eco.nova SPEZIAL Lifestyle Winter 2020

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win, der Weltenbummler, hatte auf verschiedensten Weingütern rund um den Globus gearbeitet und dort viele Eindrücke sammeln können. Auf australischen, deutschen und französischen Weingütern war er unterwegs und erlebte, wie elegant und ausdrucksstark Weißweine auch ohne viel Alkohol, Botrytis oder neuem Holz sein können. Zudem lernte er, wie wichtig die biologische Bewirtschaftung ist, um die Herkunftslage eines Weines zur Geltung bringen zu können. Stefanie, selbst Winzertochter vom Weingut Gunderloch, hatte in Geisenheim ihr Önologie-Studium absolviert, wobei die Diskussionen und Gedankenexperimente unter den gleichgesinnten Studierenden mindestens genauso ertragreich für ihre Entwicklung waren. Auf dem Weingut ihrer Eltern in Rheinhessen hatte sie sich ihren Kindheitstraum verwirklicht und es zur Winzerin gebracht, bevor sie nach Langenlois kam.

„Wir wollten unsere Weinberge in- und auswendig kennenlernen, wollten wissen, was in ihnen steckt.“ STEFANIE JURTSCHITSCH

„DON’T PANIC, IT’S ORGANIC!“

Man erkennt, die beiden machen keine halben Sachen. Erst recht nicht, wenn es um ihren Anspruch auf Spitzenwein geht. Um möglichst authentische Weine zu vinifizieren und so den Langenloiser Lagen individuellen Ausdruck zu verleihen, greifen die beiden auf teils unkonventionelle, aber vor allem traditionelle Parameter zurück. Gesunde Böden durch biologische Wirtschaftsweise, natürlichen Kompost, sanften Rebschnitt und abwechslungsreiche Bodenbegrünung bringen intensivere Weine hervor. Dies erleichtert die Zurückhaltung im Weinkeller: Spontanvergärung mit Naturhefen und minimales Schwefeln. So reift der Geschmack im Weinberg von selbst heran und wird nicht erst im Weinkeller produziert. Das macht ihn unnachahmbar. Neben dem Wein ist auch unbedingt der Grüne Veltliner Sekt der Jurtschitschs zu nennen, aus aktuellem Anlass, denn dieser konnte in der neuesten Falstaffausgabe in der Kategorie „Brut Nature“ den 1. Platz belegen.

EIN BLICK IN DIE WEINGÄRTEN

Der Erfolg ist besonders den hervorragenden Weinlagen, etwa Loiserberg, Heiligenstein oder Käferberg zu verdanken. Die Vielfalt der Flora in den Weinbergen spiegelt sich in der Mannigfaltigkeit des Untergrunds. Neben Lehm- und Lössböden, Gneis und Glimmerschiefer prägt auch 250 Millionen Jahre alter Wüstensandstein die Lagen. Jeder Boden bringt andere Bedingungen und somit andere Weine hervor. Durch die zertifizierte biologische Landwirtschaft bleibt

105 der gebietstypische Charakter der Weine besonders gut erhalten. Deshalb halten Alwin und Stefanie diese Form der Bewirtschaftung auch für „die zukunftsträchtigste Form, Winzer zu sein“. Mit natürlichen Lösungen wird die Balance im Boden bewahrt und die Vielfalt der Mikroorganismen gefördert. Was zudem von großer Bedeutung für die Qualität der Trauben ist, bringt eine französische Winzerweisheit auf den Punkt: „Die Rebe liebt die Sonne, aber noch mehr liebt sie den Schatten des Weinbauern.“ Diesem ungeschriebenen Gesetz folgend, ist Alwin andauernd präsent in seinen Rebgärten. Hier ist er ganz in seinem Element. „Man muss mit offenen Augen durch den Weinberg gehen, hören, was er sagt, und fühlen, was er will“, beschreibt er es. Um seiner Pflicht gewissenhaft nachgehen zu können, hat er sich auch entschieden, das Weingut zu verkleinern, Pachtflächen zurückzugeben um sich ganz auf die Familienweingärten zu konzentrieren. Neben ihm finden sich auch Schafe in den Weingärten, allerdings nur in jenen Monaten, in denen sie keine wertvollen Trauben wegknabbern können. Alte Weingärten werden rekultiviert und dort wo es zu steil und schmal für einen Traktor ist wird auch wieder mit dem Pferd gepflügt.

ENTDECKUNGEN AUS DEM WEINGUT Neben den neu interpretierten Kamptaler Klassikern produzieren die beiden sogenannte Projektweine. „Jeder dieser Weine, von denen oft nur ein kleines Fass ausgebaut wird, beginnt im Kopf. Eine Idee, ein Gedanke auf der Suche nach der Vielfalt des Geschmacks im Wein“, erklärt Alwin. Durch sensible Experimente in Weingarten und Keller entstehen neue, überraschende Weine, die die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten des Terroirs vor Augen führen. Zu nennen wäre hierbei etwa der Grüne Veltliner „Belle Naturelle“, ein auf der Maische vergorener Naturwein, der durch ungeschönte Natürlichkeit „wie im Adam und Eva Kostüm“ glänzt. Die Entwicklung des Weingutes ist noch lange nicht abgeschlossen. Denn Alwin und Stefanie sind am glücklichsten, wenn sie an Neuem erfolgreich experimentieren. Und guter Wein kann nur von glücklichen Winzern kommen.

WEINGUT JURTSCHITSCH Rudolfstraße 39 3550 Langenlois Tel.: 02734/2116-0 weingut@jurtschitsch.com

www.jurtschitsch.com


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