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2.2.2. Die rassisch-völkischen Ordnungkriterien
"Mit nachtwandlerischer Sicherheit schritt Bismarck voran und bahnte den Weg in eine größere Zukunft: überall den Dingen folgend und sie in steigendem M aße beherrschend, und innerlich auf das Höchste gerichtet, das möglich werden könnte. - W er möchte dabei nicht an die Politik des Führers bis 1938 denken!"112
Das Dritte Reich hatte sich selber als "Vollender" der interpretierten Traditionslinie in die deutsche Geschichte eingeordnet, da im "Führer als dem wahrhaft 'weltgeschichtlichen Individuum'... all dieses seinen unmittelbarsten Ausdruck" gefunden habe. Erst in ihm sei "das Reich als Idee und Gestalt der geschichtlich-politischen Einheit des gesamtdeutschen Volkstums unmittelbar handelnde und vollstreckende Persönlichkeit"113 geworden. Politischer Charakter und politische Gebundenheit der W issenschaft triumphierten endgültig und trieben die merkwürdigsten Blüten. Schon allein die Übertragung nationalsozialistischer Begrifflichkeit auf die ausgewählten historischen Ereignisse und Prozesse verdeutlichte die direkte Absicht der propagandistisch orientierten Geschichtsdeutungen: Das Dritte Reich beanspruchte für sich das Privileg, die "zweite Grundlegung Europas" mit seinen "Neuordnungs"-Vorstellungen in A ngriff zu nehm en.114
Abgeleitet von den beschworenen "germanischen Traditionen" und ihrer eigenwilligen nationalsozialistischen Interpretation griff die Idee einer "Neuordnung aus der Mitte Europas" heraus dann zusätzlich auf "rassisch-biologische" Ordnungskriterien zurück, die das Bild der nationalsozialistischen "Europa"-Vorstellungen, das aus den historischen Traditionslinien ansatzweise erkennbar wurde, weiter vervollständigten.
2.2.2. Die rassisch-völkischen Ordnungskriterien
Die rassisch-biologische Grundlegung der "Neuordnungs'-Vorstellungen knüpfte an die bereits beschriebene Krise des Nationalismus und des Nationalstaatenprinzips an, die in den Auseinandersetzungen der Zwischenkriegszeit scheinbar deutlich geworden war. Diese Krisenprozesse wurden jetzt von der nationalsozialistischen Propaganda auf die politische Rolle des Nationalismus zurückgefuhrt, der mit seinem vorgeblich falsch verstandenen Selbstbestimmungsrecht der Staaten den europäischen K ontinent zerrissen habe. Um dieser Entwicklung zu begegnen, wertete die NS-Publizistik die "volkspolitischen Wertmaßstäbe" auf, die vor allem in den dreißiger Jahren das "Volkstum" als Gegenmodell zum Nationalstaat wiederbeleben sollten.115 Wie K a rl H e in z P feffer dann

112 Ebenda, S. 167. 113 Vgl. Das Reich und Europa, a.a.O., Einleitung von P. Ritterbusch, S. XII. 114 Vgl. F.A. Six: Das Reich und die Grundlegung Europas, a.a.O., S. 35. 115 Vgl. W. Hasselblatt: Volkspolitische Wende in Europa, in: Europäische Revue, 1939, S. 28-34, S. 28.

