bereich tätig ist, bildet diese Aufgabe hingegen eine zentrale Kompetenz aus seinem/ ihrem Berufsalltag ab.
Aufgabenstellung
Die Aufgabenstellung für eine Präsentation muss klar und vollständig sein. Den Kandidat/innen muss transparent gemacht werden, was sie in welcher Rolle vor welchem Gremium präsentieren sollen. Auch muss ihnen das Ziel, das sie mit ihrer Präsentation verfolgen sollten, bekannt gegeben werden. Sie müssen wissen, welche Hilfsmittel ihnen für ihre Präsentation zur Verfügung stehen und an welche Zeitvorgaben sie sich halten sollen. Auch ist es wichtig, den Kandidat/innen die Kriterien für die Beurteilung bereits im Arbeitsauftrag bekannt zu geben. Dies schafft Transparenz und Sicherheit.
Beurteilungskriterien
Damit die Prüfungsmethode der Präsentation auch aussagekräftig ist, müssen geeignete Kriterien für deren Beurteilung gewählt werden.
Wichtig hierbei ist eine klare Abgrenzung von Prüfungsmethoden, die sich vor allem auf den Inhalt beziehen wie z. B. das Fachgespräch. Zwar werden auch bei einer Präsentation inhaltliche Aspekte berücksichtigt, der Fokus der Beurteilung liegt jedoch auf dem Medieneinsatz, der Abstimmung auf das Zielpublikum, der Struktur oder Nachvollziehbarkeit der Aussagen.
Hinzu kommt, dass die Prüfungsmethode Präsentation häufig mit anderen Methoden kombiniert wird. So müssen die Kandidat/innen z. B. die wichtigsten Erkenntnisse aus einer Praxis oder Projektarbeit oder die Ergebnisse einer geleiteten Fallarbeit oder einer Fallstudie präsentieren. Auch ist es möglich, an die Präsentation ein Fachgespräch anzuschliessen, in dessen Verlauf die Kandidat/innen vertiefende Fragen zu ihrer Präsentation erhalten oder sie alternative Szenarien aufzeigen müssen. Bei solch einer Kombination unterschiedlicher Prüfungsformen ist es besonders wichtig, bei der Beurteilung die einzelnen Prüfungsmethoden klar voneinander abzugrenzen. Die Kriterien müssen so gewählt werden, dass ein inhaltlicher Fehler in der einen Prüfung sich nicht auf die Beurteilung der Leistung in der anderen Prüfung auswirkt.
Im Weiteren muss sichergestellt werden, dass alle relevanten Aspekte in die Beurteilung einfliessen können. So bildet z. B. ein realistisches Zeitmanagement eine wichtige Fähigkeit beim Präsentieren. Gelingt es den Kandidat/innen nicht, ihre Präsentation in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit abzuschliessen, muss dies in die Beurteilung einfliessen können.
tipps für die entwicklung der prüfungsaufgaben
Bei einer Präsentation erhalten die Kandidat/innen eine vollständige Aufgabenstellung. Diese enthält die Ausgangslage, die konkrete Aufgabe der Kandidat/innen, die zu beachtenden Rahmenbedingungen und die Kriterien, anhand derer die Leistung beurteilt wird. Folgende Tipps helfen bei der Ausarbeitung solch einer Aufgabenstellung.
Merkmale der Ausgangslage
In der Ausgangslage werden die Kandidat/innen umfassend über folgende Aspekte informiert:
> Was hat sich bisher zugetragen? Worauf bezieht sich die zu haltende Präsentation?
> Welcher Inhalt soll präsentiert werden?
> Welche Funktion nehmen die Kandidat/innen ein bzw. in welcher Rolle sollen sie die Inhalte präsentieren?
> Vor welchem Gremium soll der Inhalt präsentiert werden?
Um die Ausgangslage zu konkretisieren, ist es ausserdem möglich, Beilagen abzugeben.
Merkmale der Aufgabe
Die Kandidat/innen erhalten einen klaren Auftrag. Für sie ist es wichtig zu wissen, welches Ziel mit der Präsentation verfolgt wird. Geht es darum, zu informieren oder die Zuhörenden von etwas zu überzeugen?
Merkmale der Rahmenbedingungen
Die wichtigsten Rahmenbedingungen, über die die Kandidat/ innen informiert werden müssen, sind die für Vorbereitung und Durchführung zur Verfügung stehende Zeit sowie die für die Präsentation erlaubten Hilfsmittel.
Bei den Zeitvorgaben ist darauf zu achten, dass sie realistisch sind. Die Vorbereitungszeit muss ausreichen, um sich zum einen in die Inhalte einzuarbeiten und zum anderen die Präsentation zu erarbeiten. Für die Präsentation selbst sollte den Kandidat/innen genügend Zeit zur Verfügung stehen, um die zentralen Inhalte abzudecken.
