Atlas Moderner Stahlbau

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Stahl – Herstellung und Produkte

Beschickung Gichtgas

200°

Vorwärmzone indirekte Reduktion

B 3.2 B 3.3 B 3.4

400°

MöllerKoks-Säule

900°

Wasserkühlung Ringleitung Roheisenabstich

1400° Rast 1600° 2000° 1600° 1400°

B 3.1

Reduktionszone direkte Reduktion

Kohlungszone Schmelzzone B 3.5 B 3.6

B 3.2

B 3.3

Das Roheisen kann alle zwei bis vier Stunden im unteren Bereich des Hochofens abgestochen werden (Abb. B 3.5). Der dabei anfallende, als Schlacke bezeichnete Sekundärstoff entsteht aus dem Kalk des Möllers, der Gangart des Erzes und den anderen im Koks enthaltenen Elementen, hauptsächlich Kalziumund Siliziumoxide. Aufgrund ihres geringeren Gewichts schwimmt die Schlacke auf dem flüssigen Roheisen. Sie wird an einem höher liegenden Punkt abgestochen und dient vielen Industriezweigen als wertvolles Ausgangsmaterial, wie z. B. für die Zementherstellung (CEM III, sogenannte Hüttensandzemente) oder für den Straßenbau. In der Eisenherstellung hat die Schlacke die Aufgabe, einen Teil des durch den Koks eingebrachten und höchst unerwünschten Schwefels zu binden. Bezogen auf das Gewicht des erzeugten Roheisens fällt etwa ein Drittel Schlacke an. Ein Hochofen erreicht eine durchschnittliche Betriebsdauer von zehn bis fünfzehn Jahren, bevor die Ausmauerung aus Schamottsteinen erneuert werden muss. Ein moderner Hochofen produziert bis zu 20 000 t Roheisen pro Tag. Entsprechend große Mengen an Ausgangsstoffen und Reduktionsmittel sind täglich nötig. Aufgrund der anderen im Erz auftretenden Oxide ist das im Hochofen erzeugte Roheisen kein reines Eisen. Neben großen Mengen Kohlenstoff enthält es noch weitere unerwünschte Begleitelemente wie beispielsweise Silizium, Mangan, Phosphor und Schwefel. Der Kohlenstoffgehalt liegt bei ca. 3,5 – 4,7 %, weshalb Roheisen spröde ist, eine geringe Zugfestigkeit aufweist und bei ungleichmäßiger Erwärmung zur Rissbildung neigt. Es ist weder warm noch kalt verformbar.

sich bei frühen Gusseisenkonstruktionen zunutze machte. Typisch für diese Konstruktionen sind daher druckbeanspruchte Formen wie etwa Bögen. Für Biege- oder Zugbelastungen ist dieses Material jedoch nur sehr eingeschränkt geeignet. Gusseisen ist als Eisenlegierung mit einem Gehalt von mehr als 2 % Kohlenstoff als Hauptlegierungselement definiert und wird durch Umschmelzen von Roheisen unter Zugabe von Stahl- und Gussschrott erzeugt. Ein höherer Stahlanteil führt dabei zu einem geringeren Kohlenstoffgehalt. Der Schmelzpunkt des Gusseisens ist durch den höheren Kohlenstoffanteil niedrig, wodurch es gut vergießbar ist. Aufgrund seiner Sprödigkeit kann es jedoch nicht plastisch, z. B. durch Walzen, verformt werden – möglich sind ausschließlich Bearbeitungen durch spanende Verfahren. Die Eigenschaften von Gusseisen werden maßgeblich von der Form der Grafit-Einschlüsse bestimmt. Man unterscheidet grundsätzlich drei Arten von Gusseisen: Gusseisen mit Lamellengrafit (GJL), mit Kugelgrafit (GJS) sowie Temperguss (GJM). Gusseisen mit Lamellengrafit hat eingelagerte Grafitlamellen und entspricht dem historischen Gusseisen. Seine Vorteile sind eine durch die Gusshaut bedingte hohe Korrosionsbeständigkeit und niedrigere Kosten. Typisch für diesen Werkstoff ist seine geringe Zugfestigkeit. Temperguss hingegen kann durch seine flocken- bzw. kugelförmigen Grafiteinschlüsse Eigenschaften aufweisen, die mit jenen von Stahl vergleichbar sind. Zur Herstellung von Temperguss wird Grafit durch Wärmebehandlung (tempern) ausgeschieden. Einige Tempergussarten sind schweißgeeignet.

Verfahren zur Eisenherstellung gibt es seit der Antike. Eisen in größeren Mengen zu produzieren wurde jedoch erst möglich, nachdem Steinkohle im 18. Jahrhundert die vorher zur Verhüttung verwendete Holzkohle ablöste. Allerdings war das so entstandene Roheisen durch den Kohlenstoffgehalt nicht schmiedbar. Kohlenstoff wurde daher in Frischfeuern ausoxidiert, um schmiedbaren Stahl zu erzeugen. Die Druckfestigkeit von Roheisen ist sehr hoch – etwa 100-mal größer als bei Stein –, was man

Neben dem Hochofenprozess erlangt auch das Direktreduktionsverfahren bei der Eisenherstellung immer größere Bedeutung. Die gängigen Direktreduktionsverfahren, bei denen Erz im festen Zustand zu Roheisen reduziert wird, verwenden als Reduktionsmittel Wasserstoff und Kohlenmonoxid, die meist aus Erdgas gewonnen werden. Als Produkt erhält man »Eisenschwamm« (Direct Reduced Iron – DRI), der im Elektrolichtbogenofen zu Stahl weiterverarbeitet werden kann (Abb. B 3.4).

Eisenerzlager in Rotterdam. Eisenerze unterschiedlicher Herkunft weisen verschiedene Färbungen auf. Hochofen in einem Stahlwerk der Hochofenprozess Eisenschwamm (DRI – direct reduced iron): Die Reduktion von Eisenerz durch die Gase Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff ergibt ein schwammartiges Produkt mit großem Porenvolumen. Eisenschwamm wird im Elektrolichtbogenofen weiterverarbeitet. Da das Erz im festen Zustand reduziert wird, behält es die ursprüngliche Form (hier Pellets) bei. Abstich des Roheisens Schmelzen von Schrott im Elektrolichtbogenofen

B 3.4

B 3.5

B 3.6

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