Spektrum Frühling/Sommer 2023

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Kinder haben ein sehr gutes Gespür, was sie sich zutrauen können

Spektrum

Die Mitteilungen der Rudolf Steiner Schule Zürich

Frühling/Sommer 23

Angst aus eigener Kraft überwinden

Eine neue Organisationsform entwickeln

Die Ackerbauepoche der 3. Klasse

Im Fokus Im Fokus
Aus dem Schulleben
Innen und Aussen
Bildnerisches Gestalten,
9. Klasse

Die Produktion einer Ausgabe des Spektrums ist für mich sinnbildlich immer eine Art Wachstums- und Blüteprozess: Am Anfang finden wir in der ersten Redaktionssitzung einen kleinen Samen, der sich dann weiter zu einem Keimling entwickelt und am Ende eine kraftvolle und schöne Pflanze mit vielen bunten Blüten heranwachsen lässt.

Als Redaktionsleiterin durchlaufe ich während dieser Zeit jedoch nicht nur Phasen der Hoffnung, Vorfreude, Kreativität und Neugierde, sondern immer auch eine Phase der Angst und Mutlosigkeit. Die Fragen «Wird das Heft auch inhaltlich aussagekräftig, können alle geplanten Interviews geführt werden und kommen die Beiträge Dritter pünktlich?» beschäftigen mich dann. Jedoch durfte ich bisher immer wieder erleben, dass sich die Angst verflüchtigte, in einen positiven Schaffensdrang verwandelte und letztendlich als Kraftquelle entpuppte. Unter diesem Fokus ist auch dieses Heft entstanden: von der Angst zum Mut.

Wie wichtig es ist, Angst aus eigener Kraft zu überwinden, erläutert der renommierte Kinder- und Jugendpsychologe Allan Guggenbühl, der zu diesem Thema im Januar einen Vortrag an unserer Schule gehalten hat, im Interview mit Stefanie Wolff-Heinze und mir. Die Psychotherapeutin Dr. Ruth Noel-Hermann hat für diese Ausgabe dankenswerterweise einen Artikel beigesteuert; sie beschreibt darin, warum es wichtig ist, die Angst zu benennen, und wie uns die Begegnung mit der Angst mutig und stark machen kann.

Unsere Kindergärtnerinnen Braida Leemann und Andrea Spirig sowie unsere Schulsozialarbeiterin Joanna Dal Bosco zeigen uns auf Grundlage ihrer praktischen Erfahrungen und fachlichen Kenntnisse ihre Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Angst im Kindes- und Jugendalter auf.

Anna Schmid, Klassenlehrerin der 3. Klasse, gibt uns in der Rubrik «Aus dem Schulleben» Einblick in die Körper- und Seelenarbeit der Ackerbauepoche und nimmt uns mit zum Pflügen und Säen.

In unserer Rubrik «360 Grad um die Schule» stellt uns Martin Studer das Alters- und Pflegeheim Birkenrain vor, das in neuen Gebäuden am alten Standort ein geborgenes Zuhause für einen besonderen Lebensabschnitt bietet.

Viele weitere interessante Beiträge warten in dieser Spektrum-Ausgabe darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. So wünsche ich Ihnen nun viel Vergnügen beim Lesen und hoffe im Namen des gesamten Redaktionsteams, dass wir Ihnen wieder interessante Einblicke in unsere Schule und pädagogische Arbeit ermöglichen. Bedanken möchte ich mich noch dafür, dass uns viele positive und freundliche Rückmeldungen zu den vergangenen Ausgaben erreicht haben.

Herzliche Grüsse

Liebe Leserinnen und Leser ! Editorial
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Inhalt

Spektrum
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Bildnerisches Gestalten, 9. Klasse Rudolf Steiner Schule Zürich

06 Angst aus eigener Kraft zu überwinden, ist eine wertvolle Erfahrung

Der renommierte Kinder- und Jugendpsychologe Allan Guggenbühl warnt vor einem falschen Schutzverständnis

11 Kinder haben ein sehr gutes Gespür, was sie sich zutrauen können

Braida Leemann und Andrea Spirig über den Freiraum im Kindergarten, die Ablösung von den Eltern und den Übergang in die Schule

16 Was Rumpelstilzchen weiss – oder: Die Angst beim Namen nennen

Macht Angst automatisch hilflos und ohnmächtig? «Nein, im Gegenteil: Die Begegnung mit ihr kann uns mutig und stark machen», sagt Dr. Ruth Noel-Hermann

21 Sonne statt Nebel

Joanna Dal Bosco beschreibt, welches starke Netz an sozialer Unterstützung die Schulsozialarbeit Kindern, Jugendlichen und Eltern bietet

22 Vertrauen vertiefen, Vertrauen gewinnen

Der Blick von Jean-Claude Baudet auf die grandiose Metamorphose in der Oberstufe

Aus dem Schulleben

25 Am Start – die Ausschreibung zum ersten Seminarkurs

Aktuelles aus dem Seminar der Atelierschule und der RSS Zürich

26 Berichte aus dem Landwirtschaftspraktikum

Charlotte Eschmann und Franziskus Jaklin erinnern sich an bewegte Praktikumswochen auf dem Bauernhof

28 Die Ackerbauepoche der 3. Klasse

Klassenlehrerin Anna Schmid erläutert die Körper- und Seelenarbeit beim Säen, Pflügen und Ernten

30 Kunst und Gefühl = Kunstgefühl

Was löst die Betrachtung von Kunstwerken in Jugendlichen aus?

32 Ein unvergessliches Ferienprojekt

Natalia Vakulenko über ihr Engagement für kriegstraumatisierte Kinder

34 Rechnen mit den unteren Sinnen

Sowohl Tast- und Lebenssinn als auch Eigenbewegungs- und Gleichgewichtssinn spielen beim Umgang mit Zahlen eine wichtige Rolle

Menschen an unserer Schule

37 Wir verabschieden uns von Amalia Montero & Philip Mohotti und heissen Matthias Lincke & Shaul Dvir herzlich willkommen

Innen und Aussen

40 Zwei tragende Säulen

Über die grosse Bedeutung der Stiftung für Stipendien an Zürcher Steinerschulen und die Immobilienstiftung (ImmoRSS)

43 Über die Entwicklung einer neuen Organisation

Einblicke in den Prozess an unserer Schule von Harald Jäckel

Aus dem Vorstand

44 Ein Dankeschön an das Bazar-Komitee Rückblick auf ein grossartiges

Gemeinschaftswerk

360 o um die Schule

46 Er geht noch nach den Sternen schauen

Das Alters- und Pflegeheim Birkenrain: Geborgenheitsraum für einen besonderen Lebensabschnitt

Impressum

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Angst aus eigener Kraft zu überwinden, ist eine wertvolle Erfahrung

Text & Interview: Birgit Purainer & Stefanie Wolff-Heinze

Er gilt als einer der renommiertesten Schweizer Psychotherapeuten im Kinder- und Jugendbereich und engagiert sich als Autor zahlreicher Fachbücher sowie als Referent für Themen wie Gewaltprävention, Konfliktmanagement und Bildung: Prof. em. Dr. Allan Guggenbühl hat zu Beginn des Jahres an unserer Schule einen Vortrag zum Thema «Angst bei Kindern und Jugendlichen» gehalten. Birgit Purainer und Stefanie Wolff-Heinze haben den Direktor des Zürcher Instituts für Konfliktmanagement und Mythodrama nach seinem Vortrag zum Interview getroffen und das Thema Angst aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet.

Birgit Purainer ( BP): Professor Guggenbühl, der Wunsch, Sie zum Vortrag über Ängste bei Kindern und Jugendlichen einzuladen, ist im Verband der vier Zürcher Steinerschulen entstanden. Erstaunt es Sie, dass dieses Thema ausgerechnet für uns Steinerschulen so relevant ist?

Nein, eigentlich nicht. Ich habe Ihr Anliegen vielmehr in die Richtung wahrgenommen, dass Steinerschulen bürokratisch-institutionell nicht so in die Bildungsdiskussion eingebunden sind und es daher einfacher für sie ist, solch ein grundlegendes, anthropologisch wichtiges Thema zu formulieren. Ich habe viel mit Schulen zu tun und merke dabei oftmals, dass sie aufgrund von Bürokratisierung und Hierarchisierung nicht mehr bemerken, um was es eigentlich im Kern geht. Ich habe Ihr Anliegen also als Fähigkeit verstanden, etwas aufzunehmen, was andere Schulen «wegverbürokratisiert» haben.

BP: Wir Steinerschulen stellen übereinstimmend fest, dass auch bei uns ab der 7./8. Klasse immer mehr Ängste bei den Jugendlichen aufkommen – bis hin zu Schulangst

und dem Wunsch, sich zuhause zu isolieren. Diese Entwicklung hat sich in den letzten beiden Jahren verstärkt. Können Sie da einen Zusammenhang erkennen?

Angst ist insbesondere für Jugendliche ein starkes Thema – sei es Zukunftsangst, Prüfungsangst oder auch das Gelingen von Beziehungen. Es gibt für sie sehr viel Unbekanntes, das Angst auslösen kann. In diesem Alter weitet sich ja das Denken aus: Die Jugendlichen verstehen viel mehr und versuchen, sich in bis dato unbekannte Territorien einzufühlen und hineinzudenken. Hinzu kommt der Vorgang der körperlichen Umwandlung. Oftmals halten sich diese Ängste dann fest an einem allgemeinen Diskurs über Themen wie Klimawandel etc. Ich persönlich glaube aber, dass das eher eine Verschiebung ist – also ein Versuch, sich in einen kollektiven Diskurs einzustimmen, anstatt die eigenen individuellen Ängste zu bearbeiten.

Ob die Ängste allgemein mehr oder weniger geworden sind, ist schwierig zu sagen. Es gibt ja immer zwei Ebenen: Einerseits, was man erlebt und ist, und andererseits, was man de-

Im Fokus
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Rudolf Steiner Schule Zürich

klarieren darf. Ich denke, dass es hier immer weniger Tabus gibt und man daher auch mehr zur Sprache bringen darf.

BP: Sie haben in Ihrem Vortrag erwähnt, dass Ängste oftmals im Geheimen entstehen und von Kindern nicht formuliert werden können. Sind wir Erwachsene den Kindern also emotional nicht nahe genug?

Man darf als Erwachsener eines nie vergessen: Wir verstehen Kinder immer nur partiell. Wir Erwachsene denken immer, wir seien superempathisch und verstehen alles. Manche Ängste bezeichnen wir als lächerlich: «Da musst du doch keine Angst haben.» Dabei können beispielsweise körperliche Veränderungen sehr grosse Ängste auslösen; auch kleine Handlungen wie das achtlose Werfen eines Bechers auf die Strasse können im Nachhinein Gewissensbisse und Ängste verursachen. Wir Erwachsene relativieren derartige Ängste, aber ein Kindergartenkind, das Furcht hat, im Keller könne sich ein Räuber verstecken, kann so eine Angst nicht relativieren. Was dann passiert, ist: Wir Erwachsene teilen die Angst nicht emotional mit dem Kind. Und wenn ein Kind das Gefühl hat, dass es seine Angst nicht mit dem Erwachsenen teilen kann, zieht es die Schlussfolgerung: Das ist allein mein Problem! Man sollte also solche Ängste ernst nehmen und anerkennen, dass das Erleben einer solchen Angst schlimm ist und genau so eine Kraft haben kann wie unsere Furcht vor Krankheit oder Arbeitslosigkeit.

Stefanie Wolff-Heinze ( SWH): Warum haben wir eigentlich Angst, was löst diese Emotion in uns aus? Und wann ist Angst «normal», wann behandlungsbedürftig?

Zunächst einmal: Der Mensch ist nicht normal! Diese Vorstellung verunmöglicht es, einen Menschen wirklich zu erfassen. Mit dem Begriff Normalität kommt man also nicht weiter. Vielmehr gibt es verschiedene Grade: Ängste, die harmlos sind, und solche, die problematisch werden. Angst ist eine Energie, die einen blockieren, verschliessen oder auch aggressivieren kann. In erster Linie ist

sie vor allem eine körperliche Reaktion, also nicht nur geistiger oder mentaler Natur. Anthropologisch gesehen ist Angst eine Sicherheitsreaktion, die einen vor einer körperlichen oder emotionalen Gefahr warnt und oft mit dem Mentalen zusammenhängt. Zudem wissen wir ja, dass unsere Ängste manchmal nicht korrelieren mit der Gefahr, die uns tatsächlich begegnet. Das ist durchaus irrational. Und die Schwierigkeit dabei ist, dass wir Ängste haben, wo keine Gefahr droht, und auf der anderen Seite keine Angst vor etwas entwickeln, was wirklich eine Gefahr darstellt. Das mentale Erfassen der Gefahrenquelle und die unmittelbare Reaktion sind oftmals nicht kompatibel. Deswegen ist es schwierig, von Normalität zu reden.

SWH: Sie haben von harmlosen und problematischen Ängsten gesprochen – wo liegt die Grenze? Die meisten Ängste können wir selbst bewältigen. Der erste Schritt dabei ist, die Herausforderung anzunehmen und anzuschauen, sich dann selbst zu beruhigen und schliesslich eine Lösung zu suchen. Wenn das nicht möglich ist und sich eine Blockade aufbaut – ein Kind beispielsweise schlecht schläft, nicht mehr in die Schule geht oder anfängt, sich selbst zu verletzen –, dann ist es dringend notwendig, sich in das Kind

emotional einzufühlen und es aktiv, eventuell auch im Rahmen einer Therapie, zu unterstützen.

SWH: Wie können Schulen bzw. Lehrpersonen dabei helfen? Kinder brauchen Personen, die ihnen Orientierung geben. Da die kindliche Angst – wie erwähnt – durchaus irrational sein kann, hilft kein Schulflyer, auf dem steht: «Kinder stehen bei uns im Zentrum, sie müssen daher keine Angst haben.» Das hat keinen Effekt. Effekt hat eine Lehrperson, die eine Bindung zum jeweiligen Kind hat. Ein psychologisches Problem, das Schulen oftmals haben, ist, dass es zu viele Lehrpersonen gibt: Klassenassistenzen, Heilpädagoginnen, Lehrpersonen, Schulleiter etc. So viele Menschen können Ängste auslösen und verhindern, dass ein Kind eine tiefe Bindung aufbauen kann. Diese Bindung entsteht durch tägliche Nähe, Umarmungen und auch Gespräche, die helfen, Ängste zu bewältigen. Wir muten Kindern zu früh die Fähigkeit zum Selbstmanagement zu und überfordern sie damit.

«Wir muten Kindern zu früh die Fähigkeit zum Selbstmanagement zu und überfordern sie damit.»
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BP: Aus diesem Grund ist das Klassenlehrer-Prinzip für uns Steinerschulen so elementar wichtig: Die Kinder haben von der ersten bis zur sechsten, teilweise sogar bis zur achten Klasse stets die gleiche Klassenlehrperson, die die Klasse führt und die in den ersten drei Klassenstufen fast alle Fächer unterrichtet. Genau so wird eine emotionale Bindung möglich, zu der auch gehört, dass man sich als Kind mal an der Lehrperson nervt. Ich finde es fatal, wenn an Schulen Probleme schnell an Sozialarbeiter oder Psychologen ausgelagert werden. Die Diskussion und Auseinandersetzung mit einer Lehrperson ist ein wichtiger Weg für Kinder, um eigene emotionale Probleme zu bewältigen. Das wird verpasst, wenn man Probleme gleich professionalisieren möchte. Im Prinzip sollte dieser Prozess tagtäglich in der Schule stattfinden, anstatt dass Kinder und Jugendliche einmal pro Woche zu mir in die Therapie kommen.

BP: Mir ist durch Ihren Vortrag bewusst geworden, dass für Jugendliche der Austausch über wesentliche philosophische Fragen des Lebens essenziell ist. Sie unterhalten sich über ihre Wünsche und Ziele, diskutieren über den Klimawandel, engagieren sich bei Fridays for future …

Kinder und Jugendliche gehen das Leben grundsätzlich und philosophisch an: Warum wird man alt, warum stirbt man, was ist der Sinn des Lebens? Und wir Erwachsene denken oftmals zu kompetenzorientiert und unterschätzen, dass es bereits Vierjährige sehr stark beschäftigt, wenn die Oma stirbt. Die Fridays for futureBewegungen sind für mich wie Aufforderungen der Jugendlichen an uns Erwachsene: Redet mit uns über die wesentlichen Dinge des Lebens – und nicht immer nur über Kompetenzen!

SWH: Kinder spüren – so haben Sie im Vortrag betont – die Ängste der Eltern und übernehmen sie. Ab welchem Alter kann man aus Ihrer Sicht mit einem Kind zum Beispiel über die Angst vor Arbeitsplatzverlust sprechen, wie sie ja viele Eltern in der Corona-Zeit hatten?

Bereits ab vier Jahren, meine ich. Verheimlichen und so tun, als sei alles in Ordnung, ist problematisch, denn Kinder sind mit ihren Eltern verbunden. Man darf die Angst allerdings nicht vor dem Kind austragen, man muss sie schon selbst bewältigen und dem Kind somit vorleben, wie man mit Angst umgehen kann. Beispielsweise indem man mit ihm über die Bedeutung von materiellem Besitz diskutiert.

BP: Zeigt sich darin ein falsches Schutzverständnis, wenn wir Kindern nicht zutrauen, Schwierigkeiten auszuhalten?

Absolut! Und um Probleme auszuhalten zu können, ist ein Punkt ganz

entscheidend: Das Kind sollte das Gefühl haben, dass es zu zwei Menschen, seinen Eltern, auf die Welt gekommen ist, die wirklich für es da sind und sich mit ihm auseinandersetzen möchten. Vieles andere ist assessorisch: Ob sich eine Familie ein Zimmer teilen muss oder in einer Villa mit 8 Zimmern lebt, ist für das Thema «Geborgenheit» nicht wichtig. Im Gegenteil, Kinder können sich in einer Villa sehr verloren fühlen. Und man weiss ja, dass Kinder, die in materiell schwierigen Verhältnissen aufwachsen, durchaus sehr gesund sein können. Mangelnde Bindung und Geborgenheit hingegen können traumatisch sein.

«Ängste verheimlichen und so tun, als sei alles in Ordnung, ist problematisch, denn Kinder sind mit ihren Eltern verbunden.»
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«Kinder müssen die Erfahrung machen dürfen, dass sie Angst aus eigener Kraft überwinden können.»

BP: Angst kann ja nicht nur negative, sondern auch positive Gefühle auslösen. Zum Beispiel das Gefühl, dass Angst durchaus bewältigbar ist.

Das ist etwas ganz Wichtiges: Selbstbewältigung und die Erfahrung, dass Angst zum Leben gehört. Wenn man Kinder «pampert» und ihnen alles abnehmen möchte, was mit Angst zu tun hat, bringt man sie um eine ganz wichtige Erfahrung: Jeder Mensch, der Ängste durchsteht, entwickelt dadurch neue Fähigkeiten. Wenn man Kindern vor jeglicher Angst schützt, verhindert man ihre Entwicklung. Sie müssen die Erfahrung machen dürfen, dass sie Angst aus eigener Kraft überwinden können.

BP: Gehen wir nochmal zurück ins Klassenzimmer: Hier braucht es –so sagten Sie im Vortrag – in den ersten 20 Minuten unbedingt Blickkontakt; sonst hat die Lehrperson die Chance vertan, das jeweilige Kind zu erreichen … Nicht nur Blickkontakt, sondern auch der Austausch von Tönen ist wichtig. Es ist so schade, dass in den Schulen nicht mehr gesungen wird. Singen hat eine lange Tradition: Bis Mitte des 19. Jahrhunderts haben die Arbeiter und Bauern auf dem Feld während der Arbeit gesungen. Das ist entscheidend für ein Gruppengefühl. Aber in der Schule ist das Singen der Professionalisierung zum Opfer gefallen, Singen passiert oft nur noch im Fach Musik. Dabei ignoriert man ganz wesentliche Eigenschaften und Bedürfnisse von Menschen. Was geschieht, ist eine kognitivistische Verengung. Dabei ist Lernen ja immer ein Nebeneffekt von Gruppe und Beziehung, es steht nie im Zentrum!

SWH: Schule, so darf ich Sie zitieren, ist eine Einführung in die Psychopathologie. Wie meinen Sie das?

