DETAIL 09/2014 KONZEPT Versammlungsräume · Assembly Spaces · Salles de réunion

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∂   Konzept   2014 ¥ 9

Prozess

Lageplan  Maßstab 1:2000

Site plan scale 1:2000

1 2 3

1 2 3

Tagespflege Saalgebäude Rathaus

895

Day care Hall structure Town hall

Das Gespräch mit Sebastian Del­linger führte Julia Liese im Büro von Bembé Dellinger Architekten in Greifenberg (Oberbayern).

Typisches traditionelles Jura-Haus in der Altmühlregion

Sebastian Dellinger was interviewed by Julia Liese in the office of Bembé Dellinger Architects, Greifenberg, Upper Bavaria.

Traditional Jura house typical of the Altmühl region

glatt macht, wirkt die Oberfläche sehr lebendig. Dieses Einfache, Ländliche wollten wir aufnehmen. Viele Wettbewerbsteilnehmer haben eine Natursteinfassade aus dem in der Region vorkommenden Jurakalk vorgeschlagen. Uns aber erschien eine Natursteinfassade zu übertrieben für diese ländlich geprägte Ortschaft. Stattdessen wollten wir ein gemauertes Haus, das noch den Ziegel spüren lässt und nur übertüncht ist – ähnlich lebendig wie eine alte Putzstruktur.

Dellinger: Vor Ort haben wir ein Muster des geschlämmten Mauerwerks angefertigt. ­Damit hatten wir den Bürgermeister auf ­unserer Seite, er konnte sich die Fassade dadurch sehr schön vorstellen, und das war sehr wichtig. Es reicht nicht, wenn nur wir als ­Architekten sagen, wir finden das schön, sondern es muss jemand von Bauherren­seite da sein, der das versteht und vertritt. Schwieriger war es, den Gemeinderat und die Einwohner zu über­ zeugen. In der Bauphase stand das Mauerwerk zunächst ohne Schlämme da, was ­natürlich schon ganz anständig aussah. Deshalb gab es einen Aufschrei, warum man das schöne Mauerwerk verschlämmt. Wir haben argumentiert, dass wir eine homogenere Oberfläche wollen und dass Sichtmauerwerk nicht orts­typisch ist. Schließlich sind bei der Eröffnung ein paar Kritiker zu uns gekommen, die gesagt haben, dass ihnen die Fassade nun sehr gut gefällt und dass sie ver­standen hätten, warum wir an dieser ­Stelle kein Sichtmauerwerk machen wollten. Wettstetten liegt eben in keiner Backsteingegend.

DETAIL: Warum wurde die Fassade kontrovers diskutiert, wenn doch bereits im Wett­ bewerb geschlämmtes Mauerwerk angedacht war? Dellinger: Das war in der Tat ein Missverständnis! Bereits in den Plänen für den Wettbewerb hatten wir einen Fassadenschnitt mit geschlämmtem Mauerwerk dargestellt. Allerdings fehlte der Erläuterungstext an dieser Stelle aus irgendeinem Grund, sodass die Jury die Zeichnung fälschlicherweise als Natursteinfassade interpretiert hat. Im Preisgerichtsprotokoll heißt es: »Die ­formale Vorstellung des Verfassers alle Gebäude homogen mit Naturstein zu verkleiden ist nachvollziehbar.« Aber das war nie von uns beabsichtigt! Es war immer schon geschlämmtes Mauerwerk! DETAIL: Wie konnten Sie die Gemeinde von dem Material überzeugen?

DETAIL: Findet man denn so einfach eine ­Firma, die geschlämmtes Mauerwerk ordentlich ausführt? Dellinger: Tatsächlich war das gar nicht so leicht. Ursprünglich wollten wir die Ausschreibung lokal beschränken, aber auf die-

se Weise hätten wir gar keine Firmen gefunden. Sichtmauerwerk ist ja hier in Bayern traditionellerweise weniger beheimatet. So kommt die Firma, die die Fassaden ausgeführt hat, aus Heilbronn. Auch der verwendete Ziegel stammt nicht aus Bayern, sondern aus Norddeutschland, denn wir wollten einen hellen Beigeton, nichts Rötliches, und der bayerische Ziegel hat klassischerweise eher eine rote Scherbe. DETAIL: Gab es noch weitere Diskussionen über die Konstruktion? Dellinger: Ursprünglich hatten wir die Idee, das Dach mit Jurakalkplatten zu decken – ebenfalls an die traditionelle Bauweise ­angelehnt. Natürlich wollten wir die historische Konstruktion etwas vereinfachen, ­indem wir die Abdichtung mit Bitumen ­herstellen und die Juraplatten nur als Beschwerung darauflegen. Doch daraus ist nichts geworden – zum einen aus Kostengründen, zum anderen haben wir keinen Betrieb gefunden, der das ausführt, weil die Angst zu groß war, dass die Platten ­abrutschen. Grundsätzlich funktioniert das, denn die traditionelle Dachform – das flach geneigte Dach – kommt ja genau aus diesen Jurakalkplatten. Es wäre interessant, diese Dachkonstruktion mal bei einem anderen Gebäude auszuprobieren. Hier war schon die Fassade das Thema, und mehr haben wir uns nicht zugetraut – man kann


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