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h aus Weigelts Küche Denn diese beschwört ja dauernd den liberalisierten Gesundheitsmarkt, indem sich der Kanton bewähren müsse. Aber statt die eigenen Spitäler dafür fit zu machen, sie gut auszustatten und für die Kundschaft attraktiv zu machen, sollen sie reduziert und geschwächt werden. Es ist zum Glück nicht anzunehmen, dass viele KantonsrätInnen auf einen solchen Unsinn hereinfallen werden. Gut möglich, dass sich der Pfusch aus der Küche von IHK-Chef Kurt Weigelt (FDP) im Verlauf der Debatte irgendwann von selbst erledigt. Im Hintergrund aber laufen bereits die Drähte heiss. So hat die Leitung des Spitals Uznach gemerkt, woher der Wind weht. In einem Brief, der auch an verschiedene KantonsrätInnen ging, hat sie die Milchbüchlein-Rechnungen der IHK-Studie als reine Schätzungen mit fragwürdigen Zahlen entlarvt. Ausserdem legt sie die lokalen Interessen frei: Die Spitäler Lachen und Männedorf würden bereits massive Ausbauten planen und damit Fakten schaffen, «einseitig zu Lasten des Spitals Linth und der sie versorgenden Bevölkerung», wie es im Brief heisst. Im Klartext:

Studienverfasser und Spital-Lachen-Vertreter Conen nimmt Eigeninteressen wahr und sorgt noch dafür, dass die St.Galler Konkurrenz in Uznach aus dem Weg geräumt wird. Die St.Galler Regierung hat anfangs Oktober ihre Spitalstrategie bekannt gemacht, die genau das zum Ziel hat, was vernünftigerweise zu tun ist: die st.gallischen Spitäler zu stärken und für die Zukunft zu rüsten. 805 Mio. Franken sollen investiert werden. Dazu kommt ein Darlehen ans Ostschweizer Kinderspital in der Höhe von 125,6 Mio. Franken. Eine knappe Milliarde Franken also für das «Mehrgenerationenprojekt» der Stärkung der öffentlichen Spitäler.

Will die IHK Gesundheitsnetzwerke zerstören? Den wahren Charakter der IHK-«Studie» erkennt übrigens schnell, wer einen Blick auf die Forderung nach ambulanten Gesundheitszentren im Public-Private-Partnership-Regime wirft. Heute behandeln die öffentlichen Regionalspitäler ihre PatientInnen nah am Wohnort und mit hoh-

rer Qualität. Die Basiskosten sind tief. Das zeigt der landesweite Vergleich. Dank des ausgebauten Netzwerks zwischen den Regionalspitälern und dem Zentrumsspital in St.Gallen werden Fälle, die die Fachkompetenz der kleineren Spitäler übersteigen, ans «Kanti» überwiesen. Die PatientInnen bleiben so im öffentlichen Netzwerk und werden dort behandelt, wo es im konkreten Fall am sinnvollsten ist. Das IHK-Papier fordert nun die Umwandlung von Regionalspitälern in ambulante Gesundheitszentren und damit die Preisgabe der Zuweisungsmacht. Folge: Das eingespielte Netzwerk wird zerstört. Ein komplett neues müsste aufgebaut werden, das den Privatanbietern in die Hände spielt. Service privé statt Service public. Mit dem Gefälligkeitsgutachten der IHK halten die KantonsrätInnen eine vermeintliche «Expertenmeinung» in der Hand, die stark von Privatinteressen gefärbt ist. Das sollte sie nicht davon abhalten, sich eine eigene, kritische Meinung zu bilden. Die St.Galler Spitalversorgung wird im Februar nächsten Jahres in einer Sondersession behandelt.

SP klar für gute Regionalspitäler Eine bessere Verankerung der Regionalspitäler, Mehrleistungen in den Regionen und ein klares Bekenntnis zu guten Arbeitsplätzen: Das verlangt die SP in einer am letzten Parteitag verabschiedeten Resolution.

