LITERATUR
Literatur – Lectures – Letture – Reviews Cyril Amberg Bereichsleiter Forschung, Lehre, CentreDoc, Sprachdienste Ariane Deygas Traductrice francophone
Cecilia Stebler
Traduttrice italofona
ASTRID KLIKKERT ET AL. (HRSG.), TORN BETWEEN TWO TARGETS: POLIZEIFORSCHUNG ZWISCHEN THEORIE UND PRAXIS, 2019, FRANKFURT: VERLAG FÜR POLIZEIWISSENSCHAFT. Dieser umfangreiche Sammelband, der dem deutschen Polizeiforscher Thomas Ohlemacher gewidmet ist, bietet einen Überblick über den Stand sozialwissenschaftlicher Polizeiforschung in Deutschland. Im Zentrum der Beiträge steht die Frage nach der Polizeiwissenschaft als solche sowie diejenige des komplexen Zusammenspiels von polizeiwissenschaftlicher Theorie und polizeilicher Praxis. Im Beitrag Polizieren. Versuch einer Definition gehen Thomas Feltes und Jo Reichertz ebendieser Frage nach und stellen fest, dass sich die Polizeiforschung in Deutschland derzeit gewissen Herausforderungen stellen muss: So ist sie mit der Ambition der Polizeiorganisationen konfrontiert, unmittelbar verwertbare Auftragsforschung zu betreiben, was eine kritische Auseinandersetzung mit der polizeilichen Tätigkeit erschwert; andererseits stehen der Polizeiforschung in Deutschland weniger Drittmittel zur Verfügung als vor einigen Jahrzehnten, als die Gesellschaft als Ganzes um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Polizeiwesen besorgt war. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit der Gewalt gegen die Polizei und andere Blaulichtorganisationen, mit der Fehlerkultur in Polizeiorganisationen, dem Umgang mit sexueller Vielfalt in der Polizei oder dem Predictive Policing. CARSTEN STARK (HRSG.), SOZIOLOGIE UND POLIZEI. ZUR SOZIOLOGISCHEN BESCHÄFTIGUNG MIT UND FÜR DIE POLIZEI, REIHE VERWALTUNGSSOZIOLOGIE BAND 4, 2015, NORDERSTEDT: BOD. Der von Carsten Stark vorgelegte Band zur Polizeisoziologie umfasst neun Artikel von Soziologinnen und Soziologen, die zur Polizei und deren Tätigkeiten forschen. Der einleitende Beitrag von Georg Brandt geht dabei auf das ambivalente Verhältnis von Polizei, Bevölkerung und Gewalt ein, indem er sich mit den während der Polizeiausbildung vermittelten Inhalten im Fach «Soziologie» auseinandersetzt. Herrmann Gross befasst sich seinerseits – wie das Forschungsteam von Veronika Brandstätter in der vorliegenden Ausgabe – mit Berufszielen und Studienmotivation von werdenden Polizisten/-innen. Auch er kommt dabei zum Schluss, dass sehr wenige an ihrer Berufswahl zweifeln und eine durchgehend starke Berufsmotivation an den Tagen legen, obschon sie die Ausbildung zum Teil recht kritisch beobachten. Marion Bremsteller wiederum untersucht die historische Entwicklung der Redewendung «Die Polizei, dein Freund und Helfer», die während des Nationalsozialismus radikal umgedeutet wurde und der Autorin heute für die Beschreibung des polizeilichen Auftrags sehr unpassend scheint; davon ausgehend befasst sie sich anschliessend mit der Etikettierungstheorie (labelling approach), also dem Einfluss «mentaler Etiketten» – und dem damit einhergehenden Diskriminierungsrisiko – auf die Polizeiarbeit. Weitere Beiträge beschäftigen sich insbesondere mit methodischdidaktischen Themen im Zusammenhang mit der Vermittlung von sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen und Theorien im Rahmen der Polizeiausbildung.
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format magazine no 9