Bezüglich der Hilfsmittel sollte möglichst genau definiert werden, was erlaubt bzw. überhaupt möglich ist und was nicht. Stehen Flipcharts und Beamer zu Verfügung? Ist es möglich, im Rahmen der Vorbereitung ein Handout zu erstellen und dieses zu drucken? Da der Medieneinsatz häufig ein Kriterium bei der Beurteilung von Präsentationen darstellt, ist es sinnvoll, den Kandidat/innen hier unterschiedliche Möglichkeiten, aus denen sie selbst die für sich geeignetste Form auswählen können, anzubieten. Wichtig ist, dass im Vorfeld das einwandfreie Funktionieren der bereitgestellten Hilfsmittel sichergestellt wird.
Beurteilungskriterien
Anhand der Beurteilungskriterien wird eine Aussage zur Präsentationskompetenz der Kandidat/innen gemacht. Beurteilt werden in erster Linie Struktur und Inhalt der Präsentation, Präsentationstechnik und Medieneinsatz sowie die Nachvollziehbarkeit der Aussagen für das Zielpublikum.
Bei der Variante «Präsentation mit kurzer Vorbereitungszeit» erhalten die Kandidat/innen meist zwischen 30 und 90 Minuten Zeit, um sich in die entsprechenden Unterlagen einzuarbeiten und ihre Präsentation vorzubereiten. Die Präsentation erfolgt dann unmittelbar nach der Vorbereitungszeit. Ist die Vorbereitungszeit nicht begrenzt, stehen den Kandidat/innen meist mehrere Wochen für die Vorbereitung ihrer Präsentation zur Verfügung. Die Zeit für die Präsentation selbst liegt bei beiden Varianten in der Regel bei 10 bis 20 Minuten.
Während der Präsentation versetzen sich die Prüfungsexpert/ innen in die Rolle der Zuhörenden. Welche Rolle das genau ist, ist im Arbeitsauftrag definiert. Sie unterbrechen die Präsentation nicht. Ihre Aufgabe besteht darin, das Verhalten der Kandidat/innen genau zu beobachten und sich Notizen zu den zu beurteilenden Aspekten zu machen. Ausserdem achten sie darauf, dass das gesamte Anschauungsmaterial wie FlipchartBlätter, Handouts oder PPPräsentationen für die anschliessende Beurteilung zur Verfügung steht. Aufgrund ihrer Notizen und der eingesammelten Materialien nehmen sie nach der Präsentation eine Beurteilung anhand standardisierter Kriterien vor.
Für die Beurteilung inhaltlicher Aspekte steht den Expert/ innen je nach Aufgabenstellung eine Musterlösung zur Verfügung. Bei der Beurteilung der restlichen Kriterien orientieren sie sich an den pro Beurteilungskriterium definierten Gütestufen sowie ihrem Handlungswissen im Bereich des Präsentierens.
abonnement «umsetzungstipps»
In unserer Reihe «Umsetzungstipps» unterstützen wir Sie bei der Ausgestaltung kompetenzorientierter Prüfungen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie kompetenzorientierte Prüfungsmethoden punktgenau im Prüfungsalltag umsetzen können.
Unsere Publikationsreihe «Umsetzungstipps» umfasst folgende Prüfungsmethoden:
Prüfungsmethode «Critical Incidents»
Prüfungsmethode «Praxisprüfungen»
Sozialkompetenz prüfen – Utopie oder Realität?
Prüfungsmethode «Postkorb»
Prüfungsmethode «MiniCases»
Prüfungsmethode «Geleitete Fallarbeit»
Prüfungsmethode «Fallstudie»
Prüfungsmethode «Wissensfragen»
Prüfungsmethode «Gesprächsanalyse»
Prüfungsmethode «Fachgespräch»
Mündliche Prüfungen
Prüfungsmethode «Rollenspiel»
Prüfungsmethode «Handlungssimulation»
Prüfungsmethode «Präsentation»
Bewerten mit Kriterien
Prüfungsmethode «Gruppendiskussion»
Prüfungsmethode «Projektarbeit»
Prüfungsmethode «Praxisarbeit»
Prüfungsmethode «Werkschau»
Prüfungsmethode «Kompetenzstatus»
Prüfungsmethode «Statusgespräch»
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Herausgeberin
Ectaveo AG
Riedtlistrasse 15a CH-8006 Zürich info@ectaveo.ch www.ectaveo.ch
Autorin
Ectaveo AG
Gestaltung und Satz dezember und juli gmbh www.dezemberundjuli.ch
Auflage 3. Auflage, März 2024
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