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Dem Eisenschrott entlang – Auf einem alten Steig auf die Zugspitze

Dem Eisenschrott entlang

Auf einem alten Steig auf die Zugspitze

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von Lukas Konietzka

Ein Tipp des Bayerischen Rundfunks

Was will man denn auf der Zugspitze, mag sich so mancher denken. Und das ist durchaus eine berechtigte Frage. Die neue Bergstation ist so riesig, dass die Gefahr besteht, sich zu verlaufen. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Trotzdem haben wir uns im vergangenen Juli für eine Tour auf die Zugspitze entschieden. Allerdings auf einer etwas anderen Route.

Im Bayerischen Rundfunk hatten wir einen kurzen Bericht über eine wiederentdeckte Route an der Zugspitze gese hen. Bei ihr handelt es sich um den alten Steig, den die Erbauer der Zahnradbahn damals zum Bau der Bahn eingerichtet haben. Diese Tour weckte unser Interesse, allerdings sollte es einige Zeit dauern, bis wir sie in Angri nahmen.

Ein ganzes Jahr später war es aber dann so weit. Kurzentschlossen bepackten wir unseren Bus und fuhren in Richtung Garmisch. Dort suchten wir uns einen schnuckeligen Platz zum Nächtigen, der dann leider nur der Straßenrand war – aber egal!

Am nächsten Morgen starteten wir um sechs Uhr vom Parkplatz an der Seilbahn in Garmisch und folgten den Schildern Richtung Ri elriss, einem

Christian Münz in der Schlüsselstelle. Foto: Lukas Konietzka

Bedarfshalt der Zahnradbahn Richtung Zugspitze. Bei gemütlicher Gehweise läuft man bis dahin etwa zwei Stunden.

Auf dem alten Steig

Von da ab muss man den Blick immer Richtung Wand richten, bis man ein altes kleines Häuschen sieht. Es ist Teil einer alten Materialseilbahn. Wir hielten direkt auf das alte Gebäude zu und waren schnell am Wandfuß. Wir setzten die Helme auf, was hier auch zwingend notwendig ist. Ab hier traten wir in die Fußstapfen der Erbauer der Zahnradbahn und folgten dem alten Steig. Die Route im alten Steig zu nden, war kein Problem. Wir mussten eigentlich nur dem alten Eisenschrott nachgehen. Egal, wo man hinsah, überall alte Stahlträger, Werkzeuge und Sicherungen. Das Klettersteigset kann man sich übrigens sparen. Die alten Drahtseile und Haken würden mit ziemlicher Sicherheit nicht halten.

Wir querten die Nordwand so lange, bis wir ins bayerische Kar schauen konnten. Wenn man hier den Blick nach oben Richtung Wand richtet, sieht man einen alten Masten, der wie ein Antennenmast oder so etwas Ähnliches aussieht. Wir stiegen gerade hinauf, bis wir neben dem Masten standen. Von da war es nicht mehr weit bis zu den ersten Tunnelfenstern. Hier sollte man unbedingt etwas verweilen und den Moment genießen: Die Stimmung ist absolut einzigartig. Man be ndet sich an dem Punkt, wo die alten Bergleute geschlafen, gegessen und das ein oder andere schaumkronenbedeckte Kaltgetränk genossen haben.

Die Tunnelfenster markieren auch das Ende des Steigs. Hier beginnt die Klettertour. Wir zogen also unsere Gurte an und banden uns ein. Schnell merkten wir jedoch, dass das Gelände so einfach war, dass das Seil mehr behinderte als half. Wir blieben aber trotzdem eingebunden. Nachdem wir nach einer halben Stunde endlich den ersten Standplatz gefunden hatten, standen wir nochmal lange an der Wand und genossen das einsame Bergsteigen und den Ausblick auf die bayerische Karibik, den Eibsee. Die nächsten zwei Stände waren dann leichter zu nden.

Generell ist zu der Route anzumerken, dass sie nach unserer Meinung den 4. Schwierigkeitsgrad nie überschreitet. Laut Topo gibt es eine Schlüsselstelle 4+, die aber nicht ausgesetzt ist. Die Stände sind alle gebohrt. Nur die Routen ndung ist nicht immer eindeutig, gerade am

Anfang. Es ist nicht immer sofort zu erkennen, wo die Erstbegeher den Weg durchgelegt haben. Aber mit etwas Geduld und Sucherei geht es schon.

Wir kletterten weiter. Hin und wieder grüßte uns ein Bohrhaken. Nach fünf Seillängen entschieden wir uns, das Seil wieder einzupacken. Das Gelände wurde immer mehr zum Gehgelände. Außerdem sparten wir so Zeit. Vor den letzten zwei Seillängen muss man allerdings noch ein Schrofenfeld überqueren. Etwas undankbar, aber machbar und es ist nicht weit. Anschließend liefen wir um einen großen Felsblock herum, an dem man auch sichern könnte.

Vor uns lagen nun die letzten zwei Seillängen, bevor es auf die Abseilpiste ging. Für uns war das die schönste Kletterei auf der Tour: kompakter Fels, mega Aussicht und einfache Schwierigkeit! Mittags waren wir oben auf dem Grat und konnten schon den Gipfel sehen. Uns ö nete sich der Blick auf den Höllentalgletscher mit seinen vielen Begehern. Wir legten hier oben eine kurze Pause ein, bevor wir auf dem Höllentalsteig abseilten und den Rest bis zum Gipfel auf dem Steig gingen (300 Höhenmeter). Der Massengipfel

An dieser Stelle ist nochmals Vorsicht geboten. Beim Abseilen muss man aufpassen, dass man keinen Stein lostritt, da von unten Menschenmassen über den Steig marschieren. Hier sollte man sich wirklich Zeit nehmen!!!

Den Rest der Tour stiegen wir routiniert hoch bis zum Gipfel. Es dauerte allerdings etwas, weil wir in den Gipfelstau gerieten. Ich erschrecke immer wieder beim Anblick der Menschenmassen, die sich auf Deutschlands höchsten Berg hinaufkarren lassen.

Hier hätte ich auch gerne geschrieben, dass wir eine super Aussicht hatten – der ganze Gipfel war jedoch in eine dicke Nebelwand gehüllt. Wir trösteten uns damit, dass wir alle Berge ringsum ohnehin kannten. Oben hielten wir noch einen kurzen Plausch mit anderen Bergsteigern und fuhren dann mit der Gondel wieder hinunter.

Diese Tour war eine der besten, die ich je gemacht habe. Die Kombination aus Wandern, Steigen und Klettern ist super. Und dabei erlebt man noch ein Stück Geschichte.

Links: Altes Gebäude in den Tunneln I Rechts: Christian Münz im Durchgang hinter den Tunnelfenstern. Fotos: Lukas Konietzka

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