Selten im Leben muss man sich in einer Gruppe mit Beziehungen so intensiv auseinandersetzen wie in der Schule. Man muss in einer Gruppe zusammenarbeiten, die man nicht selbst gewählt hat. Man trifft dort auf andere Interessen und Persönlichkeiten. Und so ist es auch mit den Lehrpersonen: Es gibt zwei bis drei, die man nicht erträgt, und mit ande-

ren kann man sich gut verbinden. Später im Beruf kommt man dann eher in eine Bubble, die einem gut entspricht. Da sollten Eltern ehrlich sein: Klassen sind nicht automatisch Freundschaftsgruppen. Das ist eine falsche Erwartung von Eltern und Schulen. In Gruppenarbeiten treten dann die Unterschiede oft klar zutage. Schüler müssen sich mit Kollegen auseinandersetzen, mit denen sie sich nie verstehen werden.

Mädchen etwas zu lange stehengeblieben ist, nachdem sie seine Frage bereits beantwortet hat. Auch eine Art von Frechheit, die für das jeweilige Kind nicht symptomatisch ist, kann hellhörig machen. Oder wie ein Kind der Lehrperson die Hand gibt, wie es den Blickkontakt vermeidet, können Anzeichen sein.

BP: Versprachlichung ist ein wichtiges Vehikel, um Ängsten auf den Grund zu gehen, haben Sie im Vortrag betont …

SWH: Woran kann eine Lehrperson auch in einer grossen Klasse erkennen, dass es einem einzelnen Kind nicht gut geht und es Ängste durchsteht?

Die meisten Lehrpersonen können auch zu 20 Kindern gleichzeitig einen guten Kontakt haben und einen Blick für das einzelne Kind entwickeln. Sie spüren es intuitiv, wenn es einem Kind nicht gut geht. Wie zum Beispiel die Lehrerin, die bemerkt, dass ein

Angst ist eine unmittelbare Reaktion, die man zum Beispiel über Versprachlichung objektivieren und somit bannen kann. Was auch hilft, ist, etwas in der zu Hand halten, was Sicherheit gibt. Oder ein eigenes Pult mit Gegenständen gestalten, die einem die Angst nehmen. Auch das Handy spielt für Jugendliche eine wichtige Rolle: Chatten mit Freunden kann Unsicherheit mindern und bei der Angstbewältigung helfen, weil es eine Verbindung zu einer vertrauten Gruppe herstellt.

SWH: Sie haben das Konzept des «Mythodrama» entwickelt. Inwiefern kann es Kindern und Jugendlichen helfen, sich von Ängsten zu befreien?

Mit dem Mythodrama möchte ich über das Narrative eine Möglichkeit geben, sich spielerisch auszudrücken

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«Im Gespräch, im Kognitiven kommt man an die Ängste oft nicht heran. Das Mythodrama ist für Kinder ein Gefäss, um auf eine positive Art Probleme und Ängste zu bewältigen.»

und ihren Ängsten und Sorgen einen Platz zu geben. Im Mythodrama passiert dies systematisch. Man kann es in Klassen und Gruppen, aber auch in der Einzeltherapie anwenden. In der ersten Phase betrachtet man das Thema der Angst, in der zweiten Phase löst man die Konzentration auf und geht in einen spielerischen Modus: mit Bewegung, Tönen und auch, in dem man gemeinsam «blödelt». Und in der dritten Phase erzählt man dann eine Geschichte, die reflektiert, was das Kind erlebt – jedoch an einem anderen Topos. Man taucht mit Bildern in die Geschichte ein, und dann spinnt das Kind die Geschichte weiter – übers Malen, Tanzen etc. Somit kann es seine Ängste spielerisch bewältigen. Im Gespräch, im Kognitiven jedoch kommt man an die

Ängste oft nicht heran. Kinder brauchen also solche Gefässe, um auf eine positive Art Probleme und Ängste zu bewältigen.

BP: Ist das gemeinsame Buchanschauen und Geschichtelesen auch für Eltern ein guter Weg, wenn das Kind seine Ängste nicht formulieren kann?

Genau für solche Situationen habe ich das Buch «Die Vogelbande» geschrieben, weil Kinder über das gemeinsame Lesen und sich Einleben in die Vogelgeschichte anfangen, auch über sich zu reden. Wir zeigen uns selbst leider in unserer Gesellschaft viel zu wenig beim Reden; Reden dient oft mehr dazu, uns zu verstecken.

«Das urbane Leben überfordert unsere Kinder. Wenn man am Tag 20 Personen trifft, führt das automatisch zu einem Rückzugsverhalten. Man wird vorsichtig, das ist wie ein automatischer Schutzmechanismus.
Deshalb habe ich über das Mythodrama einen Weg gefunden, um in einer Therapie Vertrauen aufzubauen und somit ein Kind über die Geschichten etwas erzählen zu lassen, was es wirklich betrifft.»
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Eine Auswahl von Allan Guggenbühl's Bücher
Rudolf Steiner Schule Zürich

Im Fokus dieser Spektrum-Ausgabe stehen Angst und Mut; diese beiden Emotionen spüren wir vor allem in Phasen und Momenten des Überganges bzw. bei wichtigen Entwicklungsschritten. Solch bedeutsame Momente sind für ein junges Kind mit dem Eintritt in den Kindergarten und dem Beginn der Schulzeit verbunden. Birgit Purainer und Stefanie Wolff-Heinze haben mit den Lehrpersonen Braida Leemann und Andrea Spirig über den Freiraum Kindergarten, die Ablösung von Eltern, die innere Haltung der Lehrpersonen und den Übergang zur Schulzeit gesprochen.

BP: Bedeutet das, dass der erste Kindergartentag allen leichtfällt, oder gibt es auch Kinder, die ein bisschen ängstlich sind und weinen, wenn sich Mama und Papa verabschieden?

BP: Jedes Jahr nach den Sommerferien treten neue Kinder in eure Kindergartengruppen ein. Wie erlebt ihr diesen Start mit den Kindern und deren Eltern?

Braida Leemann (BL): Ich beobachte seit einigen Jahren, dass sich der Schritt der Ablösung von den Eltern, der früher mit dem Kindergarteneintritt verbunden war, in Richtung Spielgruppe verschiebt. Es gibt kaum ein Kind, das erst beim Kindergarteneintritt zum ersten Mal ausser Haus betreut wird. Die allermeisten haben zusammen mit ihren Eltern den Schritt der Ablösung bereits geübt.

BL: Das kommt ab und zu vor. Aber ich würde diesbezüglich eher bei den Eltern ansetzen: Kleine Kinder sind ja entwicklungsmässig wie über eine unsichtbare Nabelschnur mit den Eltern fest verbunden; daher hängt ihr Befinden auch stark von der Haltung der Eltern ab: Heissen diese den Ort gut, sind sie ängstlich, weil sie ihr Kind der Kindergärtnerin anvertrauen müssen? Oder haben sie vorher die Erfahrung der Ablösung als positiv erlebt?

Andrea Spirig (AS): Ich stimme Braida zu. Zudem ist es für mich

Im Fokus
«Kleine Kinder sind entwicklungsmässig wie über eine unsichtbare Nabelschnur mit den Eltern fest verbunden; daher hängt ihr Befinden auch stark von der Haltung der Eltern ab.»
«Kinder haben ein sehr gutes Gespür, was sie sich zutrauen können!»
Andrea Spirig und Braida Leemann
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Text & Interview: Birgit Purainer & Stefanie Wolff-Heinze

immer schön, zu schauen, wie unterschiedlich die Kinder am ersten Kindergartentag ihren ersten Schritt über die Türschwelle tun. Wie individuell sie in eine neue Gruppe und in einen neuen Raum gehen: Die einen kommen eher schüchtern, beobachtend und ängstlich, die anderen entdecken gleich beim Betreten des Raumes etwas, was sie interessiert, und steuern darauf zu. Kinder, die am Anfang noch schüchtern oder zurückhaltend sind, nehmen meist gerne als erstes unser Angebot an Tätigkeiten an – wie beispielsweise Backen, Zeichnen, Znüni zubereiten etc. Wenn die Kinder dann ein Jahr später ihr zweites Kindergartenjahr beginnen, kommen sie voller Freude –auch auf die neuen Kinder – und wesentlich mutiger herein.

BP: Dürfen die Eltern am ersten Kindergartentag dabeibleiben?

BL: Ja, sie können den ganzen Vormittag im Kindergarten bleiben. Der Prozess des Kennenlernens und Vertrauensaufbaues findet aber auch schon in den Wochen zuvor beim Aufnahmeprozedere statt: Wir Kindergärtnerinnen führen mit der ganzen Familie – also Eltern mit dem Kindergartenkind und den Geschwisterkindern – ein Aufnahmegespräch; das ist eigentlich ihre erste Begegnung mit der Kindergärtnerin und dem Raum. Und dann bauen wir schrittweise eine Beziehung zu den Eltern und dem Kind auf, damit sie Vertrauen fassen können. So bieten wir zum Beispiel noch einen Spielnachmittag an, an dem alle neuen Kindergartenkinder mit ihren Eltern teilnehmen.

SWH: Wenn Eltern im Aufnahmegespräch bereits darauf hinweisen, dass ihr Kind eher ein ängstliches Naturell hat und sich nur schwer lösen kann, gebt ihr dann Tipps, wie die Eingewöhnung in den Kindergarten gut gelingen kann?

BL: Zum einen versichern wir den Eltern, dass wir uns immer bei ihnen melden, wenn wir spüren, dass einem Kind nicht wohl ist. Vice versa wissen die Eltern, dass wir immer ansprechbar sind, wenn

Unsicherheiten auftauchen. Zum anderen schreiben wir allen Eltern einen Brief: Darin beschreiben wir, wie sie ihrem Kind bei der Ablösung helfen können. Dass sie zum Beispiel nicht den Zeitpunkt abwarten sollten, wo das Kind von sich aus sagt: «Mama, jetzt kannst du gehen!» Vielmehr sollte der Impuls von den Eltern kommen und sie sich aktiv verabschieden, wenn sie das Gefühl haben, dass es dem Kind in dieser Situation gut geht. Erst wenn die Eltern als enge Bezugspersonen dann den Raum verlassen, kann das Kind zu uns Lehrpersonen wirklich intensiv in Kontakt kommen.

als Begleiter zur Seite steht und den Übergang von Zuhause in den Kindergarten erleichtern kann.

BL: Diese Mutbringer sind nicht nur am ersten Tag wichtig, denn es gibt bei manchen Kindern auch während der ersten Wochen noch kleine «Einbrüche».

SWH: Wenn ihr spürt, dass ein Kind Angst hat oder sich unsicher fühlt, fragt ihr es dann nach den Gründen? Oder wie geht ihr mit so einer Situation um?

BL: Ich finde, es wäre eine Überforderung für das Kind, seine Ängste und Unsicherheit zu verbalisieren. Ich sehe es ihm ja an und reagiere dann so, dass es sich wohl, geborgen und gesehen fühlen kann. Unsere Arbeit mit Ritualen bietet uns Kindergärtnerinnen einen wunderbaren Schatz, der uns auch in solchen Situationen hilft, dem Kind Halt und Orientierung zu geben. Wie wir uns beispielsweise dann bewegen oder ob wir das Kind zu uns an den Tisch bitten, damit es uns hilft, und somit eine Nähe schaffen.

SWH: Der Kinderpsychologe Allan Guggenbühl hat in seinem Vortrag erwähnt, dass es für Kinder ganz wichtig ist, wenn ihnen Erwachsene vorleben, wie man mit Ängsten umgeht. Wie seht ihr das im Kindergartenalter?

BL: Aus meiner Sicht muss man ganz gut aufpassen, dass das Kind nicht meint, es sei mitverantwortlich für die Angst und Emotionen der Erwachsenen. Das fängt zum Beispiel schon in einer Situation an, wo die Mutter sagt: «Bitte ziehe dich jetzt an, sonst ist Mama traurig.» Insofern finde ich es hochanspruchsvoll, mit Kindern über eigene Ängste zu sprechen. Denn das Kind ist so verbunden mit den Eltern, es bezieht so viel auf sich selbst.

SWH: Dürfen die Kinder von Zuhause auch ein Kuscheltier mitbringen? AS: Ich überlasse es immer den Eltern, ob sie ihrem Kind ein Kuscheltier, einen Kraftstein oder ähnliches mitgeben möchten. Zudem bereite ich für jedes Kind einen Mut-Zwerg vor, der ihm in den ersten Wochen

SWH: Haben die Ängste bei Eltern aus eurer Sicht zugenommen?

BL: Ich nehme es so wahr, dass Eltern heutzutage mehr zu ihren Ängsten und Unsicherheiten stehen und offener sind. Früher hat es da mehr Zurückhaltung gegeben.

«Ich bereite für jedes Kind einen Mut-Zwerg vor, der ihm in den ersten Wochen als Begleiter zur Seite steht und den Übergang von Zuhause in den Kindergarten erleichtern kann.»
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Zudem haben Eltern die Lehrperson früher nie infrage gestellt: Was die Lehrperson macht, hat man immer gutgeheissen. Und das hat sich ja sehr geändert: Eltern stehen heute zu dem, was sie fühlen. Sie erzählen von ihren Sorgen, drücken auch einmal ihre Dankbarkeit aus und geben mir sehr viel Vertrauen. Ich kann sie somit auch in familiären Krisenzeiten gut begleiten.

«Eltern stehen heute zu dem, was sie fühlen. Sie erzählen von ihren Sorgen, drücken auch einmal ihre Dankbarkeit aus und geben mir sehr viel Vertrauen.»

BP: Du hast vorhin die Rituale im Kindergarten erwähnt: Hierzu gehört unter anderem auch der Morgenkreis, in denen jeweils eine Geschichte erzählt und gesungen wird. Wo liegt hier die besondere Kraft der Steiner-Pädagogik?

BL: Sowohl die kreative, künstlerische Arbeit, die wir zusammen mit den Kindern machen, als auch das Geschichteerzählen und die Tischtheater sind bei uns so gestaltet, dass es Seelennahrung ist: Das Kind darf sich hineinträumen und dadurch, dass eine Geschichte immer wieder erzählt wird, tief eintauchen. Unsere Geschichten und Reigen sind immer jahreszeitenbezogen und wir versuchen dabei, dem Kind den kleinen Kosmos, in dem es lebt, nahezubringen und zu vertiefen. Wir erzählen also keine Geschichten von Inuits und Indianern, zu denen das Kind innerlich keinen Bezug hat.

BP: Nach welchen Kriterien sucht ihr ein Puppentheater aus?

AS: Zum einen wähle ich die Puppentheater und Geschichten nach der Jahreszeit aus und zum anderen nach den Bedürfnissen der Gruppe. Aktuell machen wir zum Beispiel ein Kasperlitheater zur Fasnacht. Das Theater beinhaltet auch ein Wortspiel mit lustigen Reimen und Versen, das zu den Bedürfnissen der vielen schulreifen Kin-

der gut passt. Zuvor erzählte ich die Geschichte vom Zwerg Puck, der sehr mutig ist und ganz viel Schabernack treibt. Ich habe es ausgewählt, weil es einfach sehr gut zur Gruppe passt.

BP: Hast du einen festen Plan, wann du welche Geschichte erzählst, oder machst du es jeweils von der Befindlichkeit der Kinder abhängig?

AS: Ich habe eine Grobplanung übers Jahr und einen Quartalsplan. Wie ich die Geschichten und Reigen wechsle, beziehe ich immer auf die Gruppe und ihre Bedürfnisse. Dabei zählt für mich vor allem die Frage, ob die Geschichte für meine Kindergartengruppe nahrhaft ist.

SWH: Nun ist eine Kindergartengruppe ja nicht homogen: Die Kinder unterscheiden sich im Alter, in ihrer Entwicklung, in ihren Temperamenten und Interessen. Wie schafft ihr es als Lehrperson, präsent für die Gruppe zu sein und zugleich auf jedes Kind und seine individuellen Bedürfnisse einzugehen?

BL: Die Steiner-Pädagogik bietet uns viele Freiräume bei der Gestaltung, so dass jedes Kind zum Zug kommen kann. Eine besondere Rolle spielt vor allem das Freispiel, das einen grossen Schwerpunkt bei uns im Kindergarten einnimmt. Wenn ein Kind beispielsweise einen Zirkus besucht hat oder im Spital war und mit diesen Erlebnissen noch sehr beschäftigt ist, möchte es vielleicht noch wochenlang jeden Morgen im Freispiel Spital oder Zirkus spielen, um das Erlebte zu verarbeiten. Und ich als Kindergärtnerin darf das zulassen und muss nicht eingreifen. Wir schenken dem Kind ein grosses Vertrauen, dass es im Freispiel das spielt, was ihm guttut. Und was ihm guttut, bestimme nicht ich.

Zudem erlauben es uns die häufigen Wiederholungen, zum Beispiel beim Geschichtenerzählen, auf die persönlichen Bedürfnisse eines Kindes einzugehen. Aus einer Geschichte darf sich jedes Kind das nehmen, was es im Moment gerade braucht. Und aufgrund der Art und Weise, wie ich als Kindergärtnerin eine Geschichte erzähle, also

eher unaufgeregt und achtsam, hat jedes Kind die Freiheit, sich die Geschichte in Bildern so vorzustellen, wie es das möchte. Ich als Kindergärtnerin bin also nicht im Vordergrund, sondern ich schenke den Kindern eine Geschichte. Auch beim Reigen lasse ich jedem Kind seinen Freiraum: Das phlegmatische Kind steht in der Mitte des Kreises und das sanguinische Kind darf zwanzigmal um den Kreis herumrennen. Jedes Kind darf sein, wie es ist.

AS: Ergänzend dazu finde ich auch den Zeitfaktor sehr wichtig. Wir geben den Kindern Zeit, wir takten die Abläufe nicht und ermöglichen fliessende Übergänge.

«Wir geben den Kindern Zeit, wir takten die Abläufe nicht und ermöglichen fliessende Übergänge.»

BP: Eure Schilderungen zeigen, dass ihr jedes Kind so annehmt, wie es ist, und es nicht in ein Schema von Erwartungen presst.

BL: Ich wurde am «Tag der offenen Tür» darauf angesprochen, was ich mit Kindern mache, die «dumm tun». Auf solche Fragen antworte ich immer, dass es meine Aufgabe ist, in solchen Situationen innere Arbeit zu leisten und das Kind so zu begleiten, dass es sich willkommen fühlt.

BP: Das beschreibt sehr gut die Haltung von uns Steiner-PädagogInnen – nicht zu werten, ein Kind so anzunehmen, wie es ist, und es zu begleiten und zu unterstützen.

BL: Und es ist ja auch nicht so, dass ich den Kindern jegliche Freiheiten lasse. Je länger ich ein Kind kenne und je intensiver meine Beziehung zu diesem Kind ist, desto mehr kann ich von ihm verlangen.

BP: Ihr habt das Freispiel als sehr wichtigen Teil im Kindergarten erwähnt. Welche Entwicklung macht das Spiel der Kinder aus eurer Beobachtung heraus?

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AS: Zu Beginn spielt das Kind häufig für sich bzw. nur mit einem Kind. Später kommen noch andere Kinder hinzu. Das Spiel, die Spielorte und Spielpartner wechseln in dieser Phase noch sehr häufig.

Mit zunehmendem Alter kommt das Kind mehr und mehr in das Rollenspiel hinein und kann länger am Ort und mit den Spielpartnern verweilen. Anschliessend folgt das Planspiel. Bei mir im Kindergarten ist das Planspiel gerade aktuell. Es kann sein, dass sich die Kinder so intensiv mit der Planung befassen, dass sie kaum mehr Zeit zum Spielen haben; sie sind dabei sehr geschäftig und vertieft. Es gab auch des Öfteren die Situation, dass sie ihr Spielthema vom Vortag am nächsten Tag weiterverfolgten und ausschmückten.

SWH: Im zweiten Kindergartenjahr, hin zur Schulreife, bemerken viele Eltern, dass ihr Kind über Langeweile klagt. Wie erlebt ihr das?

BL: Menschenkundlich kann man das so erklären, dass das Kind zunächst mit allem verbunden, quasi

in einer Einheit mit allem ist und sich zu allem zugehörig fühlt. Und mit der Zeit der Schulreife fällt es aus dieser Einheit heraus: «Da ist die Welt, und dort bin ich.» Und es braucht dann enorm viel Kraft, wieder zurück zur Verbundenheit zu kommen. Der Entwicklungsschritt in dieser Phase ist darauf begründet, dass all die Kräfte, die das Kind bis dato gebraucht hat, um die Organe auszubilden und zu wachsen, nun frei werden. Frei fürs Denken, frei für die Objektivität. Und dann wünscht sich ein Kind die Kopfarbeit, weil nun der Zugang dazu auch da ist.

AS: Ich finde wichtig, dass die Langeweile zugelassen wird. Bei mir gibt es die «Langweilige Bank», die steht am Rande des Geschehens. Auf dieser Bank kann man sich ausruhen, langweilen – und plötzlich hat das Kind wieder eine neue Idee. So kann es selbst aus dem Tief der Langeweile hinauskommen, ohne dass ich ihm ein Angebot gemacht habe. Das Kind schafft es aus eigener Initiative und wird somit bestärkt in seinem Wesen. Ich habe

noch kein Kind erlebt, das länger als ein paar wenige Minuten darauf gesessen ist.

