Texten auf Deutsch und finden im Radio kaum Platz: (v.l.) Chabezo, Niklas Bastian, Laura Braun und Felix von der Band Zweierpasch
„Bewusstsein erhöhen“
FREIBURGER MUSIKER·INNEN FORDERN RADIO-QUOTE FÜR DEUTSCHE MUSIK
N Foto: © frische luft, privat, Ellen Kienzler, panorqmique pix
ur drei Prozent deutschsprachige Songs laufen in deutschen Privatradios. Nur zehn Prozent sind es auf öffentlich-rechtlichen Stationen. Das hat die Gema für 2024 ermittelt. Braucht es also eine Quote wie in Frankreich? Freiburger Musiker·innen sind sich nahezu einig. Für die Songwriterin Laura Braun hätte eine Quote zwei Vorteile: „Sie würde ein erhöhtes Bewusstsein für deutsche Musikkultur schaffen – und die deutsche Musikszene stärken.“ In ihrer Wahrnehmung gehen Main stream-Sender den „Weg des geringsten Widerstandes, sie wählen Musik aus, die sich bewährt hat.“ Eine Quote könne sie zwingen, Neues zuzulassen. Mehr Aufmerksamkeit könnte wiederum das Interesse an Konzerten deutschsprachiger Acts steigern. „Die aktuelle Tendenz ist, dass kleinere Acts Schwierigkeiten haben, Tickets zu verkaufen, und internationalen Stars die überteuerten Tickets aus den Händen gerissen werden.“ Auch Rapper und Songwriter Chabezo alias Peter Stöcklin ist für eine 52 CHILLI CULTUR.ZEIT MAI 2025
von Till Neumann Quote: „Das könnte Sinn machen.“ Er höre zwar kein Radio mehr, die Reichweite sei dennoch groß. Seine Erfahrung mit Radios: „Die Redaktionen spielen oft das, was eh schon funktioniert und pushen selten unbekannte Artists.“ Eine Quote könne helfen, Newcomer Artists und unbekannte Acts zu stärken. Er könne so mehr Geld verdienen und deutschsprachige Musik an Bedeutung gewinnen. Songwriter Felix Neumann von der HipHop-Band Zweierpasch unterstützt die Forderung nach einer Quote „zu 100 Prozent“. Was in deutschen Radios läuft, sieht er kritisch: „Die Sender stehen unter dem Scheffel der amerikanischen Popkultur.“ Er fordert: „Bei allem Respekt für die großartige Musik, die dort produziert wird, sollte Europa ein globaler Musikplayer sein, der selbst Trends setzt.“ Als Vater zweier Kinder sind deutsche Sender daher kein Thema: „Meinen Kindern möchte ich andere Sachen näherbringen und höre deswegen bewusst keinen der großen deutschen Sender mit ihnen.“ Französische Radios hört der Deutsch-Franzose dafür gerne. Niklas Bastian, Songwriter aus Freiburg, hält sich als einziger in Sachen Quote bedeckt. „Mir fehlen die Insights.“ Er fordert vor allem Mut
von Künstler·innen: „Ich würde mir wünschen, dass Artists, die deutsche Musik machen, sich trauen, die Musik zu machen, die sie machen wollen!“ Seine Überzeugung: „Ehrlichkeit hat am ehesten das Potenzial, großes Momentum für deutschsprachige Musik zu erzeugen.“ Transparenz-Hinweis: Der Autor ist selbst Teil der Band Zweierpasch
INFO Die Gema-Studie und Frankreich In einer Langzeitstudie hat die Gema über zwölf Jahre die Programme der Radiosender in Deutschland ausgewertet. Der Report zeigt: Deutschsprachige Lieder werden immer seltener gespielt. Im öffentlich-rechtlichen Radio machten sie 2024 nur 10 Prozent aus. 2023 waren es 16 Prozent. Im privaten Radio waren es 2024 nur 3 Prozent. 2023 waren es 10 Prozent. Frankreich fördert seit 1994 französischsprachige Musik mit einer Quote: Private Radios müssen mindestens 40 Prozent französischsprachige Musik spielen. Die Hälfte davon müssen Nachwuchsacts und Neuerscheinungen sein. Die Musik darf nicht nachts laufen.