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B端ndner

Wald

Jahrgang 63 | Dezember 2010

Frauen im Wald


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Inhalt

Titel

Holzgeruch – eine unbeachtete,

Editorial...................................................... 4

jedoch wirksame Eigenschaft..................... 69

Frauen in der Forstwirtschaft....................... 5

Vorschau: TOP WALD-Serie

Der Wald – ein offenes Buch....................... 7

«Die Siegerprojekte»................................. 75

Zu Besuch bei den Waldgeistern................ 13

Protokoll der

Fascinaziun god – per grond e pitschen...... 15

SELVA-Generalversammlung 2010............. 76

Arbeiten im Wald des

Danke, Hans Sonderegger......................... 81

Schweizerischen Nationalparks.................. 19

28. Skipostenlauf für das

Herausforderungen im Forstdepartement... 21

Bündner Forstpersonal............................... 82

Deformationsmessungen mittels

Pressemitteilung – Der Dachs:

terrestrischem Laserscanning..................... 23

heimlich und flexibel................................. 84

Eine Frau, die sich nicht verirrt................... 29

Leserbrief: Erbengemeinschaften –

Kleine Detektive suchen

gammelnder Grundbesitz.......................... 85

mysteriöse Frau im Wald........................... 33

Holzbau mit Signalwirkung für

Bäume, Holz und Mond............................ 37

die Bundesverwaltung............................... 86

WWW – im Wald wird's weiblicher!.......... 43

Korrigenda................................................ 88

Wie viel Mann muss eine Frau

Reziaholz – Geschäftsjahr 2010.................. 89

im Wald sein?........................................... 45

Stimmen zu MMST................................... 90

Comic Theo & Heinz.................................. 47

Vorschau................................................... 95

Resgia – Report 05/10............................... 48 Zukunftsvisionen skizziert.......................... 50

Titelbild: Antonia Zahner, eine sichtlich zufrie-

Erste Erfahrungen mit den neuen

dene Lernende im 1. Lehrjahr, entschloss sich nach

Holzhandelsgebräuchen............................ 52

der Matura für eine forstliche Ausbildung.

Top-Holz zum Thema

(Bild: Gestiun forestala Macun)

Nachfolgeregelung.................................... 54 Bündner Wald- und Holzwirtschaft

Bild Inhaltsverzeichnis: Der erste Schnee dieses

und Euro (a)............................................. 57

Winters fiel schon längst auf unsere Bäume.

Aus dem Tagebuch von

Das «Bündner Wald»-Team wünscht allen Leser/

Antonia Zahner......................................... 59

innen eine frohe Weihnachtszeit und alles

Männer müssen mir nichts beweisen!........ 65

gute fürs neue Jahr. (Bild: Jörg Clavadetscher) Bündner Wald 6/2010 3


Editorial

Frauen im Wald, so lautet der Titel dieser Ausgabe. Was ist an einer Frau im Wald eigentlich so besonders? Was denken Sie, wenn ich nun behaupte, dass daran gar nichts so besonders ist? Weshalb auch? Man spricht ja im Zusammenhang mit der Steinzeit auch von Jägern, Sammlern und Sammlerinnen. Und sie alle hielten sich während ihrer Arbeit oft im Wald auf. Doch die Zeit (und auch die Aufgaben) hat sich geändert. Ich stelle die Frage einmal anders. Ist eine Frau im Wald «besonderer» als ein Mann im Wald? Sicher nicht in jedem Fall. Es gibt durchaus Bereiche, in welchen ebenso viele oder sogar mehr Männer im Wald zu finden sind, wie Frauen. Und dann wären doch da noch die sogenannten Männerdomänen im Wald. In der Freizeit vielleicht die Jagd und im Beruf die Forstarbeit. Das in unseren Breitengraden nicht mehr unterdrückte Selbstbewusstsein der Frau hat vieles verändert. Die Beteiligung der Frauen an Aktivitäten, welche ursprünglich von Männern dominiert wurden, bringt durchaus positive Nebeneffekte mit sich. Frauen und Männer «ticken» unterschiedlich. Das belegt auch die Forschung. Auch wenn wir über dasselbe fachliche Wissen verfügen, schauen wir die gleichen Dinge etwas unterschiedlich an. Dies fördert durchaus interessante Diskussionen und kann mancherorts bestimmt zu ganzheitlicheren Lösungen oder Massnahmen führen. Fachwissen können wir uns gleichermassen aneignen. Anders verhält es sich mit den physischen Kräften. Hier liegen die Vorteile beim Mann, weshalb die Branche wohl auch künftig vom männlichen Geschlecht dominiert werden dürfte. Zumindest dort, wo die Arbeit nur in geringem Masse mechanisiert ist. Um Maschinenarbeit auszuführen, braucht es aber in erster Linie das richtige Gefühl für den Umgang mit der Maschine, das nötige Fachwissen und vor allem 4

auch ein hohes Mass an Konzentration. Hier können sich Frau und Mann durchaus ebenbürtig sein. Das ist eine Tatsache, welche nicht nur aus verschiedenen Berichten des vorliegenden «Bündner Wald» hervorgeht, sondern auch immer wieder bei Gesprächen zwischen Forstleuten auszumachen ist. Wichtig ist schlussendlich die Zusammenarbeit und ein gesundes Mass an Selbsteinschätzung. Wenn jeder und jede hierzu bemüht ist, so können wir aus unseren persönlichen und auch aus den geschlechterspezifischen Fähigkeiten das Beste nutzen, und dies kommt umgehend unserem Wald zugute. Die Entwicklung der forstlichen Ausbildungsmöglichkeiten hat inzwischen auch das Ihre dazu beigetragen, dass in unserer Branche praxisorientiertere Ausbildungen absolviert werden können. Die Möglichkeit, nach der praktischen Forstwartlehre nicht nur die Försterschule, sondern via Berufsmatura auch das Studium zum Forstingenieur besuchen zu können, trägt bestimmt dazu bei, dass ForstwartIn, FörsterIn und IngenieurIn vermehrt nicht nur die gleiche Sprache, sondern sogar den gleichen Dialekt sprechen. Diese beiden Bildungswege dürften die forstliche Berufswelt für Frauen zusätzlich attraktiv gestalten und die Eingangstore weiter öffnen. Wer welchen Beruf wählt und ausführt, ob Frau oder Mann, ist schlussendlich nicht erfolgsentscheidend für den Wald und die Forstwirtschaft. Wichtig ist, dass wir uns mit Respekt begegnen und auf der sachlichen Ebene diskutieren.

Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair@bluewin.ch


Frauen in der Forstwirtschaft Was noch vor einigen Jahren ein erstaun­ tes Kopfschütteln hervorgerufen hat, ist in jüngster Zeit beinahe schon normal gewor­ den: Frauen, die in der Forstwirtschaft in verschiedenen Bereichen tätig sind; sei es als Forstwartin, Maschinistin oder Försterin. Auch ich bin seit mittlerweile acht Jahren in dieser Branche tätig und glücklich, im und um den Wald arbeiten zu können. Mein «Werdegang» bis hierhin ist etwas speziell, deshalb möchte ich ihn hier kurz erklären: Nachdem ich meine Matura gemacht hat­ te, war für mich klar, dass ich einen Beruf ausüben will, in dem man körperlich ak­ tiv sein kann. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich für die Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin. In diesem Beruf war ich einige Jahre tätig. Durch meinen Mann, der Forstunternehmer ist, kam ich zum Wald. Das Fahren mit Maschinen hatte mich schon immer gereizt, und als er ei­ nen neuen Maschinisten für den Forwarder suchte, konnte ich ihn dazu überzeugen, es mit einer Frau zu versuchen. Da ich im Be­ zug auf Holzerei wenige Kenntnisse hatte, absolvierte ich zunächst einen Holzerkurs. Im Sommer konnte ich dann Pflegearbeiten sowie Handholzereiarbeiten ausführen und so meine Kenntnisse im Wald vertiefen. Je länger ich im Wald arbeitete, desto mehr gefiel mir dieser Arbeitplatz, auch wenn man doch manchmal sehr schräg angese­ hen wurde, wenn man mit dem Forwarder angefahren kam. Aussprüche wie «Jetzt nehmen die Frauen den Männern auch im Wald schon die Arbeit weg» oder Vorurtei­ le, dass eine Frau eine so grosse Maschine nicht bedienen kann, waren anfangs an der Tagesordnung. Vor allem die ältere Förster­ generation konnte es oft nicht verstehen, wie man als Frau im Wald arbeiten könne. Nach vier Jahren auf dem Forwarder wollte

ich mich beruflich weiterbilden. Durch die Arbeit als Maschinistin kommt man in viele verschiedene Reviere und sieht verschie­ dene Arten, den Wald zu bewirtschaften. Diese verschiedenen Arten hatten mich immer sehr interessiert, deshalb wollte ich als Weiterbildung die Försterschule in Lyss absolvieren. In meinem Jahrgang waren wir drei Frauen, die ersten drei Deutsch­ Verjüngungsuntersuchung. (Bild: Volktrans)

Bündner Wald 6/2010 5


schweizer Frauen, die zur Försterin ausge­ bildet wurden. Auch hier gab es oft ver­ wunderte Blicke, wenn man erzählte, was für einen Beruf man gewählt hatte. Nach der Ausbildung hatte ich das Glück, sofort eine Stelle als Försterstellvertreter zu fin­ den. Meine Hauptaufgabe lag hier in der Mobilisierung des Privatwaldes, sodass ich viele Kontakte mit Waldbesitzern hatte. Anfangs konnte man hier ebenfalls eine grosse Skepsis gegenüber der «Frau im Wald» spüren. Diese Skepsis konnte man nur dadurch überwinden, dass man mit fachlichem Wissen argumentieren konn­ te. Mit der Zeit hatte ich jedoch sogar das Gefühl, dass man hier als Frau gewisse Vorteile hatte, wenn man einen « schwie­ rigen» Waldbesitzer zur Holzerei überzeu­ gen wollte. Grundsätzlich denke ich, dass Frauen in der Forstwirtschaft auch in den kommenden Jahren zunehmen werden. Einerseits ist die Mechanisierung so weit fortgeschritten, dass auch das «schwache» Geschlecht als Forstwart oder Maschinist arbeiten kann. Frauen, die den Beruf des Forstwarts wählen, haben sich in der Regel darüber genau informiert und wollen dies unbedingt. Oft sind sie motivierter als ihre männlichen Kollegen. Die körperlichen Vo­ raussetzungen können sicherlich ein Prob­ lem sein, doch ich denke, mit der richtigen Technik sind Frauen in der Lage, genau die gleiche Leistung zu bringen wie ein Mann. Vor allem im Bereich Maschinist können Frauen gleichwertige Arbeit machen. Tech­ nisches Verständnis ist natürlich eine Vor­ aussetzung, doch dies braucht sowohl der Maschinist als auch die Maschinistin.

Vor allem in den höheren forstlichen Aus­ bildungen sind Frauen auf dem Vormarsch. Försterinnen, Absolventinnen von Zolliko­ fen, oder Forstingenieurinnen nehmen zu. Schaut man nach Deutschland, so findet man vor allem in den höheren Positionen noch mehr Frauen als bei uns. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass Frauen im Wald nicht überall gern gesehen werden. Tatsächlich gibt es sogar Männer, die ein grosses Problem mit weiblichen Ar­ beitskolleginnen in dieser Branche haben. Trotzdem habe ich auch genau die gegen­ teilige Erfahrung gemacht, nämlich dass eine Frau im Team das Klima verbessern kann. Probleme werden anders angegan­ gen, dies kann zu Diskussionen und neuen Denkweisen in verschiedenen Bereichen führen. Mittlerweile habe ich einen kleinen Sohn und bin mehrheitlich im «Innendienst» tä­ tig. Ich erledige das Büro meines Mannes, tätige den Holzhandel und mache Offer­ ten. Die Arbeit draussen im Wald fehlt mir manchmal sehr. Ich denke, es gibt keinen schöneren Arbeitsplatz. Vor allem jetzt im Herbst ist es am schönsten im bunten Wald. Und ich denke, diese Einstellung ist wichtig, dann spielt es keine Rolle, ob Mann oder Frau im Wald.

Simone Volk VOLKtrans GmbH Quarzwerkstrasse 17 8463 Benken

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Der Wald – ein offenes Buch «Man lernt viel mehr Dinge in den Wäldern als in den Büchern.» Bernard von Clairvaux Die Kräuterschwester und der Wald Allegra. Unser Kloster St. Johann zu Müstair, Münster, hat dem Tal hinter dem Ofenpass seinen Namen gegeben. Es ist geografisch nach Südosten ausgerichtet und wird vom Rombach durchflossen. Sein Klima ist trocken. Das Dorf liegt auf 1240 m über Meer. Zum Besitz des Klosters gehören neben Wiesen und Feldern auch Wald. Jener hat hier vor allem Schutzfunktion. Bis zum Jahr 2000 halfen die Schwestern bei der Feldarbeit und beim Heuen, wozu sie zu Fuss auch nach dem Maiensäss Runatscha gingen, das auf 1600 m über Meer liegt. Ich kann mir vorstellen, dass dieser strenge Weg durch den Wald angenehmer empfunden wurde, als unter der sengenden Sonne zu marschieren. Ob dabei oder sonst Kräuter gepflückt wurden, das weiss ich nicht. In unseren Dokumenten ist keine Spur über Kräutergarten oder Kräuterverarbeitung zu finden. Erst im Jahr 2002 wurde bei der Renovation des Kreuzgartens ein Kräutergarten nach karolingischem Vorbild angepflanzt, auch mit einheimischen Heilkräutern. Daneben gibt es noch andere Pflanzen in Küchen- und Gemüsegarten. Vor zwei Jahren wurde mir die Aufgabe der Kräuterschwester anvertraut. Das bedeutet, den Garten zu pflegen, Kräuter zu sammeln und zu trocknen und sie sinnvoll zu verarbeiten. Es ist eine schöne und herausfordernde Arbeit, die mir viel Freude bereitet. Schon als Kind waren wir mit der Familie gerne spazieren und wandern gegangen, oft in den Bergen. Für die Blumen interessierte ich mich damals schon, doch verlor ich das später aus den Augen. So halte ich mich gerne im Garten und in der freien Natur auf. Mit der neuen Aufga-