In dieser Phase der Schulreife dürfen sich die Kinder über längere Zeit in eine Abschlussarbeit vertiefen. Bei mir bauen sie beispielsweise gerade mit diversen Materialien wie Holz und Stoff ein Schiff.

BP: Im letzten Halbjahr des Kindergartens und im ersten Halbjahr der Schule werden die Kinder an unserer Schule von einer Übergangsbegleiterin betreut. Wie wirkt sich diese Begleitung für die Kinder und für euch aus?

BL: Die Schulreifekinder werden dank der Übergangsbegleiterin seelisch abgeholt, weil sie Dinge tun dürfen, die ihren Bedürfnissen entsprechen: Sich in ein Projekt vertiefen, in der Turnhalle Spiele machen, bei denen man sich an Regeln halten muss, in Hefte zeichnen etc.

AS: Die Übergangsbegleitung ist eine grosse Bereicherung für unsere Kinder, die Schule und für mich als Kindergärtnerin. Die Kinder gehen

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von Januar bis Sommer einmal wöchentlich an die Schule und werden in Kleingruppen von der Übergangsbegleiterin betreut. Sie hilft mit im Prozess der Schulreife –Schulfähigkeit und hat den dazugehörigen Aussenblick. Sie lernt die Kinder gut kennen und begleitet die Kinder als vertraute Person für ein weiteres Semester in der 1. Klasse. Die Übergangsbegleiterin ist unsere glückliche Verbindung zwischen Kindergarten und Schule.

die Kinder die körperliche Nähe von der Kindergärtnerin und am anderen Tag wiederum möchten sie lieber Distanz haben.

BL: Ich finde es wunderschön, Kinder in der Kindergartenzeit zu begleiten. Man ist die geliebte Autorität. Und wenn die Schulreife da ist, wird uns Kindergärtnerinnen auch bewusst: Wir dürfen loslassen. Sie brauchen jetzt eine andere Lehrperson!

BP: Auf die künftigen Schulkinder wartet nach den Sommerferien ein ganz besonderer Moment: Das Ritual der Einschulungsfeier, wo jedes Kind auf die Bühne gehen darf und von seiner Lehrerin in der Schulgemeinschaft willkommen geheissen wird. Wie bereitet ihr die Kinder auf diesen Moment, zu dem es auch ein bisschen Mut braucht, vor?

durch das Bilden von Selbstvertrauen und Zumuten auf solche Momente vor.

AS: Beim Ritual der Einschulungsfeier überlegen wir uns beispielsweise, welches Kind als erstes auf die Bühne gehen soll. Welches Kind hätte Freude daran, welchem Kind kann ich es zumuten? Und auch, wer dann als zweites und drittes und letztes Kind auf die Bühne geht. Es soll in diesem Augenblick allen Kindern möglichst wohl sein!

BP: Ist Mut unter den Kindern ansteckend?

BP: Wie verändert sich die Beziehung des Kindes zu euch im Verlauf der Kindergartenzeit?

AS: Zu Beginn ist die Beziehung noch wie ein zartes Band, das dann meistens schnell fester wird. Die Kindergärtnerin wächst häufig zu einer wichtigen Bezugsperson für das Kindergartenkind heran. Jedoch kann dann während der Schulreifezeit die Diskrepanz der Gefühlszustände manchmal von einem Extrem ins andere schwanken. An einem Tag wünschen sich

BL: Das fängt bereits im Kindergarten an, wenn ich als Kindergärtnerin mit meiner Haltung dem Kind gegenüber signalisiere, dass ich ihm gewisse Aufgaben zutraue. Zum Beispiel ist es im Adventsgärtlein meine Verantwortung, das so aufzugleisen, dass zunächst die älteren Kinder hineingehen und dann die jüngeren Kinder alleine folgen und wieder herausfinden können. Darüber staunen die Eltern oft. Wir bereiten also das Kind über die gesamte Kindergartenzeit

BL: Das ist ja etwas zutiefst Menschliches: Lernen von denen, die es schon können. Ein wichtiger Punkt ist die Ansprechbarkeit: Junge Kinder, die uns Erwachsene eher peripher wahrnehmen, orientieren sich sehr an anderen Kindern. Sie können sich gegenseitig viel besser motivieren und ermutigen, als wir Erwachsene es vermögen. Kinder – und das vergessen wir manchmal – haben zudem ein sehr gutes Gespür dafür, was sie können und was nicht.

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«Die Schulreifekinder werden dank der Übergangsbegleiterin seelisch abgeholt, weil sie Dinge tun dürfen, die ihren Bedürfnissen entsprechen.»
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Fokus

oder: Die Angst beim Namen nennen Im

Was Rumpelstilzchen weiss

Text: Dr. phil. Ruth Noel-Hermann (Psychoanalytische Therapeutin für Kinder und Jugendliche)

Wer kennt es nicht, dieses flaue Gefühl in der Magengrube, das den Rücken hochkriecht, einen im Nacken packt, das Herz zum Rasen und die Hände zum Schwitzen bringt und den Kopf leerfegt, so dass man sich hilflos, ohnmächtig und gelähmt fühlt: Das ist die Angst.

Sie kann uns überall und jederzeit anfallen – und nicht nur dort, wo von aussen gesehen wirkliche, «reale» Gefahr droht, wie zum Beispiel auf einer riskanten Bergtour oder im Strassenverkehr. In einer Situation realer Gefahr Angst zu haben, ist ja durchaus sinnvoll: Dort bewahrt uns die Angst davor, leichtsinnig oder tollkühn ins Verderben zu laufen. In diesem Zusammenhang sind die Körper-Reaktionen der Angst, die wir von unseren Verwandten aus dem Tierreich «geerbt» haben, ja ebenfalls sinnvoll: Sie vermitteln uns den nötigen Energieschub zum Angriff, zur Flucht oder um uns tot zu stellen.

Was uns Angst einjagt

Nun haben wir Menschen allerdings eine besondere Begabung: Wir können nicht nur dann Angst entwickeln, wenn die Bedrohung von Aussen kommt, sondern auch dann, wenn sie von Innen kommt – aus unseren Gefühlen und Vorstellungen heraus. Es kann uns etwas Angst einjagen, wenn es noch gar nicht mal eingetroffen ist; rein aus der Vorstellung heraus, es könnte vielleicht eintreffen: Diese Fähigkeit zur Angstentwicklung zeichnet allein den Menschen aus. Ein Reh entwickelt Angst, wenn es den Jäger wittert – aber sobald der Jäger weg ist, ist auch die Angst wieder weg. Kein Reh hat Einschlafschwierigkeiten, weil es sich abends den Jäger mit seiner Flinte vorstellt. Und es gibt noch eine zweite Besonderheit bei den Menschen: Sie können Angst verleugnen; sie können in einer angsterregenden Situation so tun, als hätten sie gar keine Angst. Und das kann so weit gehen, dass sie tatsächlich keine

Angst mehr fühlen können. Das kann aussehen wie Mut, ist aber, wie wir noch sehen werden, gerade das Gegenteil, denn echter Mut ist an das Empfinden von Angst gebunden.

Das Wesen der Angst

Weil Menschen aus ihrer Vorstellung und Empfindung heraus Angst haben können, können die Anlässe für die Angst ganz unterschiedlich sein. Und was den einen in Schrecken versetzt, findet ein anderer überhaupt nicht bedrohlich. Die Auslöser sind verschieden; aber im Erleben der Angst gibt es Gemeinsamkeiten, die heutzutage neurobiologisch sehr gut erforscht sind und über die es gleichzeitig in den Märchen ein uraltes Wissen gibt. Märchen berichten von ur-menschlichen Nöten und Konflikten und finden oft erstaunliche Lösungen, die von Kindern intuitiv verstanden werden. Märchen-Erzählen ist also immer eine gute seelische Hilfe und Vorsorge.

Im «Rumpelstilzchen» geht es um Angst. Die Geschichte beginnt mit einem Müller, der arm ist, der aber eine schöne Tochter hat. Sein Kind ist sein Reichtum – und als das Glück den König zu seiner armen Mühle führt, ergreift der Müller seine Chance und spielt die Tochter aus wie einen Joker. Um seine Armut wettzumachen, übertreibt er ein bisschen und preist sie nicht nur damit an, was sie ist (nämlich schön), sondern was sie kann. Dies aber ist etwas, das man gar nicht können kann: Stroh zu Gold spinnen! Darauf fällt der König natürlich prompt herein, nimmt die Müllerstochter mit aufs Schloss und

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verspricht ihr, sie zur Königin zu machen, wenn sie ihm ihr Können beweist. Hier ist der berechtigte und gesunde Stolz des Vaters auf sein Kind übers Ziel hinausgeschossen und bringt die Tochter in eine gefährliche Lage. Sie muss jetzt ausbaden, was der Vater ihr eingebrockt hat – und das ist etwas, das oft und ganz normalerweise in der Generationenfolge geschieht. Kinder bekommen Dinge ab, die von ihren Eltern kommen, und darunter kann auch viel Gutes sein – aber wenn ein Kind eingesetzt wird, um ein Manko wettzumachen, dann kann es schlimm werden, auch wenn es ursprünglich gar nicht böse gemeint war. Der Müller wollte ja eigentlich nur das Beste für sein Kind, er wollte seiner Tochter eine glänzende Zukunft ermöglichen, trotz seiner Armut – aber nun ist sie selbst arm dran. Sie wird mit einem Riesenhaufen Stroh über Nacht eingesperrt, und wenn sie das nicht bis zum Morgen zu Gold gesponnen hat, muss sie sterben.

Hier erfindet das Märchen eine Situation, die genau die Struktur der Angst aufweist. Wenn man Angst hat, fühlt man sich eingesperrt, man fühlt sich vor eine unlösbare Aufgabe gestellt, man fühlt sich ganz alleine – und wenn es richtig schlimm wird, z.B. in der Panik, hat man sogar das Gefühl, sterben zu müssen. Hilflos ausgeliefert, so fühlt es sich an in der Angst. Und so geht es der Müllerstochter. Noch dazu ist es Nacht, es ist dunkel, man kann nichts recht erkennen – und das kennen wir ja alle gut, dass wir Unheimliches und Gefährliches bei Tageslicht noch einigermassen in Schach halten können, aber nachts, wenn wir uns entspannen wollen und in den Schlaf loslassen sollten, um ins Reich des Unbewussten zu gleiten, dann wachsen die Ängste und werden zu den ungeheuerlichsten Gespenstern. So geht es jetzt der Müllerstochter, sie gerät in helle Verzweiflung. Wie soll sie plötzlich etwas können, das man gar nicht können kann?

Das Empfinden von Angst ist ein Türöffner

Aber etwas kann sie noch: Sie kann ihre Angst und Verzweiflung spüren und beginnt, zu weinen. Und dies ist ein wirkliches Vermögen, das wie ein Türöffner wirkt, denn auf einmal kommt von irgendwoher ein kleines graues

Männchen hereinspaziert und bietet seine Hilfe an. Das müssen wir uns merken: Angst empfinden können ist eine wichtige Fähigkeit – darauf werden wir später noch zurückkommen.

Die Flucht nach vorne

Das kleine Männchen kann das Unmögliche möglich machen, die Müllerstochter ist gerettet – aber es kostet sie etwas, sie muss einen ihrer Schätze drangeben. Das graue Männchen ist die symbolische Personifikation einer Höchstleistung, einer Angst-Bewältigungs-Strategie, zu der die Tochter in höchster Not plötzlich fähig wird, aber sie verliert dabei einen ihrer Schätze. Genau so ergeht es Kindern, die in einer Situation grosser emotionaler Herausforderung alleingelassen werden: Sie erbringen emotionale Höchstleistungen, über die alle Erwachsenen nur so staunen, wenn Kinder beispielsweise im Spital bei der gefährlich erkrankten Mutter ganz ruhig und besonnen bleiben, wie kleine Erwachsene. Aber meistens verlieren sie dabei einen ihrer Schätze: ihre kindliche Unbeschwertheit oder ihre Freude am Spielen oder ihr Vertrauen in haltende Beziehungen.

Und nun kommt es darauf an, wie es weitergeht: Wenn das ein einmaliges Ereignis bleibt, kann sich alles wieder einrenken, und die Unbeschwertheit kehrt zurück. Aber wenn sich die gefährliche Situation wiederholt, weil zum Beispiel niemand gemerkt hat, wie gross die Angst des Kindes ist, dann wird es immer schlimmer. Genau so geht es im Märchen: Der König ist begeistert von dieser goldgefüllten Kammer und will in seiner Gier noch viel mehr dieses tollen Wertstoffes herausholen. Vermutlich denkt er, das sei ja gar kein Problem gewesen für die Müllerstochter, warum also nicht noch ein bisschen mehr verlangen? Das ist die Gefahr, in die wir schnell geraten, wenn wir die Angst eines Kindes nicht hören können oder wenn wir sie kleinreden und nur betonen, wie toll das Kind «es gemacht» hat. Der König sperrt die Müllerstochter in eine noch grössere Kammer ein, und in der dritten Nacht in eine nochmals grössere: Und genau so funktioniert Angst, die von niemandem erkannt wird, mit der wir ein ums andere Mal alleingelassen werden: Die Angst wird

immer grösser, sie wird immer schlimmer, und es kostet uns immer noch mehr, sie irgendwie zu bewältigen.

Aus Angst wird stolz

Der umgekehrte Mechanismus tritt ein, wenn jemand da ist, der die Angst anerkennt, sie uns zugesteht und uns beisteht, um sie zu überwinden: Dann entspringen Stolz und Selbstbewusstsein aus der überstandenen Angst, und die Angst wird kleiner. Aber die Müllerstochter ist ganz allein, und so kann sie nichts anderes machen als die Flucht nach vorne. Sie steigert ihre Leistung immer toller, und in der dritten Nacht geht es ihr buchstäblich ans Lebendige: Die Schätze, die sie besass, hat sie vergeben, und nun muss sie etwas versprechen, was sie noch gar nicht hat, nämlich ihr eigenes Kind. Sie muss ihre eigene, lebendige Zukunft einsetzen, um dieses furchterregende Angst-Ding noch irgendwie zu bewältigen. Immerhin funktioniert es, und nun scheint auf einmal alles bestens gelöst: Die schöne Müllerstochter wird Königin, verfügt über Macht und Reichtum und bekommt übers Jahr ein schönes Kind. Und genau jetzt, wo alles so gut scheint und keiner mehr damit gerechnet hat, taucht dieses kleine graue Männchen wieder auf. Das bedeutet: Die alte Angst-Geschichte, die nur irgendwie überhauen, aber nie wirklich gesehen und verstanden werden konnte, taucht wieder auf, und jetzt greift sie auf die nächste Generation zu: Das graue Männchen will das versprochene Kind haben. Die Verzweiflung der Königin ist noch viel grösser als früher, als sie noch die Müllerstochter war. Denn jetzt geht es nicht mehr nur um sie, sondern um ihr Kind. Die Tochter ist selbst Mutter geworden, und damit wächst ihre Fähig-

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keit, Angst zu empfinden, beinahe ins Unermessliche. Zuerst versucht sie noch die altbewährte Angst-BewältigungsStrategie: Sie bietet alle Schätze ihres gesamten Reiches an. Aber das funktioniert nicht mehr: «Etwas Lebendiges ist mir lieber», sagt das Männchen, und das bedeutet symbolisch: Die Angst hat sich jetzt in Gestalt eines Kindes so «eingefleischt», dass es eine neue Lösung braucht. Aber welche?

Der Angst begegnen

Die Königin ist so verzweifelt, dass es sogar das graue Männchen rührt, und es gibt der Königin eine Chance: Wenn sie erraten kann, wie das Männchen heisst, lässt es ihr das Kind. So überwältigend wie zuvor die Angst, ist jetzt die Motivation der Königin: Sie will um jeden Preis herausfinden, wie dieses unscheinbare und doch so mächtige Männchen heisst! Auch das kennen wir ja gut: Ein eigenes Kind ermutigt uns oder zwingt uns manchmal, Dinge in Angriff zu nehmen, die wir uns früher nicht einmal hätten vorstellen können. Während die Königin früher als Müllerstochter nur eines wollte, nämlich so schnell wie möglich raus aus dieser schrecklichen Angst, macht sie jetzt genau das Umgekehrte: Sie wendet sich der Angst zu. Hinschauen anstatt wegrennen: Das ist, wenn es um Angst geht, eine unglaublich schwierige Bewegung. Aber das Männchen selbst hat klargemacht, dass es keinen anderen Weg mehr gibt. Um das Kind zu retten, muss sich die Mutter mit diesem mächtigen Männchen befassen. Seinen Namen zu finden, ist ihre letzte und einzige Chance. Symbolisch heisst dies: Sie muss herausfinden, was dieses Angst-Ding genau ist und wie es heisst. Und nun hat die Königin eine zündende Idee: Sie holt sich Hilfe. Sie kann ja unmöglich alleine das ganze Königreich nach allen möglichen Namen abklappern! Da braucht es Experten, die das Gebiet kennen. Im übertragenen Sinn: Die Königin sucht sich einen Berater oder vielleicht sogar eine Therapeutin. Zumindest derjenige Bote im Märchen, der den richtigen Namen findet, scheint sich therapeutisch auszukennen, denn er wagt sich bis ins unwegsame Dickicht des Waldes, also ins verschlungene Gebiet der tiefliegenden Emotionen. Und dort wird er fündig: ein kleines Männchen, das triumphierend ums Feuer

tanzt, seiner Macht und seines Sieges gewiss, denn: «Ach wie gut, dass niemand weiss, dass ich Rumpelstilzchen heiss!»

Den Namen der Angst finden Jetzt hat die Königin den Schlüssel in der Hand, aber sie setzt ihn vorsichtig und listig ein. «Heissest du Hinz?» «Nein!» «Heissest du Kunz?» «Neeein!» Das Männchen freut sich schon über seinen kommenden Triumph. «Heissest du etwa Rumpelstilzchen?» Der Effekt ist erstaunlich. Rumpelstilzchen rastet förmlich aus, überschlägt sich vor Wut, stampft mit dem Fuss so heftig auf, dass sein Bein in den Boden einschlägt, will sich am anderen Fuss wieder rausziehen und zieht so heftig, dass es sich in der Mitte auseinanderreisst. Damit bekommen wir einen deutlichen Eindruck von der heftigen Wut, der geradezu zerstörerischen Rage, die mit der Angst einhergehen kann. Wer hätte solch ein wutschnaubendes Monster hinter diesem kleinen grauen Männchen vermutet! Aber Wut und Angst gehen gerne Hand in Hand. Und wir tun gut daran, uns bei einem tobenden Kind auch zu fragen, welche Angst es wohl antreiben könnte, und uns bei einem überängstlichen Kind, das ganz klein und grau wirkt, zu überlegen, welche Wut es wohl in sich versteckt halten könnte und mit dem Aufwand seiner ganzen Vitalität unter Verschluss halten muss.

Mut bedeutet, sich der Angst zuzuwenden «Rumpelstilzchen» hat uns eine ganze Reihe tiefliegender Einsichten in die Angst und ihre Überwindung eröffnet. Zuerst haben wir gesehen, dass Angst immer einen guten Grund hat, auch wenn dieser manchmal nicht auf Anhieb klar ist. Oft ist der Anlass ja einsichtig: Der Pausenplatz ist gefährlich, oder der Hund des Nachbarn, oder der Herd, weil man sich dort einmal die Finger verbrannt hat. Aber was hätte die Müllerstochter gesagt? «Ich fürchte mich vor Stroh – wenn ich Stroh sehe, gerate ich in Panik!» Da sind wir schnell in Gefahr, dies als lächerliche Kleinigkeit und hysterische Flause abzutun. Oder mit realistischen Erklärungen beweisen zu wollen, dass Stroh gar nicht gefährlich sein kann. Wenn sich Angst an scheinbaren Kleinigkeiten festhakt und keiner Erklärung zugänglich ist, bedeutet es oft, dass mehr dahintersteckt. Wie bei der Müllerstochter: Der Grund für ihre Angst geht sogar in die vorige Generation zurück; es war ja die «Armut» des Vaters, die ihr diese Strohgeschichte eingehandelt hatte. Psychologisch gesprochen: Ein Gefühl der Minderwertigkeit aufseiten des Vaters, das er über die eigene Tochter kompensierte, hat sie in die Angst-Situation der Strohkammer gebracht.

