
5 minute read
GESCHENKT WERDEN“
lich so viel möglich. Das hatte so viel Zugkraft, das hat mich sehr motiviert. Da steckt viel Herzblut drin, das gibt mir Sinn. Ich merke dann, das hat einen Bezugspunkt zu den Sachen, die mir wirklich wichtig sind. Und es geht da um die grundlegenden Werte, die mich antreiben.
Im BDKJ war ich vor sechs Jahren ein völlig anderer Mensch, da gehe ich jetzt ganz anders raus. Wie sehr mich diese Zeit verändert hat! Zum Beispiel konnte ich erleben, dass da draußen noch viel mehr ist, weswegen ich mich auch neu orientiert und mal eine neue Abzweigung genommen habe – das war in dem Moment oft anstrengend und kräftezehrend, aber im Nachhinein bin ich unfassbar dankbar!
Advertisement
Ich engagiere mich sehr, ich trage gerne Verantwortung und gebe Menschen Orientierung. Hier spielt mein Glaube eine sehr zentrale Rolle! Er ist auf jeden Fall eine Konstante, er verwurzelt mich und gibt mir immer wieder eine große Sicherheit: Ich kann gar nicht so falsch abbiegen … Da geht es um eine größere Orientierung, die mir auch das Gefühl gibt, dass ich nicht jede Entscheidung alleine treffen muss. Das kommt vor allem für die jungen Menschen zum Tragen in einer Lebensphase, in der sie in so großen Veränderungs und Entwicklungsprozessen sind. Da mit Ehrfurcht ranzugehen und förderliche Wachstumsbedingungen zu schaffen, danach richte ich meine Arbeit aus.
In meiner Arbeit mit den FSJlern merke ich bei ihnen ein großes spirituelles Bedürfnis. Sie sind auf der Suche nach etwas, das trägt, und haben gleichzeitig viele Widerstände, was Kirche angeht. Das Bedürfnis wäre da, allerdings fehlen die offenen Türen. Deshalb versuchen wir immer wieder, kleinere spirituelle Momente einzubauen. Denn Glaube kann uns helfen, wo uns die Worte fehlen. Er hilft uns beim Tragen. •
Stefan Bauberger ist Jesuit, katholischer Priester, Zen-Meister, Philosoph und Physiker. Wenn sich einer auskennen müsste mit dem Sinn des Lebens – dann er ist es nicht mehr das, worum es geht. Im Modus des „HabenWollens“ kann man das nicht haben. Der Sinn kann mir nur immer wieder neu geschenkt werden.

Worin der Sinn des Lebens für einen persönlich besteht, ist eine ganz schwierige Frage! Denn der Sinn des Lebens ist ja nichts, was zu einem Leben noch dazu kommt, sondern er ist im Leben schon immer drin gewesen.
• Stefan Bauberger kennt Phasen, in denen er ganz unruhig auf der Suche nach Sinn war – bis er gemerkt hat, dass das nichts bringt
Manchmal werde ich gefragt, warum ich so viele gegensätzliche Wege eingeschlagen habe. Ich antworte dann: Ich bin halt Mensch. Ich bin Jesuit geworden, weil ich eine Lebensgemeinschaft gesucht habe, die spirituell lebt, und in der ich etwas Sinnvolles für die Welt tun kann. Ich war schon immer auch naturwissenschaftlich interessiert, und deshalb habe ich nach dem Philosophiestudium noch Physik studiert bis zur Promotion. Seit ich 16 bin, meditiere ich. Das war für mich persönlich sehr wichtig. Mein ZenMeister, ein indischer Jesuit, wollte mich schließlich zum ZenLehrer ausbilden; so habe ich das auch noch gemacht.
Es gibt Zeiten, in denen die Wirklichkeit durchlässig wird für diesen Sinn – als Christ kann ich auch sagen „durchlässig für Gott“ –, dann finde ich diesen Sinn überall, in meinem Leben oder draußen in der Natur. Ich kenne aber auch Zeiten, die nicht durchlässig sind, in denen mich blöde Gedanken und Sorgen in Beschlag nehmen. Dann zeigt er sich nicht, der Sinn.
Ich will sinnvoll leben, heißt, dass ich ein Leben haben möchte, in dem ich gut leben kann. Aber die Welt steht auch in Brand. Ich kann mich da nicht raushalten, ich muss auch Stellung beziehen. In meinem Bereich Verantwortung wahrzunehmen, auch das heißt sinnvoll leben.
