Dr. Rath Gesundheitsbrief - Ausgabe 13/21 - August 2021

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Ausgabe 13/21 – August 2021

DR. RATH GESUNDHEITSBRIEF Veganer verzehren ausschließlich pflanzliche Lebensmittel. Aber deckt der Verzicht auf tierische Produkte den täglichen Nährstoffbedarf? Veganer konsumieren in der Regel kaum Fertiggerichte, nehmen weniger Zusatzstoffe und Transfette zu sich. Viele Studien haben ergeben, dass Veganer seltener erhöhte Blutfettwerte aufweisen. Übergewicht, Hypertonie, Dia-

betes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen weniger häufig vor. Der vegane Lebensstil ist also weit mehr als eine Modeerscheinung und eine ethische Überzeugung. Die vegane Ernährungsweise hat jedoch nicht nur Vorteile.

VEGAN WORIN STECKT VITAMIN B12? B12 findet sich in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Eiern, Milcherzeugnissen, Meeresfrüchten und Leber. Geringe Mengen des Vitamins sind in Sauerkraut, Meeresalgen (Nori), Shiitake-Pilzen, Soja und Bier vorhanden. Aus Untersuchungen geht jedoch hervor, dass diese Lebensmittel B12-Analoga enthalten, die für den menschlichen Organismus nutzlos sind. Cyanobakterien (Blaualgen) wie Spirulina sind zwar dazu fähig, B12 zu produzieren. Analysen des Max-Rubner-Instituts haben aber ergeben, dass es sich hier um eine nicht verwertbare Form von Vitamin B12 handelt.

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RISIKO: ZU HOHER HOMOCYSTEIN-WERT Die Kehrseite der Medaille ist, dass Veganer zu einem Vitamin-B12-Mangel neigen. Dieses Defizit begünstigt einen Überschuss der α-Aminosäure Homocystein. Die rein pflanzliche Ernährungsweise kann also nur gesundheitsfördernd und arterienschützend sein, wenn der B12-Spiegel stimmt. Bei einem Homocystein-Status von über 10 µmol/l steigt das Risiko für Arteriosklerose, Gefäßablagerungen (Plaques), Schlaganfälle und Herzinfarkte.


Ausgabe 13/21 – August 2021

DIE FOLGEN VON B12-MANGEL Vitamin B12 ist für die Blutbildung und die Zellteilung essenziell. Wenn der Körper mit zu wenig Vitamin B12 (Cobalamin) versorgt wird, kann es zu chronischer Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, depressiven Verstimmungen sowie Magenund Darmproblemen kommen. Kritisch wird es, falls das Defizit fortlaufend besteht. Der Mangel wird dann nicht mehr über das Depot in der Leber ausgeglichen. Die permanente Unterversorgung mit B12 kann neurologische Schäden nach sich ziehen. Defekte im peripheren Nervensystem zeigen sich in Kribbeln („Ameisenlaufen“) in Armen oder Beinen, temporären Lähmungserscheinungen und Sensibilitätsstörungen. Eine schwere Nervenschädigung ist irreversibel. Wer keine tierischen Produkte isst, sollte seinen Körper präventiv mit einer Vitamin-B12-Nahrungsergänzung versorgen. Sie kann eine pflanzlich basierte Ernährung sinnvoll ergänzen und vor B12-Mangel bedingten Krankheiten wie einer Neuropathie schützen. CALCIUMSPIEGEL IM AUGE BEHALTEN Veganer nehmen meist wenig Eiweiß und folglich geringere Mengen Calcium auf. Sie müssen besonders auf eine ausgewogene Ernährung achten und das günstige Zusammenspiel der einzelnen veganen Produkte. Tofu ist ein hervorragender Eiweiß- und Calciumlieferant. Das Sojabohnenprodukt ist zudem cholesterinfrei. Tofu kann sehr gut mit dem pflanzlichen Calciumspender Brokkoli kombiniert werden. Eine weitere solide Calciumquelle für Veganer sind grüne Gemüsesorten wie Kohl, Brokkoli, Grünkohl, Spinat und Fenchel. Auch Haselnüsse, Paranüsse und Mandeln stecken voller Calcium. Darüber hinaus trägt Mineralwasser mit einem Calciumanteil von mindestens 150 mg pro Liter zu einer zuverlässigen Versorgung bei einer rein pflanzlichen Ernährung bei. Eine ausreichende Calciumaufnahme hält die Knochen fit und wirkt einer Demineralisierung entgegen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine Calciumzufuhr von 1000 mg täglich.1

VEGANER HABEN HIER DIE NASE VORN Menschen, die viele tierische Produkte verzehren und daraus Calcium absorbieren, haben häufiger Knochenbrüche. Das Osteoporoserisiko steigt bei hohem Fleisch- und Wurstwarenkonsum. Ganz besonders gefährlich sind Hüftfrakturen und Oberschenkelhalsbrüche. Calcium sollte also besser über andere Nahrungsmittel aufgenommen, aber keinesfalls vernachlässigt werden. Wer nach dem Motto „Fleisch ist mein Gemüse” lebt, muss besonders auf die Zufuhr von wichtigen Mikronährstoffen durch Supplementierung achten.

