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Mannschaftssport Theater
from einundzwanzig 2/2019
by Dortmund
Seit einigen Wochen fährt ein eindrucksvoller Reisebus durch Dortmund, der für das Theater Dortmund und DSW21 wirbt – ein Mannschaftsbus, der die Zusammenarbeit von DSW21 und Theater thematisiert und wie ein Fußball-Mannschaftsbus Flagge zeigt. Normalerweise ist das der Ausbildungsbus der DSW21-eigenen Fahrschule, aber zu den vielen Sondereinsätzen des Busses wird in Zukunft auch die eine oder andere Tour mit Theaterleuten gehören.
»einundzwanzig« sprach mit Tobias Ehinger, Geschäftsführer des Dortmunder Theaters, über den Mannschaftsgeist in der Kultur.
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Die Theatersaison ist fast mit der Fußballsaison identisch? In der Tat. Auch wir denken von der Mitte des Jahres zur nächsten. Es gibt aber noch mehr Parallelen – wir kennen das Fieber am Wochenende, aber auch die englischen Wochen mit Vorstellungen an den Wochentagen. Und unser Theater macht auch Auswärtsspiele. Und da kommt dann auch der Bus ins Spiel, mit dem wir zu dem einen oder anderen Gastspiel reisen wollen.
Ist Kultur ein Mannschaftssport? Im Theater geht es um künstlerische Schöpfung, das gemeinsame Ziel, etwas Außergewöhnliches zu schaffen, weniger um sportli
Tobias Ehinger, Geschäftsführer des Theaters, sieht Theater und Fußball in Dortmund gut aufgestellt.
chen Wettbewerb. Aber Vorstellungen im Theater – im Schauspiel, Oper, Orchester – sind extrem körperlich fordernd. Tänzer sind sogar mit Hochleistungssportlern vergleichbar. Auch bedarf Darstellende Kunst enormer mentaler Stärke und eines gemeinsamen Fokus’. Von daher gibt es viele Parallelen. Und auf die Frage bezogen – ja, wir sind hier im Theater eine Mannschaft, ein Team.

Das auch immer neu zusammengesetzt wird? Ja, es gibt eine natürliche Fluktuation, Künstler sind flexibel und immer wieder auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Kunst muss sich ja auch immer neu inspirieren. Und natürlich gibt es auch immer wieder andere Angebote, vergleichbar mit dem Fußball. Und Tänzer oder Sänger müssen sich auch ein zweites Berufsleben suchen. Meistens dauert die Tänzer- oder Sängerkarriere ja nur einen bestimmten Zeitraum. Dann muss eben wie beim Fußballer ein neues berufliches Standbein gefunden werden.
Eine Situation, die Sie gut kennen? Ich war Tänzer, erst in Stuttgart, dann in London. Anschließend arbeitete ich dann als Ballett-Manager und mir war klar, dass dieser Bereich des Managements mit der Kenntnis der anderen Seite viele Vorteile bietet. Jetzt – so jung – die Geschäftsführung eines so bedeutenden Hauses zu haben, ist natürlich sehr ehrenvoll und spannend. Aber das sehe ich auch als Zeichen dafür, dass Dortmund Mut hat und eine junge innovative Kulturszene will.
Weil sonst das Publikum irgendwann fehlt? Theater muss immer zeitgemäß sein und sich den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Netflix und Co. sind neue Formen der Freizeitgestaltung. Nicht nur das Kino verliert, alles was mit gemeinschaftlichen Veranstaltungen zu tun hat, muss kämpfen. Es ist mehr Aufwand, sich aufzumachen, zur festen Zeit, vielleicht ist es auch manchmal sogar teurer. Aber – und das dürfen wir nie vergessen – es ist so viel bleibender. Der Eindruck einer Aufführung im ausverkauften Großen Haus ist ein Wow-Erlebnis – auch für jeden einzelnen Zuschauer. Sehr oft beobachte ich, dass Zuschauer in eine Vorstellung ins Theater gehen und irgendwie verändert wieder heraus kommen. Das gemeinschaftliche Kulturerlebnis hat etwas mit ihnen gemacht, inspiriert, aufgerüttelt. Theater ist ein emotional-intellektuelles Abenteuer.
Dafür muss man aber erst einmal reingehen, deshalb bieten wir die kostenlosen Studententickets an, dafür gestalten wir mit der Bar im Obergeschoss, der Lounge21, in Kooperation mit DSW21 und der Theatergastronomie hier neue Anreize. Das Theater im Herzen der Stadt ist ein Treffpunkt für alle Menschen dieser Stadt. Kunst ohne unmittelbares Publikum macht keinen Sinn, das geht höchstens im Fußball – also so ein Geisterspiel nur für Fernsehkameras. Aber das macht eigentlich auch keinem wirklich Spaß.
Kein Streaming aus dem Opernhaus? Das würde 70 % des Eindruckes und Erlebnisses weglassen – auch für die Künstler. Das wäre, als ob man sich den Urlaubsort nach Hause streamen lässt, um auf die aufwendige Reise zu verzichten. Lieber gehen wir mit der Kultur noch näher an die Leute ran – also auch mit dem Mannschaftsbus raus an spannende Orte.
Bereit für die höchste Spielklasse? Wir spielen – manchmal von den Dortmundern unbemerkt – schon lange in der ersten Liga der Mehrspartenhäuser. Das Ballett und die Philharmoniker präsentieren Dortmund in der ganzen Welt, das Schauspiel gilt als Pionier der digitalen Narration, die größten Stimmen singen inzwischen an der Dortmunder Oper und unser Kinder- und Jugendtheater ist eines der etabliertesten in ganz Deutschland. Wir stehen für einen lebendigen, spannenden Kulturstandort und geben unser Herzblut, damit dies so bleibt.