• Annemarie Eckardt ist eng mit BDKJ und FSJ verbunden – dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend und dem Freiwilligen Sozialen Jahr
Ich bin ein Grenzgänger zwischen Glaube und Naturwissenschaft, zwischen westlicher und östlicher Religiosität. Deshalb kann ich sagen, dass sich ein Sinn des Lebens objektiv nicht finden lässt. Ich selbst bin immer noch auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Lange Zeit war ich sogar auf einer verzweifelten Suche, aber jetzt bin ich eher ruhiger. Man kann den Sinn aber nicht finden. Sobald ich einen Sinn festzuhalten versuche,
Bei all dem war Glaube schon immer der Schlüssel in meinem Leben. Im Moment erodieren die christlichen Kirchen in Europa unfassbar schnell. Aber diffuse Formen der Spiritualität sind weit verbreitet. Dabei habe ich so meine Probleme mit dem Begriff der Spiritualität. Spiritualität wird konsumiert und gehört zu jedem gehobenen WellnessProgramm dazu. Das widerstrebt mir zutiefst. Für mich ist Spiritualität die Öffnung auf Gott, das Absolute, die große Wirklichkeit hin. Ich brauche mehrere Worte dafür, weil keines richtig trifft.
Also: Wenn die Welt in Brand steht, muss man auch was tun und sich engagieren! Aber um zur Ruhe zu kommen, ist es hilfreich, jeden Tag eine Übung zu machen für sich und die Seele. Sie muss nicht lang sein, dafür aber regelmäßig. •
In Krisenzeiten bricht vieles auf, so manches Lebenskonstrukt steht zur Disposition, auch der Glaubens-Boden unter den Füßen wankt.
Es stellen sich verstärkt die großen Fragen des Lebens: Woher komme ich? Wozu bin ich auf der Welt? Was ist der Sinn meines Lebens?
Tatjana Schnell, die an den Universitäten in Innsbruck und Oslo mit dem Schwerpunkt auf empirische Sinnforschung arbeitet, unterscheidet fünf Dimensionen von Lebenssinn: vertikale und horizontale Transzendenz
Selbstverwirklichung
Wir- und Wohlgefühl
Ordnung.
Für viele Menschen sind derzeit mehrere oder sogar alle dieser fünf Dimensionen eingeschränkt: Wie finden wir bei all diesen gewaltigen Herausforderungen Sinn, und was kann der christliche Glaube dazu beitragen?
Es ist eine der Aufgaben einer Religion, dass Menschen insbesondere an Brüchen des Lebens durch eine Rückbindung an ein größeres Ganzes Halt erfahren und Orientierung finden. Und Religionen erfüllen diese Aufgabe: Einer US-Studie aus dem Jahr 2021 zufolge finden religiöse Menschen deutlich mehr Sinn im eigenen Leben als nicht-religiöse.
Warum ist das so? Eine Antwort gibt in der Bibel der 1. Petrusbrief: „Gebt Zeugnis von eurer Hoffnung, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,15) Mehr denn je ist es gefragt, als Christ:innen Zeugnis zu geben von der heilbringenden Hoffnung. In Zeiten wie diesen von dem zu sprechen, was mir als religiösem Menschen Halt und Orientierung gibt. Auszusprechen und darüber zu reden, was mich erfüllt, antreibt und mir Kraft gibt, immer wieder neu an die Zukunft zu glauben.
Christsein ist eine Ressource für positive, gelingende Existenz
So lässt sich Glauben verstehen nicht als Konglomerat von Glaubenssätzen, sondern in erster Linie als eine bestimmte Art der Lebensführung, wie es der Pastoraltheologe Matthias Sellmann in seinem Buch „Was fehlt, wenn die Christen fehlen? Eine Kurzformel ihres Glaubens“ (Würzburg 2021) neu erschlossen hat. „Christsein ist eine Ressource für positive, gelingende Existenz, (…) eine Hilfe zum Leben“, schreibt Sellmann (Seite 16). Gott will ein Leben in Fülle für uns alle. Und wer Christ:in ist, soll zeigen, wie Leben gelingen und nachhaltig gestaltet werden kann. Ein gelingendes und nachhaltiges Leben führen zu können, ist natürlich kein Alleinstellungsmerkmal des Christentums, aber Christ:innen können Vorbild sein und zeigen, welche Haltungen und Kompetenzen es dafür braucht.
Der Glaube zielt auf den Alltag, den wir täglich meistern müssen. Er muss sich im Alltag bewähren. Leben aus dem Geist des Evangeliums zeigt sich in der Haltung zum Leben, zu den Menschen und allem Lebendigen sowie darin, wie ich mein Leben führe. Das Spezifische des