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it einer Resolution, die am ausserordentlichen Parteitag Mitte November in St.Gallen verabschiedet wurde, geht die SP in einem Kerngebiet sozialdemokratischer Politik, der Gesundheitspolitik, in die Offensive (Download unter www.sp-sg. ch). Die SP will erstens die regionale Verankerung der Spitäler. Wir wollen den sofortigen Aus- und teilweisen Neubau der öffentlichen Spitäler. Die SP ist zweitens gegen einen Abbau im Angebot in den Regionen und gegen eine weitere Leistungskonzentration in der Grundversorgung beim Kantonsspital. Drittens fordert die SP eine Weiterentwicklung der öffentlichen Spitäler insbesondere in den Bereichen Geriatrie, Palliative Care und alternative Heilmethoden. Und viertens will die SP gute Arbeitsplätze im Rheintal, im Werdenberg, im Sarganserland, im SeeGaster, im Toggenburg und auch im Fürstenland.

Die Gesundheit wurde in den letzten Jahren mehr denn je zu einem Objekt der Begierde. Wegen angeblicher Ineffizienz verschrieb Bern dem milliardenschweren Gesundheitswesen das Medikament «Mehr Markt». Die SP warnte schon früh vor den Risiken und Nebenwirkungen dieser Kur. Seit 2012 wirkt nun das Medikament mit dem Wirkstoff KVG-Revision. Doch eine heilende Wirkung, die sich etwa in tieferen Krankenkassenprämien äussern würde, trat nicht ein. Das Medikament ist offenbar das falsche.

Zwiespältige Ausgangslage Die Ausgangslage für die Umsetzung der KVG-Revision im Kanton St. Gallen muss als zwiespältig bezeichnet werden. Seit 15 Jahren besteht für die Spitäler ein Baumoratorium. Diese befinden sich deswegen heute in einem teils bedauernswerten Zustand. Demgegenüber haben die Privatspitäler in den letzten Jahren massiv investiert, zum Beispiel die zur Hirslanden-Gruppe gehörende Klinik Stephanshorn in St.Gallen. Sie hat allein fünf Mio. Franken in eine neue Notfallaufnahme investiert. Die Spitalreform Quadriga I und II, im Wesentlichen von SP-Gesundheitsdirektorin Heidi Hanselmann geprägt, funktioniert hervorragend. St.Gallen weist heute im Vergleich zu anderen Kantonen tiefe

Spitalkosten auf. Die Qualität sowohl am Zentrumsspital St.Gallen als auch in den Landspitälern ist sehr hoch. Nicht ohne Grund werden bei uns 85 Prozent der PatientInnen an den öffentlichen Spitälern behandelt. Von diesem grossen Kuchen wollen sich die Privatanbieter jetzt unbedingt ein grösseres Stück abschneiden.

IHK im Solde privater Spitalketten Das zeigt der jüngste Wirbel um die Spitalstudie der Industrie- und Handelskammer (IHK). Hinter ihrem Gefälligkeitsgutachten, das äusserst dürftig abgefasst ist, stehen handfeste Interessen privater Spitalketten und Gesundheitsanbieter (siehe Artikel nebenan). Die Umkrempelung der Spitallandschaft, wie sie die IHK fordert, bezweckt nichts anderes als eine vermehrte Privatisierung der st.gallischen Gesundheitsversorgung zulasten der Regionalspitäler, die abgebaut werden und langsam verkümmern sollen. Die treibenden Kräfte in diesem Spiel sind die SVP und die FDP. Es bleibt indes zu hoffen, dass jene bürgerlichen PolitikerInnen, die mit beiden Beinen in den Regionen stehen, und hier vor allem jene der CVP und SVP, sehr viel genauer als ihre abgehobenen Führungscliquen wissen, wie gross die Bedeutung von konkurrenz- und leistungsfähigen Regionalspitälern ist. Guido Berlinger-Bolt links 5.2013 3


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