Wirtschaftsmagazin eco.nova - Dezember 2013

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„Die Marke iSt ein freunDlicher Diktator“ Markenexperte Robert Trasser zum Erfolgsgeheimnis der Marke Tirol, zur Verankerung der Marke im Land, zu Erfolgen und Hausaufgaben für die kommende Zeit. eco.noVa: Wie lässt sich die Marke Tirol im Vergleich zu anderen Destinationsbeziehungsweise Standortmarken in Österreich einordnen? robert trasser: Verglichen mit anderen Bundesländern hat Tirol eindeutig die stärkste Marke. Mit an der Spitze zu finden sind noch die Steiermark und Wien. Salzburg ist ein Beispiel dafür, dass die Markenbildung noch nicht gelungen ist.

zur Auswahl und den Mut, Nein zu sagen. Es braucht allerdings als Voraussetzung dafür eine ganz klar definierte Soll-Vorstellung, wofür die Marke Tirol jetzt und in Zukunft stehen soll. Die aktuelle Festlegung „Tirol = der begehrteste Kraftplatz der alpinen Welt“ benötigt zukünftig ganz konkret formulierte Entwicklungsziele, an denen sich alle Aktivitäten orientieren. Letztlich wird es für die Marke Tirol immer einen Graubereich geben, denn es ist viel einfacher, eine Konsummarke wie beispielsweise Red Bull über alle Wertschöpfungsstufen bis zum Point-of-Sale beim letzten Händler zu kontrollieren als eine Standortmarke Tirol. Versuchen muss man es aber trotzdem.

Warum ist die Marke Tirol so viel erfolgreicher als die anderen? Das liegt an mehreren Komponenten. Zum einen wurde der Stellenwert einer starken Marke im Tourismus früh erkannt. Auch formale Merkmale sind hilfreich: Das Wort „Tirol“ hat nur fünf Buchstaben, darunter zwei Selbstlaute. Das Logo in den Landesfarben ist genial. Dass dazu auch die Signalfarbe Rot gehört, ist ebenfalls hilfreich. Das mag banal klingen, bringt aber große Vorteile in der Kommunikation. In Summe hat Tirol einfach vieles richtig gemacht – und das über viele Jahre. Ist die Verankerung der Marke Tirol im Land selbst gelungen? Es ist eine große Errungenschaft, dass die Marke Tirol in der Bevölkerung positiv besetzt ist. Das zeigt beispielsweise das Einkaufsverhalten im Tirol Shop: Mehr als die Hälfte der Artikel werden von Tirolern selbst gekauft. Was ist aus ihrer Sicht noch nicht gelungen? Der Tourismus steht immer noch eindeutig im Mittelpunkt, anders gesprochen: Der Schulterschluss mit anderen Branchen ist noch zu wenig ausgeprägt. Die Marke Tirol könnte auch für das Kulturland Tirol funktionieren – tut sie aber in weiten Bereichen noch nicht, weil die meisten Kulturvereine unter eigener Flagge segeln. Ähnliches gilt für die Sportvereine. Wo liegen die großen Knackpunkte in der Markenführung?

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Es braucht eine strenge Hand bei der Führung der Marke. Die Verwässerung beginnt dort, wo die Verwendung der Marke seitens einzelner Nutzer nicht mehr auf den Markenkern einzahlt, also kein Rückfluss mehr stattfindet. Damit das nicht passiert, ist eine zentrale Steuerung notwendig. Das funktioniert nicht basisdemokratisch – die Marke ist ein freundlicher Diktator. Das operative Geschäft der Markenführung verlangt mitunter harte Entscheidungen, die nicht jedes Mal einzeln breit diskutiert werden können. Demokratisch legitimiert können nur die Grundrichtung selbst und die befassten Organe sein. Wie sieht der Fels aus, auf dem die Marke Tirol gebaut sein muss? Es braucht wie gesagt vor allem den Mut

Heißt das, dass bestimmte Branchen und Betriebe von der Marke Tirol ausgeschlossen werden? Ja, zwangsläufig. Branchen, die weit vom Markenkern entfernt sind, laden die Marke nicht auf, nehmen ihr im Gegenteil Strahlkraft. Genau zu überlegen ist für mich zum Beispiel die Verwendung der Marke Tirol im Zusammenhang mit Abfallwirtschaft, mit Sponsoring von Motorsport, mit Lkw-Transporten. Es kann einfach nicht jede Facette des Landes durch die Marke Tirol positioniert werden. Geschieht es auch umgekehrt, dass die Marke Tirol aus Sicht von Betrieben nicht passend ist und daher auch nicht nachgefragt wird? Ja, das trifft beispielsweise auf sehr große und starke Leitbetriebe zu, die international tätig sind. Es macht weder für Swarovski noch für Sandoz noch für Plansee besonderen Sinn, die regionale Herkunft aus Tirol zu betonen. Hier ist der eigene Markenname vorrangig. Red Bull ist auch ein Weltkonzern, der nicht hervorstreicht, dass das Headquarter in Salzburg liegt. Wenn der Nutzen der Markenführung für ein Unternehmen nicht ersichtlich ist, gibt es zumeist auch für die Standortmarke selbst keinen Vorteil, wenn derartige Unternehmen die Marke Tirol verwenden würden. >


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