Als zweites haben wir gesehen, dass in der akuten Angst-Situation Höchst-

«Die Angst benennen»: Monster überfallen eine Stadt. Das heisst, das bewusste Ich wird von tiefliegender Angst angefallen.
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leistungen erbracht werden können, die das Problem zwar kurzzeitig zu lösen scheinen, aber hinterher allenfalls selbst zum Problem werden. Dies symbolisiert das graue Männchen, das als Problemlöse-Strategie in der akuten Situation nützlich und hilfreich ist – aber dann kehrt es zurück und wird nun selbst zum Faktor. Konkret geschieht dies beispielsweise, wenn ein kleiner Junge gemerkt hat, dass lautes Schreien gegen seine Trennungsangst hilft, weil dann jemand kommt. Wenn er jedoch später als erwachsener Mann diese Strategie in

seiner Ehe einsetzt, erzeugt sie möglicherweise genau das, wovor er sich am meisten fürchtet: Seine Frau will sich trennen, und je lauter er schreit, desto mehr will sie weg.

Wir haben gesehen, wie die Angst funktioniert, solange die Müllerstochter mit ihr allein bleiben muss: Die Angst hockt ihr im Nacken, die Müllerstochter muss Flucht nach vorne machen, und sie wiederholt dasselbe Lösungsmuster. Doch dadurch wird die Angst nur immer noch grösser. Das geschieht zum Bei-

spiel, wenn ein Kind ein tiefliegendes Angstgefühl mit dem mulmigen Gefühl bei Übelkeit verbindet. Dann bekommt es Angst vor dem Erbrechen. Dann bekommt es Angst davor, bestimmte Dinge zu essen, weil diese zu Übelkeit führen könnten. Und schliesslich kann es nur noch mit einem kleinen Eimer zur Schule gehen – aus Angst, es könnte ihm unterwegs übel werden.

Was es braucht, um die Angst wirklich lösen zu können, ist gerade die umgekehrte Bewegung: Anstatt vor ihr davonzurennen, muss man sich umdrehen und ihr ins Auge blicken. Das ist ungeheuer schwierig und braucht grossen Mut. Mutig ist ja nicht derjenige, der vor nichts und niemandem Angst hat oder, im schlimmsten Fall, Angst gar nicht mehr spüren kann. Ganz im Gegenteil: Mutig ist, wer Angst hat, diese Angst fühlen kann, und es wagt, sich dieser eigenen Angst zuzuwenden.

«Der Angst begegnen»: Kampf zwischen Rittern und Monstern. Das heisst, das Ich setzt sich mit der Angst auseinander.

Das Zauberwort gegen Angst: die Angst «Angst» nennen Dieses Umwenden geschieht im Märchen in dem Moment, als das graue Angst-Männchen wieder auftaucht und die nächste Generation bedroht. Die Müllerstochter ist unterdessen Königin, d.h. «reich» an Erfahrung und «mächtig» in ihrer gewachsenen Kraft, und sie ist verantwortlich für ein Kind. Diese Verantwortung übernimmt sie, als sie sich der Angst zuwendet und herausfinden will, wie sie heisst. Das Benennen beginnt damit, sich einzugestehen, dass man jetzt Angst hat. Wenn es mir gelingt, zu sagen: «Jetzt habe ich Angst», dann beginnt die Macht, die die Angst über mich hat, zu schwinden. Das kann auch helfen, wenn die Angst über mein Kind auf mich zugreift. Statt es anzuschreien, könnte ich mich fragen: Hat mein Kind vor etwas Angst? Wovor könnte es sich fürchten? Oder, noch schwieriger: Statt mich über mein sturbockiges Kind zu ärgern, könnte ich mir sagen: Jetzt bekomme ich Angst, dass ich das Kind nicht in die Schule kriege, deshalb setze ich so viel Druck auf. Oder am allerschwierigsten: Dieses ständige Bocken meines Kindes – spürt es vielleicht irgendeine Angst, die bei mir versteckt sein könnte?

«Die Angst überwinden»: Eine Schutzburg mit starken Bewachern. Das heisst, das Ich geht gestärkt aus dem Kampf hervor, einige gefährliche Tiere haben die Seite gewechselt und sind zu Beschützern geworden. Angst-Tiere sind zu Mut-Tieren geworden. Man kann die Gefahr im Auge behalten und sich dennoch geschützt und sicher fühlen.

Das graue Männchen «Rumpelstilzchen» zu nennen, ist das Zauberwort,

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das ihm seine Macht entzieht. Die Angst «Angst» zu nennen ist der erste Schritt, der aus der Angst hinausführt. Er ist deshalb so schwierig, weil man das Gefühl hat, er würde die Angst erst recht gross machen – das stimmt insofern, als man jetzt nicht mehr ausweicht und die Angst aktiv fühlt. Aber damit beginnt das Ende der Angst. Das Benennen der Angst kann bei Kindern auf vielfache Weise geschehen: Sie können ihre Angst oder das Gefährliche, vor dem sie sich fürchten, beispielsweise zeichnen oder basteln oder mit Figuren spielen. Oder die Eltern können seinen Alptraum aufschreiben, zusammenfalten, verschnüren und an einem sicheren Ort aufbewahren. Das Wichtige ist, die Angst anzuerkennen und ihr eine Form zu geben: Jetzt hat sie einen Namen.

Die Zauberkraft

gegen Angst: Beziehung

Alleinesein-Müssen in der Not ist der schlimmste Angst-Verstärker, den es gibt. Und umgekehrt: Jemanden zur Seite zu haben, dem man vertrauen kann, ist die beste «Medizin». Das haben Forscher auf überraschende Weise herausgefunden. Auf der Suche nach einem angstlösenden Medikament machten sie folgende Versuchsanordnung: Ein Äffchen in einem sicheren Gehege wurde einem knurrenden Hund ausgesetzt, der aussen um das Gehege umherstrich. Ordnungsgemäss entwi-

Notfallhilfe gegen Angst

Die Grundlagen:

1. In Bewegung kommen, etwas handeln: Dies sendet gewissermassen eine Botschaft an das Hirn, dass die Situation nicht aussichtslos ist und man etwas tun kann. Die Seele kommt aus der Hilflosigkeit heraus!

2. Die Angst ins Leere laufen lassen: Ablenken kann helfen, der Angst «den Wind aus den Segeln» zu nehmen, schafft ein wenig Abstand. Das hilft dem Hirn, aus der akuten AngstSteigerung herauszufinden, und hilft der Seele, sich wieder ein wenig zu finden, sich «normaler» zu fühlen.

3. Der Angst entgegentreten: Benennen, dass jetzt die Angst da ist, die zugehörigen Gedanken oder

ckelte das Äffchen Angst. Dann wurde ihm das Medikament verabreicht, und um die Wirkung vergleichen zu können, setzte man ein zweites Äffchen hinein, das kein Medikament bekommen hatte. Aber wie staunten die Forscher, als die Messdaten zeigten, dass auch das zweite Äffchen keine Angst entwickelte, obwohl es gar kein Medikament erhalten hatte! Weshalb? Es war mit einem vertrauten Artgenossen zusammen; da konnte der Hund knurren, wie er wollte: Die Äffchen hatten beide keine Angst, denn sie waren zu zweit: Das war die eigentliche Medizin. Auch im Märchen ist es dieses Zu-Zweit-Sein, das der Königin aus der Ohnmacht und Hilflosigkeit der Angst heraushilft. Allerdings braucht es dazu eine wirkliche Beziehung, d.h. einen vertrauensvollen Bezug, der über blossen Tauschhandel hinausgeht. Hilfe leisten gegen «Bezahlung»: Das konnte ja auch das graue Männchen, daraus hat es dann sogar seine Macht bezogen. Für wirkliche Wirksamkeit braucht es Interesse und Wagemut, also etwas, das über blosse Dienstleistung und Pflicht hinausgeht: Dieses Zusätzliche könnte man «Liebe» nennen. Die unbedingte Liebe zu ihrem Kind ist es ja auch, aus der die Königin ihre Kraft zieht.

Und dann braucht es einen verlässlichen Boten, der beim Suchen nach dem richtigen Namen hilft. Die Hilfe des Boten setzt aber schon ein, bevor die Lösung

gefunden ist. Der Bote bedeutet erstens, dass die Königin nicht mehr allein sein muss in ihrer Angst. Das bedeutet zweitens, dass die Angst der Königin vom Boten gehört und anerkannt worden ist. Und mithilfe des Boten wird drittens die Königin in die Lage versetzt, dem Angstmännchen entgegenzutreten und seinen Namen zu nennen, um seine Macht zu brechen. Nicht-AlleineSein-Müssen in der Not (Beziehung), gesehen und gehört werden in der Not (Zuwendung) und zur eigenen Stärke zurückfinden (Selbstheilungskraft aktivieren) – genau dies geschieht auch in einer Psychotherapie. Oft aber können dies auch Eltern, Lehrpersonen oder sogar ältere Geschwister leisten. Einen psychotherapeutischen Boten braucht es erst, wenn das Gefühlsdickicht besonders verschlungen oder das darin Versteckte besonders gefährlich ist –dann braucht es den Boten, um diesem Ding, das da im Versteckten ums Feuer umherspringt, seinen Namen abzulauschen, damit das Kind es dann benennen kann.

Befürchtungen aufschreiben oder zeichnen lassen. Dies hilft dem Hirn wie auch der Seele, das Ausufernde der Angst zu begrenzen.

Konkret für Kinder:

1. Notfalltropfen geben (Bachblüten Rescue) und etwas Kaltes oder Heisses (je nach Jahreszeit) zu trinken geben.

2. Ein Büchlein anschauen, eine Geschichte hören (abspielen lassen).

3. Benennen: Vielleicht hast Du jetzt Angst bekommen? Wie könnte die Angst/ das Gefährliiche aussehen?

Konkret für Jugendliche:

1. Notfalltropfen nehmen, etwas trinken, aufs WC gehen, Joggen gehen, einmal ums Haus laufen.

2. Musik hören, chatten, eine Serie schauen.

3. Benennen: Jetzt habe ich Angst –Ich kenne dieses Gefühl – Im Körper fühlt es sich an, als ob ich sterben müsste, aber ich weiss, dass man an Panik nicht stirbt.

Konkret für Eltern:

1. Ein Glas Wasser trinken, einen Tee zubereiten, wenn möglich kurz den Raum verlassen.

2. Mails checken, Fotos aus den letzten Ferien anschauen, eine SMS beantworten/schreiben, an einen wichtigen oder vertrauten Satz/Text denken, an einen wichtigen/vertrauten Ort denken.

3. Benennen: Jetzt habe ich Angst –Ich kenne dieses Gefühl ganz genau –Es fühlt sich so an, als ob das nie mehr weggehen würde, aber ich weiss, dass die Angst wieder vergehen wird.

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Die Bandbreite von Angstthemen, die an mich herangetragen werden, ist sehr gross. Es kann zum Beispiel darum gehen, dass man Angst vor einem Referat hat, davor, sich vor anderen zu exponieren und Fehler zu machen, die man selbst als unendlich peinlich erlebt. Auch Ängste vor einer anstehenden Veränderung, beispielsweise einem Wohnungswechsel oder der Trennung der Eltern, kenne ich aus meiner Arbeit, wo viel Unbekanntes und Neues das Kind verunsichert. Bei Jugendlichen begegne ich manchmal auch sozialen Ängsten, wo sich die Betroffenen immer wieder fragen, was andere wohl über sie denken und ob sie genügen. Gewisse Ängste können durchaus ihre Berechtigung haben und lassen einen innehalten und nachdenken. Angst kann somit ein nützlicher Schutz sein; zum Beispiel, wenn sie verhindert, dass man eine gefährliche Mutprobe macht oder sich sonst in Gefahr bringt. Wenn Ängste jedoch zu lange andauern, können sie lähmend wirken und Stress auslösen. Die Betroffenen bauen riesige

Die Schulsozialarbeit schafft einen Raum, in dem Ängste der Kinder, Jugendlichen und Eltern gehört und gesehen werden. Alles, was in diesem Raum erklingt, hilft mit, ein Bild entstehen zu lassen. Dieses Bild ist die Grundlage dafür, gemeinsam – wann immer möglich mit der ganzen Erziehungsgemeinschaft – zu erarbeiten, wie ein starkes Netz an sozialer Unterstützung geflochten werden kann:

Mit wem und wo kann das Thema weiterbearbeitet werden? Sind externe Fachpersonen zur weiteren Begleitung sinnvoll oder helfen schulinterne Therapiemöglichkeiten wie Heileurythmie oder Sprachgestaltung? Vielleicht genügt auch die Unterstützung der Schulsozialarbeit, um gewisse Ängste aufzufangen und das Kind zu stärken? Dieser Prozess erfordert viel Zeit, Sorgfalt und Achtsamkeit. Oft findet schon hier eine grosse Entspannung statt, weil die Betroffenen sich getragen und nicht allein gelassen fühlen.

Gedankengebilde auf und erleben eine grosse Belastung.

In meiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geht es darum, mögliche Wege aus diesen Gedankengebilden, aus dem Angstnebel an die Sonne zu finden. Dabei gilt es, kreativ zu sein. Auf spielerische, lustvolle und doch ernsthafte Weise erkunden wir mögliche Schritte und spielen mit Ideen. Ich erlebe dann immer wieder den Moment, wo beim Kind oder Jugendlichen innerlich etwas entfacht wird und eine lustvolle Kraft aufkeimt, um der Angst mutig zu begegnen. Das Gespräch ist bei dieser Arbeit – als rein kognitive Methode – der schwächste Ansatz. Es gibt vielerlei Möglichkeiten des gemeinsamen Forschens: Wir zeichnen Bilder, werfen Bälle, hüpfen, spielen Spiele, lesen oder erfinden Geschichten, machen Entspannungsübungen, gehen spazieren und vieles mehr. Dies ist nicht nur abhängig vom Thema und vom Alter des Kindes oder Jugendlichen, sondern ist auch von individuellen Eigen-

schaften geprägt. Gemeinsam gilt es, herauszufinden, was funktioniert, was sich stimmig und richtig anfühlt und was eben im Inneren des Betroffenen etwas erweckt.

So erblühen neue Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen, die Mut machen und neue Wege eröffnen. Oft sind es nur ganz kleine Schritte, die Kraft geben und etwas zum Klingen bringen, das hilft, aus der Lähmung und dem Stress der Angst hinauszufinden.

Sonne statt Nebel Im Fokus
Text: Joanna Dal Bosco (Schulsozialarbeiterin an der Rudolf Steiner Schule Zürich)
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Rudolf Steiner hat den Übertritt von der Kindheit ins Jugendalter (ins Reifealter, wie er es genannt hat) einmal kurz und bündig als Schritt «von der Kenntnis zur Erkenntnis» beschrieben. Das Wissen um die Welt- und Lebenszusammenhänge soll nicht mehr in Form von Wissen, eben als Kenntnis, gelernt werden, sondern als selbsterarbeitete Erkenntnis errungen, erworben und gesichert werden. Das Instrument oder Werkzeug dafür ist das nun erwachende persönliche Erkenntnisdenken, das rasant und vehement nach geeigneten Objekten und Inhalten verlangt, an denen es wachsen, sich aufrichten und vertiefen darf. Es regen sich im Innern des jugendlichen Menschen neue Fragestellungen, die befriedigt werden wollen und die unmittelbar mit

Vertrauen vertiefen, Vertrauen gewinnen –ein Blick in die Oberstufe

Die grandiose Metamorphose

Nach der hohen Zeit der Kindheit beginnt sich in der 6. Klasse mit dem Eintritt des Kindes ins Jugendalter – in die «grandiose Metamorphose», wie Rudolf Steiner diesen Lebensabschnitt einmal genannt hat – die Lebenswelt zu weiten und bisweilen dramatisch zu verändern.

Bedürfnisse wachen im Innern des Jugendlichen auf, die ihm neu und unvertraut sind und oft bedrohlich auftreten können. Und so gerät da und dort das mitgebrachte Vertrauen in die Dinge, in die Menschen, in die Welt und in sich selbst ins Wanken, Gewissheiten wackeln und Beziehungen verändern sich. Nicht nur der Körper muss nun mit der Schwere neu zurechtkommen; auch die Wahrnehmungen, die Gefühle und die eigenen Handlungen erzeugen neue Wirkungen und damit Konsequenzen. Was vorher oft leicht und selbstverständlich vonstatten ging, scheint nun schwierig oder auch mal unmöglich zu sein: Ein Leuchtturm, ein Wegweiser, Vorbilder müssen her, an denen man sich orientieren und wieder aufrichten kann, die man aber auch in Frage stellen darf.

dem Selbstbewusstsein, mit der eigenen Identität, mit dem Selbstvertrauen verbunden sind.

Kurz gefasst: Befriedigte Bedürfnisse = Wachstum an Vertrauen Unbefriedigte Bedürfnisse = Verlust an Vertrauen, Misstrauen gegenüber den Erwachsenen und sich selbst

Bei unbefriedigten Begehrlichkeiten stellt sich ein Bedrohungszustand ein, der mit dem Begriff «Angst» adäquat beschrieben werden kann. Und Angst kann nicht selten in Wut umschlagen. Die Erwachsenenwelt ist also ebenfalls gefordert und – wie könnte es anders sein – oft auch überfordert, wenn es

darum geht, die Bedürfnisse der Jugendlichen erkennen zu können. Nicht nur bei den Jugendlichen, auch bei den Erwachsenen muss eine «grandiose Metamorphose» her. Für uns Lehrpersonen eine Forderung, die täglich erfüllt sein muss – gestern war gestern, heute muss unter Umständen alles neu ergriffen werden: die eigene Haltung, der Unterricht, die Beziehungen.

Die Gestaltung der Beziehung Jugendliche begleiten zu dürfen, ist ein enorm bereicherndes und gleichzeitig anspruchsvolles Geschenk. Wem es vergönnt ist, mit jungen Menschen zu arbeiten, dem werden zunächst meist grosses Vertrauen und eine schöne Offenheit entgegenkommen. Aber eben auch der Wunsch, der Anspruch, ja die

Im Fokus
Text: Jean-Claude Baudet (Oberstufenlehrer)
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Erwartung oder sogar die Forderung, dass wir ihre inneren Fragen wahrnehmen, hören oder gar zu erlösen vermögen. Kümmern wir uns nicht um die jugendlichen Befindlichkeiten, stossen wir die SchülerInnen gar in sich selbst zurück, beschämen wir sie sogar oder schützen wir sie nicht vor Übergriffen aus ihrem Umfeld, ziehen sie sich zurück, fühlen sich beengt, nicht wahrgenommen oder gar verletzt: Das (Selbst-)Vertrauen leidet, bröckelt ab und im schlimmsten Fall schleichen sich Angst oder Krankheiten ein. Zwar gibt es einen Weg zurück bzw. hinaus aus der Angst – aber der ist anspruchsvoll und langwierig und bedarf nicht selten der Unterstützung durch Fachpersonen. Wie sich Jugendliche entwickeln, ist wesentlich in uns Erwachsenen begründet. In unserer Haltung, in unserem Handeln, in unseren Wertschätzungen, in unserer Unvoreingenommenheit und in unserer Wahrhaftigkeit. Lassen wir eine ehemalige Schülerin sprechen, die auf die Oberstufe zurückschaut: «Es war stärkend für mich, dass die Lehrperson jeden Morgen dastand, mich freudig erwartete und begrüsste, sich für mich interessierte und jederzeit für mich und meine Anliegen da war.»

Fordern und Fördern

Die Jugendlichen sind heute vielfältig gefordert. Nicht nur in der Schule, sondern auch im gesellschaftlichen und oft auch im familiären Umfeld. Die heutigen Lebensbedingungen sind um einiges hektischer, unverlässlicher und fliessender geworden als noch vor wenigen Jahrzehnten. Die Welt steht für die jungen Menschen offener denn je –aber vermögen sie damit umzugehen? Schauen wir uns die «Gegenseite» an: Die Erwachsenen haben schon immer Mühe gehabt, mit der Art der Jugendlichen zurechtzukommen. Auch in früheren Hochkulturen finden sich Wehklagen über die Jugend – diese Stigmatisierung zieht sich wie ein Faden durch die Weltgeschichte. Es stellt sich die Frage: Fordern wir die Jugendlichen richtig – so, dass sie gehört, in ihren Bedürfnissen erkannt und von ihren Zweifeln und Fragen erlöst werden?

