Atlas Moderner Stahlbau

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Konzipierung von Stahltragwerken

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Tragmechanismen dar (Abb. B 1.37 b). Im Schnitt entsteht ein Fachwerk, wobei die Faltungen mit den Diagonalen in einem Fachwerkträger vergleichbar sind. Die obere Faltkante bildet ein neues Auflager, das die Spannweite der Platte verringert – die Platte spannt nun diagonal vom unteren Auflager zur oberen Faltung und erzielt durch diese Orientierung zur einwirkenden Kraft gleichzeitig eine Scheibentragwirkung. Einerseits führt die Faltung zu einer signifikanten Vergrößerung der Konstruktionshöhe, andererseits entstehen an den Auflagerpunkten aber auch Horizontalkräfte. Flächige Faltwerke werden im Stahlbau aus linearen Bauteilen – also vektoraktiven Systemen – zusammengesetzt. Blechbeplankungen tragen zur Scheibenwirkung bei und bilden eine durchgängig geschlossene Oberfläche (Abb. B 1.36) [4].

gewünschten Freiheitsgrade in einem Knoten bestimmt seine konstruktive Ausbildung. Ein gelenkiger Knoten erlaubt das Verdrehen um eine bestimmte Achse, sodass Biegebeanspruchungen nicht auftreten können. Ein horizontal verschiebliches Auflager kann thermische Verformungen aufnehmen und damit Zwängungen im System vermeiden. Solche statischen Anforderungen, aber auch fertigungstechnische Rahmenbedingungen haben einen großen Einfluss auf die Gestaltung eines Knotens. Natürlich hat auch ein als linear bezeichnetes Bauelement drei Dimensionen. An einem Knotenpunkt treffen also Profile aus verschiedenen Richtungen aufeinander, um dort miteinander verbunden zu werden. Rundrohrquerschnitte ermöglichen eine vergleichsweise einfache Fügung, komplexere Querschnitte hingegen erfordern häufig die Verwendung eines separaten Knotenbauteils. Der Knoten wird damit gestalterisch und technisch zu einem wichtigen Entwurfsthema. Knotenverbindungen treten an verschiedenen Punkten eines Tragwerks auf und werden je nach Materialeigenschaften, Gestaltungsanspruch und Lasten unterschiedlich gestaltet.

Knotenverbindungen

Alle dreidimensionalen, vektoraktiven Tragwerke erfordern das Verbinden von mehr als zwei Stabelementen, die aus drei Richtungen an einem Punkt aufeinandertreffen (Abb. B 1.38 – B 1.43). Aus tragwerksplanerischer Sicht besitzt das Ende eines linearen Elements sechs Freiheitsgrade: Drei Translationsfreiheitsgrade ermöglichen eine Positionsänderung in X-, Y- und Z-Richtung bei Lasteinwirkung. Hinzu kommen drei Rotationsfreiheitsgrade um die Achsen des kartesischen Koordinatensystems. Die Anzahl der

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Auflager Auflagerpunkte lassen sich steif, gelenkig oder verschieblich ausbilden. Häufig erfolgt am Auflager auch ein Materialwechsel, z. B. trifft hier eine Stahlstütze auf eine Stahlbetonplatte. Zur Verteilung der punktuell eingeleiteten Last

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kommen – parallel zum lastaufnehmenden Bauteil – Kopfplatten zum Einsatz, die über Verankerungspunkte gelenkig oder starr ausgebildet sind. In Abhängigkeit von ihrer Dicke und der Intensität der Auflagerreaktion kann die Kopfplatte durch zusätzliche Knotenbleche verstärkt werden. Ein gelenkiger Anschluss lässt sich auch oberhalb der Kopfplatte konstruktiv gestalten, um damit die Wirkungsweise des Tragwerks zu visualisieren. Stützenstoß Die Verbindung von zwei in einer Achse verlaufenden Stützen bezeichnet man als Stoß. Dieser lässt sich als Schweiß- oder Schraubverbindung ausführen. Großflächig aufeinanderliegende Stoßflächen können verschweißt werden (Kontaktstoß). Um die Stoßfugen zu überbrücken, kommen – alternativ oder zusätzlich – aber auch geschraubte Stahllaschen zum Einsatz. Eine weitere Möglichkeit ist das Verbinden zweier Stützen durch am Stützenende angeschweißte und miteinander verschraubte Stirnplatten. Ein Stützenstoß muss die durchgängige Lastabtragung sowie eine Formänderung ermöglichen und sollte am Ende der Stützenknicklänge positioniert werden. Ist dies nicht möglich oder treten neben Druck- auch Biegebeanspruchungen auf, ist ein Vollstoß auszuführen. Dieser Stoß ist konstruktiv in der Lage, alle in Steg und Flanschen auftretenden Kräfte vollständig zu übertragen.

B 1.43

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