Weissdornblüten. (Bild: Sr. Lutgarde)

be heisst es, mich vertieft mit den Pflanzen auseinanderzusetzen, hinter ihre äussere Erscheinung zu sehen, mich mit Wirkung und Anwendung zu befassen. Da bin ich noch ganz am Anfang. Was die Auswahl und Menge der Kräuter im Kloster betrifft, sind wir eingeschränkt. Mit Erlaubnis der Obern kann ich nun in der näheren Umgebung des Klosters Kräuter sammeln gehen. Das heisst, im Laufe des Sommers gibt es kürzere und kleinere Spaziergänge, die mich meist bergauf und bergab führen. Ein paar Mal geht es gar bis Runatscha hinauf, das über dem Kloster liegt. Als ich mit diesen Pflückgängen begann, lag der Akzent stark auf Auskundschaften der Umgebung, der Wege und Pfade sowie dem Entdecken der Standorte der Heilkräuter. Das letztere ist stets aktuell. Für bekanntere Pflanzen ging es leichter, für Bündner Wald 6/2010 7


neue ist Vorsicht geboten wegen Verwechslungen. Da hilft das Pflanzenbestimmungsbuch oder das Auge der Gärtnerin. Bei diesen Gängen mache ich immer wieder die Erfahrung, dass mir die Augen aufgehen. Auf der Suche nach dem mir noch fremden Odermennig liess ich mich führen, bog vom Wanderweg ab, folgte dem Waldrand und fand einen reichen Bestand. Dieses Jahr bemerkte ich, dass es rundherum noch mehr hat. Ähnlich erging es mir mit dem Weiss­ dorn, von dem ich einen schönen grossen Busch kannte. In seinem Umkreis fand ich über ein Dutzend kleinere und grössere Exemplare. So komme ich aus dem freudigen Staunen, aus der Dankbarkeit und dem Lob nicht heraus. Es ist gut, verschiedene Standorte zu kennen. Denn je nachdem, ob schattig oder sonnig, tiefer oder höher gelegen, kann ich die Kräuter so über einen längeren Zeitraum pflücken. Ich denke da an die Leberblümchen, Schlüsselblumen und das Ehrenpreis. Die neuste Entdeckung, die ich dieses Jahr machte, sind der männliche und der weibliche Blütenstand des Hopfens. Ausser den erwähnten Heilkräutern hole ich aus dem lichten Wald, vom Waldrand oder aus Waldlichtungen noch folgende: Frauenmantel für Kräutersalz, Erdbeer- und Himbeerblätter, Johanniskraut und Lungenkraut für Tee sowie Wurmfarn für Kissen. Ausser der Flora gibt es auch Waldbewohner wie Rehe und Eichhörnchen, denen ich selten begegne, und die vielen Ameisen mit ihren schön aufgerichteten Haufen. So kehre ich jedes Mal reich beschenkt ins Kloster zurück. Als Geschöpf kann ich in der Natur, der Schöpfung, dem Geschaffenen, viel empfangen. Sie ist Zeuge der Liebe Gottes, des Schöpfers. Sie weist mich auf die Quelle allen Lebens hin, auf den, der alles geordnet hat, von dem alles kommt und zu 8

dem alles zurückkehrt. Der Wald ist gelebte Einheit in der Vielfalt. Er ist Einladung, die Verantwortung zu tragen für die uns anvertraute Selbstversorgung und Verwaltung der Schöpfung, als Einzelner und als Gemeinschaft. Der Wald ist die Lunge der Schöpfung, er ist da zur Reinigung der Luft. Ähnlich sehe ich das Kloster als Lunge der Kirche: Durch das Gebet trägt sie alles vor Gott zur Versöhnung, zur Erneuerung, in seinem Geist – das hebräische Wort ruah bedeutet auch Wind. Beim Wort Wald denke ich spontan an Baum. Das Bild des Baumes erinnert mich ans Kreuz und an den Menschen. Verwurzelt im Boden, wächst der Stamm dem Licht entgegen und breitet seine Arme aus. Nur gut verwurzelt kann aus dem Samen heraus sich das Leben entfalten, kann es Schweres, das in die Krone EIn Farnblatt entfaltet sich in frischem Grün. (Bild: Sr. Lutgarde)


gelegt wurde, ertragen, daran wachsen und reifen und sich zur ganzen Fülle seines Wesens entfalten. Das heisst, es wird offen für die anderen, kann die Welt umarmen, lieben, da es in der Liebe verwurzelt ist. Jeder Baum hat sein Wesen und sein Mass, einmalig, gleich, ob das Mass gross oder klein ist, es soll nur sein Mass voll sein. Wie ein Baum soll sich der Mensch entfalten, seine Fülle leben. Das gilt auch für alle Gaben, die wie ein Samenkorn in uns gelegt sind. Das Bild des Baumes oder der Baum findet sich auch in der Bibel. Am Anfang findet sich im Paradies der Baum des Lebens. Durch unseren Ungehorsam Gott gegenüber verlieren wir den Zugang zu ihm. Dank Jesus Christus, der Mensch geworden ist und für uns am Baum des Kreuzes stirbt, ist die Türe zum Leben wieder offen. Gott ist Liebe ( 1 Joh 4, 19 ). Das wird auch in Hymnen besungen

und in Betrachtungen darauf eingegangen. So ist der Wald, im Kleinen und Grossen, im Verborgenen und Sichtbaren, wahrlich ein offenes Buch unseres liebenden Vaters im Himmel, aus dem jeder Mensch lesen kann. Ich schöpfe aus den bewussten und unbewussten Betrachtungen im Wald Zuversicht, Geduld, Kraft, Freude, Dankbarkeit und Vertrauen. Ich bekomme Antworten auf Fragen. Ich werde Schritt um Schritt ins Geheimnis des Lebens eingeführt. Ich lerne im Rhythmus der Jahreszeiten zu leben, auf die kleinen Zeichen zu lauschen, sie wahrzunehmen und sie einzubeziehen in mein Leben, mich leiten zu lassen. Wir Klosterfrauen und der Wald Blicke ich aus meinem Zimmerfenster hin­ aus, ein wenig nach rechts, sehe ich den Wald. Während ich so «schaue», entdecke

Waldboden. (Bild: Sr. Lutgarde)

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Er sucht das Licht, das braucht er zum Leben. «Das Licht ist der Architekt des Waldes», las ich einst irgendwo. Der Baum will sich entfalten, er streckt sich gegen oben, strebt dem Licht nach, versucht sich zu behaupten. Es sind noch andere Bäume da, die genau das Gleiche tun, also muss man sich wehren, um das Seinige zu bekommen.

Weibliche Hopfenblüte. (Bild: Sr. Lutgarde)

ich, dass etwas in mir vorgeht, etwas löst sich in mir, wird frei und fliegt. Wenn schon ein Blick in den Wald eine kleine Erholung bewirkt, wie gut wird erst ein Spaziergang in den Wald für Körper, Geist und Seele sein. Ich kann also den Wald zu mir holen, aber ich kann auch zu ihm gehen. Da wir Klosterfrauen beschaulich leben, neigen wir dazu, auch den Wald eher zu beschauen als ihn auszukundschaften, d. h. mehr mit dem inneren Auge zu betrachten als mit dem äusseren. Trotzdem gehen auch wir hin und wieder in den Wald. Manchmal zur Erholung oder auch, um etwas zu holen, wie z. B. Kräuter, Moos, Tannenreisig für den Adventskranz oder originelle Wurzeln. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ich durch den Wald springe, oder ihn betrachtend durchwandere oder etwas hole. Gehe ich langsam, sehe und höre ich viel mehr. Ich schaue den Baum genauer an. Er hat seine Wurzeln tief in den Boden verankert. Sein Stamm ist gerade und fest, ja er scheint unerschütterlich zu sein. Von seiner Standhaftigkeit kann ich was lernen. Wir Klosterfrauen haben Stabilitas gelobt, das heisst, wir bleiben an diesem Ort, in diesem Kloster, ein Leben lang. Wir versuchen Wurzeln zu fassen, so wie der Baum. Seine Äste streckt er weit aus, als wolle er die Welt umarmen. 10

Wald – Gemeinschaft Ein ganzer Wald ist da um ihn herum. Auch das erinnert mich wieder an die Gemeinschaft im Kloster. Das gemeinsame Streben und Suchen, das gleiche Ziel schwebt uns vor Augen. Im Wald herrscht ein Miteinander, ein Füreinander, ein Zueinander. In der Gemeinschaft gilt es Rücksicht zu nehmen, aufeinander zu hören, einander zu helfen, wie im Wald bei den Bäumen. Unter seinen Ästen finden Mensch und Tier Schutz und Geborgenheit. Sein Wipfel reicht weit in den Himmel hinein. Luft und Sonne sucht er da oben. Unten aber, in der Erde, da holt er seine Nahrung. Dann trägt er Blüten und später Früchte mit Samen und sorgt dadurch für den Nachwuchs. Das ist der Baum. Er ist nicht allein. Der Wald ist eine Gemeinschaft von Bäumen. Zieht es uns deswegen zu ihm hin, wegen dieser Ähnlichkeit? Ein Baum – ein Mensch, viele Bäume – ein Wald, viele Menschen – eine Gemeinschaft. Auch im Kloster lebt man in Gemeinschaft mit anderen Menschen. Man wird von der Gemeinschaft getragen: Wenn eine leidet, leiden alle, wenn eine sich freut, freuen sich alle. Stille und Sammlung Die Stille des Waldes – die Stille des Klosters. Stille gibt Kraft, hilft zur Sammlung, Ruhe und Besinnung. Wald und Kloster haben so viel Ähnliches wie Mensch und Baum. Bereits als Kind war ich sehr gerne im Wald. Wir machten unsere Spiele – wir brauch-


ten keine Spielsachen, die Natur des Waldes bot uns alles, was wir benötigten. Wir konnten aber auch still sein und dem Rauschen lauschen, wenn der Wind durch die Äste fuhr. Mir steigt jetzt noch die Melodie eines Waldliedes auf: «Im Wald, im schöne, grüene Wald, han i es Plätzli, wo’s mer gfallt. Ich ligge deet im weiche Moos und luege, stuune bloos.» Weiter ist im Lied von Vogelgesang, vom Bach, von kleinsten und kleinen Tieren, von Steinen, Pilzen und von Tannenrauschen die Rede. Ja schauen und staunen. Staunen über die wunderbare Schöpfung. Jedes Geschöpf, auch der Baum, gibt Zeugnis von seinem Schöpfer. Da steigt die Ehrfurcht in uns auf. «Wer hat den Wald erdacht?» Er ist nicht nur zur Zierde da, er schützt den Menschen, er schützt andere Pflanzen und er schützt die Tiere. Er ist nicht nur für sich selber da, nein, eher ganz für Junger Lärchenzapfen. (Bild: Sr. Lutgarde)

die anderen, für alle. So betrachtet, gehts uns auf, welche Bedeutung er hat. Ehrfurcht vor der Schöpfung, Pflege Gott sei Dank gibt es Menschen, die den Wald schützen und pflegen, ihn mit Liebe und Sorgfalt kultivieren. Der Wald gibt uns von seinem Eigenen – der Baum liefert uns das Holz, ein vortreffliches Baumaterial. Mensch und Tier finden Nahrung im Wald. Dieser Reichtum sollte aber nicht ausgebeutet werden. Alles geschehe mit Mass, wie unser Ordensvater Sankt Benedikt in seiner Mönchsregel schreibt. Wie die Mönche und Nonnen nach der Ordensregel leben, so lebt auch der Wald nach dem Naturgesetz. Die Natur hilft sich selbst. Manchmal muss der Mensch nachhelfen, aber das will verstanden sein. Ich denke da an den Förster und seine Helfer und Mitarbeiter. Welch grosse und verantwortungsvolle Aufgabe haben sie zu bewältigen! Sie beobachten und kontrollieren, ob der Wald gesund ist. Sie müssen handeln, wenn Handlungsbedarf ist. Sie sind die Hüter des Waldes. Der Wald als Kraftspender Ich glaube, man kann sich nirgends so gut erholen, wie im Wald. Man spürt die Kraft, die hier ausgestrahlt wird. Eine wohltuende, gesunde Kraft. Nicht nur der Körper fühlt sich wohl, auch der Geist und die Seele. Man taucht ein in eine ruhige, starke und schöne Atmosphäre. Freude und Heiterkeit steigt in uns auf, und wieder kommt mir ein Lied in den Sinn: «Im Wald im hellen Sonnenschein...» Da erzählt der Dichter, wie es ihm zumute ist, sein Leid und seine Freude erzählt er den Bäumen. «Und sie verstehen mich gar fein, die Blätter alle lauschen…» Mir ist es auch schon so ergangen, ich habe dann den Eindruck, als fühle die Natur mit mir. Der Wald ist ein Kraftspender. Bündner Wald 6/2010 11


Der Wald als Heiler Unser früherer Spiritual, Pater Thomas Häberle, vom Kloster Disentis ging oft in den Wald. Kam er bei einer Lärche vorbei, nahm er jedes Mal etwas Harz auf die Zunge. Er sagte uns, wir sollen es ebenso machen, der Lärchenharz sei Medizin für Leber und Galle. Es gäbe noch manches zu erzählen, was uns der Wald alles zur Heilung gibt. Als ich noch als Kindergärtnerin tätig war, sind wir jede Woche ein- bis zweimal in den Wald spazieren gegangen. Was gab es da alles zu entdecken? Kinder sind neugierig, alles wollen sie wissen. Leider konnte ich nicht immer genaue Auskunft geben, da hätte ein Förster her müssen. Uns ging es vor allem um das Erleben, den Wald mit allen Sinnen erleben. Nirgends sind die Kinder so friedlich und gut zueinander wie im Wald. Sie beschäftigen sich den ganzen Nachmittag und können nicht genug bekommen. Platz genug, frische Luft und immer etwas Lebendiges zum Betrachten. Ameisen, Schnecken, Spinnen oder Käfer. Tannzapfen, Steine, Moos, Gräser und Äste sind ihr Spielmaterial. Glücklich waren wir im Wald, hatten auch unsere Lieblingsplätze. Ich kann mich noch gut an einen besonders krumm gewachsenen Baum erinnern, den die Kinder über alles liebten. Warum? Ich weiss es nicht, aber sie wollten immer wieder dorthin, waren hell begeistert und sprachen von «unserem Baum». Man konnte so gut auf ihm herumklettern, und es war nicht gefährlich, wenn man hinunterfiel. Dieser Baum war fast dem Boden nach gewachsen, ein Krüppel eigentlich,

aber er war der Lieblingsbaum der Kinder ! Sie konnten seine rauhe Rinde spüren, seinen Geruch einatmen und ihn umarmen wie einen Freund. Der Wald – ein kostbares Geschenk Geheimnisvoll kanns auch im Wald sein. Stille kann man da wunderbar erleben. Stille heilt. Auch beten kann man gut im Wald. Gott loben und preisen und mir ist, als beteten die Bäume mit. Das wusste schon der Psalmdichter, darum schrieb er im Psalm 150, Vers 6 : «Alles, was atmet, lobe den Herrn.» Singend durch den Wald gehen und an einen anderen Psalm denken, wo es heisst: «Jubeln sollen alle Bäume des Waldes» (Ps. 96, V. 12). Singen, beten, still sein, immer wird der Wald zum Erlebnis, solange er lebt. Immer wird er für uns der Schenkende sein und wir die Beschenkten. Dank sei dem Schöpfer. Tragen wir Sorge zu diesem Geschenk, hüten wir es wie eine kostbare Perle.