1944 betonte, ging es in diesen Altematiworstellungen nicht darum, den Nationalismus radikal abzuschaffen, sondern vielmehr um seine Aufhebung im Rahmen einer europäischen Lebensgemeinschaft, die von der Vielgestaltigkeit der Nationen lebte, diese aber nach "völkischen" Gesichtspunkten zu einer neuen Einheit zu ordnen gedachte.116 Als grundlegender Faktor dieser neuen "übernationalen" Gemeinschaft wurde die "rassische Verwandtschaft der europäischen Völker" herangezogen, die eine "tragfähige Basis für eine stärkere und allseitige Verbundenheit im Bewußtsein dieser Einheit" bilde. Die dabei zugrunde gelegten Vorstellungen von einer europäischen "Urrasse" waren allerdings genauso wie die nationalsozialistische Rassenpolitik insgesamt von den Widersprüchen, den historischen Unsinnigkeiten und den begrifflichen Unklarheiten geprägt, die aus der versuchten einseitigen Übertragung biologischer Erkenntnisse auf die menschliche Gesellschaft resultierten. Letztlich lieferten diese Theorien nur die ideologische Grundlage, um die systematische Be- und Entvölkerungspolitik als Bestandteil der deutschen Außenpolitik zu erklären.117
Demzufolge blieb in den verschiedenen Beiträgen unklar, ob es sich in der Gegenwart um die Nachkommen einer ursprünglichen "europiden" Rasse handelte, die im Laufe der Jahrhunderte in verschiedene Gruppen aufgespalten worden war, oder ob nunmehr auf dem europäischen Kontinent verschiedene Rassen nebeneinander existierten, die das ursprünglich Erbe in unterschiedlichster Weise weitertrugen. Der gemeinsame Tenor war lediglich darauf reduziert, die - wie auch immer definierte - "germanische" oder "nordische Rasse" in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen, um auch auf diese Weise die besonderen Rechte Deutschlands zu begründen. Wissenschaftlich haltbare Theorien konnten dabei allerdings nicht entstehen. So stellte beispielsweise Hermann N oack fest, daß die europäischen Völker der arischen oder indogermanischen Völkerfamilie angehörten, die, unterteilt in die germanische, romanische und slawische Gruppe, mit ihrer "Blutsverwandtschaft" trotz der phänotypischen Mannigfaltigkeit ihrer Angehörigen die gemeinsame Basis der künftigen europäischen Lebensgemeinschaft bildete.118 F ranz A lfred Six benutzte diese "rassische" Konstruktion dann vor allem, um den europäischen Erdteil als künftigen "Großraum" auch geographisch von Asien abzugrenzen: Wie er feststellte, sei Europa also "der aus der Gestaltungskraft der arischen Rasse geschaffene Lebensraum der europäischen Rassen und Völker". Dabei wäre die "gemeinsame rassische Herkunft über alle trennenden politischen, staatlichen und weltanschaulichen Unterschiede" hinweg das "verbindende Element der europäischen

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116 Vgl. K.H. Pfeffer: Die europäische Besinnung, in: Zeitschrift für Politik, 1944, S. 377-385, S. 378,383. 117 Vgl. K. Hildebrand: Das vergangene Reich, a.a.O., S. 705ff. 118 Vgl. H. Noack: Das geschichtliche Wachstum des europäischen Gesamtbewußtseins, in: Auswärtige Politik, 1944, S. 277-287, S. 279.

Völker."119
Die in diesen Auszügen bereits deutlich werdenden Schwierigkeiten, den B egriff der "Rasse" zu definieren und die europäischen Verhältnisse m it dieser K ategorie eindeutig zu beschreiben, prägten die gesamte Erörterung des Problems nachhaltig. V or allem die Abgrenzung der Begriffe "Rasse", "Volk", "Nation" oder "Staat" bestimmten die Diskussion: Während eine "Rasse" in der nationalsozialistischen "Neuordnungs"-Terminologie eine biologisch "gewachsene Einheit höheren Ranges" darstellte, die durchaus gewisse genetische Unterschiede einschloß, wurde der B egriff des "Volkes" zur biologischgeographischen Kategorie erklärt.120 Wie ein Beitrag von W o lf ga n g B. L engercke aus dem Jahr 1943 betonte, gewann damit der "Gedanke der Rasse" eine "überzeitlich zusammenschmelzende Kraft von geschichtsgestaltender Wirkung". Die "Gattung Mensch" würde "als rassische Einheit in einem begrenzten Lebensraum zu jenem überzeitlichen Generationsorganismus" heranwachsen, der "in unaufhörlicher Anpassung an seinen Raum und unter ständiger Umgestaltung seiner Umwelt schließlich als organisch geformtes Gebilde Volk" erscheine.121 In der Fortsetzung dieser Argumentation entstand aus der Wechselwirkung von "Mensch und Umwelt" der "W esensbegriff Volk und Nation", während der "Staat" die dazu gehörige geographische Ausdehnung abgrenzte und damit gleichsam die Summe aus Umwelt und Volk darstellte.122 Die Frage, ob der Kontinent Europa somit von einer grundlegenden Rasse oder verschiedenen geprägt werde, mußte dabei weiterhin offen bleiben. Im Hinblick au f das nationalsozialistische Ziel, die Revision der bestehenden Grenzen zu deutschen Gunsten zu begründen, waren diese Überlegung aber auch zweitrangig, da es "genügte", zu betonen, daß die Staatsgrenzen nicht mit der Verteilung der Bevölkerungsgruppen übereinstimmen würden.
Um die augenscheinlichsten Widersprüche in der Rassentheorie zu mindern, formulierte daraufhin beispielsweise F. Orsos, das die europäischen Völker nach der Völkerwanderung so "durchmischt" seien, das "reine Rassen" kaum noch zu finden wären. Eine Einteilung der europäischen Rassen sei deshalb nur noch nach geographischen Gesichtspunkten möglich, nach denen er eine nordische, baltische, mediterrane, dinarische oder kaukasische Rasse benannte, deren "biologische Reinheit" nun gegen "fremde Einflüsse" gesichert werden müsse.123 Im Unterschied zu dieser aktuellen Vielfalt wurde allerdings

