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Diskussion
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1,â2 K onzept von 2009, Masterplan und Rendering, nur teilweise realisiert, Herzog & de Meuron 3 Realisierung mit konventionellen Pavillons, LĂ€ngsachse »Decumanus« am Eröffnungstag 2015 4 LĂ€nderpavillon von Bahrain »Archaeologies of Green«, Architektin: Anne Holtrop, Landschaftsarchitektin: Anouk Vogel 5 Ăsterreichischer Pavillon »Team.Breathe.Austria«, Generalplanung, Leitung und Konzeption: Klaus K. Loenhart, AuĂenraumklimatisierung: Transsolar 1,â2 O riginal concept, 2009, master plan and rendering, Herzog & de Meuron 3 As realized, with conventional pavillons, view of longitudinal axis, Decumanus, on opening day, 2015 4 Bahrain pavilion, âArchaeologies of Greenâ, architect: Anne Holtrop, landscape architect: Anouk Vogel 5 Austrian pavilion, âTeam.Breathe.Austriaâ, comprehensive planning services, supervision and concept: Klaus K. Loenhart, outdoor climate control: Transsolar
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zugunsten einer Fokussierung auf Inhalte die richtige Antwort fĂŒr Mailand oder gar fĂŒr die Zukunft der Expo? Das Konzept einer »Expo ohne Pavillons« hat Parallelen zu Rem Koolhaasâ letztjĂ€hriger »Architektur biennale ohne Architekten« oder der diesjĂ€hrigen Kunstbiennale Venedig von Okwui Enwezor, der dort konzeptuelle Kunstprojekte zeigt, darunter die Lesung des gesamten »Kapitals« von Karl Marx, die man nicht als Objekt mitnehmen und auf dem Kunstmarkt meistbietend verkaufen kann. Auch in Sachen globaler Gleichbehandlung hat Enwezor im Bereich der Kunst internationale MaĂstĂ€be gesetzt und vielleicht die unbewusste Vorlage fĂŒr das MailĂ€nder Zeltkonzept gesetzt: Bei der 2002 von ihm geleiteten documenta 11 verordnete er den millionenschweren Meisterwerken etablierter meist westlicher KĂŒnstler die unreprĂ€sentative, bauphysikalisch windige GewĂ€chshauskonstruktion von Lacaton & Vassal mit textilem Sonnenschutz und stellte ihnen die bisher im Westen unbeachtete afrikanische Kunst gleichberechtigt zur Seite.
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Keine Charity-Veranstaltung Am Ende kommt in Mailand doch alles anders oder besser gesagt, bleibt alles wie es war. Zumindest fast alles. Die Veranstalter begeistern sich zwar fĂŒr die ĂŒbersichtliche Infrastruktur des Masterplans, der den »öffentlichen Raum« als italienische Strada Âhierarchisiert, im Kontrast zu den unĂŒbersichtlichen RasterplĂ€nen der letzten Expos. Auf die höheren Einnahmen durch gröĂere Parzellen fĂŒr reichere LĂ€nder wollen sie aber dennoch nicht verzichten. So hat zwar jedes Land eine gleich breite »Adresse« am Decumanus, die potenten LĂ€nder erweitern ihr Terroir aber im »Hinterhof« auf die doppelte Breite und die vielfache LĂ€nge, was bei den Pavillons von China, Frankreich oder Deutschland zu seltsamen »Umarmungen« der armen Nachbarn wie Ecuador fĂŒhrt. Schlimmer noch: Um die sprudelnden Einnahmen von Sponsoren mitzunehmen, werden Lebensmittelkonzernen, wie McDonaldâs, Coca-Cola oder Lindt, Pavillons teils direkt an der Hauptachse zugestanden und sogar branchenfremde Unternehmen wie der chi-
nesische Entwickler fĂŒr Wohnungsbauimmobilien Vanke bekommen die Möglichkeit, sich mit Corporate Pavilions zu prĂ€sentieren. Die Autoren des Masterplans haben sich wegen der VerwĂ€sserung ihres Konzepts bereits 2011 von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Bauherrn zurĂŒckgezogen. Eine Expo ist eben weder eine Âdocumenta noch eine Architektur- oder Kunstbiennale, wo der kĂŒnstlerische Leiter die Vorgaben macht. Doch selbst dort ist Âeine der wesentlichen Aufgaben des Direktors, Sponsorengelder an Land zu ziehen, muss ein Rem Koolhaas sichtbar zĂ€hneknischend mit Vertretern der Bauindustrie das Podium teilen. Andererseits werden namhafte KĂŒnstler, Designer und Architekten gerne beauftragt, nicht etablierten »Corporate Participants« einen der begehrten Expo-Claims zu verschaffen oder LĂ€nder, die die Einladung der Expo angenommen haben, ins mediale Rampenlicht zu rĂŒcken: Michele de Lucchi interpretiert die groĂen Hallen des Media Centers und des UNO-Pavillons als Getreidesilo und Norman Foster lĂ€sst, als Variation zu seiner mit Metallschindeln bekleideten SanddĂŒne in Shanghai, den WĂŒstenwind einen Canyon aus zwölf Meter Âhohen rosĂ©farbenen Terrakotta-Fertigteilen formen, der eher an die Eingangsschlucht des jordanischen Petra erinnert als an die Vereinigten Arabischen Emirate. GĂ€nzlich unverkrampft sieht Daniel Libeskind die marktwirtschaftlichen RealitĂ€ten. Er wurde von dem chinesischen Immobilienentwickler angesprochen, mit dem er in China ein Museum realisiert hat, auf der Expo dessen Corporate Pavilion zu entwerfen. »Wenn die Leute hier ein Problem haben mit der Umsetzung des ÂThemas »Feeding the Planet«, dann liegt es nicht an der Umsetzung, sondern am Thema«, sagt er in der ihm eigenen selbstbewussten Freundlichkeit, »eine Expo ist keine Charity-Veranstaltung, es ist eine Expo! Ich bin KĂŒnstler und sehe meine Aufgabe in erster Linie darin, Menschen zu neuen ÂIdeen zu inspirieren.« TatsĂ€chlich ist sein Vanke-Pavillon einer der fotogensten Objekte der gesamten Expo: Er bietet nicht nur eine TribĂŒne zu den Wasserspielen des