Sr. Lutgarde Honegger Clostra Son Jon 7537 Müstair konvent@muestair.ch

Sr. Domenica Dethomas Clostra Son Jon 7537 Müstair konvent@muestair.ch

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Zu Besuch bei den Waldgeistern «Mmh, wie das duftet!» Ich schliess die Augen, atme die Waldluft tief ein. Meine Zellen sind weit geöffnet und lechzen nach der frischen Luft, dem guten Klima, den bäumigen Düften. Ich kann noch so gestresst, noch so gereizt sein, nach den ersten Metern Eintauchen im Wald, in dieser Welt für sich, sind die Mühen vergessen und das Auftanken beginnt. Nicht nur Waldprodukte ergeben heilende Mittel, schon der Besuch selbst ist heilend für mich. Eine einfache Geschichte, sollte frau meinen, und doch beweist unser heutiger Lebensstil, dass wir inzwischen weit weg sind vom natürlichen Auftanken an der frischen Luft, bei den Bäumen, beim Bach ... Frau wie Mann suchen an erstaunlichen Orten nach Heilung und Stärkung. Je ausgefallener ein Angebot, desto mehr Interessenten lockt es an. Was bringts? Die Weitersuche nach noch Ausgefallenerem ... Was suchen wir denn das ganze Leben? Das Leben scheint eine Reise zu mir selbst. Ich komme mir immer näher. Am nächsten bin ich mir draussen in der wilden Natur. Ich lerne von Tieren und Pflanzen, beobachte den Lauf der Jahreszeiten, spüre die Bäume. Plagen mich schwierige Situationen, vertraue ich mich «meinem» Baum – einer alten Eiche in meiner Nähe – an. Im Zwiegespräch mit ihr erhalte ich Antworten, die in mir drinnen schlummern und sich plötzlich zeigen. Lebensweisheiten aus meiner Tiefe, aus der Verbundenheit mit der Natur, aus unserem gemeinsamen Ursprung. Nirgendwo fühle ich mich so aufgehoben, so umsorgt wie im Wald. Hier steht alles, was ich zum Leben brauche, für mich bereit. Nicht nur geistig und seelisch nährt er mich, er verwöhnt mich auch mit köstlichem Essen, gibt mir stärkende Medizin, lässt mich Vorräte für magere Zeiten sammeln und ist

«Schärmen». «Ganzheitlich» nennen wir das heute. Genau diese Ganzheit streben wir an, doch wer hat gesagt, dass wir überhaupt trennen müssen? Warum trennen wir uns selbst immer wieder vom Ursprung ab? Warum suchen wir nach Ergänzungen im Materiellen? Vielleicht male ich etwas viel Romantik in meine obigen Zeilen; die Natur hat auch ihre harten Seiten. Tatsache ist dennoch, dass wir uns das Leben einfacher machen können, wenn wir mit der Natur statt gegen sie leben. Dies heisst für mich nicht nur ein sorgsamer Umgang mit den Ressourcen pflegen, sondern auch den Austausch mit «Naturgeistern» – oder wie immer wir Energien nennen wollen, die wir nicht sehen, aber spüren. Auf Knopfdruck oder gegen Bargeld werden wir den Natur- und Waldgeistern nicht begegnen. Ziel- und zeitlos sollten wir unterPilzgeist mit Bärtli. (Bild: Alexandra Huber)

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Weinbergschnecke. (Bild: Alexandra Huber)

wegs sein, dafür offen mit allen Sinnen für alles, was uns begegnet. Im Alltagsrummel geht diese erwartungslose und terminfreie Zeit vergessen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns selbst bewusst daraus befreien und uns mit gutem Gewissen Auszeiten in der Natur gönnen. Gestärkt kehren wir in den Alltag zurück und meistern unsere Aufgaben. Der Wald ist voll von «Waldgeistern», die uns finden und begleiten. Was gibt es

Schöneres, als die ätherischen Arvendüfte einzusaugen; die bunt leuchtenden Beeren zu naschen; heimlich Tiere zu beobachten? Was gibt es Wichtigeres, als mich selbst eingebettet im Ganzen wahrzunehmen; einen Platz zu kennen, wo ich auftanken kann; einen Ort zu wissen, den ich immer, lachend wie weinend, als ich selbst aufsuchen darf? Lassen wir uns von den «Waldgeistern» an der Hand nehmen und durchs Leben führen, und wir studieren nicht mal mehr an einem Wort wie «ganzheitlich» herum. Vielleicht wird unser Leben dann «geistreich».

Alexandra Huber naturgeist Sonnacker 55, CH - 8905 Arni komm@naturgeist.ch

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Fascinaziun god – per grond e pitschen

Tuot dependa ün da tschel ed es important aint il god – sco ils fils in üna taila d’arogn. (Fotografia: PNS)

Sch’eu vegn a cleger bulais, schi es meis sguard drizzà giò sül terrain, meis ögls improvan da disferenzchar e focusar ils detagls. Impustüt las culuors brün e gielg am dan in ögl. Sch’eu vegn cul sguard forestal i’l god, schi vezza la bos-cha, lur stadi vital, lur grondezza, lur stabilità, ma eir il god, il spazi sco tal. Meis sguard es pel plü drizzà vers amunt guardond las curunas da la bos-cha. Sch’eu vegn a chatscha aint il god, schi nu duna bada ni als bulais ni a la bos-cha. Il god es sco üna culissa e meis sguard as concentrescha süls movimaints in tala – sün tuot quai na static e da culur cotschen ruina. Cun quist exaimpel salüda suvent als uffants aint il god, declerond cha god nu sia simplamaing god. Per avair ün dret god voula boscha, plantas, bes-chas e quai eir da quellas pitschnischmas. Il god dependa da blers factuors ed impustüt eir da meis sguard, da mia optica. Però bel è 'l adüna, il god! Per mai ha meis manster eir gnü diversas opticas. Pür dürant il stüdi ed impustüt dürant il practicum ch’eu n’ha absolt per part i’l Emmental, am suna gnüda consciainta, ch’eu sun ün pa üna pioniera o plütost ün’exota. Il salüd ad üna radunanza da silviculturs chantunala: «Verehrti Frou Ma-

this, liebi Manne», m’es i tras pel ed ossa. Perche cha davo quel salüd s’han bod tuot ils 120 silviculturs vouts per verer ingio o chi cha quista Frou Mathis es. Il plü jent füssa in quel mumaint sfuondrada illa terra. E meis impissamaints nu’m laschaivan pos: Na – eu nu less gnanca esser otra, na – eu nu less gnanca cumprovar cha no duonnas sapchan eir far quista lavur, na – eu less ch’eu vess imprais bos-chera ...! Ed istess suna dvantada la prüma indsche­ gnera forestala dal Grischun e per furtüna na restada l’unica. Eu nu laiva mai esser otra ed impustüt nu vessa mai acceptà privilegs. E perquai vaiva la pretaisa invers mai svess, da cumprovar ch’eu sia listessa e ch’eu sapcha far las lavuors uschè bain sco tuot meis collegas. Per mai d’eira cler ch’ün dret indschegner Tour pel man e scuvrir insembel il god – che aventüra! (Fotografia: Anna Mathis Nesa)

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forestal in muntogna sto esser ferm in privels da la natüra, in planisaziun forestala ed uschè inavant. Tadlond però a mai stess, n’haja svelt badà cha meis cour batta per tuot ün’otra direcziun. Ed eu n’ha eir bainbod badà ch’eu nun ha da cumprovar ad ingün ed impustüt na a mai svess ch’eu sia üna indschegnera degna. Tuots m’han acceptada dal prüm di da lavur sco ch’eu d’eira, sainza pregüdizis e fosas aspettativas. Esser duonna o hom aint il god nun es mai stat ün tema ed uschè n’haja bainbod pudü far quai ch’eu nu vess mai pensà da far il plü jent, nempe da dar inavant plaschair, respet, savair e mia paschiun pel god ad oters, impustüt ad uffants. Che otezza, che grossezza e che bella fuorma! / Welche Höhe, welche Dicke – so eine schöne Form! – einfach schön! (fotografia/Bild: Anna Mathis Nesa)

Eu nu sun la magistra aint il god chi quinta frontalmaing als uffants che cha’l god es e sco cha’l god funcziuna. Eu improuv cun gös, istorgias ed activitats da svagliar l’interess e da muossar detagls fascinants dal god. Cun esser autentica e quintar da mai, da mias experienzas e mias observa­ ziuns prouv’eu dad esser ün bun exaimpel e cun üna tscherta paschiun prouv’eu da dar inavant mia fascinaziun pel god. E tuot in üna jada vegnan las dumondas automaticamaing dals uffants svess ed eu nun ha dad instruir d’impersè «be» amo da dar resposta. In quels mumaints bada cha la sbrinzla ha vüdà il fö. Mia plü bella lezcha, però eir mia plü gronda sfida es in quels mumaints da chattar adüna la dretta lingua per respuonder a las dumondas dals uffants. La lingua da l’ETH, da la scienza es üna, la lingua d’ün mattet da 5 ons o d’üna giuvna da 14 ons sun tuottafat otras. Ma il cuntgnü «god» resta il listess. Co duna üna resposta güsta chi vegn eir incletta? Scha quai am gradgia schi glüschan ils ögls dals uffants ed impustüt eir meis. I nu dà nempe nüglia plü bel sco da gnir tut serius, da gnir inclet e d’avair incletta per la natüra ma eir ün per tschel sün quist muond. E quà o là nu daja sün üna dumonda neir ingünas respostas, ni da quellas logicas, ni da quellas scientificas, ni da quellas bunmarchadas – na – i dà be il MIRACUL god! Faszination Wald – für Gross und Klein Beim Pilzsammeln ist mein Blick auf den Boden gerichtet und meine Augen sind auf das Kleine fokussiert. Wenn ich mit dem Försterblick in den Wald gehe, so sehe ich die Bäume, ihren Gesundheitszustand, ihre Grösse, ihre Stabilität, aber auch den Wald als Gefüge. Mein Blick ist meist nach oben zu den Baumkronen gerichtet.

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Wenn ich im Wald auf die Jagd gehe, dann achte ich weder auf Bäume noch auf Pilze. Der Wald wird zur Kulisse, und meine Augen versuchen jede Bewegung darin wahrzunehmen. Ich achte auf alles nicht Statische und vor allem auf die rostbraune Farbe. Mit diesem Beispiel begrüsse ich oft die Kinder im Wald. Um einen richtigen Wald zu haben, braucht es viele Faktoren: Bäume, Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen, aber auch den Menschen mit seinem Blick und seiner Optik. Für mich hatte auch mein Beruf schon immer viele verschiedene Optiken. Erst während des Studiums und vor allem während des Praktikums im Emmental bin ich mir bewusst geworden, dass ich eine Art Pionierin oder eher eine Exotin bin. Die Begrüssung an einer kantonalen Försterversammlung im Kanton Bern: «Verehrti Frou Mathis, liebi Manne» hat mich irritiert. Denn danach haben sich etwa 120 Förster umgedreht, um zu sehen, wer oder wo diese Frou Mathis ist. Und meine Gedanken liessen mir keine Ruhe: «Ich will ja gar nicht anders sein – ich will ja nicht beweisen, dass wir Frauen es auch können – hätte ich nur die Forstwartlehre gemacht ...!» Und trotz allem bin ich die erste Forstingenieurin Graubündens geworden und zum Glück nicht die einzige geblieben. Ich wollte nie anders sein, und vor allem hätte ich nie Privilegien akzeptiert. So hatte ich den Anspruch mir selber zu beweisen, dass ich meinen Kollegen ebenbürtig bin. Ein Forstingenieur im Gebirge muss stark sein in Naturgefahren, forstliche Planung usw… Ich habe aber schnell gemerkt, dass mein Herz für eine ganz andere, nicht so ingenieurmässige Arbeit schlägt. Ich habe auch bald gemerkt, dass ich niemandem und vor allem nicht mir selber beweisen muss, eine «echte» Ingenieurin zu sein.

Alle haben mich vom ersten Arbeitstag an akzeptiert wie ich war, ohne Vorurteile und falsche Erwartungen. Mann oder Frau sein war nie ein Thema, und so habe ich das gemacht, was ich nie gedacht hätte, am liebsten zu tun: Nämlich meine Freude, mein Respekt und mein Wissen über den Wald weiterzugeben. Ein Blick aus dem Waldfenster. (Bild: Anna Mathis Nesa)

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Ich bin nicht die Lehrerin, die den Kindern im Wald Frontalunterricht erteilt. Ich versuche anhand von Geschichten, Spielen und anderen Aktivitäten das Interesse zu wecken und faszinierende Details im Wald zu zeigen. Indem ich authentisch bin und auch viel von meinen Erfahrungen und Beobachtungen erzähle, versuche ich meine Leidenschaft und meine Faszination für den Wald weiterzugeben. Und auf einmal fragen die Kinder von selbst, und ich muss nicht mehr unterrichten, sondern «nur» noch antworten. In solchen Momenten merke ich, dass sich ein kleines Feuer entfacht hat. Meine schönste, aber auch meine schwerste Aufgabe ist in solchen Momenten, die nicht nur richtige, sondern auch verständliche Antwort zu geben. Die Sprache der ETH, die Sprache eines fünfjährigen Kindes oder einer vierzehnjährigen Jugendlichen sind

grundverschieden. Der Inhalt «Wald» bleibt jedoch derselbe. Wenn mir dies gelingt, glänzen nicht nur die Augen der Kinder, sondern auch meine. Es gibt nichts Schöneres, als ernst genommen und verstanden zu werden. Und es ist faszinierend, die Natur zu verstehen und Verständnis dafür zu haben, Verständnis für die Natur, aber auch für die Menschen, für unsere Welt. Und hie und da gibt es keine Antwort auf eine Frage, weder eine logische, noch eine wissenschaftliche, noch eine billige – nein – da gibt es nur das WUNDER Wald!

Anna Mathis Nesa Indschegnera forestala independenta

Bagnera 176, CH-7550 Scuol mathis-nesa@gmx.ch

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Arbeiten im Wald des Schweizerischen Nationalparks

Schöner Wald im Herbst in der Val Trupchun. (Bild: SNP)

Der Schweizerische Nationalpark und sein Wald Im Schweizerischen Nationalpark ( SNP ) sind Tiere, Pflanzen, Lebensräume und natürliche Prozesse seit bald 100 Jahren vor menschlichen Einflüssen geschützt. Hier darf Natur einfach Natur sein – der Mensch steht im Hintergrund und ist Zeuge der dynamischen Prozesse, die dieser alpinen Landschaft ihren unvergleichlichen Charakter verleihen. Die wissenschaftliche Forschung ermöglicht es, die natürlichen Prozesse zu verstehen. Der SNP ist ein grosses Freiluftlaboratorium, in dem wir beobachten und verstehen können, wie sich die Natur ohne menschliches Zutun entwickelt. Die Wälder nehmen rund einen Drittel der Fläche des SNP ein. Davon sind ein Drittel Legföhrenwälder. Zwei Drittel sind Wälder mit aufrecht wachsenden Bäumen; deren

Aufbau und Entwicklung begannen Wissenschaftler bald nach der Gründung des SNP zu erforschen. Huftiereinfluss auf die Waldverjüngung Der Rothirsch findet im SNP ganzjährig Schutz vor menschlicher Störung und im Sommer ausreichend Nahrung. Sie lassen sich deshalb auch tagsüber und während der Brunft auf offenen Flächen oberhalb der Waldgrenze beobachten. Rund 1500 Rothirsche leben während maximal fünf Sommermonaten im SNP. Nach der Brunft verlassen die meisten Rothirsche Mitte Oktober den Park und überwintern an den Sonnenhängen im Engadin, Val Müstair und Vinschgau. Durch Verbiss oder Fegen/Schlagen mit Geweih oder Hörnern vermögen Huftiere und andere Wildtiere den Verjüngungserfolg der Bündner Wald 6/2010 19


Röhrender Rothirsch während der Brunft. (Bild: SNP)

Baumarten zu beeinflussen. Kontrollzäune dienen dazu, die Entwicklung der Waldverjüngung im frühen Jugendstadium mit und ohne Einfluss der Huftiere zu erforschen und die potentiell mögliche mit der tatsächlich vorhandenen Verjüngung zu vergleichen. Im Jahr 1992 wurde in der Val Trupchun im SNP Vergleichsflächenpaare zur Dauerbeobachtung der Waldverjüngung eingerichtet. Jeweils eine Fläche pro Paar wurde mit einem huftierdichten Zaun versehen. Das Ergebnis war eine höhere Wachstumsgeschwindigkeit auf der gezäunten Fläche im Vergleich zur ungezäunten Fläche, was als Folge von Verbiss gedeutet werden kann. Zudem wurden in den Jahren 1991/ 92 und 2003 die Stammzahlen der jungen Bäumchen (vorjährige Keimlinge bis 130 cm hohe Jungbäume), Verbiss und Stammverletzungen sowie eine Anzahl ökologischer Standortfaktoren erhoben. In diesem Zeit-

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raum wuchs die Stammzahl der Verjüngung (Arve, Lärche und Fichte) im Durchschnitt um 82 % an und die Zahl der Probeflächen mit Jungwuchs erhöhte sich von 50 % auf 58 %. Die Verbissrate war angesichts der hohen Huftierdichten mit 6 bis 10 % gering, und Individuen aller drei Hauptbaumarten waren in der Lage, bis in die höchste im Rahmen der Studie erhobene Entwicklungsstufe ( 100 bis 130 cm) aufzuwachsen. Auch Stammverletzungen durch Schlagen und Fegen fielen nicht ins Gewicht. Als Schlussfolgerung dieser Projekte kann gezogen werden, dass die Huftiere einen Einfluss auf die Verjüngung ausüben können. Unbesehen bleibt dabei, dass andere kritische Standortfaktoren unter Umständen mehr zum Ausbleiben respektive zum Ausfall der Verjüngung beitragen können als die Huftiere. Die Verjüngungsdynamik wird durch die Huftiere möglicherweise gebremst, aber nicht unterbunden, und so findet im Gebiet offenbar eine langsame Wiederbewaldung statt, wie sie im SNP auch andernorts auf offenen Flächen beobachtet wird.

