Engagement & you
SELBSTWIRKSAMKEIT ZURÜCKEROBERN UND LEBENSQUALITÄT GEWINNEN Interview mit Dipl.-Psych. Ulrike Ackermann, Psychoonkologin, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Technische Universität München Liebe Frau Ackermann, wie können die look good feel better Kosmetikseminare aus Ihrer Sicht Krebspatientinnen während der Therapie im Kampf gegen Krebs unterstützen? Die Angebote unterstützen die Selbstwirksamkeit der Patientinnen. Denn was erleben Patientinnen? Sie erleben erst einmal, dass ganz viel mit ihnen gemacht und über sie hinweg entschieden wird. Sie haben überhaupt keine Gelegenheit mehr, so was wie Selbstwirksamkeit zu erleben, das heißt, Dinge aktiv zu entscheiden oder nicht zu entscheiden. Schminken ist dabei eine Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wem und wann ich etwas über mich mitteile. Wie erscheine ich anderen? Ich fühle mich müde, blass und krank – möchte ich mich deshalb auch blass, krank und verletzlich zeigen? Oder entscheide ich mich, durch das Schminken mein Äußeres zu verändern, zu kaschieren? Die Seminare geben den Frauen diese Entscheidung für mehr selbstbestimmte Lebensqualität zurück. Welche Wirkungen können zum Beispiel begleitende künstlerische Therapiemaßnahmen oder Entspannungsverfahren auf die Lebensqualität von Krebspatient:innen haben? Viele Patientinnen erzählen mir, dass sie während der Erkrankung kreative Techniken für sich neu entdeckt ha-
ben, die sogar während der Krankheit möglich sind und die sie auch danach noch als unterstützend in ihrem Leben empfinden. Der Weg in die Kunst oder das Hören oder Selbstmachen von Musik können das genauso gut sein wie Meditationen. Beliebt sind auch Yoga und Tai-Chi. Ich beobachte häufig und immer wieder, dass viele Patientinnen während ihrer Erkrankung zum ersten Mal in Berührung mit kreativen Techniken oder Entspannungsverfahren kommen, weil sie sonst gar nicht der Typ dafür wären. Letztlich bin ich davon überzeugt, dass alles, was Patient:innen gedanklich weg von der Erkrankung bringt und den Fokus auf schöne Dinge richtet, guttut.
Als Psychoonkologin begleitet Ulrike Ackermann Krebspatient:innen in allen Krankheitsphasen. Im Interview erklärt sie uns, wie sich Selbstwirksamkeit und Kreativität positiv auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Krebs patient:innen auswirken können.
Dipl.-Psych. Ulrike Ackermann
DKMS LIFE bietet nun fünf neue Pilotseminare (siehe Seiten 6–9) an. Wie schätzen Sie die Wirkung dieser Angebote ein? Fotografie, Entspannung, Singen sind sehr kreative und sehr positiv besetzte Themen. Das ist genau das, was die Krebspatient:innen brauchen. Gedanklich weg von der Erkrankung! Diese Themen haben nichts mit der Krebserkrankung zu tun. Und das ist ein wesentlicher Aspekt: den Fokus nicht nur auf das legen, was nicht mehr geht oder verbesserungswürdig ist, sondern auf das, was noch oder was wieder möglich ist und mir guttut. Das Miteinander mit anderen Betroffenen, das Wissen, das man im selben Boot sitzt, tut zusätzlich gut. Hier braucht man sich nicht verstecken, sondern erfährt Verständnis. Optimismus ist für mich ganz wesentlich: Alles, was den positiven Blick verstärkt, zahlt auf die Lebensqualität ein. Mein Ansatz ist dabei, dies individuell herauszuarbeiten und unterstützende Angebote anzubieten.
LEB EN S F R E U D E
11