119 Vgl. F.A. Six: Das Reich und die Grundlegung Europas, a.a.O., S. 14. 120 Vgl. G. Haase-Bessell: Volk und Rasse in ihren Beziehungen zueinander, in: Zeitschrift für Geopolitik, 1939, S. 657-674, S. 661f. 121 Vgl.W.B. Lengercke: Raum, Volk, Staat, in: Zeitschrift für Geopolitik, 1943, S. 185-188, S. 187. 122 Vgl. ebenda, S. 188. 123 Vgl. F. Orsos: Die Überwindung der biologischen Gefährdung Europas, in: Junges Europa, 1943, S. 32-38, S. 34, 36.

die Idee der indogermanischen Rasse, dem "Urquell" der europäischen Bevölkerung, als letztlich entscheidender Ausgangspunkt der biologisch-rassischen "Neuordnung" des Kontinents beibehalten. Europa stünde gegenwärtig - wie Karl C. von Loesch 1944 feststellte - vor der Aufgabe, die Grundlagen für die künftige Lebensgemeinschaft der europäischen Völker zu schaffen. Da die historischen Vorläufer mit ihren nationalstaatlich geprägten Strukturen nicht in der Lage gewesen seien, den Kontinent sowohl nach außen zu sichern als auch nach innen dauerhaft zu befrieden, müßten neue Ordnungskriterien gefunden werden, die diese Mängel im Rahmen einer überstaatlichen Einheit beheben könnten, die das staatliche Souveränitätsprinzip ablöste. Für Loesch galt Europa deshalb als der "Mutterraum" der hellhäutigen europiden Rasse, die in der Gegenwart durch das Nebeneinander von "Volkspersönlichkeiten" auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen gekennzeichnet wurde. Die ursprüngliche rassische Zusammengehörigkeit dieser verschiedenen Einzelvölker bildete für ihn die Grundlage einer neuen Ordnung, in der "eine große Zahl wohlausgebildeter, erhärteter und einsatzfähiger Volkspersönlichkeiten... au f Grund langer Entwicklungen der rassisch günstig zusammengesetzten Völker dieses Erdteils eine einzigartige Lebensgemeinschaft" eingehen könnten.1'"
Den Nationalstaaten der Vergangenheit wurde die Idee einer vorgeblich "rassisch gegliederten, aber organisch gebundenen Ordnung der Völker" entgegengesetzt, die die als grundlegend dargestellten rassisch-biologischen Kriterien der europäischen Zusammengehörigkeit wieder aufgreifen würde. Volk und Volkstum wurden angesichts der Problematik des Rassenbegriffs und seiner Anwendbarkeit auf die menschliche Gesellschaft zu den bestimmenden Werten der "Neuordnung" stilisiert, die es gestatteten, die politischen Grenzen und staatlichen Gliederungen insgesamt in Frage zu stellen. Wie es Reichspressechef Otto Dietrich 1941 formulierte, würde die "Revolution unserer Zeit" damit den "Individualismus als falsche Grundlage des Denkens" enthronen und die "Menschenrechte des Volkes, die eine neue Epoche in der Entwicklung Europas und der Ordnung seines Lebens begründen" wiederentdecken. In dieser Ordnung würden sich die Völker Europas dann "aus den Trümmern einer vergangenen Epoche wieder zu neuem blühenden Leben erheben"124 125 können.
Der tiefere Sinn, der in der Verwendung dieser nunmehr rassisch-völkisch bestimmten Kriterien lag, wurde in der Präferierung des deutschen Volkstums und der Untersuchung seiner geographischen Verteilung deutlich: Wie F. Lenz betonte, seien die Germanen die einzigen, die in Europa ihre "Rassenkraft" ungebrochen bewahrt hätten und auf