Seraina Campell, Wildbiologin Schweizerischer Nationalpark Chastè Planta-Wildenberg CH-7530 Zernez


Herausforderungen im Forstdepartement Das Leben und seine Qualität sind in der Gemeinde Untervaz untrennbar mit dem Wald verbunden. Frei und doch liebevoll geborgen am Fusse des mächtigen Calanda, liegt das Dorf in einem grünen Schoss. Als ich im November 2003 in den Gemeindevorstand der Gemeinde Untervaz gewählt wurde, war mir noch nicht bewusst, dass ich das Departement Forst- und Landwirtschaft übernehmen werde. Frauen können doch meistens zwischen den Departementen Bildung oder Soziales wählen, dachte ich? An der ersten Vorstandssitzung im Januar wurde die Departementsverteilung gemacht. Schnell war mir klar, dass die wiedergewählten Gemeindevorstandskollegen ihre Departemente behalten, und als «Neue» wurde mir das Departement Forst- und Landwirtschaft zugeteilt. Meine ersten Gedanken danach waren: Was denkt unser Förster und seine Mitarbeiter, wenn sie als Waldchefin eine Frau haben? Ich jedenfalls freute mich auf die neue Herausforderung in einem Departement, das mich bis dahin sehr wenig beschäftigt und interessiert hatte. Für mich war der Untervazer Wald Erholungsraum, Spielplatz für die Kinder und Wandergebiet. Unser Wald ist sehr gut erschlossen mit vielen gut begehbaren Wegen. Ich machte mir keine Gedanken darüber, was diese Infrastruktur unsere Gemeinde kostet. Sie war einfach vorhanden. Forstgruppe Untervaz Zu unserer Forstgruppe gehören: ein Förster, ein Forstwartvorarbeiter, ein Forstwart, ein angelernter Forstwart und Maschinist und ein bis zwei Lernende. Der jährliche Hiebsatz beträgt 3000 m3. Aufgaben Kernaufgaben der Forstgruppe sind die Holzerei, die Jungwaldpflege, der Unterhalt

von Schutzbauten sowie der Unterhalt des Waldwegnetzes. Daneben werden Arbeiten für Dritte erledigt und verschiedene Holzerzeugnisse auf Bestellung produziert. Mit der Unterstützung des Werkdienstes ist die Forstgruppe im Einsatz in allen Bereichen unserer Gemeinde gefordert. Zu einer weiteren Aufgabe gehört die permanente Einsatzbereitschaft der Forstgruppe als schnelle «Eingreiftruppe», sei es bei Unwettern oder anderen Vorkommnissen. Mit der grossen Unterstützung und Geduld unseres Försters Hanspeter Philipp konnte ich langsam meine Kenntnisse über die Waldwirtschaft verbessern. Mit welchen Problemen ein Forstbetrieb in einer Gemeinde zu kämpfen hat und wie die Bevölkerung Anteil an Arbeiten und Veränderungen nimmt, wurde mir erst jetzt bewusst. In unserer Gemeinde wird der Forst sehr genau beobachtet und zum Teil sehr unqualifiziert kritisiert. Ein grosses Diskussionsthema sind immer wieder die Finanzen, ein Teil der Bevölkerung kann nicht verstehen, weshalb Forstwirtschaft ein defizitäres Unternehmen der Gemeinde ist. Immer wieder muss erklärt werden, warum jetzt Holzschläge nicht mehr sauber geräumt werden und weshalb gewisse Wald- und Bergwege wegen Unterhalt zeitweise gesperrt werden müssen. Mit klärenden und interessanten Gesprächen kann auf die Probleme und Anliegen der Forstwirtschaft aufmerksam gemacht werden. Zukunftsprojekt Neue Projekte werden immer sehr skeptisch, aber auch interessiert wahrgenommen. Zurzeit ist unsere zum Teil neue Wegführung der Forstwegerschliessung Hintere Alp in der Vernehmlassung. Unser Rundholz musste bis jetzt immer vortransportiert werden, da die recht steile Bergstrasse keine Bündner Wald 6/2010 21


Forstgruppe Untervaz. (Bild: Heidi Kohler)

schweren Holztransporte erlaubt. Mit der Verbreiterung eines zum Teil bestehenden Forstweges und eben mit kleineren Wegstrecken, die neu angelegt werden müssten, könnte das Holz direkt aus dem Wald ohne Vortransport geholt werden. Das Wegprojekt hat mir die Komplexität einer vermeintlich unproblematischen und technisch einfachen Erschliessung aufgezeigt. Es geht von Einfluss und der Zusammenarbeit der kantonalen Ämter untereinander bis hin zum Vorgehen von einzelnen Privaten, wie sie ihre Interessen vertreten.

Jogging und Wandern. Unsere Waldwege werden deshalb durch die Forstgruppe gut unterhalten und geräumt. Auch wird darauf geachtet, dass die Querabschläge ebenerdig verlegt sind und auch sonst nichts die zum Teil rasanten Fahrten behindert. Unsere Bevölkerung hält sich sehr gerne im Wald auf, sei es zur Erholung oder auch aus gesundheitlichen Gründen. Sie schätzen die saubere Luft, die Gerüche. Das ausgeglichene Waldinnenklima zeichnet sich durch eine höhere Luftfeuchtigkeit und angenehme Kühle im Sommer aus. Dem Wald wird ausserdem eine positive Wirkung auf die psychische Verfassung und Möglichkeit zur Pflege des Soziallebens bescheinigt. Jäger, Sammler und eine Waldspielgruppe trifft man oft bei jedem Wetter zum Abenteuer Wald. Für ausgedehnte Spaziergänge und Wanderungen ist der Wald der Gemeinde Untervaz ideal. Wildtiere und seltene Vögel können beobachtet werden. Damit unser Wald auch weiterhin so intensiv genutzt werden kann, braucht es einen Förster und eine Forstgruppe, die unter anderem diese Aktivitäten ermöglichen. Mein Departement Forst- und Landwirtschaft macht mir dank der guten Zusammenarbeit auch nach sechs Amtsjahren noch sehr viel Freude und noch immer erfahre ich Neues und Interessantes aus dem Wald.

Heidi Kohler, Wahlfach-Chefin

Der Wald als Naherholungsgebiet Immer mehr Menschen nutzen den Wald auch zu sportlicher Betätigung wie beispielsweise Mountainbiking, Nordic Walking,

Gemeinde Untervaz Industriestrasse 5 CH-7204 Untervaz

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Deformationsmessungen mittels terrestrischem Laserscanning Blockgletscher Aktive, kriechende Blockgletscher sind eine typische Geländeform in alpinen Permafrostgebieten und ein sichtbarer Beweis, dass Eis im Boden vorhanden ist. Sie bestehen aus einer Mischung aus Steinen und Eis und kriechen langsam talwärts. Dank einer mehrheitlich vegetationslosen, grobblockigen und gewölbten Oberfläche mit deutlichen Kriechformen sind sie leicht erkennbar. Typischerweise sind aktive Blockgletscher wegen ihrem hohen Eisgehalt an den Rändern und an der Stirn sehr steil, zudem wird dort das talwärts beförderte Geschiebe wieder aus dem Eisverbund gelöst und bildet so häufig instabile Hangbereiche. Messort Foura da l’Amd Ursina Der Blockgletscher Foura da l’Amd Ursina oberhalb Pontresina befindet sich im Kar zwischen dem Grat Muot da Barba Peider, dem Piz Muragl und den Felstürmen Las Sours. Sein Hauptnährgebiet befindet sich am Fuss des Piz Muragls, wo Schnee- und Lawinenreste regelmässig von Felsstürzen überdeckt werden. Die steile Stirn des Blockgletschers befindet sich auf 2700 m ü. M. im obersten Sektor der ValGiandains-Rinne, 900 Höhenmeter oberhalb des 2003 gebauten Schutzdamms in Pontresina. Sie wird von zwei stark frequentierten Wanderwegen durchzogen. Bohrlochtemperaturmessungen an der Stirn zeigen, dass die Auftauschicht im Sommer 5 m mächtig ist und dass der Permafrost darunter warm ist (knapp unter 0 °C). Von einem Blockgletscher ausgehende, schnelle Massenbewegungen wie Murgänge haben ihren Ursprung stets in dieser sommerlichen Auftauschicht. Deren Mächtigkeit im Bereich der Stirn bildete daher die Grundlage für die Dimensionierung des Schutzdamms (Keller et al. 2002 ).

Messungen Im Auftrag des Amts für Wald Graubünden hat das SLF 2009 angefangen, den Blockgletscher mit einem terrestrischen Laserscanner zu vermessen. Ziel dessen war es, die Kriechraten des Blockgletschers Ursina zu quantifizieren und allfällige Volumenänderungen oder Verschiebungen im Bereich der steilen Stirn zu überwachen. Diese Messungen ergänzen die Luftbildanalysen (Kääb, 1999 ), die Bohrlochdeformationsmessungen (Arenson et al. 2002 ) und die Temperaturmessungen ( PERMOS 2010 ), die in den letzten 20 Jahren auf diesem Blockgletscher durchgeführt wurden. Terrestrisches Laserscanning Terrestrisches Laserscanning ist eine relativ junge Messmethode mit grossem Potential. Das Verfahren liefert hochaufgelöste und hochpräzise Geländemodelle in Form von 3D-Punktwolken. Die flexible und einfache Anwendung liessen seine praktische Bedeutung in den letzten Jahren stark anwachsen. Das Messverfahren basiert auf der Laufzeitmessung kurzer Laserimpulse, welche von der Geländeoberfläche reflektiert und von der Sensoreinheit des Scanners wieder erfasst werden. Über die so erhaltene Distanz des Reflektionspunktes und die gleichzeitige Winkelmessung werden Polarkoordinaten der Oberflächenpunkte gewonnen. Mit dem von uns verwendeten «Long Range Laserscanner» LPM321 der Firma Riegl ist es möglich, bis zu 1000 solcher Punkte pro Minute in einer Auflösung von ca. 3 cm auf 100 m aufzunehmen. Objekte können bis auf 6000 m Entfernung erfasst werden. Über eine im Scannersystem orientierte Kamera ist es zudem möglich, auf die Punktwolke referenzierte Bilder des Scanobjektes aufzunehmen, was eine einfachere Interpretation der Ergebnisse erlaubt. Bündner Wald 6/2010 23


dinaten im jeweiligen Scannersystem. Über die so erhaltenen Referenzpunkte können die Messungen nun in ein gemeinsames Koordinatensystem transformiert werden. Die Zielmarken im Gelände wurden von uns zudem tachymetrisch eingemessen, sodass uns deren Koordinaten und folglich auch unsere Punktwolken im Schweizer Landeskoordinatensystem vorliegen.

Abb. 1. Standort 1 auf einer Steinmauer mit Blick Richtung Blockgletscherstirn im oberen Bereich des Val Giandains. Im Hintergrund der Grat Muot da Barba Peider auf dem sich Standort 2 befindet. (Bild: Marcia Phillips)

Referenzierung Zunächst liegt die Punktwolke nur in einem scannereigenen Koordinatensystem vor, welches sich folglich mit jeder neuen Ausrichtung des Gerätes ändert. Um die Messungen vergleichen zu können müssen sie dementsprechend erst aufeinander referenziert und für den Vergleich mit externen Daten schliesslich georeferenziert werden. Dazu nutzen wir reflektierende Zielmarken, welche wir dauerhaft im Gelände platziert haben. Diese Zielmarken werden vor oder nach jeder Messung manuell anvisiert und vom Gerät in höchster Auflösung gescannt. Der Reflexionsschwerpunkt in diesem Feinscan bildet die Reflektorkoor24

Umsetzung vor Ort Um am Blockgletscher Foura da l’Amd Ursina sowohl die Blockgletscherstirn, welche aufgrund ihres Gefahrenpotentials besondere Bedeutung für unserer Messung hat, als auch den gesamten Rest des Blockgletschers in einer guten Aufnahmegeometrie scannen zu können, wählten wir zwei unterschiedliche Messstandorte. Standort 1 befindet sich auf einer der alten Lawinenverbauungsmauern westlich der Blockgletscherstirn. Der Geräteaufbau wurde hier über ein – ob der langen Messdauer – speziell fixiertes Stativ realisiert (Abb. 1 ). Standort 2 befindet sich auf dem Grat südlich des Blockgletschers, dem sogenannten Muot da Barba Peider. Aufgrund des steilen Geländes und der häufig starken Winde montierten wir hier einen Stativkopf im Fels, welcher eine bestmögliche Gerätestabilität garantiert. Ein Überblick über Standorte, verwendete Reflektormarken und die Scanbereiche findet sich in Abbildung 2. Datenauswertung Die erhaltenen Punktwolken wurden zunächst in ein Geoinformationssystem ( GIS ) geladen und in Rasteroberflächen umgewandelt. Diese Rasteroberflächen konnten nun untereinander oder beispielsweise mit Luftbilddaten verglichen werden. Über die Differenz der Raster konnten Oberflächenveränderungen deutlich gemacht und quan-


tifiziert werden. Mithilfe von vier redundanten Messungen der Blockgletscherstirn war es möglich, selbst sehr kleinräumige Veränderungen mit einer Signifikanzschwelle von 2 cm zu erkennen. Aufgrund höherer Zielweiten liegt dieser Wert in den restlichen Bereichen bei ca. 5 cm. Schliesslich befreiten wir die Geländemodelle über einen Hochpassfilter von ihrer groben Topografie, sodass lediglich die hochfrequente Oberflächenstruktur des Blockgletschers übrig blieb. Diese wurde in Grauwerte skaliert und mittels Kreuzkorrelation wurden die Grauwertbilder verschiedener Messepochen aufeinander angepasst. Die Verschiebungsvektoren der einzelnen Korrelationsfenster repräsentieren somit jeweils die Fliessbewegung des Blockgletschers an dieser Stelle zwischen den Messepochen.

Ergebnisse Die Ergebnisse unserer Messungen können in erster Linie als momentaner Stabilitätsnachweis für den sicherheitsrelevanten Stirnsektor des Blockgletschers gewertet werden. Massenbewegungen finden hier derzeit nur in Form von kleineren Rutschungen und Stürzen, höchstwahrscheinlich zum Zeitpunkt der Schneeschmelze statt. Zwischen den Jahren 2009 und 2010 konnten wir so ein Sturzvolumen von ca. 4 m3 in der Stirn beobachten. Grossflächige Veränderungen, wie Sackungen oder eine Versteilung der gesamten Blockgletscherstirn, wel che auf eine Destabilisierung grösserer Hangbereiche hindeuten könnten, wurden durch die Messungen ausgeschlossen. Einen Überblick über die Veränderungen in der Blockgletscherstirn liefert Abbildung 3.