Fordern und Fördern gehören zusammen. Stimmt die Forderung, dann wird sie zur Förderung. Es liegt also an uns, im Alltag, im Unterricht die richtigen Forderungen zu stellen. Die einen Jugendlichen sind dann richtig gefordert, wenn sie sich an einem Klassengespräch

aktiv beteiligen dürfen. Andere wiederum, wenn sie den Wendungen und Richtungen eines Gespräches still für sich folgen dürfen. Für die einen ist ein Vortrag eine Förderung, für die anderen eine Überforderung. Oft wirkt es Wunder, wenn man das Setting einer Handlung anpasst: Der Vortrag wird nicht vor der Klasse, sondern nur vor einer Gruppe vertrauter SchülerInnen gehalten. Andererseits kann man auch mal den Mut herausfordern: «Wer möchte an der nächsten Oberstufenfeier die Moderation übernehmen? Man muss nicht, aber man darf!» Es gibt unzählige Möglichkeiten, Unterrichtsformen so zu variieren, so dass mal eine Forderung, mal eine Förderung daraus erwächst. Fordern wir die jungen Menschen richtig, so wie es ihnen zusteht oder in ihnen angelegt ist, dann sind sie zu grossen Taten fähig. Dies gilt es als Erziehende zu entdecken und zu ermöglichen. Wir sind ja eben nicht Erziehende, sondern Ermöglichende.

Begleiten, Freilassen und Empfangen Zahlreiche Unterrichtsformen erlauben es an unserer Schule, dieses Spiel von Begleiten, Einführen, dann Freilassen,

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Loslassen und wiederum Empfangen, Begleiten zu gestalten. Kleine Forschungsaufträge im Unterricht und ausserhalb der Schule, Gespräche mit fremden Menschen im Unterricht oder extern in deren Wirkungskreis oder eben Auftritte vor Menschen im Rahmen von Gesprächs- oder Anlass-Moderationen beleben den Schulalltag und somit die Entwicklung des jugendlichen Menschen in seiner Gesamtheit. Dazu kommen folgende, grössere Formate:

· Die Schnupperwoche im Frühjahr der 7. Klasse: Ohne direkte BerufswahlAbsichten schnuppern die SchülerInnen in einem oder mehreren Betrieben des Arbeitslebens und lernen sowohl sich selbst als auch die Arbeitswelt besser kennen. Gut vorbereitet, begleitet in Form eines Besuches der Lehrperson im Betrieb und zuletzt wieder in der Schule empfangen mit einem gemeinsamen Evaluationsund Abschlusstag wird diese Woche zu einem wertvollen Erlebnis im Startjahr der Oberstufe.

· Das 8. Klass-Theater-Spiel, das tiefgreifend in den Unterrichtsplan eingreift und Mitte März zur Aufführung gelangt, ist ein Musterbeispiel für diese Form des Schaffens. Auf der Bühne findet dieser Dreischritt in wunderbarster Weise statt: Gemeinsam (begleitet) wird das Stück erarbeitet und geprobt, dem Publikum ausgesetzt steht man auf der Bühne – auch mal ganz allein –, und am Schluss wird man durch den Applaus wieder zurück im gewohnten Umfeld empfangen. In kleiner Form findet dies auch an den Quartalsfeiern statt, bei denen jeweils alle Klassen kleine Darbietungen auf der Bühne präsentieren.

Die Schnupperwoche im Frühjahr der 8. Klasse: Diesmal geht es zielgerichtet um mögliche Berufswünsche und bei einigen Jugendlichen jeweils konkret darum, die richtige Lehrstelle finden zu können.

· Das Umweltlager in der 9. Klasse: Zusammen mit Forstprofis geht es in den Bergwald. Wie in einem Lehrbetrieb führt nun die Berufsfachperson während der Arbeitszeiten den Unterricht und leitet die Jugendlichen

an, wie man Bäume fällt, entastet, Weiden räumt und Trockenmauern baut. Die Lehrpersonen sind zwar mit von der Partie, haben aber ihre Schützlinge den Profis überlassen und nehmen sie nach der Arbeit wieder in ihre Obhut.

· In den Klassenlagern der 7. und 8. Klasse stehen gemeinschaftliche, heimatkundliche und künstlerische Themen im Vordergrund. Auch hier lässt sich der erwähnte Dreischritt trefflich üben. Selbstständige Erkundungsgänge in die unbekannte Landschaft, eine Wanderung in die Nacht hinein, das Arbeiten bei benachbarten Bauernhöfen, das Kochen für die Klassengemeinschaft – hier kann Vertrauen im kleinen Rahmen wachsen.

· Das Landwirtschaftspraktikum in der 9. Klasse: Die SchülerInnen gliedern sich in die Gemeinschaft eines landwirtschaftlichen Betriebes ein und müssen sich einerseits als Individualität behaupten, anderseits sich als Betriebsmitarbeitende in die Arbeit einfügen. Ein Besuch der Lehrperson auf dem Hof erinnert dabei daran, dass die Jugendlichen nach wie vor (fern-)begleitet sind.

Dazu kommen noch etliche kleinere Möglichkeiten, sich im (Selbst-)Vertrauen üben und darin bestätigen zu können. An den Quartalsfeiern, am Bazar, bei weiteren Anlässen – immer wieder gibt es die Gelegenheit, helfend und in Eigenverantwortung handelnd tätig mitzugestalten und mitzubestimmen.

Das Schöne und das Biest

Das Biest namens Angst will umgewandelt werden in Schönes, in Vertrauen. Lässt sich das Erkenntnisdenken trefflich in den kognitiven Fächern (und im Sozialpädagogischen!) üben, so bietet das künstlerische Tun eine weitere, die Seele erfüllende Heimat an. Werken, Handarbeit, Bildnerisches Gestalten, Musik und Eurythmie erwecken durch das Erörtern, Erwägen, Üben und Tun sowohl die Sehnsucht als auch das Verständnis für das Schöne in der Welt – und damit für das Schöne im Menschen. Wer das Schöne in sich hütet, wird gestärkt nach aussen treten können.

Rudolf Steiner hat uns Lehrpersonen und Eltern als «Erziehungskünstler» bezeichnet. Ich wünsche uns allen darum viel Erfolg, Freude, Gelassenheit, Liebe und – was hier noch nicht erwähnt wurde – Humor bei der Ausübung unserer Kunst: Tragen wir diesen grandiosen Wesen Sorge!

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Rudolf Steiner Schule Zürich

Aktuelles vom Seminar der Atelierschule und der Rudolf Steiner Schule Zürich: Ausschreibung für den ersten Seminarkurs

Text: Jean-Claude Baudet (Mitglied der Seminarleitung)

Das «Seminar für anthroposophische Jugendpädagogik –Seminar Atelierschule», das an unserem Standort Plattenstrasse angesiedelt ist und im September 2022 mit einer Eröffnungstagung zum Thema «Willenserziehung» offiziell den Betrieb aufgenommen hat, befindet sich nun in einer wichtigen Phase. Geht es im aktuellen Schuljahr darum, verschiedene Weiterbildungsveranstaltungen zu organisieren, soll im nächsten Schuljahr der eigentliche Seminarbetrieb mit dem ersten Seminar-Jahrgang anlaufen.

Die Ausschreibung für diesen Pionierkurs ist erfolgt, liegt auf den Sekretariaten der Atelierschule sowie der Rudolf Steiner Schule Zürich auf und ist auf der Website www.atelierschule.ch/ seminar/seminar-atelierschule verfügbar. Auf der Website, die demnächst eine eigenständige Adresse erhalten soll, kann man sich auch über unsere Veranstaltungen informieren, das Magazin mit aktuellen Gedanken zur (Weiter-)Bildung und zur Steiner-Pädagogik lesen sowie im Newsletter Aktualitäten rund um das Seminar und die Pädagogik erfahren.

Zu den Veranstaltungen sind jeweils alle Menschen eingeladen, die sich für unsere Pädagogik interessieren und sich darin vertiefen möchten. Im aktuellen Schuljahr widmen wir uns dem Willen; im nächsten Schuljahr ist geplant, dass wir uns dem Seelischen zuwenden.

Der Seminarkurs, der im September 23 beginnt, richtet sich an angehende und aktive PädagogInnen an den Sekundar-

stufen 1 und 2, die eine innere Motivation, eine innere Fragestellung mitbringen, die sie vertieft bearbeiten und beantworten möchten. Das Seminar versteht sich nicht als belehrend, auch wenn diese Bildungsform natürlich nicht vollständig verbannt sein wird und kann, sondern als begleitend, fördernd und impulsierend. Menschen, die in schulischen Feldern mit Jugendlichen arbeiten und sich für unsere Weiterbildung interessieren, sind herzlich eingeladen, sich bei der Seminarleitung zu melden. Im direkten Gespräch werden wir dann erörtern können, ob und in welcher Form unser Angebot mit den Bedürfnissen der Anfragenden übereinstimmen kann.

Auch für weitere Impulse und Fragestellungen zur Erarbeitung der anthroposophischen Pädagogik – ausserhalb von Veranstaltungen und Seminarkurs – sind wir gerne Gesprächspartner. Melden Sie sich doch direkt beim Schreibenden unter:

jcbaudet@steinerschule-zuerich.ch

dem Schulleben
Aus
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Aus dem Schulleben Berichte aus dem Landwirtschaftspraktikum

Text: Charlotte Eschmann

Der Gedanke an das Landwirtschaftspraktikum hat mich schon ein, zwei Jahre, bevor es tatsächlich losging, gestresst. Ich machte mir ziemliche Gedanken, ob die Familie, die mich aufnimmt, nett sein wird, ob ich überhaupt fähig sein werde, alle Arbeiten wie gewünscht zu erledigen, ob ich dort allzu starkes Heimweh haben werde oder ob mich die Familie schlicht und einfach gar nicht mögen würde. Zusätzlich hat meine ältere Schwester nicht die allerbesten Erfahrungen mit ihrem Praktikum gemacht, was mich nicht gerade beruhigte!

Szenarien aus und schmiedete insge heim schon Pläne, wie ich am besten unauffällig in einer Nacht-und-NebelAktion vom Hof verschwinden könnte.

Doch schliesslich kamen wir auf dem Hof an und wurden von der sehr freundlichen Bäuerin herzlich begrüsst. Sie lud meine Eltern und mich ins Haus zu einem kleinen Zvieri ein. Dort lernte ich auch ihre beiden kleinen Jungs, den Bauern und eine weitere Praktikantin kennen, die zurzeit dort wohnte – sie alle erfüllten meine schrecklichen Erwartungen keineswegs! Alle waren äusserst nett und hiessen mich sehr herz-

Mein «Zimmer» war ein kleiner Wohn wagen, der etwas abseits vom Hauptgebäude stand und den ich ganz für mich allein hatte, was ich sehr genoss. Dann verabschiedete ich mich (durchaus ein winziges bisschen widerwillig) von meinen Eltern, und so begannen die drei Wochen auf dem Hof der Familie Torri.

Die Zeit dort war ab und zu ziemlich anstrengend, und ich will gar nicht sagen, dass ich dort gar nie mein eigenes, ruhiges Zimmer in Zürich und meine Familie vermisst habe, doch alles in allem war es echt ein schönes Erlebnis

und ich bin froh, es tatsächlich gemacht zu haben. Mit den beiden Jungs habe ich viel Eisenbahn gespielt, dem Bauern habe ich auf dem Feld und bei den Schafen geholfen, die Bäuerin konnte ich im Haushalt unterstützen, und mit der anderen Praktikantin habe ich ab und zu abends am Esstisch gesessen und bei einem warmen Tee noch etwas geplaudert. Das war alles echt nett, und ich war am Ende sogar ziemlich traurig, als es wieder nach Hause ging, auch wenn ich mich natürlich wieder auf Zuhause gefreut habe. Ich denke, dass ich mit meiner Bauernfamilie echt Glück hatte. Herzlichen Dank an Frau Killer fürs Aussuchen! Es gibt ja auch Leute, die in ihrem Landwirtschaftspraktikum ganz anderes erlebt haben. Also bin ich sehr dankbar, dass ich zu dieser tollen Familie eingeteilt wurde!

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Rudolf Steiner Schule Zürich

Das Landwirtschaftspraktikum ist nun rund zehn Jahre her. Ich absolvierte es auf einem Bauernhof im Thurgau.

Text: Franzikus Jaklin

Eindrucksvoll fand ich, wie schnell sich der Städter an die Tiere und die Tiere an den Städter gewöhnen. Sehr schnell hatte ich einen selbstverständlichen Umgang mit Kühen, den ich jeden Morgen den Hinterleib säuberte, die ich fütterte und von Weide zu Weide trieb. Auch mit den Hühnern konnte ich auf Anhieb – obwohl ich früh abends immer deren Eier stahl.

Ebenso erstaunlich ist allerdings, wie schnell der Städter wieder zum Städter wird und den grossen Abstand zu den Tieren wiederherstellt. Wenn mir heute die Kühe durch ihre Grösse und Schreckhaftigkeit Respekt einflössen, kann ich mir kaum vorstellen, diese unsicheren

Giganten als halbwüchsiger Junge ohne Weiteres von der einen Weide zur anderen Weide getrieben zu haben. Auch lärmende und flatternde Hühner würde ich heute nicht ohne Überwindung in den Arm nehmen.

Das Praktikum war kurzweilig und ohne hilfloses Danebenstehen. Prägend aber war es, da es mir gezeigt hat, wie schnell sich der persönliche Umgang mit der Umwelt verändert – in alle Richtungen.

Der Zürcher Faustbecher aus Sterling Silber 925, von Hand gehämmert in unserer eigenen Werkstatt mit einem ziselierten Symbol im Boden:

Spitzbarth Juwelier | Neumarkt 8 | 8001 Zürich | 044 340 00 08
Sonne Entstehung Mond Hoffnung Feuer Energie Spirale Leben
www.spitzbarth.com
Meine Erinnerungen sind somit bereits nicht mehr jung, geblieben aber ist mir, dass dieses das prägendste und interessanteste Praktikum in meiner Schulzeit war.
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Aus dem Schulleben

Die Ackerbauepoche der 3. Klasse

Text: Anna Schmid (Klasslehrerin der 3. Klasse)

Zu den Lehrplanthemen einer 3. Klasse gehören Hausbau- und Ackerbauepochen. Im 11. Vortrag der Allgemeinen Menschenkunde von Rudolf Steiner stehen viele Empfehlungen und Begründungen, warum eine Ackerbauepoche ausgerechnet in einer 3. Klasse stattfinden soll. Neben der Wichtigkeit des Zeitpunktes, wenn die Kinder der Klasse in den Rubikon eintreten, wurde Folgendes geschrieben:

«Ein Kind, das mit der Sichel Gras abgeschnitten, mit der Sense Gras abgemäht hat, das mit einem kleinen Pflug Furchen gezogen hat, wird ein anderer Mensch als ein Kind, welches das nicht getan hat. Das Seelische wird dadurch einfach etwas anderes.»

Rudolf Steiner, GA 294, «Erziehungskunst, Methodisch-Didaktisches», 11. Vortrag (Steiner 2013 [1919]): 226)

Unsere Ackerbauepoche begann, als die Klasse aus dem Alten Testament über die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies erfahren hat. Also befassten wir uns auch mit der Erde, auf der sich Adam und Eva zuerst zurechtfinden mussten, um sie dann mit Freude zu ergreifen, indem sie einen richtigen Acker bestellten. Im Klassenzimmer erfuhren die Kinder vom Leben der ersten Menschen, über die ersten Häuser und den Acker. Es wurden diverse Bodenarten angeschaut, gerochen und von einigen Kindern sogar probiert. Auf dem Feld lernte die Klasse kennen, was es eigentlich bedeutet, den Boden für die Aussaat vorzubereitet. Dafür musste man zuerst das ganze Gras und das Unkraut vom Feld, die sogenannte Grasnarbe, entfernen. Es war keine einfache Aufgabe! Einige Kinder waren beeindruckt vor dem, was die Menschen früher alles per Hand mit Werkzeugen oder ohne erledigen mussten. Die meisten Kinder waren froh, dass sie nicht in der damaligen Zeit gelebt haben!

Es wurde viel gearbeitet, es war körperlich anstrengend, aber die sofort sichtbaren Ergebnisse freuten die Klasse und

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motivierte sie, dranzubleiben. Sie merkten schnell, dass es auch eine zeitintensive Arbeit ist und obwohl sie sich viel Mühe gaben, das Gras von unserem Acker zu entfernen, wuchs es schneller nach, als es ihnen lieb war. Da sie den Schulgarten nur einmal pro Woche am Waldtag besuchen konnten, kam die Klasse nur langsam voran. Dazu kamen noch einige Regentage in die Quere, und die Weiterarbeit verzögerte sich. Der Klasse erging es also wie den richtigen Bauern. Im Schulzimmer wurde in der Zwischenzeit von den sieben Getreidearten Weizen, Roggen, Gerste, Hirse, Reis, Mais und Hafer erzählt. Alle bekamen die Körner in die Hand und durften sie betasten, betrachten und sortieren.

Erst nach den Herbstferien ging es mit der Feldarbeit weiter, der Acker war aber wieder ganz grün. Wir strengten uns an, das Unkraut wurde entfernt und am Schluss konnte die erste Furche mit dem Pflug gezogen werden. Zum Glück hatten wir immer so engagierte Eltern als Begleiter dabei und konnten richtig vorwärtskommen. Eine Hälfte der Klasse durfte in die Rolle eines Zugpferdes schlüpfen und die Kinder spürten, wie stark ein Pferd sein muss, um den Pflug zu ziehen. Das war aber viel schwieriger, als alle gedacht hatten. Beim Pflügen wird also Pferdestärke gebraucht! Danach kam auch die zweite Hälfte der Klasse dran. Auch sie jauchzte und schwitzte vor Anstrengung! Alle Kinder durften auch selbst

mal den Pflug führen, was nicht weniger Körpereinsatz benötigte als das Ziehen. Nun ist für alle klar geworden, dass es die Bauern nicht so einfach hatten. Völlig verschwitzt, etwas müde, aber mit Freude erfüllt schauten wir den gepflügten Acker an und begannen, mit den Hacken und Harken das Feld zu eggen, um die groben Schollen wenigstens etwas zu zerkleinern. Dann zog jedes Kind eine Furche mit dem Handpflug und alle bereiteten sich innerlich auf die lang ersehnte Aussaat vor. Richtig feierlich im Takt des im Chor gesprochenen Säer-Spruches konnte jedes Kind in seine Furche etwas Korn hinein säen.

Bemesst den Schritt!

Bemesst den Schwung!

Die Erde bleibt noch lange jung! Dort fällt ein Korn, das stirbt und ruht. Die Ruh ist süß. Es hat es gut. Hier eins das durch die Scholle bricht. Es hat es gut. Süß ist das Licht. Und keines fällt aus dieser Welt Und jedes fällt wie’s Gott gefällt. Conrad Ferdinand Meyer

Es war ein Segen, dass uns an diesem Tag ein Schulvater begleitete, der selbst ein Bauer ist. Ohne seine Hilfe wäre es kaum möglich gewesen, alle diese Arbeitsschritte zu erledigen und den Winterroggen auszusäen. Er hat uns fachmännisch und auch tatkräftig unterstützt. Danke! Mit lächelnden Gesichtern und einer innerlichen Vorfreude verabschiedete sich die Klasse von ihrem Acker. So viel Anstrengung, Freude und Schweiss verspürt man nicht jeden Tag; es war ein einmaliges Erlebnis! Wir hatten unsere Arbeit erledigt – und ab jetzt waren andere Kräfte für das Wachstum zuständig: Erde, Wasser, Luft und Licht, Sonne, Wind, Regen, Frost und Schnee. So schön zu wissen, dass wir mächtige Helfer haben!

Bereits nach fünf Wochen bekamen wir von einem anderen Schulvater ein Foto unseres schneebedeckten Ackers, auf dem bereits die Roggenreihen sichtbar waren. Unsere Bemühungen waren also nicht vergebens und nach den Sport-

ferien besuchten wir mit der Klasse unser Feld, um mit eigenen Augen nach dem Roggen zu schauen. Da wir bereits eine Rechenepoche hatten, nahmen wir einen Meter mit, um zu messen, wie gross die Sprossen sind. Stolze zehn Zentimeter wurden gemessen. In der nächsten Zeit gehen wir wieder in den Schulgarten und können ein wenig für unseren Winterroggen tun, indem wir Unkraut jäten und so den zarten Halmen zu Luft und Licht verhelfen. Vielleicht werden wir auch noch die Roggenhalme nach einer alten Methode walzen, um sie zu knicken und dadurch zu verstärken. Bis zur Ernte ist noch lange, aber bei jedem weiteren Schritt erleben die Kinder sehr Vieles und freuen sich jetzt schon, das süsseste Brot der Welt zu probieren!

«Und wenn man gar könne kleine Pflüge machen und die Kinder im Schulgarten ackern lassen, wenn man sie könnte mit kleinen Sicheln mähen lassen oder mit kleinen Sensen schneiden lassen, so würde man eine gute Verbindung zum Leben herstellen. Denn wichtiger als die Geschicklichkeit ist die seelische Verbindung zwischen dem Leben des Kindes und dem Leben in der Welt.»

