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die den Büroflächen vorgelagert ist. Der 3,20 m tiefe »intermediate space« dient nicht nur als Klimapuffer und Erschließungszone, hier schaffen versetzt angeordnete Plattformen auch ein zusätzliches Raumangebot, das für Besprechungen und Kreativpausen genutzt wird (Abb. 1, 10); die Fassadenelemente dieser Bereiche lassen sich vollständig hochfahren, sodass geräumige offene Loggien mit Blick auf den Fluss Sihl entstehen. Eine durch­laufende Treppe ­verbindet die einzelnen Plattformen und ­erschließt die Büroetagen. Aufgrund dieses gebäudehohen Raumvolumens ist das gesamte Gebäude mit einer Sprinkleranlage ausgestattet. Verbindungselemente aus Holz Eine der Zielsetzungen Shigeru Bans war es, das Tragwerk ähnlich wie bei traditionellen japanischen Holzbauten komplett aus Holz zu realisieren. Nicht nur Stützen und Träger, sondern auch die Verbindungen in den ­Knotenpunkten bestehen aus Holz: ­Anstelle von Schrauben, Nägeln oder Stahlverbindern übernehmen hier spezielle Dübel aus Buchensperrholz die Lastübertragung und dienen der Bauteilverstärkung (Abb. 8). Die Tragkonstruktion aus gebäudehohen Stützen, Zangen und ovalen Querbalken wurde als präziser CNC-gefertigter Bausatz hergestellt und auf der Baustelle wie ein dreidimensionales Puzzle zusammengesteckt (Abb. 3, 5) – Planung und Umsetzung des anspruchsvollen Projekts stellen eine große Herausforderung für die Holzbau­ ingenieure und die Holzbauer dar. Wie schon bei anderen Projekten arbeitete Shigeru Ban auch hier mit Hermann Blumer und dem Unternehmen Blumer-Lehmann ­zusammen, die das Konzept des Tragwerks gemeinsam entwickelten. Dabei ­sollten die sichtbaren Holzteile möglichst natürlich wirken und ohne jegliche Nachbehandlung oder Anstrich auskommen. Dies wurde durch ein Mock-up im Maßstab 1:1 getestet. Das verwendete Fichtenholz, insgesamt 2000 m3, ist qualitativ hochwertig und stammt aus einem über 1000 m hoch ge­legenen zusammenhängenden Waldgebiet in der Steiermark.

Konstruktionsprinzip des Holzskelettrahmens Den 38,15 m langen Haupttrakt bilden acht Holzskelettrahmen im Abstand von 5,45 m. Sie bestehen aus jeweils vier Stützen, an die je Geschoss zwei Trägerzangen anschließen. Die durchlaufenden Stützen enden auf Traufhöhe und wurden in einem Stück angeliefert. Jede der aus drei Brettschichtholz­ teilen blockverleimten Stützen ist 21 m hoch, misst 440/440 mm im Querschnitt und hat ein Gewicht von 2,5 t. Die Zangen spannen im mittleren Feld über 11 m und sind 25 mm überhöht. Stützen und Zangen wurden in den Knotenpunkten mithilfe speziell gefertigter Verbindungselemente aus Buchensperrholz gefügt (Abb. 3, 6). Die 240 mm breiten Zangen sind in zwei Teilen mit je 120 mm Breite gefertigt, um ovale, 40 mm dicke Buchensperrholzplatten als Verstärkung an den vier Knotenpunkten in die Brettschichtholzträger einzubauen. Anschließend wurden die Träger zum Endquerschnitt blockverleimt; so lässt sich die konzentrierte Lasteinleitung hinsichtlich des Querdrucks kontrollieren. Die Zangen werden auf einen mächtigen oval geformten Buchensperrholzdübel (Abb. 9) gesteckt, der satt in eine ovale Ausfräsung der Stütze integriert ist. Zwei ovale Buchensperrholzplatten bewehren den geschwächten Stützenquerschnitt im Knotenbereich und nehmen die Lasten kontrolliert auf. Da die Last in diesem Fall über Kontakt übertragen wird, ist exakte Passgenauigkeit in Planung und Fertigung Voraussetzung. Die Buchenverbindungsteile sind nicht sichtbar. Umso mehr kommt die genau abgestimmte Geometrie der Knotenform zur Wirkung, auf die der Architekt großen Wert legte. Die Stabilisierung des Tragwerks erfolgt über Deckenscheiben mit 45 mm starken Dreischichtplatten, die an den Treppen­ kernen aus Stahlbeton am Übergang zum Altbau und im nördlichen Seitentrakt an­ geschlossen sind. Dachtragwerk als biegesteifer Rahmen Biegesteife Rahmen bilden das Dachtragwerk mit einer Spannweite von 17,38 m

(Abb. 13). Sie liegen auf Konsolen aus Buchensperrholzplatten, die in den Zangen der darunter befindlichen Geschossdecke verankert sind. Die Innenstützen im Dach­ geschoss dienen nicht zur Lastableitung. Sie sind lediglich horizontal in einer Holzverbindung geführt. Die Verbindungen in den abgewinkelten, biegesteifen Ecken des Dachrahmens wurden ebenfalls mit Buchensperrholzplatten ausgeführt. Im Eckbereich sind diese an beiden Enden geschäftet, um eine harmonische Kraftüberleitung aus den Trägern zu erzeugen und somit die Tragfähigkeit und Duktilität der Schubverbindung zu erhöhen. An der Holzfachschule Biel wurde die Bua chenholzverbindung in diversen Versuchen mit überzeugenden Resultaten getestet. Ein Belastungstest im montierten Zustand bestätigte die Robustheit der Verbindung. Voraus­set­zung war die Passgenauigkeit in Planung, CNC-Fertigung und Montage. Da zehn Bauteile, darunter vier teils abgeschrägte Buchenfurnierplatten, in einem Vorgang blockverleimt werden mussten, ist die Verbindung so konstruiert, dass Pressdruck und Passgenauigkeit gesteuert und kontrolliert werden konnten. Für die Verleimung der Rahmenelemente war es nötig, das Pressbett der Zangen zu erweitern, sodass die abgewinkelten Arme des 3,70 m hohen Rahmens einbezogen werden konnten. Die Elemente wurden im Werk je Achse zusammengesetzt und mit einem aSpezialfahrzeug nach Zürich transportiert. Tragwerk im Seitentrakt Der Seitentrakt des Gebäudes entlang der Werdstraße ist nur 4 m breit, so verbleiben hier nur eine Außen- und eine Innenstütze, mit gleichem Abstand wie im Haupttrakt. ­Eine Besonderheit bildet der Eingangs­ bereich an der Gebäudespitze: Um einen stützenfreien Vorbereich zu ermöglichen, fängt hier ein Sprengwerk im ersten Obergeschoss die beiden mittleren Stützen der nördlichsten Achse ab (Abb. 14). Alle Lasten der oberen Geschosse werden über Knoten und Diagonalstreben in die Eck­ stützen umgeleitet. Für die Knotenpunkte im

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