Abb. 2. Orthofoto des Messortes mit Übersicht der Messkonfiguration. Die gelben Punkte bezeichnen die reflektierenden Zielmarken. (Bild: swissimage©2010, swisstopo DV033594)

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Durch Zufall konnte hingegen ein etwas grösserer Felssturz ausserhalb des Permafrostes, aber in unmittelbarer Nähe der Blockgletscherstirn beobachtet werden. Wie in Abbildung 3 und 4 zu sehen, stürzten unterhalb des Höhenweges zwischen Alp Languard und Segantinihütte ca. 273 m3 Fels in das Tobel des Val Giandains. Im Falle eines Murgangs würde dieses Material als zusätzliches Geschiebe zur Verfügung stehen. Die Kriechgeschwindigkeiten, welche wir auf dem bereits beschriebenen Weg in den restlichen Teilen des Blockgletschers erhalten haben, bestätigen die derzeitige Stabilität der Blockgletscherstirn. Es zeigte sich, dass der Blockgletscher räumlich nicht gleichmässig kriecht, sondern sehr differenzielle Kriechgeschwindigkeiten vorlie-

gen. Deutlich ausgeprägte Zungen in der Blockgletschermitte krochen zwischen 2009 und 2010 mit bis zu 20 cm am schnellsten vorwärts. Im unteren Bereich des Blockgletschers hingegen, an welchem sich direkt die Stirn anschliesst, liegen die Bewegungsraten unterhalb der Signifikanzschwelle der Messungen von 5 cm (Abb. 5 ). Damit stimmt die Verteilung der besonders dynamischen Bereiche gut mit den Ergebnissen von Kääb ( 1999 ) überein, welcher Kriechbewegungen aus mehrjährigen Luftbildaufnahmen berechnet hat. Die maximalen Bewegungsraten liegen in dieser Studie aber unter 10 cm pro Jahr. Diese Differenz kann auf mehrere Ursachen zurückzuführen sein. Einerseits auf eine langfristige Beschleunigung der Bewegung in den entsprechen-

Abb. 3. Rutschungen und Stürze in der Blockgletscherstirn. Blau und Rot sind Abtragungs-, bzw. Ablagerungorte. Links der Felssturz unterhalb des Weges (siehe Abb. 4) (Bild: swissimage ©2010, swisstopo DV033594)

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den Bereichen, etwa durch eine Erwärmung oder durch Vorstoss eisreicher Bereiche in steileres Terrain. Anderseits wurde durch Kääb die mittlere Geschwindigkeit über 20 Jahre erfasst, unsere Messungen unterscheiden sich jedoch nur um ein Jahr. Somit könnte dem Unterschied, wie Delaloye et al. ( 2010) schreiben, auch jährliche Variabilitäten der Kriechraten zugrunde liegen, hervorgerufen durch saisonale Faktoren wie Wasserhaushalt oder Jahresmittel der Oberflächentemperaturen. Mehrjährige Messungen werden hier Aufschluss geben können. Zusammenfassung und Ausblick Terrestrisches Laserscanning erwies sich bei den Deformationsmessungen sowohl an diesem als auch an vergleichbaren Mess­ orten (Blockgletscher und Felswände im Permafrost) als sehr wirkungsvolles Instrument zur flächendeckenden Erfassung selbst kleinster Veränderungen im Gelände. Es ist sehr flexibel und einfach einzusetzen und bietet im Vergleich zu anderen Messsystemen ein deutlich besseres PreisLeistungs-Verhältnis. Im Vergleich zur hier zitierten Luftbild-Fotogrammetrie stellt das Verfahren einen enormen Genauigkeitssprung dar. Innerhalb eines Jahres konnten so, in Aussage und Genauigkeit, gleich-

wertige Ergebnisse erzielt werden, für die fotogrammetrisch eine Messdauer von 20 Jahren nötig war. Daraus resultieren zeitlich deutlich höher aufgelöste Messergebnisse, von denen vor allem das Risikomanagement profitiert. Zeit- und arbeitsintensiver ist dabei nur der Aufbau speziell auf den Messort angepasster Nachbearbeitungsund Auswertealgorithmen. Deren homogene Anwendung über alle Messungen kann aber die Genauigkeit der Daten bis um eine Grössenordnung steigern. Weitergehende, von uns erzielte Forschungsergebnisse zeigen, dass selbst eine Kombination beider Verfahren möglich ist. Somit können in akuten Gefahrensituationen durch Hinzuziehen von älteren Orthofotos Aussagen etwa über erhöhte Kriechbewegungen auch bereits anhand von Laserscan-Nullmessungen getroffen werden. Die von uns begonnenen Überwachungsmessungen sollen somit zu einem genaue­ren Grundverständnis der dynamischen Prozesse eines Blockgletschers beitragen und helfen, mögliche Gefahrensituationen frühzeitig erkennen zu können. Literatur: Arenson, L., Hoelzle, M. and Springman, S. (2002). Borehole deformation measurements and internal structure of some

Abb. 4. Felssturz im Ausmass von 273 m3 in der Val Giandains Rinne, 2010. Bild links: vor dem Ereignis, 2009. (Bild: Marcia Phillips)

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Abb. 5. Fliessgeschwindigkeiten des Blockgletschers Foura da l’Amd Ursina zwischen den Jahren 2009 und 2010. (Bild: Marcia Phillips)

rock glaciers in Switzerland. Permafrost and Periglacial Processes, 13: 117-135. n Delaloye R., Lambiel C., Gärtner-Roer, I. (2010). Overview of rock glacier kinematics research in the Swiss Alps. Geographica Helvetica, 2, 1-11. n Kääb A. (2000). Photogrammetry for early recognition of high mountain hazards: New techniques and applications. Physics and Chemistry of the Earth, Part B: Hydrology, Oceans and Atmosphere, Volume 25, Issue 9, p. 765770. n Keller, F., Haeberli, W., Rickenmann, D. & Rigendinger H. (2002). Dämme gegen Naturgefahren - Bau von Schutzdämmen gegen Rüfen und Lawinen in Pontresina. tec 21, 17: S.13-17. n PERMOS (2010). Permafrost in Switzerland 2006/2007 and 2007/2008. Noetzli J. and Vonder Muehll

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D. (eds.), Glaciological Report No. 8/9 of the Cryospheric Commission of the Swiss Academy of Sciences, 68 pp.

Robert Kenner WSL-Institut, SLF Flüelastrasse 11 CH-7260 Davos Dorf

Marcia Phillips WSL-Institut, SLF Flüelastrasse 11, CH-7260 Davos Dorf phillips@slf.ch


Eine Frau, die sich nicht verirrt Frau Simone Niggli-Luder, mit 17 WMTiteln zählen Sie zu den absolut erfolgreichsten Schweizer Sportlerinnen. Zu Ihren zahlreichen Erfolgen auf nationaler und internationaler Ebene möchte ich Ihnen herzlich gratulieren. Ihre Sportart üben Sie in der freien Natur und dabei oft auch in den Wäldern dieser Welt aus. Ich wage zu behaupten, dass sich noch kaum eine/r unserer LeserInnen in so vielen verschiedenen Wäldern dieser Erde bewegte, wie Sie es tun. Bei Aktivitäten im Wald – egal ob bei der Arbeit oder in der Freizeit – begegnet man manchmal auch anderen Nutzern der Natur und dabei entstehen sowohl Konflikte wie auch interessante oder sogar freundschaftliche Bekanntschaften. Ich möchte mich gerne ein wenig mit Ihnen über Erlebnisse und Ansichten in unseren Wäldern unterhalten. Frau Niggli-Luder, In Ihrem Trainingsgebiet kennen Sie den Wald wahrscheinlich ebenso gut wie der dortige Förster. Ich denke, es gibt wohl auch keinen Wald, in welchem Sie sich verlaufen könnten. Ist das so, oder hatten Sie im Wald schon einmal das Gefühl, die Orientierung verloren zu haben? Natürlich! Vor allem wenn ich ohne Karte (und Kompass) in den Wald steche, kann es schon vorkommen, dass ich plötzlich nicht mehr weiss, wo der Weg zurück führt. Sicherlich habe ich auch ohne Hilfsmittel einen guten Orientierungssinn, aber manchmal lässt mich dieser auch im Stich, wenn ich nicht konzentriert bin. Was bedeutet für Sie der Aufenthalt im Wald (Trainings und Wettkämpfe ausgeklammert)? Bedeutet das für Sie auch so etwas wie Freiheit oder empfinden Sie im Wald ein bestimmtes Wohlbefinden?

Simone Niggli-Luder unterwegs zum 2. Platz beim Final der Mitteldistanz am 14. August 2010, an den Orientierungslauf Weltmeisterschaften in Trondheim, Norwegen. (Bild: PHOTOPRESS/Alexandra Wey)

Ich fühle mich im Wald ganz einfach wohl. Die Atmosphäre im Wald ist ganz besonders, das Rauschen des Laubes, das Zwitschern der Vögel, das Knacken im Gebüsch. Bevorzugen Sie eine gewisse Jahreszeit im Wald? Es hat jede Jahreszeit ihre Reize. Besonders gut gefällt es mir im Herbst. Weshalb? Weil da die Blätter verfärbt sind und auch die Luft schön frisch ist. Der Forstdienst bewirtschaftet den Wald. Ergeben sich für Sie manchmal auch Bündner Wald 6/2010 29


rend dem Trainieren gelaufen bin. Aber nur, wenn ich höre oder sehe, dass keine Arbeiten vor sich gehen.

Simone Niggli-Luder freut sich über Ihren Sieg nach dem Final der Langdistanz am 12. August 2010, an den Orientierungslauf Weltmeisterschaften in Trondheim, Norwegen. (Bild: PHOTOPRESS/Alexandra Wey)

spontane Gespräche mit Förstern oder Forstwarten? Es ist auch schon vorgekommen, dass ich während eines Trainings einem Förster begegnet bin. Meistens kennen sie mich und wissen auch, was OL ist. Wenn man einen Wettkampf organisiert, sucht man auf jeden Fall den Kontakt zum Förster. Heute wird der Wald oft mit grossen Maschinen bewirtschaftet. Was denken Sie, wenn Sie diese Maschinen im Wald arbeiten sehen? Es sieht schon nicht sehr «schön» aus, wenn die grossen Maschinen ganze Waldteile roden. Aber das Ganze geschieht ja nach Plan und ist wohlüberlegt. Waldarbeit ist nicht nur für das Forstpersonal gefährlich, sondern auch für alle anderen, die sich in unmittelbarer Nähe dieser Arbeit aufhalten. Hand aufs Herz, respektieren Sie die Absperrungen des Forstdienstes konsequent? Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich auch schon über solche Abschrankungen wäh30

Viele Leute treiben im Wald gerne Sport. Wie erleben Sie den Wald? Wer auf Ihrem Niveau Wettkampfsport betreibt, dem bleibt während dem Wettkampf keine Zeit für Beobachtungen. Haben Sie während eines Trainings einmal Zeit dazu, den Wald ein wenig zu betrachten oder sogar innezuhalten und dem Wald zuzuhören? Auf jeden Fall! Ich erlebe den Wald ganz intensiv, auch während Wettkämpfen. Natürlich habe ich dort keine Zeit, um genau hinzuschauen, aber die ganze Atmosphäre im Wald kann ich gut aufnehmen. Im Training kann es schon vorkommen, dass ich kurz anhalte, um etwas Spezielles zu betrachten. Schön finde ich immer die Wahrnehmung der verschiedenen Jahreszeiten, die man im Wald ganz besonders spürt. Trifft man Simone Niggli-Luder auch einmal beim Sammeln von Beeren oder Pilzen im Wald? Vor allem in Skandinavien habe ich schon oft Beeren gesammelt. Dann gehören Sie also auch zu jenen Leuten, die im Wald manchmal einige Beeren direkt ab dem Strauch geniessen? Ja. Es gibt Leute, welche diese Früchte wegen des Fuchsbandwurms niemals ohne sie gründlich gewaschen zu haben, essen würden, und dies auch ihren Kindern verbieten. Wie stehen Sie persönlich dieser «Gefahr» gegenüber? Das hindert mich nicht, einige Beeren im Wald zu essen.


Welche Beeren und welche Pilze geniessen Sie am meisten? Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren. Bei Pilzen kenne ich mich zu wenig aus, diese kaufe ich im Laden. Welche Waldformen bevorzugen Sie persönlich fürs Training und welche einfach nur für einen Spaziergang mit Ihrer Familie oder mit Bekannten? Da gibt es keinen Unterschied. Für einen Spaziergang eignet sich der flache Auenwald bei Münsingen der Aare entlang. Fürs Training gehe ich eher in die Hügel, z. B. auf den Hürnberg. Waren Sie auch als Kind schon oft im Wald unterwegs? Ja, wir waren mit der Familie viel im Wald spazieren, spielen etc. Wir haben auch oft Wanderferien gemacht. Zudem haben mich meine Eltern schon bald an OLs mitgenommen und der « OL-Virus» hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.

zensport – Wald einmal ausklammern dürfen)? Der Wald ist die «grüne Lunge» unserer Welt, das ist einer der wichtigsten Aspekte! Welches war Ihre netteste Bekanntschaft, welche Sie im Wald machten? Ich treffe ab und zu auf Tiere, wie z. B. Eichhörnchen, Rehe oder auch einmal ein Wildschwein oder einen Elch. Haben Sie einen Zukunftswunsch, den Sie an den Forstdienst richten möchten? Ich wünsche mir, dass unserem Wald Sorge getragen wird und dass die verschiedenen Interessengemeinschaften ein NebeneinanSimone Niggli-Luder zeigt ihre beiden Goldmedaillen und die Silbermedaille am 15. August 2010, an den Orientierungslauf Weltmeisterschaften in Trondheim, Norwegen. (Bild: PHOTOPRESS/Alexandra Wey)

Ich nehme an, dass Sie auch mit Ihrer Familie Zeit in der Natur verbringen. Auf welche Art bringen Sie Ihrer Tochter die Natur näher? Wir gehen oft mit unserer Tochter nach draussen und lassen sie die Natur selbst erleben und erforschen. Es ist schön zu sehen, wie sie an kleinen Sachen wie z. B. einem farbigen Blatt oder einem Schneckenhaus Freude hat. Wir versuchen ihr, so viel wie möglich von der Vielfalt der Natur zu zeigen. Der Wald hat verschiedene Funktionen und der Mensch zieht in den unterschiedlichsten Formen seinen Nutzen daraus. Welcher Aspekt des Waldes ist für Sie der wichtigste (wenn wir den Bezug SpitBündner Wald 6/2010 31


der finden, welches auch gut für den Wald selbst ist. Sie kennen viele Wälder auf der ganzen Welt. Wo liegt der Wald, der Ihnen am besten gefällt? Das ist eine schwierige Frage. Spontan kommt mir der Wald «Tynset» in Norwegen in den Sinn. Weshalb gefällt Ihnen gerade dieser Wald am besten und was ist daran so speziell? Ich habe dort einmal einen OL-Wettkampf gehabt. Gleich nach dem Start hatte ich das Gefühl, in einer Mondlandschaft zu sein. Der ganze Boden war bedeckt mit weissem Moos, und es war wunderbar schön, dort zu laufen.

Wussten Sie, dass das Arvenholz im Wohnbereich einen positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden hat? Nein. Ich komme zu meiner letzten Frage. Welches ist Ihre persönliche Lieblingsbaumart? Mir imponiert die Eiche. Sie steht so kräftig auf dem Boden und hat sehr schön geformte Blätter. Frau Niggli-Luder, ich bedanke mich herzlich für das freundliche Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin viel sportlichen Erfolg, alles Gu-te und mit Ihrer Familie viele schöne und erholsame Stunden in unseren Wäldern.

Jörg Clavadetscher, Redaktor

Einige Hochtäler des Kantons Graubünden kann man zur Heimat der Arve zählen. Kennen Sie diesen Baum und seinen Geruch? Ja, wir waren als Kinder oft im Engadin.

Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair@bluewin.ch

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Kleine Detektive suchen mysteriöse Frau im Wald

Die kleinen Detektive haben die Spurensuche aufgenommen. (Bild: Sandro Krättli)

Es ist Samstagnachmittag im Fürstenwald bei Chur. Die jungen Detektive Salto, Fifa, Caracho, Lumpaz und Stick der PTA Ortenstein treffen sich zusammen mit ihren Leitenden Flurina Melcher v/o Sora, Adriana Colagrande v/o Moana und Andi Brunner v/o Ontario für eine gemeinsame Pfadiaktivität. Sehr schnell finden sie einen Brief, der an sie adressiert ist. Der Meisterdetektiv Lupi Loui wendet sich an sie und fordert sie auf, ihm zu helfen, eine mysteriöse Frau zu finden. Ihm scheint klar zu sein, dass sich für diesen wichtigen Fall Pfadfinder der «Pfadi trotz allem», kurz PTA Ortenstein, am besten eignen. Neben dem Brief finden sie auch einen prall gefüllten Detektivkoffer mit verschiedenen Utensilien, die es für einen richtigen Spurenleser braucht. Damit für die bevorstehende Suche auch alle richtig ausgerüstet sind, werden vor-

gängig Fernrohre, Kompasse und Lupen gebastelt. Dann erst sind alle bereit für die schwierige Spurensuche im Wald. PTA Ortenstein der Pfadi Chur Die PTA Ortenstein ist der Pfadi Chur angegliedert, welche noch eine Mädchenabteilung (Maitla Pfadi Chur) und eine Knabenabteilung (Pfadi Scalära Chur) umfasst. Die PTA hat in der Schweiz eine lange Tradition, wurden doch die ersten Behindertengruppen der Pfadibewegung bereits 1924 gegründet. Die PTA möchte Kindern und Jugendlichen mit einer körperlichen, geistigen oder mehrfachen Behinderung durch möglichst verschiedene Aktivitäten ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten erfahren lassen. Dabei sollen diese nicht immer an alltägliche Grenzen stossen, sondern im Pfadialltag ihre körperliche Beeinträchtigung auch Bündner Wald 6/2010 33


vergessen können. Diejenigen mit geistigen Beeinträchtigungen benötigen allerdings oft ein gehobenes Mass individueller Betreuung. Diesen Ansprüchen wird die PTA durch kleinere Gruppen und eine grössere Anzahl an Leitenden gerecht. Genau hier liegt aber auch ein Kernproblem dieser speziellen Form der Pfaditätigkeit. Leitende als Knacknuss für die Zukunft Ein grosser Nachteil für das nachhaltige Bestehen dieser einzigartigen Pfadiabteilung in Chur ist es, immer genügend Leitende für diese so wichtige Aufgabe zu finden. Im Gegensatz zu anderen Pfadigruppen kann die PTA ihre Leitenden nicht direkt aus der eigenen Abteilung nachziehen. So ist diese Rekrutierung eine ständige und aufwendige Zusatzaufgabe der aktuellen Leitung. In einer Zeit, wo sich das Freizeitangebot für Jugendliche dauernd ausbaut und zudem die Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit eher schwindet, wird es immer schwieriger, fähige und motivierte Leitende für diese Aufgabe zu finden. Auffällig ist zudem der hohe weibliche Anteil innerhalb der Leitung. Andi Brunner ist der einzige Mann und somit der Hahn im Korb der aktuellen Leitung. Gerade für die Kinder sind aber männliche Bezugspersonen ebenso wichtig. Während der Pfadiaktivität der PTA Orten-

stein wird sehr schnell klar, dass die Leitenden ihre Aufgabe mit sehr viel Begeisterung und Motivation wahrnehmen. Es ist für Aussenstehende immer wieder erstaunlich, mit welcher Hingabe Jugendliche und junge Erwachsene diese Leitungsaufgabe erfüllen. So betont auch Flurina Melcher zu ihrer Rolle, die sie bei der PTA wahrnimmt: «Pfadi ist nicht eine Aufgabe oder gar eine Pflicht. Sie bringt jeden einzelnen von uns weiter – dies gilt eben nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Leitenden. Mit dem direkten Kontakt zu geistig und körperlich behinderten Kindern, aber auch der Arbeit in einem Team, entwickelt jede und jeder seine So­ zialkompetenzen weiter.» Die mysteriöse Frau im Wald Die kleinen Detektive haben mittlerweile die Suche nach der mysteriösen Frau aufnehmen können. Die Fährte führt sie über Stock und Stein. Das Gelände ist unwegsam, doch gemeinsam schaffen sie es, immer weiter in den Fürstenwald vorzudringen. Genaue­re Untersuchungen mit der Lupe und Erkundungen mit den Fernrohren bringen sie der Frau immer näher. Der grosse Detektiv Lupi Loui schreibt in seinem Brief ganz klar, wie wichtig es sei, sich der Frau möglichst geräuschlos zu nähern, damit sie nicht entkommen kann.

«Pfadi trotz allem» sucht neue Leitende! Für die PTA ist es schwierig neue Leitende zu rekrutieren, die bereit sind, diese anspruchsvolle und wertvolle Arbeit für die Pfadibewegung wahrzunehmen und dafür einen Teil ihrer Freizeit herzugeben. Das Leiten von handicapierten Kindern und Jugendlichen ist eine bereichernde Arbeit, die jedem persönliche Fortschritte bringt. Jugendliche und junge Erwachsene, die sich für eine solche Tätigkeit interessieren sind herzlich eingeladen Infos einzuholen. Interessierte können sich melden unter www.pfadicorpschur.ch oder bei Andi Brunner pta.ortenstein@gmail.com

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Tatsächlich – nach einer intensiven Suche können sie eine Frau im dichten Wald sehen, auf welche die Beschreibung des Meisterdetektivs passt. Doch nun wie weiter? Wie soll man sich da anschleichen, ohne dass die kleinen Detektive erkannt werden und die Frau flüchten kann? Die beiden mutigsten Pfadis, Caracho und Stick, schleichen sich listig an und huschen dabei von Baum zu Baum, bis sie unmittelbar hinter einem Stamm bei der Fremden stehen. Sie haben Glück, denn die Dame bemerkt die beiden erst, als sie von ihnen angesprochen wird. Die anderen Detektive stossen sofort dazu. Sie merken sehr bald, wie nett die Frau eigentlich ist, welche anscheinend ein Geheimnis mit sich rumträgt.

Die Dame ist zwar sehr nett zu den kleinen Detektiven, beantwortet ihre Fragen jedoch nur mit Ja oder Nein. Schliesslich finden sie durch die Dame heraus, wo und wann sie die nächste Spur finden. Dazu sollen sie in zwei Wochen an einen bestimmten Treffpunkt kommen – die nächste Pfadiaktivität mit neuen Abenteuern für die kleinen Detektive und ihren jungen Leiterinnen und Leiter.

Sandro Krättli v/o Samba Kantonsleiter Pfadi GR Battasendas Grischun www.battasendas.ch

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Bild 1: Spiele im Wald, wo alle mitmachen können. (Bild: Sandro Krättli)

Bild 5: Ontario erklärt den Pfädis wie man Detektivwerkzeug herstellt. (Bild: Sandro Krättli)

Bild 4: Stick zeigt Sora seinen neuen Kompass. (Bild: Sandro Krättli)

Bild 3: Salto sucht Informationen aus seinem «schlauen» Pfadibuch. (Bild: Sandro Krättli)

Bild 2: Moana und Lumpaz. (Bild: Sandro Krättli)

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Bäume, Holz und Mond Einleitung «Bäume, Holz und Mond; Einfluss der Mondphasen auf das Trocknungsverhalten und die Wasseraufnahme junger Baumtriebe; Experimentelle Überprüfung von traditionellem Wissen» In meiner Maturaarbeit an der Kantonsschule Chur ( 2009 ) habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob sich das traditionelle Wissen über Mondholz auf der Ebene von jungen Baumtrieben experimentell nachweisen lässt. Gemäss der bisherigen Forschung ist der Wasserverlust das zentrale Kriterium, um den Mondeinfluss auf Bäume belegen zu können. Daher wurden in zwei Versuchen mit vier Fichten und einer Trauerweide der Wasserverlust und die Wasseraufnahme an peripheren Baumteilen bestimmt. Der folgende Beitrag stellt einen Auszug meiner Arbeit dar. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Professor Dr. Ernst Zürcher von der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau in Biel. Ich bin Professor Dr. Zürcher zu grossem Dank verpflichtet. Er hat mich während des ganzen Arbeitsprozesses tat- und wortkräftig unterstützt und mich an seinem breiten Wissen zum Thema Mondholz teilhaben lassen. Ich konnte mit meiner Arbeit erfolgreich am Die Reihenfolge der Probeentnahme an den ausgewählten Bäumen erfolgte durch einen Losentscheid. (Bild: Onna Rageth)

Sämtliche Fichtentriebe wurden im Voraus mit den beschrifteten Baumschuletiketten versehen. (Bild: Onna Rageth)

Finale 2010 des 44. Nationalen Wettbewerbes von «Schweizer Jugend forscht» teilnehmen. Traditionelles Wissen Wenn man sich Werke anschaut, die sich mit den populären Gewohnheiten und den bäuerlichen Regeln befassen, wenn man die Werke von Autoren der Antike liest (wie z. B. Hesiod, ein griechischer Schriftsteller aus dem 8. Jahrhundert vor Christus, der Autor des Buches «Werke und Tage») oder wenn man mit Gärtnern, Bauern, Waldarbeitern oder Holzverarbeitern über ihre empirischen Erfahrungen spricht, zeigen sich zwei Feststellungen: – Neben den saisonalen Rhythmen, welche vom Sonnenlicht beeinflusst sind, bezeichnen diese Quellen und Personen Bündner Wald 6/2010 37


Unmittelbar nach der Probeentnahme sind die Fichtentriebe in luftdichte Plastiksäcke abgepackt worden. Die Proben sind bereit für den Transport zum Wägen in die Apotheke. (Bild: Onna Rageth)

systematisch die Mondzyklen als Einflussfaktor auf das Wachstum, die Struktur, die Eigenschaften und sogar auf einige Qualitäten der Pflanzen. Die offenen Couverts wurden zur Trocknung der Triebe in einer Kartonschachtel gelagert. Die 180 Proben wurden in insgesamt neun Schachteln aufbewahrt. (Bild: Onna Rageth)

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– Die Äusserungen zu diesem Thema stimmen sehr oft überein, obwohl die Autoren geografisch entfernt lebten. Die zweite Feststellung scheint auf die Existenz objektiver Tatsachen hinzudeuten. So stimmen die allgemeinen Regeln, das Fällen der Bäume betreffend, überein, weil der Mondfaktor sowohl in den Alpen wie auch im Nahen Osten, in Indien, in Sri Lanka, in Brasilien oder in Guyana, in Korea oder in Finnland erwähnt wird. All diese Traditionen scheinen auf ähnlichen Beobachtungen zu beruhen. Die Periode des Neumondes (oder des abnehmenden Mondes) hat sich als am besten geeigneter Zeitpunkt für das Fällen der Bäume herausgestellt, da das daraus gewonnene Konstruktionsholz widerstandfähiger gegen Insekten- und Pilzbefall ist. Eine Pflanzenpraktik, welche in diese Richtung geht, bezeichnet die optimale Pflanzzeit für Stecklinge in Zentralamerika die Zeit des abnehmenden Mondes. In die präzisen und objektiven Beobachtungen wird sich wahrscheinlich ein Teil Aberglauben gemischt haben, als Folge einer blinden Adoption traditioneller Regeln. Schliesslich barg sicherlich auch der Übergang von der mündlichen zur schriftlichen Überlieferung die Gefahr von Verdrehungen und Verfälschungen.


Die noch sehr lebendigen Praktiken Noch heute gibt es Situationen, wo beim Holzfällen die Regeln des Mondes berücksichtigt werden. Man muss aber klar festhalten, dass in den meisten Fällen der Mondfaktor nach den Jahreszeiten nur an zweiter oder sogar dritter Stelle steht. Besonders dem im Winter geschlagenen Holz wird ein grosser Wert beigemessen und dem Standort, d. h. den Wachstumsbedingungen der Bäume. Besonders beliebt sind Bäume, welche in den Bergen in natürlichen Populationen langsam heranwachsen. Manchmal wird erwähnt, dass gewisse Winde, wie zum Beispiel der Föhn in den Alpen, eine negative Wirkung auf bestimmte Holzqualitäten haben sollen. Dr. Ernst Zürcher, Professor an der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau in Biel, führt in diesem Zusammenhang zahlreiche Beispiele auf, die ihm persönlich bekannt sind oder aus wissenschaftlich verifizierten Quellen stammen. Die wichtigsten Eigenschaften des Konstruktionsholzes sind die mechanische Widerstandskraft (in Bezug auf Druck, Zugkraft und Durchbiegung) und die Resistenz gegen Pilz- und Insektenbefall. Eine französische Regel besagt: «Bois tendre en cours, bois dur en decours» (Möchte man weiches Holz erhalten, so muss dieses bei zunehmendem Mond geschlagen werden, möchte man hartes Holz erhalten, so muss dieses bei abnehmendem Mond geschlagen werden). Daneben erwähnt Zürcher Schindeln, Brennholz, Fässer und sogar Kamine. In gewissen Gebieten in Mitteleuropa wurde Holz zum Bau von Kaminen eingesetzt, welche auch zum Räuchern von Fleisch benutzt wurde. Um schwer entflammbares Holz zu erhalten, wurden Bäume nach den «Mondregeln» geschlagen. Das Konstruktionsholz für Geigen, Gitarren und Klavie-

re nennt man Resonanzholz (Klangholz). Das Bestimmen des richtigen Zeitpunkts für das Fällen des Holzes in Bezug auf den Mondstand bildet eines der Geheimnisse der Kunst des Geigenbauers. Weit verbreitete Traditionen in Südamerika (Kolumbien, Ecuador, Brasilien) wie auch in Indien berufen sich auf den Mondkalender für das Schneiden des Bambus. Der Bambus ist dadurch widerstandsfähiger gegen schädliche Insekten. Die Mondperiodizitäten spielen auch bei der Keimung, beim Wachstum und der Befruchtung von einjährigen Pflanzen eine Rolle. Schliesslich kann der Mondeinfluss in der Zytologie, der Physiologie und der Morphologie von Pflanzen nachgewiesen werden. Fragestellung und Hypothesen Zur Strukturierung der Arbeit habe ich drei Fragestellungen formuliert: 1. Ist ein Phänomen «Mondphasen/Mondrhythmen» im physiologischen Verhalten junger Bäume feststellbar? 2. Ist dieses Phänomen allenfalls artspezifisch oder eher artübergreifend? 3. Ist das Phänomen eventuell standortsabhängig? Des Weiteren habe ich drei Hypothesen aufgestellt: 1. Der Mondeinfluss auf die vier jungen Fichten (Picea abies) lässt sich mit beiden Versuchen statistisch signifikant nachweisen. Ein messbarer Zusammenhang ist effektiv vorhanden. 2. Der Effekt gilt nicht nur für Fichte. Als Folge der geringen Anzahl Stichproben des Testbaumes Trauerweide (Salix babylonica) sind gegebenenfalls jedoch eher Tendenzen als Signifikanzen zu erwarten. 3. Die Versuche in Domat/Ems und in Biel* liefern für die Fichtentriebe tendenziell die gleichen Ergebnisse, weil der Mond Bündner Wald 6/2010 39