Rudolf Steiner, GA 294, «Erziehungskunst, Methodisch-Didaktisches», 11. Vortrag

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Kunst und Gefühl = Kunstgefühl!

Was löst die Kunstbetrachtung im Jugendlichen aus?

Text: Sibylle Rohdich (Fachlehrerin für Deutsch und Kunstgeschichte)

Wenn sich die 9. Klasse im Kunstgeschichtsunterricht bzw. im Bildnerischen Gestalten mit Werken grosser KünstlerInnen beschäftigt, zeigt sich in den Äusserungen der Jugendlichen immer wieder, wie sehr ihre Gefühle dabei angesprochen werden. Die Kunstbetrachtung ist ein wunderbares Feld, um sich darin zu üben, die eigenen Gefühle zu beschreiben. Dabei hilft es sehr, dass sich die jungen Menschen einem Gegenstand anzunähern versuchen, der ausserhalb ihres Alltages und ihrer Lebenserfahrungen steht. Sie können sich öffnen, ohne das Gefühl zu haben, zu viel über sich preiszugeben. Und doch hilft die Kommunikation über Kunst dabei, sich der eigenen Gefühle bewusst zu werden und diese in Worte zu fassen. Die jetzige 9. Klasse hat im Kunstgeschichtsunterricht Pipilotti Rists Installation «Pixelwald» im Kunsthaus Zürich besucht. Was dieses Kunstwerk in den Jugendlichen ausgelöst hat, zeigen die folgenden Beschreibungen zweier SchülerInnen.

«Ich habe als mein Kunstprojekt den ‹Pixelwald› von Pipilotti Rist ausgewählt. Es ist eine Installation mit 3'000 LEDs, die in einem Ausstellungsraum des neuen Kunsthauses an Lianen nachempfundenen Kabeln hängen. Die LED-Festkörper sind in einem Kokon aus thermoplastischem Kunststoff und werden mittels Videosignals individuell gesteuert. Über 2'300 Platinenkabel verschiedener Längen kommen zum Einsatz.

Ich finde den Pixelwald sehr schön. Damit die Emotionen aufgenommen werden können, sollte man sich mindestens 15 Minuten im Raum aufhalten. Es ist ein ziemlich grosser, dunkler Raum. Ein Weg führt durch die Lichter, die passend zu den Geräuschen und der Musik in verschiedenen Farben aufleuchten. Diese Lichter lösen in mir Geborgenheit, Ruhe, aber auch Melancholie aus. Die Stimmung im Raum macht mich auch nachdenklich.»

Aus dem Schulleben
Liv, 9. Klasse
«Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele»
– Pablo Picasso
30 Rudolf Steiner Schule Zürich
Installation «Pixelwald» von Pipilotti Rist © Pipilotti Rist, Courtesy the artist, Hauser & Wirth and Luhring Augustine / 2023, ProLitteris, Zurich. Foto: Kunsthaus Zürich, Franca Candrian

«Man kommt in einen geschlossenen Raum voller von der Decke herabhängender Kristallmuscheln, die in verschiedenen Farben leuchten. Der Raum hat schwarze Wände und einen schwarzen Boden, der glänzt und so die herabhängenden Lichter reflektiert. Von der Decke hängen 332 Plastikschnüre, an denen zwischen fünf und zwölf Plastikperlen hängen, die ein kleines Licht in sich haben, welches in verschiedenen Farben leuchtet. Dazu gibt es Musik oder Geräusche. Die Lichter wechseln immer wieder – passend zur Musik – die Farbe. Wenn ich in diesem Raum sitze, fällt es mir leicht, über schwere Dinge nachzudenken oder eben auch gar nicht zu denken. Ich kann hier sitzen, mich in den Lichtern und der Musik verlieren und einfach geniessen. In dem Raum, in der Installation fühle ich mich sehr wohl, sodass ich eine längere Zeit verweilen kann. Meiner Meinung nach ist es gesund, diesen Raum zu besuchen, wenn man vor vielen Problemen steht, Depressionen oder Traumata hat. Die Installation kann einem helfen, zu entspannen und Auswege zu finden.»

Die Jugendlichen sprechen den meditativen Charakter des Kunstwerkes an und das Verlieren in der Betrachtung. Insoweit lässt sich das Zitat Picassos, dass Kunst «den Staub des Alltags von der Seele wäscht» mit ihren Aussagen bestätigen.

Zwei Künste zu kombinieren, die auf verschiedenste Weise Gefühle ansprechen und zum Nachdenken anregen, war ein weiterer Schritt der Kunstbetrachtung. Die Jugendlichen sollten ein Elfchen – eine Gedichtform mit einer strengen Form – zu einem Gemälde schreiben. Caspar David Friedrichs Gemälde «Eismeer» bot sich mit der Darstellung einer erhabenen Natur besonders an.

Die Verdichtung durch die Form des Elfchens reduziert die Kunstbetrachtung auf die Konkretisierung eines Gefühles. In wenige Worte zu fassen, welche Empfindungen ein Kunstwerk auslöst, wirkt sich auch auf das Sprechen über Gefühle, auch unangenehme, aus.

Zwei der entstandenen Elfchen zeigen sehr schön den Eindruck des Gemäldes, der so wieder zu einem Ausdruck in einem neuen Kunstwerk wird.

Eisbrocken

Krachend aufbrechend

Im eiskalten Nebelmorgen

Glitzernd den Holznachen schlingend Ehrfurcht

Merlin, 9. Klasse

Eismeer

Kälte verströmen

Auf der Welt

Es vernichtet die Lebenden

Tod

Luisa, 9. Klasse

Mael, 9. Klasse
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«Eismeer» von Caspar David Friedrich

Aus dem Schulleben

Ein Ferienprojekt für Kinder aus der Ukraine

Text: Natalia Vakulenko

(Lehrerin an der Rudolf Steiner Schule Kiew & Mutter von Laura, 8. Klasse Rudolf Steiner Schule Zürich)

Die Idee eines Treffens mit den Kindern aus unserer Klasse war da, sobald wir uns nach dem Schock vom Ausbruch des Krieges ein wenig erholt und zurecht gefunden haben. Vieles hat sich in unseren Leben seitdem ereignet (sowohl Gutes als auch weniger Gutes), viele neue Eindrücke, Erlebnisse und zwischenmenschliche Begegnungen. Unsere Kinder hatten den Wunsch, diese Erlebnisse miteinander zu teilen. Sie hatten Sehnsucht nach ihrem Zuhause, nach ihren Klassenkameraden, mit denen sie acht Schuljahre gemeinsam verbracht hatten. «Wie kann man das ermöglichen?» – stellte sich die Frage. Unsere SchülerInnen waren zerstreut in vielen europäischen Ländern: Norwegen, Polen, Dänemark, Grossbritannien, Schweiz und Deutschland. Eine Familie aus unserer Klasse lebte im Exil in den USA. Und einige unserer SchülerInnen befinden sich immer noch in der Ukraine. Es war keine Lösung in Sicht …

Im Herbst fing Russland an, auch Wohnhäuser und Infrastruktur in der Ukraine zu bombardieren. In unserer Heimat wurde die Lage kritisch. Die Kinder, die in Kiew geblieben sind, lebten in ständiger Gefahr; jeden Tag dröhnte der Alarm, der vor Luftangriffen warnte und aufforderte, sich in die Luftschutzbunker zu begeben. Nach den Angriffen fiel regelmässig für einige Tage der Strom aus, das fliessende Wasser, die Heizung in den Häusern. Die ukrainischen Schulen waren gezwungen, die Kinder vom Unterricht zu entlassen – in die ungewünschten «Ferien» auf unbestimmte Zeit. Ich und meine Freunde fingen an, Möglichkeiten zu suchen, diese Kinder für eine Auszeit aus der Ukraine zu befördern. Nun für uns, die selbst im Ausland als Flüchtlinge leben, stellte das eine grosse Herausforderung dar. Allein für die Bahntickets für die Kinder aus Kiew benötigten wir 3’000 Euro. Dazu mussten wir für sie eine Unterkunft und Verpflegung anbieten und eine Freizeitbeschäftigung organisieren. Das Bewusstsein, diese Aufgabe

nicht erfüllen zu können, raubte uns die letzten Kräfte. Ich war verzweifelt!

Eines Tages erhielt ich einen Anruf von einer meiner SchülerInnen: «Es gibt einen Menschen, der uns helfen will!» So lernte ich Gisela Thriemer kennen, Mitglied einer Christlichen Gemeinde in der deutschen Stadt Darmstadt. Diese spannende Persönlichkeit, die über eine unglaubliche Energie verfügt, half uns, finanzielle Mittel für die Reisekosten zu generieren, fand Familien, die bereit waren, Unterkünfte für die Kinder anzubieten, schlug verschiedene Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für die Kinder vor und bat dafür die Räumlichkeiten der Christlichen Gemeinde an. Zwei Familien aus unserer Schule beteiligten sich an der Spendensammlung. Vielen Dank an Frau Purainer und die Familie Keller, Eltern in der 8. Klasse, die meine Tochter Laura besucht.

Auch die Schülerinnen und Schüler unserer Klasse, die aktuell in verschiedenen Ländern Europas leben, sind

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nach Darmstadt gekommen. Insgesamt waren es 25 Kinder. Es fühlte sich so an, als ob wir eine Zeitreise in unsere glückliche Vergangenheit gemacht hätten; in diese Zeit, in der es noch keinen Krieg gab und sich die Klasse auf das 8.-Klassspiel vorbereitete, so wie das jetzt Lauras Klasse in Zürich tut. Unsere SchülerInnen haben zusammen die Mahlzeiten gekocht, die Räumlichkeiten eingerichtet und von ihren Erlebnissen erzählt.

Zehn Tage – ist das viel oder wenig?

Zehn Tage ohne Krieg, umgeben von Freunden – das ist ein grosses Geschenk! Gisela organisierte für die Kinder einen Ausflug nach Frankfurt, in die Ausstellung der Bilder von Marc Chagall. Wir konnten die Oper «Don Juan» im Frankfurter Opernhaus erleben und konnten sogar in der Pause ein Gespräch mit dem Regisseur führen. Wir haben erfahren, dass der Regisseur selbst ein Schüler einer Rudolf Steiner Schule war. Wir haben ausserdem einen Biobauernhof besucht, durften den dort hergestellten Käse degustieren und nach Herzenslust auf dem Heu hüpfen. Wir haben einmal in einem lokalen Fischrestaurant zu Abend gegessen, wo wir herzlich vom Wirt empfangen wurden.

Wir haben Tänze gelernt, Spiele gespielt und Freundschaften mit den Kindern aus der Schule in Darmstadt geknüpft. Wir konnten sogar in der Vorstellung der «Drei Könige» mitspielen, die die Kinder und Erwachsenen der Christlichen Gemeinde auf die Bühne gebracht haben. Natürlich hatten die Kinder auch Freizeit, in der sie auf eigene Faust die Stadt erkundeten. Aber sie haben vor allem zehn Tage keine Explosionen, keine Sirenen und keine Kriegsgeräusche gehört.

Um sich bei der Darmstädter Gemeinde zu bedanken, haben die Kinder einen «ukrainischen Abend» veranstaltet. Zusammen haben wir das Programm dieses Abends entworfen. Wir haben über die ukrainischen Weihnachtstraditionen erzählt, wie wir in der Ukraine das Neue Jahr begrüssen und andere Feste feiern. Wir haben ukrainische Lieder gesungen und Spiele gespielt. Zum Schluss haben wir traditionelle ukrainische Speisen serviert.

Zehn Tage sind schnell vergangen! Obwohl uns der Abschied schwerfiel, sind wir alle mit einem Lächeln im Gesicht und Glück in den Augen nach Hause gefahren. Mit genauso grossem Glücksgefühl verabschiedeten sich von uns

unsere Gastgeber, die von unserem Optimismus, unseren Traditionen und unserer Liebe zur Heimat beeindruckt waren. Wir sind allen, die sich an der Organisation dieses Projektes tatkräftig oder finanziell beteiligt haben, sehr dankbar. Zusammen haben wir ein kleines Weihnachtswunder erschaffen!

Zur Person: Natalia Vakulenko ist seit ihrer Flucht aus der Ukraine intensiv in Kontakt mit ihren SchülerInnen, gibt Online-Unterricht und versucht, Spenden für die Schule in Kiew zu generieren. Zugleich bemüht sie sich sehr, die Klassen-und Schulgemeinschaft von Zürich aus so gut es geht zu pflegen. Die im Artikel geschilderte Zusammenkunft in Darmstadt hat sie mitorganisiert.

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Rechnen mit den unteren Sinnen

Text: Birgit Purainer (Dipl. Sozialpädagogin, Waldorflehrerin, ausgebildet in integrativer Diagnostik und Lerntherapie)

Im Rechnen-Unterricht hören wir durchaus oft noch die Frage von den Kindern und Jugendlichen «Warum muss ich denn überhaupt Rechnen lernen?». Eine gute Frage, warum überhaupt? Heutzutage können wir doch problemlos mit Taschenrechnern oder anderen technischen Geräten einfache Rechnungen lösen, ohne unser Köpfchen anstrengen zu müssen. Warum also ist es so wichtig, dass wir Rechnen lernen? Machen Sie doch eine kurze Lesepause und überlegen sich spontan drei Argumente und lesen dann wieder weiter.

Na? Haben Sie für sich Antworten erhalten? Ich finde es ist auf Anhieb gar nicht so einfach, da es für uns alle ganz selbstverständlich war, Rechnen zu lernen und es wahrscheinlich gar nicht hinterfragen.

Durch das Rechnen erhalten wir Orientierung, können wir abmessen und vermessen, abwägen und prüfen, in Relation setzen und vergleichen. Das Rechnen hilft uns in alltagspraktischen Situationen, wie

zum Beispiel dem Einkaufen, Handeln, Kochen, Bauen etc. Kurzum: Es gibt uns Sicherheit im Hier und Jetzt. Es ist verlässlich und für alle gültig.

Nun lernen wir das Rechnen aber nicht einfach so im Schlaf, sondern es ist durchaus mühsam, benötigt viel Übung und setzt eine gewisse Reifung der Körpersinne voraus. Welche Sinne beim Lernen besonders wichtig sind und wie wir Kin-

Schulleben
Aus dem
«… weil dem Rechnen willentliches Sich-Bewegen zugrunde liegt, der Bewegungssinn. Wenn man den in dieser Weise in Wirksamkeit bringt, so wirkt man anfeuernd auf diese Fähigkeit.»
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Rudolf Steiner, Seminarbesprechungen und Lehrplanvorträge, achte Seminarbesprechung, 29. August 1919

dern helfen können, die Mühe mit dem Rechnen haben, möchte ich Ihnen in diesem Beitrag aufzeigen.

Die Grundlage zur Beantwortung dieser Frage finden wir in der Sinneslehre nach Rudolf Steiner:

Die 12 Sinne

Ich (-im Du) Sinn

Gedankensinn obere Sinne

Sprachsinn Sozialsinne

(Hin-) Hör Sinn

Wärmesinn

Sehsinn mittlere Sinne

Geschmackssinn Weltensinne

Geruchssinn

Gleichgewichtssinn

Eigenbewegungssinn untere Sinne

Lebenssinn Körpersinne

Tastsinn

Vor allem die vier unteren Sinne sind beim Rechnenlernen sehr wichtig. Wie ist das zu verstehen?

Der Tastsinn

Das Organ des Tastsinns ist die Haut. Hier spüren wir nicht nur die eigenen Grenzen, sondern auch die Grenzen des Gegenübers. Hier geschieht die Eigenwahrnehmung von Aussen und gleichzeitig die Anerkennung und Akzeptanz der Grenzen Anderer. Der Tastsinn ermöglicht eine gerichtete Aufmerksamkeit und die Wahrnehmung der Grenzen der MitschülerInnen. Auch für das Erkennen von Rollenverhältnissen und Beziehungsebenen bietet der Tastsinn die Grundlagen: Respekt zeigen und Beziehungsebenen annehmen. Durch einen gut ausgereiften Tastsinn kann ich beim Rechnen Einheiten bilden, Gruppen erkennen und bilden (z.B. 2er-, 3er-Gruppen etc.) sowie die 1:1-Zuordnung beim Zählen anwenden. Kinder mit einem nicht gut ausgereiften Tastsinn haben oft grosse Mühe, Rechnen zu lernen.

Der Lebenssinn

Das Organ des Lebenssinnes ist das vegetative Nervensystem. Er ist die Grundlage für das eigene Wohlbehagen und um grundlegende Bedürfnisse wie Schlafen, Essen, Wärme wahrnehmen zu können.

Der Lebenssinn ermöglicht die Eigenwahrnehmung von Innen. Er gibt Vertrauen in sich selbst, ermöglicht die Entwicklung von Prozessvertrauen und hilft uns, dass wir auch etwas aushalten und durchhalten können, wenn es uns gerade nicht so gut geht.

Beim Lernen erkennen wir einen gut ausgereiften Lebenssinn daran, dass Kinder gut üben und mit Veränderungen umgehen können; darüber hinaus können sie den Gedanken der Lehrpersonen und MitschülerInnen gut folgen und sie nachvollziehen.

Bezogen auf das Rechnen brauchen Kinder einen gut ausgereiften Lebenssinn, damit sie in den Arbeitsprozess einsteigen und Aufgaben anfangen können. Der Lebenssinn ist Grundlage dafür, dass sich Kinder in einer Aufgabe vertiefen und das Vertrauen entwickeln können, um Lösungen zu finden. Auch einschätzen zu können «Stimmt das überhaupt, was ich da rechne?», eine gewisse Flexibilität bei den Rechenwegen und auch die Fähigkeit, in einem anderen Setting (z.B. mit den Eltern) rechnen zu können, ist dem Lebenssinn angegliedert.

Wenn Kinder kein Wohlgefühl entwickeln können, entstehen Lernblockaden und Ängste, und das kann zu einem Gefühl der Verzweiflung führen.

Der Eigenbewegungssinn Das Organ des Eigenbewegungssinns sind die Muskelspindeln. Der Eigenbewegungs-

sinn reguliert unsere Kraftdosierung, Koordinationsfähigkeit und Körperspannung. Eine gute Körperspannung ist wichtig, um mitschwingen und richtig loslegen zu können. Ansonsten ist man immer zu früh oder zu spät, kommt nicht in den richtigen Rhythmus und hat oft ein nicht adäquates Tempo. Dies kann dazu führen, dass die Aufnahmefähigkeit darunter leidet. Besonders benötigen wir den Eigenbewegungssinn auch dafür, um Bewegungen innerlich nachzuvollziehen und den Ablauf der Bewegung koordinieren zu können.

Beim Rechnen wird der Eigenbewegungssinn für die Kraftdosierung benötigt. Wie wird der Stift gehalten, wie wird der Stift auf das Blatt aufgedrückt, kann das Kind eine sinnvolle Handlungsplanung durchführen (erst Heft holen, aufschlagen, Rechensteine parat legen, Stift nehmen etc.)? Kann das Kind einen gewissen Zeitrahmen stillsitzen? Ist es in der Lage, die Spur der Bewegung nachzuvollziehen, die Zahlen zu schreiben und gut von der Tafel abzuschreiben? All das sind Kompetenzen, die der Eigenbewegungssinn regelt.

Der Gleichgewichtssinn

Das Organ des Gleichgewichtssinns ist das Innenohr. Der Gleichgewichtssinn ermöglicht uns, Schwere und Leichte wahrzunehmen. Er setzt sich mit den Kräften im Raum auseinander (oben/unten/vorne/ hinten/rechts/links) und bildet die Voraussetzung, um Schwerkraft wahrzunehmen. Das «Ich» im Raum wird durch den Gleichgewichtssinn erlebbar.

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«Beim Ausdenken von Rechenaufgaben kann man Phantasie verwenden. Man kann Geistesgegenwart erzeugen durch Bewegungsaufgaben.»

Beim Rechnen ist der Gleichgewichtssinn die Basis dafür, Ordnung zu schaffen, schätzen und einschätzen zu können und das Gefühl für mehr oder weniger entwickeln zu können. Die Bildung einer Vorstellung des Zahlenraums ist meist mit einer Richtung verbunden, z.B. 22 folgt nach 21.

Oft neigen wir zur falschen Annahme, dass Kinder in jungen Lebensjahren, die gut zählen können, auch schon rechnen würden. Das ist aber meist nicht der Fall und eher eine Form der Nachahmung. Nur verständnisbasiertes Zählen ist die Grundlage für das Rechnen. Die Zahlenraumvorstellung sollte sich um das 7. Lebensjahr herum gebildet haben – also das Verständnis, dass 5 weniger ist als 8. In der heutigen Zeit haben Kinder häufig Spezialkompetenzen entwickelt, die aber nicht ins Verständnis gehen (zum Beispiel eine Digitaluhr zu lesen).