Zink aus rein pflanzlichen Lebensmitteln wird schlechter resorbiert. Weizen-Vollkornprodukte, Mais, Haferflocken, Linsen, Leinsamen oder Sonnenblumenkerne liefern Zink, die Verwertung ist aber nicht optimal. Eine zusätzliche Zink-Supplementierung ist also für Veganer von Vorteil. Folgende Lebensmittel enthalten viel Zink:

WICHTIGE MIKRONÄHRSTOFFE FÜR VEGANER? Neben Vitamin B12 wirkt sich eine ausreichende Zufuhr von Folsäure und Vitamin B2 und B6 positiv auf den Homocystein-Spiegel aus. Alle drei sind anteilig in Vollkornprodukten, saisonalem Obst, grünen Bohnen und Blattgemüsen vorhanden. Für ein reibungsloses Funktionieren aller körperlicher Funktionen sind außerdem diese Vitalstoffe wichtig:

NICHT FISCH, NICHT FLEISCH Veganer sollten ihre Speisen optimal zusammenstellen und gegebenenfalls mit einer Supplementierung ergänzen, um mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt zu sein. Zu einer gesunden veganen Ernährung zählt auch der Konsum von hochwertigen pflanzlichen Ölen. Walnüsse können Fangfrisches aus See und Meer ersetzen. Walnüsse haben viel Omega 3, sogar mehr als Fisch. Sie liefern außerdem die Spurenelemente Zink und Eisen. Der tägliche Eisenbedarf liegt bei Männern bei 10 mg Eisen, bei Frauen sind es 15 mg. Es gibt pflanzliche Alternativen wie z.B. Kürbiskerne. Diese haben mit 12,5 mg Eisen pro 100 g den höchsten Eisengehalt. Amaranth liefert nicht nur eine ordentliche Portion Eisen, sondern auch viel pflanzliches Eiweiß und Calcium. Der ballaststoffreiche Leinsamen und die glutenfreie Quinoa bringen es auf 8 mg Eisen pro 100 g. Die Absorption von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln wird verstärkt durch Vitamin C, Soja und organischen Säuren (z.B. Essig). Ein Orangensaft während der Nahrungsaufnahme verbessert die Eisenabsorption aufgrund des Vitamin-C-Gehalts. Das trifft besonders auf Haferflocken und Spinat zu. Der Genuss von Tee und Kaffee hemmt die Aufnahme von Eisen und sollte von daher mindestens 30 Minuten nach dem Essen erfolgen.

+ Vitamin D

+ Selen

+ Jod

+ Omega-3-Fettsäuren

+ Eisen

+ Zink

SONNE UND VITAMIN D Hefe, Kohl, Spinat und Pilze enthalten das Provitamin D12. Wenn UV-Strahlung auf die Haut trifft, wird daraus aktives Vitamin D3. Ein längerer Aufenthalt im Freien hat also zu jeder Jahreszeit einen stimulierenden Effekt auf die Vitamin-D3Produktion. Es empfehlen sich außerdem Lebensmittel, die mit Vitamin D2 angereichert sind, sowie eine unterstützende Vitamin-D3-Supplementierung. REGELN DEN HORMONHAUSHALT: JOD UND ZINK Bei einer veganen Ernährung kommt es öfter zu einem Jod- und Zink-Mangel. Die Verwendung von jodiertem Speisesalz in der Küche beeinflusst dieses Defizit positiv. Im Falle einer Jod-Unterversorgung kommt es öfter zu einer Schilddrüsenvergrößerung (Struma). Bei Kindern kann eine Wachstumsstörung daraus resultieren. Zink aus rein pflanzlicher Kost hat nicht die gleiche Bioverfügbarkeit wie Zink aus tierischen Produkten. Dennoch liegt der Zinkstatus von Veganern größtenteils im Toleranzbereich. Dies begründet sich meist in einer routinierten veganen Ernährung. Der Organismus kann Zink langfristig besser aus den pflanzlichen Produkten aufnehmen und verwerten. Bei Kindern ist diese Anpassungsfähigkeit noch nicht gegeben. Sie leiden eher unter Zinkmangel als Erwachsene.

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+ Vollkorngetreide

+ Kakao

+ Erdnüsse

+ Sauerteigbrote

+ Hülsenfrüchte + Kürbiskerne

+ Samen + Lupine

STUDIEN UND QUELLEN: 1

Ergänzung der Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu veganer Ernährung hinsichtlich Bevölkerungsgruppen mit besonderem Bedarf an die Nährstoffversorgung. Abgerufen 29. Juni 2021, von https://w w w.dge.de/wissenschaft / weitere-publikationen/dge-position/ vegane-ernaehrung/?L=0

Weikert C et al. Vitamin and Mineral Status in a Vegan Diet. Dtsch Arztebl Int. 2020 Aug 31;117(3536):575-582. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33161940/

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Elorinne AL et al. Food and Nutrient Intake and Nutritional Status of Finnish Vegans and Non-Vegetarians. PLoS One. 2016 Feb 3;11(2):e0148235. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26840251/

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Rudloff S et al. Vegetarian diets in childhood and adolescence : Position paper of the nutrition committee, German Society for Paediatric and Adolescent Medicine (DGKJ). Mol Cell Pediatr. 2019 Nov 12;6(1):4. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31722049/

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#1217/01-010821/DE/

WIE HOCH IST DER VITAMIN-B12-BEDARF? Erwachsene sollten täglich 4 µg Vitamin B12 zu sich nehmen. Schwangeren Frauen wird zu einer Dosis von 4,5 µg geraten. In der Stillzeit liegt die Richtschnur bei 5,5 µg Vitamin B12 pro Tag. Veganern wird deshalb von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) eine dauerhafte B12-Supplementierung dringend empfohlen.


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