124 Vgl. K.C. Loesch: Die Lebensgemeinschaft der europäischen Völker, in: Jahrbuch der Weltpolitik, 1944, S. 61-103, S. 61,69, 86. 125 Vgl. D. Otto: Die geistigen Grundlagen des neuen Europa, Berlin 1941, S. 31. f

dieser Grundlage zum Träger der modernen europäischen K ultur gew orden wären.12* Die Theorien vom Volkstum und der völkischen Ordnung charakterisierten in der nationalsozialistischen Argumentation zunehmend den Kompromiß zw ischen dem Staat und dem erstrebten "großräumlichen" Zusammenschluß in Europa. Das Volkstum "drängte" im 20. Jahrhundert - laut einem Beitrag von A lfre d Thoss - gegen die alte Ordnung und ihre Staatsauffassung an, um die "im Blut verwurzelten natürlichen Rechten" wieder zur Geltung zu bringen, die den Kem der "Neuordnung" ausmachen w ürden.126 127 Das so beschworene Volkstum stellte in dieser Sichtweise den "wahren Wert" dar, dessen Bedeutung vor allem die nationalsozialistische Politik bis 1938 in den ersten - noch friedlichen - Revisionen des Versailler Vertrages berücksichtigte.128 Oberstes Ziel dieser Aktionen, die nach 1939 mit militärischen Mitteln fortgesetzt wurden, w ar in dieser Lesart nicht Expansion, sondern die "Festigung des deutschen Volkstums" als Ausgangspunkt der rassisch-völkisch bestimmten "Neuordnung" des europäischen Kontinents.129 Deutschland beanspruchte damit die Aufgabe, nachdem es zunächst die deutsche Volksgemeinschaft auf rassenpolitischer Grundlage errichtet hatte, auch weite Teile Europas nach völkischen und staatsrechtlichen Gesichtspunkten in ihrem Verhältnis zum Reich neu zu ordnen, um die völkische Reichsgestaltung im europäischen Maßstab durchzusetzen.130
In diesem Zusammenhang wurde die Vision einer europäischen "Völkerfamilie" entwickelt, um das Grundprinzip des Zusammenlebens in der künftigen, völkisch geprägten europäischen Lebensgemeinschaft zu beschreiben.131 Ähnlich wie in einer Familie sollten die Rechte und Pflichte der einzelnen Glieder der künftigen Völkerfamilie vom Gemeinwohl bestimmt werden. Werner D aitz132 benannte leitete daraus das grundlegende "Sittengesetz" der rassisch-völkisch gegliederten Gemeinschaft ab, das vom einzelnen Volk zwar die Unterordnung unter das Allgemeinwohl verlangte, ihm aber gleichzeitig zusicherte, seine spezifische Persönlichkeit als Gegenpol zur Völkerfamilie beizubehalten, um die kulturelle Mannigfaltigkeit und Leistungsstärke des Kontinents zu gewähr-

126 Vgl. F. Lenz: Die biologische Entwicklung der europäischen Völker, in: Zeitschrift für Politik, 1941, S. 597-608, S. 600. 127 Vgl. A. Thoss: Die Umsiedlungen und Optionen im Rahmen der Neuordnung Europas, in: Zeitschrift fiir Geopolitik, 1941, S. 125-136, S. 125. ' : ■ 128 Vgl. W. Hasselblatt: Volkspolitische Wende in Europa, a.a.O., S. 28. -> 129 Vgl. A. Schürmarm: Festigung deutschen Volkstums in den eingegliederten Ostgebieten, in: Reich, Volksordnung, Lebensraum, Bd. VI, 1943, S. 475-538, S. 480. 130 Vgl. W. Stuckart: Staatsangehörigkeit und Reichsgestaltung, in: Reich, Volksordnung, Lebensraum, Bd. V, 1943, S. 57-91, S. 57. J31 Gleichzeitig ermöglichte es dieses Modell, das Führerprinzip als Grundlage der zwischenstaatlichen Ordnung einzufuhren. (Vgl. 3. Kapitel) -i 132 W. Daitz war u.a. Gesandter und Leiter der Außenhandelspolitischen Abteilung der NSDAP.