Wässerung der Fichtentriebe. (Bild: Onna Rageth)

ein regional übergeordneter Einflussfaktor darstellt. *Professor Ernst Zürcher hat in Biel simultan die gleichen Versuche mit Fichten und Efeu durchgeführt. Methode In den drei Wintermonaten November 2008 bis Januar 2009 habe ich an vier Fichten und an einer Trauerweide total 180 Jahrestriebe entnommen. Die Entnahmen fanden zwei Tage vor Vollmond, am Tag des Vollmondes und zwei Tage vor Neumond statt. Die vier jungen Fichten befinden sich an einem Nordhang im Wald der Gemeinde Domat/Ems, im Gebiet Zunas. Die Bäume stocken in einem Fichten-Tannen-Buchenwald. Die Auswahl der Trauerweide war aufgrund ihres eher seltenen Vorkommens

im Bündner Rheintal eingeschränkt. Die Wahl fiel schliesslich auf ein Exemplar in unmittelbarer Nähe der evangelischen Kirche in Domat/Ems. Die Triebe wurden direkt nach der Entnahme mittels einer Präzisionswaage gewogen. Nach einmonatiger Trocknung in offenen Couverts wurde deren Gewicht erneut bestimmt. Mittels einer einfachen Subtraktion wurde der Wasserverlust errechnet.In einem zweiten Versuch wurden die trockenen, nadellosen Triebe eine Woche gewässert, um so ihre Wasseraufnahme zu bestimmen. Alle ermittelten Werte wurden mit dem Statistikprogramm StatGraphics ausgewertet. Mitberücksichtigt wurden die Temperatur, die relative Luftfeuchtigkeit und das Wetter am Tag der Probenentnahme. Ergebnisse Ein Einfluss des Mondes auf die untersuchten Baumtriebe lässt sich statistisch nachweisen. Dieser Einfluss auf den Wasserhaushalt der Triebe steht jedoch in diesem Versuch hinter demjenigen der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit an dritter Stelle. Der durchschnittliche Wasserverlust der Fichtentriebe beträgt während der Mondphase «Zwei Tage vor Vollmond» 54,5 %, am «Tag des Vollmondes» 57,0 % und «Zwei Tage vor Neumond» 56,3 %. Die durch den

Zwei Seitentriebe der Fichte kurz vor dem Wässerungsversuch. (Bild: Onna Rageth)

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Faktor «Mondphase» erklärte Variation des Wasserverlustes macht 9,1 % aus. Die durchschnittliche Wasseraufnahme der Fichtentriebe beträgt während der Mondphase «Zwei Tage vor Vollmond» 119,6 %, am «Tag des Vollmondes» 124,4 % und «Zwei Tage vor Neumond» 128,0 %. Die durch den Faktor «Mondphase» erklärte Variation der Wasseraufnahme macht 6,0 % aus. Der durchschnittliche Wasserverlust der Trauerweide beträgt während der Mondphase «Zwei Tage vor Vollmond» 51,8 %, am «Tag des Vollmondes» 55,4 % und «Zwei Tage vor Neumond» 55,1 %. Die durch den Faktor «Mondphase» erklärte Variation des Wasserverlustes macht 10,3 % aus. Die durchschnittliche Wasseraufnahme der Trauerweide beträgt während der Mondphase «Zwei Tage vor Vollmond» 88,0 %, am «Tag des Vollmondes 91,8 % und «Zwei Tage vor Neumond» 88,3 %. Die durch den Faktor «Mondphase» erklärte Variation der Wasseraufnahme macht laut Statistikauswertung 1,7 % aus. Diskussion Die Ergebnisse für die Fichtentriebe sind, sowohl auf den Wasserverlust als auch auf die Wasseraufnahme bezogen, statistisch

hochsignifikant. Sie stimmen mit den Erwartungen, dass eine mondbezogene Variation auftreten könnte, überein. Der Wasserverlust und die Wasseraufnahme der Trauerweidetriebe hingegen lassen nur tendenziell mondbezogene Rhythmen erkennen. Dieses Resultat war absehbar, da die Anzahl Proben des Testbaumes Trauerweide mit einer Menge von 36 Trieben gering bemessen war. Schlussfolgerungen Die neuartige Methode der Datengewinnung auf diesem Gebiet der Baum- und Holzforschung bestätigt einen Wahrheitskern in Altbekanntem und zeigt zudem auf, dass man den Mondeinfluss auf die Flora auf einfache Art nachweisen kann. So konnten anhand der Ergebnisse einige Regeln des traditionellen Wissens über Mondholz auch auf der Ebene von Seitentrieben nachvollzogen werden. Diese Resultate müssten nun in Zusammenhang gebracht werden mit den Ergebnissen von Versuchen an Splint- oder Kernholz von Baumstämmen. Da der Testbaum Trauerweide nur mondparallele Tendenzen aufgezeigt hat, wäre eine gleichartige Forschung an Laubbäumen, Mittelwerte der Streuung Wasserverlust Fichte

Als Beispiel für die statischen Auswertungen sind

(Grafik links) und Wasseraufnahme Fichte (Grafik

zwei Grafiken der Fichtenversuche Domat/Ems

rechts) (vVM: vor Vollmond, VM: Vollmond, vNM:

dargestellt.

vor Neumond.

Means and 95.0 Percent LSD Intervals

Means and 95.0 Percent LSD Intervals 134

Wasseraufn_%

Wasserverl_%

58 57 56 55 54

1 2 3 Mond: 1 vVM_2VM_3vNM

130 126 122 118 114 110

1

2

3

Mond: 1 vVM _ 2 VM _ 3 vNM Bündner Wald 6/2010 41


Anmerkung der Redaktion: Onna Rageth schreibt in ihrem Artikel zu ihrer Maturaarbeit, dass sie mit dieser Arbeit auch am Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» teilnehmen durfte. Das stimmt so. Was Onna Rageth aber verschwiegen hat, ist, dass sie für ihre Arbeit mit dem Prädikat «hervorragend» ausgezeichnet wurde. Ausserdem durfte sie am 18.11.2010 ihre Arbeit im Bundeshaus Frau Bundespräsidentin Doris Leuthard präsentieren. Der Wettbewerbsablauf in Kürze: 2009 schrieb Onna ihre Maturaarbeit an der Kantonsschule Chur und reichte diese beim

Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht 2010 » ein. Gesamthaft wurden 131 Arbeiten angemeldet. Nach einer ersten Ausscheidung am 28.11.2009 in Bern gelangte Onna mit ihrer Arbeit gemeinsam mit 104 anderen Arbeiten in die nächste Selektionsrunde. Onna schaffte schlussendlich die Selektion für den Final im Frühling 2010. Die insgesamt 64 Einzel- und Gruppenarbeiten wurden 21 mal mit dem Prädikat «gut», 28 mal mit «sehr gut» und 15 mal mit der Bestnote «hervorragend» bewertet. Diese Bewertung öffnete Onna den Weg zu einem sensationellen Preisgewinn. Onna Rageth durfte am 24. April 2010 den «Albrecht von Haller – Sonderpreis» entgegen nehmen. Dieser Preis berech-

tigt sie zu einem Forschungsaufenthalt nach eigener Wahl im Ausland. Weitere Informationen zum Wettbewerb finden Sie unter www.sjf.ch. Der Bündner Wald gratuliert Onna Rageth herzlich zu ihrem Erfolg.

jedoch in grösserem Ausmass, spannend. Das Wissen über die Wirkungskraft des Mondes und seiner Rhythmen auf die Pflanzenwelt ist Jahrhunderte alt, droht aber leider immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Eine gezielte Forschung lässt jedoch neue Erkenntnisse zu, die die Qualität des Holzes steigern können. Dafür lohnt es sich, eine Brücke zwischen dem «alten Wissen» und der heutigen Wissenschaft zu schlagen.

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Das Literaturverzeichnis kann bei der Autorin bezogen werden.

Onna Rageth Gassa surò 42A CH-7013 Domat/Ems

onna.rageth@hispeed.ch


WWW – im Wald wird's weiblicher! «Wie bitte? Was studierst du?» «Forstingenieurwesen. Ich werde Försterin.» «Das kann man studieren? Aber machen das nicht nur Männer?» Nicht selten beginnt ein Gespräch so, wenn ich gefragt werde, was ich denn studiere. Die Mehrheit stellt sich einen klassischen Förster vor, der in grüner Kleidung mit Hund und Hut durch den Wald zieht. Und der ist eben männlich. Wenn ich dann erkläre, dass in meinem Semester rund 90 Kommilitonen studieren und davon etwa ein Viertel Frauen ist, dann werde ich erst einmal ungläubig angeschaut. Zwar ist die Forstwelt noch immer eine Männerdomäne, und die Prozentzahlen von Frauen in diesem Berufsfeld liegen wie in den meisten (oder allen?) Ingenieurberufen im einstelligen Bereich, dennoch holen die Frauen langsam, aber stetig auf. Erfreulicherweise liest man in Stellenausschreibungen immer häufiger, dass Bewerbungen von Frauen besonders erwünscht sind. Es tut sich einiges. An unserer Hochschule (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) gibt es mittlerweile Gleichstellungsbeauftragte, und es werden Vorträge, Seminare und Podiumsdiskussionen speziell für Studentinnen und zum Thema «Frauen im Forst» angeboten. Die Hochschule erleichtert auch speziell jungen Müttern das Studieren, indem sie ihnen Kinderkrippen, Wohnungsplätze und finanzielle Unterstützung zur Verfügung stellen. Interessanterweise herrscht bei all den Gleichstellungsbestrebungen eine klare Rollentrennung. In diesem Bereich bewegen wir uns immer noch im klassischen Klischee des Mittelalters, wie das folgende Beispiel zeigt: Auf einer Selbstversorgungsexkursion wurden wir Mädels von einem netten Professor zielgerichtet angesteuert und gefragt, ob wir nicht das Abendessen für die komplette Gruppe vorbereiten könnten ... «Ja klar,

Exkursion zum Thema Laubholzsortierung. (Bild: Aline Feldermann)

gerne.» ... Am Ende lief es dann auf Spaghetti mit Fertigsosse hinaus, nachdem uns einer der Männer das Holz für den Herd gehackt und im Anschluss auch noch das Feuer zum Kochen angemacht hatte. Beim Grillen schaut diese Verteilung dann wiederum ganz anders aus. Hier übernehmen die Herren der Schöpfung die Nahrungszubereitung, während das Salatschnibbeln dann doch wieder bei uns Studentinnen hängen bleibt. Es ergänzen sich aber auch Frauen und Männer im Forststudium sehr gut. Gemischte Lerngruppen sind beliebt und meist erfolgsversprechender als ungemischte Gruppen. So profitieren wir in technischen und mathematischen Fächern vom Verständnis unserer männlichen Kollegen, während wir häufig Ansprechpartner in naturwissenschaftlichen Fragen sind. Das war schon zu Bündner Wald 6/2010 43


Schulzeiten nicht anders. Konkurrenzdenken und Machogehabe bleiben weitestgehend aus. Sicher, hier und da muss man sich auch mal einen dummen Spruch anhören, von wegen lackierte Fingernägel, Wimperntusche und modische Stiefeletten ... Das mag vielleicht im ersten Semester noch so sein, aber nach den ersten Winterexkursionen weichen Hüfthosen und bauchfreie Tops langen Thermo­ unterhosen, und aus den trendigen Stiefeletten werden klobige gefütterte Gummistiefel. Nicht sehr schick, aber funktional und vor allem warm. Es scheint etwas dran zu sein, dass Frauen schneller frieren als Männer! Nun gibt es auch noch die weitläufige Vorstellung, dass Frauen im Forst nur kantige und harsche «Mannsweiber» sind. Die gibt es zwar auch, sind aber tatsächlich die Minderheit. Im Studium haben wir die gleichen Chancen wie unsere männlichen Kommilitonen. In den Übungen draussen und in den Vorlesungen ist die Mitarbeit von allen gefragt. Weder während des Studiums noch während der Praktika habe ich mich jemals benachteiligt oder nicht ernst genommen gefühlt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch keine «Extrawürste». Beim Motorsägenlehrgang leisteten wir die gleiche Arbeit wie unsere männlichen Kommilitonen. Zugegeben, gelegentlich fehlt die Kraft für die Betätigung des Anwurfseiles der Motorsäge. Wobei sich hier die Männer dann meist als echte Gentlemen herausstellen und ei-

nem auch noch beim x-ten Mal Nachfragen die Säge starten. Neben den betrieblichen Büroaufgaben, welche einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Arbeitsalltag einer Forstingenieurin respektive eines Forstingenieurs ausmachen, kommt auch die Arbeit im Wald bei Wind und Wetter nicht zu kurz. Da darf man nicht zimperlich sein. Managementqualitäten, Verwaltungskenntnisse und Verhandlungsgeschick sind Fähigkeiten, die wir Frauen uns dafür während des Studiums genau so aneignen wie unsere männlichen Kollegen. Und zu guter Letzt sind nicht wenige der Forststudentinnen jagdlich engagiert und verbringen einen grossen Teil ihrer Freizeit mit der Jagd. Das Forststudium ist für Frau und Mann eine abwechslungsreiche und vielseitige Erfahrung. Die Frauen, die an einem forstwirtschaftlichen Studium interessiert sind, benötigen nicht mehr Durchsetzungsvermögen als ihre männlichen Kollegen. Ich habe mich als Forststudentin bei den Menschen, die in diesem Berufsfeld arbeiten, ausschliesslich herzlich aufgenommen und anerkannt gefühlt und empfehle das Studium jedem weiter, der sich für den Wald interessiert.

Aline Feldermann Kastanienallee 31 D-51399 Burscheid aline.feldermann@gmx.de

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Wie viel Mann muss eine Frau im Wald sein? Um es gleich vorwegzunehmen, es wird nicht als Problem betrachtet, dass in der männerlastigen Waldwirtschaft immer mehr Frauen ihr Glück versuchen. Im Gegenteil, das ist eindeutig eine Bereicherung für die Forstbranche. Damit aber jene Qualitäten, welche Frauen eben von den Männern unterscheiden, zum Tragen kommen, sollte dafür gesorgt werden, dass Waldkarrieren nicht nur Frauen offenstehen, welche körperlich in der Lage sind, schwere Forstarbeiten auszuführen. Es ist klar, dass diese Forderung bei der Forstwartausbildung nicht erfüllt werden kann. Um während Jahren motormanuelle Waldarbeit zu leisten, braucht es eine gewisse Robustheit, welche nicht jedem Mann und schon gar nicht jeder Frau gegeben ist. Von den Frauen, welche in den

letzten Jahren die Forstwartausbildung im Kanton Graubünden angetreten haben, dürften die wenigsten noch mit der Motorsäge im Wald anzutreffen sein. Berufstätige Forstwartinnen werden somit gezwungenermassen auch weiterhin die Ausnahme bleiben. Eine realistischere Möglichkeit für Frauen, welche beruflich den «Waldweg» einschlagen wollen, ist das Studium der Umweltnaturwissenschaften mit Vertiefung Wald- und Landschaftsmanagement an der ETH. Diese Ausbildung ist an die Stelle des ehemaligen Forstingenieurstudiums getreten. Allerdings sind diese neuen Umweltnaturwissenschaftler, wie es der Name schon sagt, eher wissenschaftlich orientiert und nicht mehr so nahe bei der forstlichen Praxis, wie das die Forstingenieure ETH vorher waren.