Die 2. Klass-Beobachtung

Die Steinerschulen in der Schweiz führen in den zweiten Klassen eine umfassende 2.-Klass-Beobachtung durch. Diese Beobachtung soll helfen, ein umfassenderes Bild von den Lernvoraussetzungen des einzelnen Kindes zu erhalten und frühzeitig Lernschwierigkeiten sowie den Reifegrad der unteren Sinne zu erkennen. Was beobachten wir genau? Die Kinder balancieren, werfen, hüpfen, zählen und laufen (vorwärts und rückwärts), klatschen und zählen, erhalten Übungen zur raschen Simultanerfassung oder 1:1-Zuordnung. Unter anderem werden die ordinale Zuordnung, pseudosimultane Anordnung und die vier Rechenoperationen beobachtet. Durch diese Beobachtungen erhalten wir

ein sehr genaues Bild zur Lernausgangslage des einzelnen Kindes.

Leider beobachten wir an unserer Schule in den letzten Jahren, dass viele Kinder weniger körperlich «reif» zur Schule kommen und Bewegungskompetenzen noch nicht ausgebildet sind, die früher selbstverständlich vorhanden waren. So sind gut ausgereifte untere Sinne beim Schuleintritt nicht immer gegeben und die Nachreifung derselbigen wird dadurch in der Unterstufe immer mehr zum notwendigen Lerninhalt. Das bestätigt auch die Wichtigkeit unseres Konzeptes des bewegten Klassenzimmers in der 1. Klasse.

Wie helfen wir aber nun Kindern, die eine Rechenschwäche haben und auch in der 2. Klass-Beobachtung Förderbedarf aufzeigen? Der Förderunterricht für Kinder mit Rechenschwäche findet meist im Einzelsetting statt, da jedes Kind einen individuellen Nachreifungsbedarf hat. Es wird am Anfang auf Grundlage der 2. Klass-Beobachtung oder bei älteren Kindern auf Grundlage der Prüfung der Rechenausgangslage ein Lernplan erstellt.

Übungen im Förderunterricht

In der Förderstunde sind Rituale und klare Abläufe besonders wichtig, denn diese vermitteln dem Kind Sicherheit und Wohlbehagen. Übungen zur Förderung des rhythmischen Empfindens, Ball-, Klatschund Hüpfspiele in Bezug zu den Zahlen sowie Übungen, bei denen wir zählend gehen, springen oder laufen, sowie die Förderung des Tastsinns mit Tasterlebnissen stehen am Anfang der Förderstunde. Daraufhin folgen Übungen zur Förderung der 1:1-Zuordnung, Schätz- und Messspiele,

29. August 1919

Übungen zur Unterscheidung von Gewichten und Grössen. Konkrete Rechenoperationen werden mit altersgemässen Rechengeschichten, in die die Kinder eintauchen und mitschwingen, mit allen Sinnen spürbar und verständlich gemacht. Ebenso sind Karten-Rechen-Spiele, Murmelspiele sowie Übungen zur Mengeninvarianz und zur ordinalen und kardinalen Zuordnung weitere Methoden im Förderunterricht. Die Wiederholung des bereits Erlernten und das stetige Üben schon verinnerlichter Rechenaufgaben gehören selbstverständlich dazu.

Die 3 Phasen im Förderunterricht Die 1. Phase ist die sogenannte Aufwärmphase, in der viele Bewegungs-, Koordinations- und Ballübungen zum Lernthema durchgeführt werden.

In der 2. Phase beginnt die eigentliche Arbeitsphase, in der wir von der Drei- zur Zweidimensionalität übergehen – also die Lerninhalte, die wir durch die Bewegung im Raum erarbeitet haben, auf das Papier oder die Tafel bringen. Hier gehen wir auch ins Abstraktere und durch mehrmalige Übung in die Automatisierung.

Die 3. Phase ist die Abschlussphase: Wir repetieren und reflektieren, was wir in der Stunde gemacht haben, formulieren Ziele für das Kind für die nächsten Stunden und haben im Idealfall noch Zeit für einen spielerischen Ausgang.

Dieser Beitrag bietet einen kleinen Einblick in meinen Förderunterricht. Wenn Sie sich intensiver mit dem Thema beschäftigen möchten, empfehle ich das Buch «Die Extrastunde» von Audrey McAllen.

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Rudolf Steiner Schule Zürich

Menschen an unserer Schule

Herzlich willkommen, lieber Matthias Lincke!

Die Aussicht, als Musiklehrer der 5. und 6. Klasse meine Begeisterung für die Musik an junge Menschen weiterzugeben, erfüllt mich mit grosser Freude. In meiner Arbeit mit eigenen Musikprojekten in den Bereichen Folk, Jazz und Neue Volksmusik gehe ich mit Offenheit und Experimentierfreude an traditionelle Musik heran. Inwiefern sich ähnliche Herangehensweisen mit meinen Klassen umsetzen und auf die klassische Orchesterarbeit übertragen lassen, interessiert mich besonders.

Ich wünsche mir, mit möglichst spontanen musikalischen Darbietungen zur

Stimmung und Sinnstiftung im Rahmen von festlichen Anlässen beizutragen.

Geboren in der Mozart-Stadt Salzburg kam ich als 7-Jähriger ins Appenzellerland. Nach meiner Schulzeit an der Rudolf Steiner Schule in St. Gallen besuchte ich das Lehrerseminar in Rorschach. Heute wohne ich mit meiner Familie in Zürich Wollishofen. Ich bin Vater zweier junger erwachsener Kinder und eines zehnjährigen Jungen.

Die Leidenschaft für die Musik entdeckte ich bereits in meiner Kindheit. Ab 1995 betätigte ich mich beruflich als

Geiger, Sänger, Multiinstrumentalist und Komponist in diversen Projekten. Seit 2010 bin ich vorwiegend mit meiner Geige unterwegs. Als «Geigenmann» vollziehe ich Rückbindungen an vergessene Traditionen und erfinde sie neu in der Kulturlandschaft von heute.

Seit der Aufnahme meiner Arbeit an der Schule haben sich bereits zahlreiche spannende Begegnungen mit Menschen von Klein bis Gross ergeben. Und ich bin guter Dinge, dass ich an diesem besonderen Ort viele junge Menschen in ihrer musikalischen Entwicklung unterstützen und inspirieren kann.

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Herzlich willkommen, lieber Shaul Dvir!

Aufgewachsen bin ich in Israel, wo mein Vater in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft tätig war und gemeinsam mit meiner Mutter eine sozialtherapeutisch-anthroposophisch orientierte Einrichtung in der Wüste mitbegründet hat. Meine erste Begegnung mit der Waldorf-Schule war in Irland, wo meine Eltern ihre Ausbildungen absolvierten und ich zwei Jahre die RudolfSteiner-Schule besuchen durfte. Nach meiner waldorfpädagogischen Ausbildung zum Sozialtherapeuten, Eurythmie-Lehrer und Heileurythmisten in Deutschland, Holland und der Schweiz nahm ich – zusammen mit meiner Frau – aktiv teil an der Begründung und Entwicklung von Waldorf-Kindergärten und einer Waldorf-Schule (1. bis 12. Klasse) – wieder in der Wüste im Süden

Israels; dort wirkte ich als Kindergärtner, Eurythmie-Lehrer und später auch als Klassenlehrer.

Während dieser Zeit war ich administrativ und organisatorisch zuständig für den Aufbau und die Weiterentwicklung dieses waldorfpädagogischen Projektes für die Region. Auf der Suche nach Menschen und Kreisen, in denen ich in der Eurythmie und Heileurythmie weiterhin wirksam tätig sein konnte, stiess ich zufällig auf eine freie Eurythmielehrer-Stelle an der Birseck-Schule in Aesch. Dort habe ich fünf Jahre lang in den Klassen 4 bis 12 unterrichtet. Davor hatte ich bereits ein PraktikumsJahr an der Steiner Schule Solothurn absolviert, während dem ich vom Kindergarten bis zur 12. Klasse in ver-

schiedenen Gruppen Eurythmie unterrichtete.

Zurzeit wohne ich in Dornach und bin Vater von drei Töchtern. In meiner Freizeit spiele ich Geige, arbeite gerne in Haus und Garten, befasse mich mit Anthroposophie und bilde mich in Eurythmie immer weiter. Seit Sommer 2022 unterrichte ich nun in der vierten und sechsten Klasse sowie in der gesamten Oberstufe Eurythmie an der Steiner Schule Zürich. Ich bemühe mich, die Schülerinnen und Schüler durch Bewegung seelisch mit der Welt zu verbinden. Das heisst, gegenwärtig, konzentriert und aus der Ruhe heraus die eigene soziale Umgebung regulierend im Austausch zu entwickeln.

Menschen an unserer Schule
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Steiner Schule Zürich

Text: Isabel Oertig & Birgit Purainer

Amalia und Philip!

Im Sommer 2020 kam Amalia Montero an unsere Schule. Sie arbeitete als Musiklehrerin hauptsächlich in der Mittelstufe und wirkte ebenso im Oberstufenchor mit. Aber auch in der Unterstufe traf man sie immer wieder an, wenn sie Vertretungsstunden übernahm oder bei einem musikalischen Projekt mitarbeitete. Solche gab es in der kurzen Zeit, in der sie bei uns an der Schule war, so einige! Da war zum Beispiel das Till Eulenspiegel Theater der damaligen 5. Klasse oder das wunderbare Zauberflötenprojekt der gesamten Schule im Herbst 2022, das sie tatkräftig unterstützte. Gerne erinnern wir uns im Kol-

legium an die Proben für die Zauberflöte, die Amalia so beherzt und fröhlich geleitet hat. Mit ihrer wunderschönen, klaren Stimme hat sie oft unsere Herzen erwärmt und uns zum Staunen gebracht.

Ihre offene und lebensfreudige Art wurde in der gesamten Schule sehr geschätzt. Nun widmet sich Amalia künstlerischen Projekten im Raum Basel, und wir blicken dankbar auf die gemeinsame Zeit und die fruchtende Zusammenarbeit mit ihr zurück. Liebe Amalia, wir wünschen dir auf deinem weiteren Weg alles Gute!

Bereits für sein Praktikum, das er im Rahmen seines Studiums an der AfaP in Dornach absolvieren musste, kam Philip Mohotti im Jahr 2010 an die Rudolf Steiner Schule in Zürich. Voller Tatendrang und mit vielen erfrischenden Ideen begann er nach seiner Ausbildung als Sportlehrer. Mit den SchülerInnen verstand er sich jeweils auf Anhieb – sein grosses Verständnis für die Jugend und ihre Bedürfnisse war immer spürbar und öffnete so schnell die Türen zu ihnen.

Spontan und offen für Neues, wie Philip schon immer war, war er nach nicht langer Zeit auch plötzlich nicht nur in den Turnhallen, sondern auch in den Klassenzimmern anzutreffen, wo er mehrere Klassenzüge durch die Oberstufe als Klassenbetreuer begleitete.

Nicht wegzudenken war Philip auch stets von jeglichen Lagern; egal ob in Klassenlagern aller Stufen oder auch in Musiklagern – Philip war immer als wertvolle Begleitperson dabei. Er be-

geisterte die SchülerInnen für morgendliche Fitnessaktivitäten und nachmittägliche Fussballmatches oder auch für einen erfrischenden Schwumm in einem Bergsee.

Philip setzte sich, wo auch immer möglich, für die SchülerInnen und die Schulgemeinschaft ein. Er wirkte in vielen Gruppen mit und war immer für ein anregendes Gespräch oder eine muntere Diskussionsrunde zu haben. Zudem sorgte er dafür, dass die SchülerInnen bei ihren Theatern oder bei den Quartalsfeiern nicht im Dunkeln auf der Bühne standen – sofern er nicht selbst in eine Rolle auf oder hinter der Bühne schlüpfte!

Philip hat sich im Herbst 2022 entschieden, nach neuen beruflichen Abenteuern und Herausforderungen zu suchen. Wir wünschen ihm für seine weitere Laufbahn viel Erfolg und alles Gute und danken ihm für sein langjähriges Mitwirken an unserer Schule. Lieber Philip, wir werden Dich vermissen!

Auf Wiedersehen,
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Innen und Aussen

Zwei tragende Säulen der Schulen

Text & Interview: Martin Frei (Präsident Stiftung für Stipendien und Kontaktstelle Fundraising ImmoRSS) & André Behr (Journalist)

Die Stiftung für Stipendien an Zürcher Rudolf Steiner Schulen sowie die Immobilienstiftung Rudolf Steiner Schulen Zürich gibt es seit zwanzig respektive zehn Jahren. Die eine sorgt sich um Menschen, die andere um Bauten. Beide sind für die Schulen gleich wichtig und brauchen Unterstützung.

Die Aufgabe der Stiftung für Stipendien an Zürcher Rudolf Steiner Schulen (StipendienRSS) ist, sicherzustellen, dass die Schulen nach Möglichkeit Interessierten aus allen sozialen Schichten offen stehen. Seit ihrer Gründung 2003 hat sie 510 Kinder und Jugendliche aus 349 Familien mit insgesamt 2,2 Mio. Franken unterstützt. Gegründet wurde sie vor zwanzig Jahren an der RSS Sihlau. Später kamen nacheinander die Atelierschule, die Schule Zürich und die Schule Winterthur dazu. Für jede Schule führt die Stiftung einen separaten Stipendienfonds. Zudem gibt es den Fonds «Stiftungsdach», dessen Mittel der Stiftungsrat auf die angeschlossenen Schulen verteilt. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Webseite: www.stipendienrss.ch

Geschäftsführer und Mitbegründer der Stiftung für Stipendien ist Markus Baumann. Martin Graf ist seit 2017 Präsident des Stiftungsrats der ImmoRSS. In den folgenden Gesprächen erläutern beide die Beweggründe für ihr Engagement. Markus Baumann arbeitet seit Jahrzehnten in verschiedenen Führungspositionen bei einer Schweizer Bank. Über viele Jahre war er Finanzvorstand im Trägerverein der Rudolf Steiner Schule Sihlau, für die er vor zwanzig Jahren den Stipendienfonds mitbegründet hat.

Herr Baumann, wie ist es zu Ihrem Engagement für die Steiner Schulen gekommen?

Weitere Informationen zur Immobilienstiftung finden Sie auf der Webseite: www.immorss.ch

Die Immobilienstiftung der Rudolf Steiner Schulen Zürich (ImmoRSS) wurde 2013 gegründet. Ihre Aufgaben sind die langfristige Sicherstellung der Raumbedürfnisse der Schulen sowie der sachgerechte Betrieb und Unterhalt der Schulgebäude. 2016/17 kam die Schule Winterthur dazu. Der Stiftungsrat setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Schulen sowie externen Baufachleuten zusammen.

Die ImmoRSS hat folgende Projekte für circa 20 Millionen Franken realisiert: Totalumbau Plattenstrasse 77 und 52 zum Atelierhaus respektive Laborhaus; Erneuerung Kindergarten Dolderstrasse; Neubau unterirdischer Bühnensaal mit vergrösserter Mensa sowie Erneuerung und Anbau der RSS Winterthur.

Meine Frau kannte die Steinerschule, und nach einem enttäuschenden Einstieg unserer älteren Tochter im Dorfkindergarten meldeten wir unsere Tochter für die Kindergartenphase in der Sihlau an. Wir haben dann sehr schnell die Art, wie den Kindern begegnet wird, schätzen gelernt. So war es dann auch gar keine Frage, dass sie nach dem Chindsgi an der Sihlau verblieb.

Wie haben Sie diese erste Zeit als Schuleltern in Erinnerung?

Der erste Elternabend war ein Desaster. Die Schule steckte in einer finanziell sehr schwierigen Phase. Weil ich beruflich mit Zahlen zu tun hatte, wurde ich angefragt, gemeinsam mit anderen Schuleltern mitzuhelfen, die Schule auf finanziell solide Beine zu stellen.

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Rudolf Steiner Schule Zürich

Was war der Grund für die Finanzprobleme?

Das Finanzierungsmodell, das auf Freiwilligkeit beruhte und während der Gründungs- und Pionierphase wunderbar passte, hat nicht mehr funktioniert. Es gab grosse Klassen und viele Familien, doch zu viele Eltern bezahlten wenig oder gar nichts. Dadurch ging die Rechnung immer weniger auf.

Dann sind sie Finanzvorstand geworden?

Erst ein wenig später. Bei meiner Wahl machte ich klar, dass die Schule ein nach Steuereinkommen gestaffeltes Beitragsmodell einführen würde und über ein schulinternes Stipendiengefäss sicherstellt, dass der Schulzugang weiterhin allen Interessierten offensteht. Als ich in den Vorstand gewählt wurde, haben wir das umgesetzt, stellten aber bald fest, dass wir für dieses Stipendiengefäss Spenden von Aussen benötigen. So entstand die Idee eines vom Schulbetrieb komplett unabhängigen, externen Stipendienfonds. Dieser sollte ermöglichen, Gelder von Spenderinnen und Spendern zu erhalten, welche spezifisch mithelfen wollten, dass die Steinerschule für Alle offen bleiben kann. Tatsächlich haben wir so sehr bedeutende Spenden erhalten, die wir zuvor nicht bekommen hätten.

… und dann kamen die drei anderen Schulen dazu?

Ja, weil das bei uns gut funktioniert hat, übernahmen die anderen Schulen dieses Modell auch.

Was motiviert Sie für Ihren Einsatz?

Nachdem unsere beiden Töchter die gesamte Schulkarriere vom Chindsgi bis zur Matura in der Steinerschule absolviert haben, durfte ich den Wert der Ausbildung kennen und schätzen lernen. Auch nach der aktiven Elternzeit in einem kleinen Bereich mitzuhelfen, bedeutet mir viel und darum bleibe ich engagiert. Wichtig ist mir nach wie vor die Idee einer sozialen Durchmischung. In elitären Privatschulen fehlt das.

Hat sich im sozialen Bereich verglichen mit Ihren Anfängen etwas verbessert oder verschlimmert? Grundsätzlich bleiben viele der Herausforderungen dieselben, zum Beispiel finanzielle Engpässe bei alleinerziehenden Eltern. Früher allerdings gab es mehr Familien, die den Minimalbetrag für die Schule nicht bezahlen konnten. Über die Jahre sind die Schulen teurer geworden, was zunehmend auch zu Gesuchen von Familien geführt hat, die mehr als den Minimalbeitrag bezahlen, aber nicht den vollen geforderten Beitrag.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit der Stiftung mit den Schulen? Von zentraler Bedeutung ist die Zusammenarbeit mit der Elternbeitragskommission (EBK) der jeweiligen Schule. Wie überall hängt dabei das Gelingen an den involvierten Menschen und es ist nicht selbstverständlich, engagierte Leute für die EBK zu finden. Auch wenn es weniger gute Jahre gab, darf ich doch sagen, dass die Zusammenarbeit mit den angeschlossenen Schulen sehr gut funktionierte. Dies bleibt auch für die Zukunft ganz wichtig.

Was wünschen Sie der Stiftung darüber hinaus für die Zukunft? Es wäre schön, das Bewusstsein für die Stiftung zu stärken. Es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen die Stiftung kennen und ihre Bedeutung für die Schulen verstehen. Nur über dieses Bewusstsein wird die Stiftung die Spenden erhalten, um die Schulen langfristig zu unterstützen.

Mit welchen Argumenten legen Sie Eltern nahe, ihr Kind an eine Steinerschule zu schicken?

Gute Frage. Schlussendlich geht es nur durch das Selber-Erleben. Aber die Eltern müssten sich viel bewusster die Frage stellen, was sie ihrem Kind mitgeben wollen. Meiner Meinung nach entwickeln SteinerschülerInnen sehr starke Sozialkompetenzen – etwas, was für das weitere Leben und insbesondere auch die berufliche Karriere immer wichtiger wird. Das sieht man an

mir! Ich selbst war nie in einer Steinerschule, weshalb ich noch heute manchmal nachsitzen muss, beispielsweise als Geschäftsführer der Stiftung!

Der Ingenieur-Agronom Martin Graf war von 1990 bis 2015 politisch aktiv bei den Grünen und u.a. als Regierungsrat des Kantons Zürich (Direktion der Justiz und des Inneren) tätig.

Herr Graf, wie sind Sie zur ImmoRSS gekommen und was motiviert Sie an dieser Tätigkeit?

Im Rahmen der Sommerakademie der Stiftung Fintan in Rheinau bin ich Christoph Ammann begegnet, dem Mitbegründer und langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Atelierschule. Er hatte mich angefragt und ich sagte zu, weil ich Freude am Bauen habe und mir ein ökologisches und zukunftsgerichtetes Bauen wichtig ist. Selbstverständlich hat mich danach auch die Ausrichtung der Schule interessiert. Ich komme nicht aus anthroposophischen Kreisen, habe sie aber vom biologisch-dynamischen Landbau her kennengelernt. Schon länger bin ich mit der Stiftung Fintan verbunden, die ich seit Januar präsidiere.