leisten.133 Allerdings schloß dieses Sittengesetz nicht aus, daß im Rahmen der völkischen "Neuordnung" eine "naturgemäß" bestimmte "völkisch gestufte Ordnung" entstehen würde, die zwischen "Volkszugehörigen", "Fremdvölkischen" und "Fremdrassigen" unterschied und damit das Bild von der Völkerfamilie deutlich unterlegte .134 In diesem Rahmen beanspruchte Deutschland aufgrund der postulierten Überlegenheit des deutschen Volkstums in Europa eine bevorzugte Position. Schon die Sammlung der deutschen Volksgruppen im Ausland bildete damit im Hinblick auf eine völkisch bestimmte "Neuordnung" des europäischen Kontinents den ersten Schritt, um die staatlichen Verhältnisse in Europa umfassend neuzugestalten.135 Somit wurden sowohl die beginnenden Umsiedlungsaktionen, die mit der Völkerwanderung verglichen wurden, als auch in besonderem M aße die deutschen Eroberungen nach dem Beginn des Krieges mit dem Ziel begründet, das deutsche Volk wieder in einem gemeinsamen "Lebensraum" zu vereinen: "Gleiches Blut" gehöre zueinander und dürfe nicht durch "Grenzen, die nur von Menschenhand geschaffen sind", getrennt werden.136 Nachdem Hitler die Umsiedlungsaktionen in seiner Rede vom 6. Oktober 1939 zur offiziellen Politik erklärt hatte, ernannte er den Reichsfuhrer SS, Heinrich Himmler, zum Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums. Zu seinen Aufgaben gehörte es, die deutschen Volksgruppen aus dem Osten "heim ins Reich" zu holen sowie die neueroberten Gebiete im Osten "einzudeutschen".137
In der praktischen Umsetzung der deutschen "Neuordnungs"-Vorstellungen im Krieg wurde allerdings sehr schnell deutlich, daß die Idee der europäischen "Völkerfamilie", die in den weiteren Überlegungen hinsichtlich des politischen Zusammenlebens im künftigen "Großraum" Europa noch konkretisiert wurde, weit von der Realität der nationalsozialistischen Politik entfernt war. Deutschland übertrug seine Rassen- und Volkstumspolitik au f das neu zu ordnende Europa, so daß "fremdvölkische" - also nichtdeutsche - Europäer zu Menschen zweiter Klasse degradiert und "fremdrassische" wie die Juden aus der propagierten "Völkerfamilie" von Anfang an ausgenommen blieben.138 M it dem vordergründig propagierten Ziel, das "biologische Erbgut" der - nur

133 Vgl. W. Daitz: Völkischer Sozialismus - europäischer Sozialismus, in: Nationalsozialistische Monatshefte, 1943, S. 345-349, S. 345ff. 134 Vgl. W. Stuckart: Staatsangehörigkeitsrecht und Reichsgestaltung, a.a.O., S. 61. 135 Vgl. u.a. E. Hoffmann: Die Volkwerdung der Deutschen im Südosten, in: Zeitschrift für Politik, 1940, S. 100-104, S. 102. 136 Vgl. H. Krieg: Deutsche Volksgruppen ziehen um, in: Zeitschrift für Politik, 1940, S. 44-50, S. 44f. ............ .. 137 Vgl. A. Thoss: Die Umsiedlungen und Optionen im Rahmen der Neuordnung Europas, a.a.O., S. 125f sowie A. Schürmann: Festigung deutschen Volkstums in den eingegliederten Ostgebieten, a.a.O., S. 482. 138 Vgl. W. Stuckart: Staatsangehörigkeit und Reichsgestaltung, a.a.O., S. 86,90.