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„SINN KANN MIR NUR

Drei Menschen, die in ihrem Beruf mit Sinn und Orientierung zu tun haben. Sie erzählen uns, wie sie sich

Hermann Reigber ist Geschäftsführender Leiter der Christophorus Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit am Klinikum Großhadern in München

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Fragen nach dem Sinn des Lebens stellen sich bei uns natürlich ganz besonders. Aber es ist schwer zu beurteilen, welche Rolle genau der Sinn im Leben der Menschen an der Schwelle zum Tod spielt, weil die Krankheitsverläufe so unterschiedlich sind: Manchmal geht es sehr schnell; es gibt aber auch Verläufe, die sich über mehrere Jahre hinziehen. Da bleibt dann natürlich schon die Zeit, sich dem Thema Sinn zu widmen. Und wir schauen ja nicht nur die Patienten an, sondern auch die Angehörigen, die mit dieser Frage vielleicht noch mehr beschäftigt sind.

Was gibt den Menschen, die ihr Lebensende im Blick haben, Sinn und Orientierung? Am wichtigsten ist aus meiner Sicht eine gute und gesicherte Versorgung in einer geeigneten Umgebung. Hier möchten wir Antworten geben auf die Fragen: Wo kann ich sein? Wo werde ich wahrgenommen? Wo ist auch für meine Wünsche und Bedürfnisse, für mein normales Leben Platz? Ein ganz normales Leben, bei dem man nicht eingebunden ist in eine belebte Umgebung – das geht auch in Pflegeeinrichtungen – auch das kann Sinn für ein nach außen begrenztes, vulnerables Leben geben.

Das Sinnkonzept für Kranke war in den zweieinhalb Jahren der Pandemie extrem gefährdet, weil die Normalität den Corona­Regeln und Isolationspflichten unterlegen ist. Wir haben hier in Großhadern eine Palliativstation mit zwölf Betten und einem ambulanten Dienst. Nach dem ersten strengen Lockdown konnten wir schon nach drei Monaten die Besuchsregeln wieder lockern und einen normalen Kontakt mit den Nächsten ermöglichen. Das ist ein basaler Sinn von höchster Bedeutung.

Viele sagen den Patienten: „Du musst keine Angst haben.“ Das ist Unsinn. Sich seiner Angst zu stellen oder ihr einen Ort zu geben, ist ein großer Schritt in das Land des Sinns. Die Angst soll einen Platz haben. Wir haben da vor allem auch die Nächte im Blick. Die Nacht ist der Ort der Angst.

Annemarie Eckardt engagiert sich hauptberuflich und ehrenamtlich ohne Pause: im FSJ, im BDKJ, in der Erwachsenenbildung … Macht mehr Arbeit auch mehr Sinn? Für sie schon

Neben der Angst und dem Umgang mit ihr beschäftigen unsere Patienten auch ihre Angehörigen. Kranke leiden oft darunter, dass es ihren Angehörigen so schlecht geht. Sie haben dann das Gefühl, dass sie zur Unzeit gehen und ihre Partner, ihre Familie, ihre Angehörigen alleine lassen würden. Das ist extrem sinngefährdend. An dieser Stelle versuchen wir, das soziale Umfeld durch Ehrenamtliche zu bereichern. Normalität herzustellen. Einfach da zu sein. Unterhaltung im Sinne einer leiblichen Kommunikation bereitzustellen.

Hermann Reigber ist auch Theologe. Glaubensangebote funktionieren nur noch niederschwellig: eine Kerze anzünden, gemeinsam beten …

Als hauptberufliche Bildungsreferentin im BDKJ für das Freiwillige Soziale Jahr begleite ich rund 100 Freiwillige durch ihr spannendes Jahr voller Entwicklungen und Veränderungen. In der pädagogischen Begleitung, die wir anbieten, geht’s ganz viel um Orientierung: Lebensorientierung, Berufsorientierung, Orientierung in der Arbeitswelt.

Ehrenamtlich habe ich im Dezember nach sechs Jahren als Stadt­ und Regionalvorstand beim BDKJ München aufgehört. Der Abschied fiel mir zwar schwer, war aber natürlich richtig: Ich bin jetzt 30 Jahre alt, der BDKJ ist ein Jugendverband …

Als Theologe stelle ich zunehmend fest, dass geschlossene Sinn­ und Glaubenskonzepte nicht immer gefragt sind. Dennoch bieten wir an, eine Kerze anzuzünden, ein Gebet für den Patienten zu sprechen, miteinander zu beten. Es ist ein niedrigschwelliges Angebot. Eine Krankensalbung etwa wird nur noch selten gewünscht. Aber am wichtigsten: Ein Hospiz ist ein safe space. Hier ist der Tod, ein gesellschaftlich hoch explosives Thema, besprechbar. •

In meiner Arbeit und meinem ehrenamtlichen Engagement haben mich immer wieder Projekte begleitet, zum Beispiel in der Erwachsenenbildung des Erzbistums München und Freising oder im BDKJ wie München 2040, Mut zum Kreuz und etliche mehr.

Macht mehr Arbeit also auch mehr Sinn? Für mich schon. Für mich ist ein großer Antrieb, etwas mitgestalten zu können. Und wenn mir Dinge wichtig sind, dann setze ich mich auch gerne dafür ein. Da habe ich diese Spielfelder auch immer sehr gerne angenommen. In der Jugendverbandsarbeit war plötz­

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