Was sind die Herausforderungen?

Die sind im Moment erheblich! Es besteht Nachholbedarf bei den Infrastrukturen, da wurde zu lange zu wenig gemacht. Nun steht uns mit der Übernahme eines Areals der Eleonorenstiftung nahe beim Kinderspital ein Erweiterungsschritt bevor. Das heisst, wir müssen dieses Areal, das uns ab 2025 zur

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Verfügung stehen wird, erschliessen und in Betrieb nehmen. Die Vorarbeiten dazu sind am Laufen.

Ist das auch eine grosse Chance?

Nach vielen Jahren der Standortsuche unbedingt! Wir erhalten wichtige Rochadeflächen und somit die Möglichkeit, an der Plattenstrasse mit Sanierungen weiterzufahren. Dies stellt finanziell und organisatorisch eine Herausforderung dar. Zudem steht auch in Winterthur noch ein weiterer Entwicklungsschritt an.

Wie steht es mit den Kosten?

Wir sind zurzeit äusserst kostengünstig. Wenn wir Sanierungen vornehmen und zusätzlichen Platz schaffen, werden die Kosten steigen, aber auch dann erreichen wir nie das Niveau eines kommerziellen Baus an dieser Lage; dies liegt etwa dreimal höher.

Da wir viel weniger Mittel haben als der Staat, müssen wir in Etap-

pen investieren. Aber die Resultate lassen sich sehen, auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können.

Noch zu wenig gesehen wird, dass uns Leute aus dem Umfeld der Schulen grosszügige zinslose Darlehen geben und für die ImmoRSS spenden. Das hilft sehr und trägt dazu bei, die Kosten für die Schulen tief zu halten. Dafür sind wir sehr dankbar.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit im Stiftungsrat?

Die Vertreterinnen und Vertreter der Schulen müssen sich zusammenfinden mit denen, die von extern kommen und vor allem baulich ausgerichtet sind. Da gibt es unterschiedliche Prioritäten, aber insgesamt sind die Diskussionen konstruktiv. Ich selbst vertrete die Meinung, dass qualitativ hochwertige Räume auch zu einem guten Lerneffekt beitragen.

Was wünschen Sie der Stiftung für die Zukunft?

Sie muss sicherstellen können, dass die Schulen über eine langfristig nachhaltige Infrastruktur verfügen, die keine übermässigen Kosten verursacht. Als Stiftung ist unser Zweck klar und die Spenderinnen und Spender wissen, wie ihr Geld eingesetzt wird. Um unsere Ziele für die Schulen zu erreichen, ist diese Unterstützung in Zukunft noch wichtiger.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Immobilienstiftung zusätzlich Liegenschaften von anderen Rudolf Steiner Schulen übernimmt oder andere Schulvereine das Modell unserer Stiftung übernehmen.

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Innen und Aussen

Organisationsentwicklung in der Rudolf Steiner Schule Zürich

Text: Harald Jäckel (Trigon Entwicklungsberatung / Unternehmensentwicklung und Konfliktmanagement GmbH)

Die Rudolf Steiner Schule Zürich wird ihr rechtliches Kleid Mitte des Jahres erneuern und die Einfache Gesellschaft auflösen. Ich gratuliere sehr herzlich zu diesem Schritt, der nach einem einjährigen Prozess der Organisationsentwicklung eine zukunftsorientierte Neugestaltung ermöglicht.

der rechtlichen Fragestellungen anhand der Synopse von Dr. jur. Cyrill Häring gemeinsam erörtert.

Der Prozess hat damit begonnen, dass im Juni 2022 Fragestellungen zur Haftung der Lehrerschaft in den Fokus kamen, die durch Dr. jur. Cyrill Häring mit dem Kollegium und dem Vorstand intensiv bearbeitet wurden.

Im Rahmen dieser Beratung wurde deutlich, dass die Schule auch an ihrer Identität, an ihrem inneren Zusammenhalt, an ihren Prozessen und Strukturen arbeiten will. Daraufhin habe ich den Auftrag zur Begleitung eines Schulentwicklungsprozesses erhalten, der nach Vorgesprächen mit einer Klausurtagung der Mitglieder der EG am 16.6.2022 begonnen hat.

Die ersten Ergebnisse zeigten, dass im Weiteren die ganze Schulgemeinschaft in den Prozess einbezogen werden sollte. Es wurde eine zweite Klausurtagung am 18. und 19.8.2022 mit der Einladung an alle ElternrätInnen, Mitglieder des Vorstandes und alle KollegInnen organisiert.

Dort wurden sechs Projektgruppen gebildet und für jedes Thema motivierte KollegInnen gefunden, die für die weitere Bearbeitung Verantwortung übernahmen. Auch wurde eine Lenkungsgruppe initiiert, die den weiteren Prozess vorbereitet, organisiert, regelmässig informiert und als AuftraggeberIn für die externe Beratung fungiert (Stefan Eugster Stamm, Birgit Purainer, Ivonne Schulz, Tilman Student). Zudem wurde die weitere Ausarbeitung

Hier seien noch exemplarisch einige der Erwartungen genannt, die zu Beginn der Veranstaltung die hohe Motivation und die konstruktive Arbeitsatmosphäre spiegeln: Freudiger Austausch, klarer Ausblick –Wie geht es weiter?, hören und verstehen, gemeinschaftsbildend, konkret werden, eigene Aktivität fördern und fordern, ohne Druck aber mit Unterstützung, Bereitschaft, etwas für die Gemeinschaft zu geben, Klarheit der Schulstrukturen, pädagogischer Blick nach vorn, Inspiration und Schwung, keine voreiligen Entscheidungen, der Prozess soll zügig und effizient verlaufen …

Es wurde auch deutlich, dass die Kommunikation zwischen dem Kollegium und dem Vorstand zu verbessern ist. Insbesondere zu einer grösseren Erbschaft und dem Umgang mit den Vermögenswerten gab es offene Fragestellungen. Es fanden mediative Gespräche mit Vorstandsmitgliedern und Eltern statt. In verschiedenen Gesprächen und einer Konferenz des Vorstandes mit der Geschäftsführung konnten Punkte geklärt werden. Der Vorstand initiierte eine öffentliche Darstellung der finanziellen Verwertung der Erbschaft und des aktuellen Standes des laufenden Bauprojektes.

In den regelmässig stattfindenden Konferenzen der Lehrerschaft wird an den definierten Themen intensiv weitergearbeitet. Insbesondere die Frage nach einer neuen internen Schulführungsstruktur und der Wahl einer neuen Rechtsform für den Schulverein treten in den Mittelpunkt.

Dr. jur Cyrill Häring erläuterte in einer Abendveranstaltung dem Vorstand, der Geschäftsführung und dem Kollegium die nächsten möglichen Schritte einer rechtlichen Neugestalt. Mit einer Aufstellung im Raum wird der Veränderungswille der Gemeinschaft sichtbar.

Es freut mich zu hören, dass die engagierten Diskussionen in der moderierten Klausurtagung am 17.12.2022 zu einer tragfähigen Entscheidungsbasis des aktuellen Beschlusses über eine neue Rechtsform der Schule geführt haben.

Insgesamt möchte ich mich bei der Lenkungsgruppe bedanken für die offene Kommunikation und die konstruktive Zusammenarbeit. Mein Eindruck ist, dass verantwortliche Kräfte die weitere Entwicklung der Schule immer mehr in eigene Hände nehmen. Ich wünsche allen Beteiligten, dass das skizzierte Schulführungsmodell für das Kollegium und die Schulgemeinschaft als Ganzes zur effektiven Kommunikation und Zusammenarbeit führen und sie alle ihre Kraft auf die waldorfpädagogische Arbeit an den Kindern ihrer Schule richten können. Für den Auftrag, die Schulentwicklung in den letzten Monaten als externer Entwicklungsberater zu begleiten, bedanke ich mich herzlich.

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Ein Dankeschön an das Bazar-Komitee Aus dem Vorstand

Der Weihnachtsbazar ist ein grossartiges Gemeinschaftswerk – von den Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen der Rudolf Steiner Schule Zürich und der Atelierschule Zürich, der Schulleitung und dem Hausdienst der Immobilienstiftung ImmoRSS. Der Weihnachtsbazar ist ein Geschenk der Eltern an die Schule, hat seit Gründung der Rudolf Steiner Schule Zürich eine lange Tradition und zieht viele BesucherInnen aus der ganzen Schweiz an. Der Bazar trägt zu einem beträchtlichen Anteil des Schulbudgets und somit zur Finanzierung der Schule bei.

Das Bazar-Komitee hat sich auch im letzten Geschäftsjahr mit den veränderten Bedingungen infolge der vorübergehend geltenden restriktiven Bestimmungen für Veranstaltungen während der PandemieZeit auseinandersetzen und enorme Anpassungsfähigkeit beweisen müssen. So hat das Bazar-Komitee aufgrund des bereits im Jahr 2020 ausgefallenen Bazars beschlossen, kleinere Veranstaltungen «mit» zu organisieren, die den jeweils geltenden Vorgaben für die Durchführung einer Veranstaltung entsprachen.

Da war am 28.8.21 das Flohmarktfest mit kulinarischen Köstlichkeiten, Flohmarkt-

ständen, Kleiderbörse, Kasperletheater, Bücher-Antiquariat und vielem mehr. Am 2.10.21 das Herbstfest mit Marktständen für die Kinder und ebenfalls feinen Sachen zum Schlemmen.

Der bereits vollständig geplante und organisierte PopUp-Bazar 2021, der im Freien stattfinden sollte, musste aufgrund der verschärften Massnahmen ein paar Wochen vorher wieder abgesagt werden. Wie aus dem Ärmel geschüttelt, organisierte das Bazar-Komitee einen Ersatz. So konnte vom 27.11.21 bis zum 17.12.21 bereits zum zweiten Mal das Adventslädeli im Kulissenraum der Schule seine

Türen öffnen und am 9.4.22 ein heiteres Frühlingsfest mit zusätzlichen Marktständen und einer Vielzahl an Köstlichkeiten gefeiert werden.

Es ist selbstredend, dass mit den kleineren Veranstaltungen nicht der gleich hohe Beitrag wie bei den durchgeführten Weihnachts-Bazaren der Jahre 2019 und davor erreicht werden konnte. Aber viel wichtiger: Die stimmungsvollen Feste haben wesentlich dazu beigetragen, die Gemeinschaftsbildung der Schule zu fördern. Das ist die Voraussetzung und Grundlage dafür, um auch zukünftig den WeihnachtsBazar wieder erfolgreich durchführen

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Text: Lukas Schwaiger (Mitglied des Vorstandes der Schulvereinigung)

zu können und um überhaupt unseren Kindern in der Schule ein Umfeld zu bieten, in dem sie sich mit viel Spass, Begeisterung und Freude entfalten können!

Hier zum Vergleich noch ein paar Zahlen der Einnahmen der letzten beiden grossen Weihnachtsbazare:

EINNAHMEN WEIHNACHTSBAZAR

Der Vorstand der Freien Schulvereinigung i.M. Walter Wyssling möchte hiermit der gesamten Elternschaft, den SchülerInnen und Lehrpersonen beider Schulen, den Mitarbeitenden der ImmoRSS und allen weiteren HelferInnen für die tollen Einsätze ganz herzlich danken. Insbesondere danken wir dem Bazar-Komitee, das durch die sich stets ändernden Vorschriften oft Geplantes wieder neu überdenken musste und immer wieder einen Weg gefunden hat, neue und bestehende Anlässe in angepasster Form durchzuführen. In diesem Sinne einen ganz speziellen und herzlichen Dank an Susannah Haberfeld, Jaana Küttler, Werner Eschmann, Gabi Perels, Birgit Purainer und Evelin Weber. Ein besonderer Dank geht an unsere ehemalige Schülerin Natascha Dietze, die für alle Anlässe wunderschöne Plakate und Eintrittskarten entworfen hat.

Nach dem Bazar ist vor dem Bazar –in diesem Sinne sind wir schon an der Planung des Weihnachtsbazars 2023!

Vertraue deinem Lebensweg Spirituelle Biographiearbeit Einführungskurse Grundkurse Ausbildung biographiearbeit-zuerich.ch
BAZAR 2019 DANKE Aufwandskosten 40'629.20 CHF Gewinn 117'106.35 CHF Davon bargeldlos TWINT wurde damals bei unserem Kartengerät noch nicht eingesetzt. 7'977.70 CHF BAZAR 2022 Aufwandskosten 31'649.95 CHF Gewinn 101'953.27 CHF TWINT, Postcard, Kreditkarten etc. Davon bargeldlos 35'487.67 CHF 45

360° um die Schule «Er geht noch nach den Sternen schauen»

Text & Interview: Martin Studer (Birkenrain – Stiftung für sinnerfülltes Altern)

Anthroposophische Pflege und Betreuung sowie künstlerische Therapien machen den Birkenrain zu einem besonderen Alters- und Pflegeheim.

«Er geht noch nach den Sternen schauen», sagt mir die Pflegerin am Telefon. Als ich ihn später erreiche, meint er, es sei in Ordnung, wenn ich um drei Uhr kommen würde, er hätte da seine Ruhezeit, das sei gut für ein Gespräch.

Das private Alters- und Pflegeheim

Birkenrain liegt in der Nähe des Rieterparks und hat einen wunderbaren Blick auf den Zürichsee. Es wurde 2020 nach baubiologischen und bauökologischen Grundsätzen umfassend umgebaut und vergrössert. Es verfügt über 15 Zimmer in betreuten Wohnungen sowie über 20 Einzelzimmer und steht allen offen – unabhängig von individueller Weltanschauung und finanziellen Verhältnissen. Die Stiftung «Birkenrain – Stiftung für sinnerfülltes Altern» betreibt das Heim auf Grundlage der Erkenntnisse des anthroposophischen Menschenbildes.

Birkenrain – Alters- und Pflegeheim

Bellariastrasse 21, 8002 Zürich www.birkenrain.ch

Kontakt: sekretariat@birkenrain.ch Tel.: 044 206 47 00

Im dritten Stock im letzten Zimmer hinten rechts liegt der grosse, hagere Mann langgestreckt und warm zugedeckt in seinem Bett. Ein Zimmer mit Seeblick, karg eingerichtet, aber mit einer Wand voller Bücher. Seine Augen sind hellwach. Er erzählt, wie er sich 1973 an der Rudolf Steiner Schule in Zürich dem Kollegium vorgestellt hatte und ihm von einer resoluten Kollegin die Gretchenfrage gestellt wurde: Wie er es mit der Anthroposophie halte. Und er antwortete – man sieht förmlich sein verschmitztes Lächeln: „Ich will nicht Anthroposoph werden, ich will Mensch werden.»

Karl-Heinz Klimek, 1937 geboren, als Achtjähriger von Schlesien nach Schleswig- Holstein geflüchtet, hatte die Ideologie des Nazitums und einen seelenlosen Katholizismus erlebt. So war ihm das naturwissenschaftliche Studium eine Befreiung aus engen Glaubenszwängen hin zu Klarheit und Sachlichkeit. Als Elektroingenieur bei der BBC in Mannheim mochte ihn das Streben nach gutem Lohn und Karriere jedoch nicht zu befriedigen und so landete er, inzwischen 30 geworden, als GärtnerPraktikant im grossen Garten der Waldorfschule Engelberg in der Nähe von Stuttgart. Er blieb zwei Jahre, durchlief danach das Pädagogische Seminar in Dornach und belegte gleichzeitig einen Kurs für Oberstufenlehrer in naturwissenschaftlichen Fächern. «Ich blühte

förmlich auf!», erzählt er lächelnd, immer noch warm zugedeckt auf dem Bett liegend. All die künstlerischen Fächer, die Eurythmie, die Vorträge, das Schauspiel – das Gefühl der Leere, das ihn in seinem technischen Beruf immer stärker bedrängt hatte, wich einer zunehmenden Hinwendung zur Pädagogik, verbunden mit den Fächern Mathematik und Physik.

Gesundheitliche Probleme zwangen ihn, nach 25 Jahren Lehrtätigkeit an der Plattenstrasse kürzer zu treten; er gab zunächst noch Nachhilfestunden, doch nach einer neuerlichen Erkrankung war an eine Rückkehr in seine Wohnung nicht mehr zu denken, und so kam der heute 85-Jährige vor fünf Jahren in den Birkenrain. Dank zweier Operationen gehe es ihm heute recht gut und er habe sich immer gefreut, wieder in den Birkenrain zurückzukehren, der nun zu seiner Heimat geworden sei.

«Man muss wagen, sich ein eigenes Urteil zu bilden, dann ist man im Wahrheitsdenken.»

Das Gespräch dauert nun schon zwei Stunden und wird immer lebendiger. Ob er etwas vermisse, frage ich ihn zum Schluss. «Noch etwas mehr anthroposophische Nestwärme wäre schön», antwortet er und wünscht sich häufiger mal Vorträge und Gespräche. Er, der damals mit Vehemenz aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, schätzt die regelmässigen Besuche der Pfarrerin der Christengemeinschaft und ist dankbar, dass sie – wenn die Zeit kommt – seinen Erdenabschied begleiten will.

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© Carsten Strübbe

Christine Meister, seit drei Jahren im Birkenrain als Pflegefachfrau tätig, hat diverse SOLEO-Fachkurse für Äussere Anwendungen besucht und ist auf dem Weg zur Expertin für Anthroposophische Pflege. «Die rhythmischen Fusseinreibungen am Abend sind wunderbar – nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner, die danach meist selig einschlafen, sondern auch für mich. Sie sind ein Highlight am Ende der Spätschicht. Ich muss mir dafür Zeit nehmen, muss selbst zur Ruhe kommen und kann so meinen Arbeitstag beschliessen.» Im «Lavendelraum» stellt mir Christine Meister die verschiedenen Materialien vor, die sie für Wickel und Auflagen braucht. Dabei werden diverse Heilsubstanzen wie Lavendel, Melisse, Schafgabe, Spitzwegerich und viele andere eingesetzt. «Für rhythmische Einreibungen verwenden wir gerne auch Solum-Öl, ein Moorextrakt mit Rosskastanie, Lavendel und Schachtelhalm; das gibt Hülle und wärmt», sagt Christine Meister, und an ihrem feinen Lächeln wird spürbar, wie heilsam eine solche Einrei -

bung sein kann. «So können wir unseren Bewohnerinnen und Bewohnern Erleichterung verschaffen, wenn sie Schmerzen haben, unter Unruhe leiden oder in eine düstere Stimmung verfallen.»

und im Tagesablauf fest eingeplant.» Dabei sind der Heimarzt Dr. Martin Fischinger und die Ärztin Dr. Barbara Hockenjos mit ihren Erfahrungen eine grosse Hilfe, gerade auch wenn es auf das Lebensende zugeht. «Dann können wir auch eine 5-Stern-Einreibung machen und Olibanum geben, ein Präparat aus Weihrauch, Gold und Myrrhe. Das hilft den Sterbenden, ohne dass bewusstseinstrübende Mittel gegeben werden müssen.»

Reicht denn die Zeit für solche Art pflegerischer Zuwendung? «Das machen wir zusätzlich zu Pflege und Betreuung, das ist manchmal schon ein Spagat. Aber was wir machen, ist stets ärztlich verordnet

Der engagierten Pflegefachfrau ist eine permanente Weiterbildung wichtig: «So lerne ich immer mehr dazu und kann auch die Berührungsqualität bei den rhythmischen Einreibungen weiter verbessern.» Zum Abschluss sagt Christine Meister: «Hier im Birkenrain kann ich mit Respekt vor dem Menschen und der Natur arbeiten», und fügt an: «Ich möchte diese besonderen Anwendungen nicht mehr missen!»

«Mit unseren Anwendungen können wir wohltuend wirken und auch einen Moment der Zuwendung schenken.
Denn wir wollen dem ganzen Menschen begegnen, auch Geist und Seele, nicht nur dem Körper.»
Ein Nachmittag in einer der beiden Pflegewohngruppen. © Carsten Strübbe Der Birkenrain liegt in einem ruhigen Quartier in Zürich-Enge. © Fabio Messmer
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Mit wenigen Handgriffen stellt Christine Meister einen wohltuenden ZitronenHalswickel her. © Martin Studer

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Plattenstrasse 37, 8032 Zürich Telefon 043 268 20 40 info@steinerschule-zuerich.ch www.steinerschule-zuerich.ch

Inserate Carmen Silbermann ebk@steinerschule-zuerich.ch

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Redaktion

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Trix Niederau

Birgit Purainer

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Kreation und Produktion

DD COM AG

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