Ob Frau für die Waldarbeit geschaffen ist, sollte nicht allein die Muskelmasse entscheiden. (Bild: www.swiss-bb.ch)

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Der ideale Weg für Frauen, welche effektiv in der Waldwirtschaft Fuss fassen wollen, wäre eigentlich das Forstingenieurstudium an der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft SHL in Zollikofen. Wenn da nur nicht das verflixte Vorstudienpraktikum wäre. Das ist aktuell so gestaltet, dass viele Frauen dieses Jahr nur unter einigen für sie fast unzumutbaren Strapazen bewältigen können. Konkret geht es um die praktischen Kurse, welche während diesem Praktikum obligatorisch absolviert werden müssen. Es sind vor allem der Jungwaldpflegekurs (mindestens sieben Tage) und der Holzerkurs ( zehn Tage), welche für Frauen eine nicht zu unterschätzende Hürde darstellen können. Dort wird es schwierig, wenn es eine Kandidatin nicht fertigbringt, die Motorsäge selber zu starten, geschweige denn, damit zu arbeiten. Das ist nicht nur für die betroffenen Teilnehmerinnen, sondern auch für den ganzen Kursbetrieb ein Problem. Es ist sicher gut, dass angehende Forstingenieure und Forstingenieurinnen wissen, wovon sie sprechen, wenn sie dereinst waldbauliche Eingriffe und Holzereiarbeiten anordnen müssen. Es ist auch sinnvoll, dass für jene, die das wünschen, die Möglichkeit besteht, die entsprechenden Kurse zu besuchen. Ein gewisses praktisches Verständnis für die Schwierigkeiten bei Waldarbeiten

könnte aber bestimmt auch während des Studiums selber vermittelt werden, ohne dass die Studierenden diese Arbeiten während Wochen selber ausgeführt haben müssen. Im Rahmen des Vorstudienpraktikums wäre es stattdessen mindestens so wichtig, dass die Absolvierenden als angehende Regionalforstingenieure oder Kreisförsterinnen den Revierförstern über die Schulter schauen können, um zu erfahren, mit welchen Herausforderungen diese in ihrem Berufsalltag konfrontiert werden. Es ist zu hoffen, dass es bei der aktuellen Überarbeitung der Richtlinien für das Vorstudienpraktikum für die Zulassung zum Studiengang Forstwirtschaft an der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft gelingt, diese so zu gestalten, dass Frauen auch ohne Schwerarbeiter-Qualitäten und ohne körperliche Grenzerfahrungen den Weg in die Waldwirtschaft finden können. Nur dann wird die Waldwirtschaft in Zukunft noch mehr von weiblichen Qualitäten profitieren können.

Beat Philipp Amt für Wald Graubünden Loëstrasse 14, CH-7000 Chur beat.philipp@afw.gr.ch

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Comic Theo & Heinz

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Resgia – Report 05/10 Massnahmenpaket für Mayr-Melnhof Swiss Timber Die Mayr-Melnhof Swiss Timber hat ein grosses und nachhaltiges Massnahmenpaket angekündigt, um den Standort Domat/ Ems auch zukünftig abzusichern. Die MayrMelnhof Holz Gruppe hat das von der Stallinger Gruppe übernommene Werk in den letzten beiden Jahren mit enormem Einsatz auf hohe Standards bei Produktivität und Qualität gebracht und vertriebsseitig das Marktportfolio völlig neu ausgerichtet. Das war aufgrund der internationalen Ausrichtung wie auch Anbindung der Mayr-Melnhof Holz Gruppe an die internationalen Holzmärkte und ihre Vertriebskanäle möglich. Dennoch haben einige Faktoren ein rentables Wirtschaften verunmöglicht und eine Neuausrichtung und Restrukturierung der Mayr-Melnhof Swiss Timber erfordert: – Die Wirtschaftskrise – Der starke Schweizer Franken: Kursverlust von 18 % seit Übernahme – Der im Vergleich zum Schnittholzpreis überdurchschnittlich gestiegene Rundholzpreis – Die unzureichende Versorgung mit Schweizer Rundholz Nach einem monatelangen intensiven Beratungsprozess, in den alle relevanten Stakeholder wie auch externe Berater involviert

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waren, hat sich das Unternehmen zu einer Sanierung und Neuausrichtung des Standorts entschieden. Um die Rentabilität der Mayr-Melnhof Swiss Timber zu ermöglichen, war erstens der Schritt der Entschuldung notwendig und zweitens ist ein mehrstufiges Ausbauund Investitionsprogramm nötig. Entschuldung Die Entschuldung der Mayr-Melnhof Swiss Timber hat einen Betrag von CHF 80 Mio. notwendig gemacht. Der Kanton Graubünden hat diesbezüglich ein Darlehen von CHF 9,6 Mio. abgeschrieben. Der Rest wurde von den anderen Partnern, der finanzierenden Bank, Mayr-Melnhof Holz wie auch den Gebrüdern Stallinger geleistet. Die Entschuldung des Standorts war notwendig geworden, da Altlasten vorhanden waren und die ursprüngliche Einschätzung von Mengen und Absatzmärkten nicht der derzeitigen Realität entsprechen. Durch die finanzielle Restrukturierung sind alle Zahlungen an die Rundholzlieferanten sichergestellt und werden pünktlich geleistet. Investitions- und Ausbauprogramm für Domat/Ems 1. Die Errichtung eines Pelletwerks mit einer Kapazität von 60 000 Tonnen. Mit der Planung wurde bereits begonnen und die Errichtung sowie Inbetriebnahme erfolgt 2011. Für das Jahr 2011 ist gleichzeitig kurzfristig eine Reduktion des Einschnitts auf 350 000 fm geplant. 2. Sobald die Holzzufuhr langfristig abgesichert ist und die währungspolitischen Nachteile nicht mehr ihre Auswirkungen zeigen, wird am Standort die Einschnittmenge erhöht. Ziel ist es, den Einschnitt auf 700 000 fm p. a. zu erhöhen. Parallel dazu soll das Pelletwerk in einer zweiten Ausbaustufe auf


eine Kapazität von 80 000 Tonnen ausgeweitet werden. 3. Errichtung eines Brettsperrholzwerks am Gelände der Mayr-Melnhof Swiss Timber mit einem Output von 50 000 m³. Die Planung soll 2012 und die Errichtung sowie Inbetriebnahme 2013 erfolgen. Langfristige Lieferverträge Gemeinsam mit dem Kanton Graubünden wurde von Mayr-Melnhof Holz das Modell von langfristigen Lieferverträgen für die Graubündner Waldbesitzer entwickelt. Diese sollen sowohl den Waldbesitzern als auch uns gegenseitige Garantien und Sicherheiten bieten. Dieses Modell langfristiger Lieferverträge soll auch in den übrigen

Bezugsregionen in der Schweiz umgesetzt werden. Damit soll langfristig eine ausreichende Versorgung mit Schweizer Rundholz für das Werk in Domat/Ems gewährleistet werden. Im Sinne einer nachhaltigen, kontinuierlichen und effizienten Bewirtschaftung sind solche Liefervereinbarungen sowohl im Interesse der Waldbesitzer wie auch von Mayr-Melnhof Swiss Timber.

Angelika Svoboda, Mediensprecherin Mayr-Melnhof Swiss Timber AG Vial 1 CH-7013 Domat/Ems

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Zukunftsvisionen skizziert

Blick in die Naturarena vom 01.10.2010 in Valchava. (Bild: AfW)

Biosfera Val Müstair denkt mit Gymnasiasten über die Zukunft nach: Aufforsten, stauen oder überbauen? Wie soll die Zukunft abgelegener Bergtäler wie zum Beispiel des Val Müstair aussehen? Die Organisation Biosfera Val Müstair hat sich dieser Frage angenommen und sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung des Tales nachhaltig und zukunftsorientiert voranzutreiben und gleichzeitig neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei kommt es immer wieder zu Konflikten und Spannungen zwischen den verschiedenen Interessengruppen. Wenn beispielsweise inmitten noch unberührter Natur ein Ferienresort gebaut werden soll, dann laufen Naturschützer und Jäger dagegen Sturm. In solchen Fällen sind Kompromisse notwendig, weil Annäherungen überdimensionierte Projekte so umgestalten können, dass sie für alle erträglich werden. 50

Die Suche nach Mittelwegen und Einigungen ist sehr wichtig. Im vergangenen September experimentierten deshalb 13 freiwillige Gymnasiasten aus den Bündner Mittelschulen Chur, Ftan und Schiers mit dem Zusammenspiel der verschiedenen Interessen, welche von solchen Entscheiden betroffen sind. Die Spezialwoche wurde von der Biosfera Val Müstair, Graubünden Wald und dem Schweizer Fernsehen initiiert. Zuerst mussten wir uns in die Thematik einarbeiten. Da wir weder über die Situation des Tales noch über die Forderungen unserer jeweiligen Interessengruppen informiert waren, erarbeiteten wir uns zu Beginn dieses Fachwissen. Dabei wurden wir nebst Gabriella Binkert (Direktorin/Geschäftsleiterin Biosfera Val Müstair), Andreas Moser (Biologe und Fernsehmacher), Beat Philipp


(Präsident von Graubünden Wald) und Lehrkräften der Mittelschulen auch von Experten der jeweiligen Themenbereiche unterstützt. Wir bildeten neun verschiedene Gruppen: Jagd, Naturschutz, Fischerei, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Tourismus, Verkehr/Infrastruktur und Bauwirtschaft. Dabei hatten wir die Gelegenheit, mit verschiedenen Exponenten aus dem Tal in Kontakt zu treten und mit ihnen die Situation des Tales zu besichtigen. Ich beschäftigte mich mit dem Bereich Verkehr/Infrastruktur und begab mich dazu unter anderem auch ins Val Mora, einem einsamen Paralleltal des Val Müstair. Wie sollte dieses Tal in Zukunft verkehrstechnisch erschlossen werden? Soll es für ein grosses Publikum geöffnet werden und das Risiko eingegangen werden, dass das Tal seinen speziellen Charakter verliert? Oder sollte man es touristisch durch grosse Hotelüberbauungen nutzen? Soll der Rom, der als einziger Haupttalfluss der Schweiz noch nicht zur Stromproduktion genutzt wird, auch wirtschaftlich genutzt werden? Sollten nahe gelegene Wälder zu Jagdresorts für Superreiche umfunktioniert werden? Oder soll das Tal aufgegeben und entvölkert werden? Solche Fragen besprachen wir dann auch an der öffentlichen Diskussion, der «NaturArena», die im Zirkuszelt von Valchava stattfand. Als Einstieg zeigte Andreas Moser mithilfe verschiedener Videosequenzen eindrücklich das schwierige Verhältnis zwischen Mensch und Natur auf. Danach diskutierten wir die verschiedenen Ideen, und jede Interessengruppe beharrte stur auf ihren Forderungen. Sogar wir selbst

waren überrascht und schockiert, was für Pläne und Allianzen sich bildeten. Dabei waren unsere Ideen gar nicht weit von bereits existierenden Plänen entfernt und wirtschaftlich sehr attraktiv, zumindest so lange, wie man die Spätfolgen ausblendete. Manchem Zuhörer erging es nicht anders, wie sich im anschliessenden Gespräch offenbarte. Uns allen wurde klar, wie gefährlich es werden kann, wenn eine Interessengruppe eine andere einfach übergehen kann. Was bringt es den Einheimischen, wenn ihre Heimat voll auf die Karte Tourismus setzt und sich entsprechend entwickelt, gleichzeitig jedoch die Lebenskosten so in die Höhe schiessen, dass die Einheimischen zum Wegziehen gezwungen werden? Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es für alle ist, wenn die verschiedenen Interessengruppen ihre Konzepte miteinander diskutieren und im Sinne eines Gesamtkonzeptes einander anpassen. Denn ob wir es nun wollen oder nicht, schlussendlich ist alles miteinander vernetzt und jeder ist vom anderen abhängig. Unsere Bilanz nach dieser Spezialwoche ist geprägt von den vielen Eindrücken, die wir mitnehmen. Es waren bereichernde, interessante und lehrreiche Tage, die wir im Val Müstair verbringen durften.

Andreas Kalberer Degenstrasse 26, CH-7208 Malans Tel. 081 322 62 60 andreas.kalberer@gmail.com

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Erste Erfahrungen mit den neuen Handelsgebräuchen Die Handelsgebräuche für Rundholz ( 2000 ) und die Handelsgebräuche für Schnittholz ( 1983 ) sind in den letzten zwei Jahren überarbeitet worden. Die SELVA hat sich innerhalb des Projektes «Revision der Holzhandelsgebräuche» sowohl in der Begleitgruppe Rohholz beteiligt, als auch zu den beiden Vernehmlassungen im Herbst 2009 und Februar 2010 Stellung genommen. Als wichtigste Änderungen bei der Sortierung von Nadelrundholz gelten die folgenden neuen Kriterien: Drehwuchs, Abholzigkeit, durchschnittliche Jahrringbreite und kleine Anpassungen bei der Längensortierung. Zudem ist die Arve nun fester Bestandteil der Vorschriften. Der Rindenabzug wird nach der Schönbrunnertabelle erhoben und nicht mehr als prozentualer Abzug. Der Rindenabzug wird dabei unterteilt nach Kurs Holzhandelsgebräuche, August 2010, Domat/Ems. (Bild: SELVA)

Baumart, in Abhängigkeit des Durchmessers berechnet. Für dickere Stämme gelten somit prozentual kleinere Rindenabzüge als für dünne Stämme. Aufgrund verschiedener Stellungnahmen wurden bei den Baumarten Lärche und Föhre der geplante minimale Durchmesser für Qualität B wieder gestrichen, der zulässige Astanteil bei der Lärche und der Föhre reduziert sowie der Rindenabzug bei der Arve angepasst. Neu sind die zwei Kapitel «Sortierung von Industrieholz» und «Sortierung von Energieholz» hinzugefügt worden. Dabei wurden die Vorgaben der Interessengemeinschaft Industrieholz ( IG Industrieholz) sowie von Holzenergie Schweiz übernommen. Schliesslich sind im kaufmännischen Teil verschiedene Anpassungen vorgenommen worden. Anpassungen erfolgten unter anderem in der Vertragsabwicklung, wo neu auch elektronische Formen zugelassen sind. Die Erhöhung der Gewichtslimiten hat auch zur Folge, dass als Übergabeort Sattelschlepper oder Anhängerzüge mit 40 Tonnen Gesamtgewicht als Standard für den Holztransport gelten. Als weiteres Beispiel sind die Zahlungsbedingungen auf 30 Tage netto festgelegt worden, sofern keine spe­ zielle Zahlungsfrist vereinbart wurde. SELVA-Kurse « Neue Sortiervorschriften» In drei Zentralkursen sind in diesem Sommer Vertreter von Kantonen oder Regionen vom Verband Waldwirtschaft Schweiz ( WVS ) instruiert worden, um dann als Experten regionale Kurse organisieren zu können. Am 17. August hat die SELVA den Kurs «Neue Sortiervorschriften» in Domat/Ems durchgeführt. Teilnehmer waren Betriebsleiter, Mitarbeiter von Forstbetrieben, Unternehmer, Chauffeure, Maschinenführer und Interessierte. Am Vormittag ist in einem Theorieteil auf die Änderungen der neuen

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Handelsgebräuche eingegangen worden. Am Nachmittag fand dann im Werksareal von Mayr-Melnhof Swiss Timber eine Klassierungsübung an 100 liegenden Stämmen statt. Anfang November ist in Zernez ein weiterer Kurs für Interessierte aus der Region Südbünden organisiert worden. Dabei sind in einem Theorieteil die verschiedenen Änderungen in den Themen Messung, Klassierung und Kaufmännischer Teil vermittelt worden. Bei einer Klassierungsübung an liegenden Stämmen wurde dann versucht, die neuen Richtlinien in der Praxis umzusetzen. Ein wichtiger Teil dabei war auch der Austausch und die Abstimmung unter den Betriebsleitern selbst. Bei diesen Klassierungsübungen ist aufgefallen, dass bei der Beschreibung der Qualitäten von Nadelrundholz die Thematik «Rotholz» nicht genau beschrieben ist. In der Praxis wird ein Stamm, welcher offensichtlich als Rotholz angesprochen werden kann, meistens der Qualität D zugewiesen. Auf Anfrage hat das Projektteam geantwortet, dass Rotholz in den Bereich der Sor­ timente «Spezielle Verwendung» gehört. Rotholz kann, ausser dass es hartrot ist, von sehr schöner Qualität (z. B. beinahe astfrei oder feinjährig) sein. Es soll deshalb nicht einfach der Qualität D zugeordnet werden, sondern in Absprache mit dem Käufer als Spezialsortiment verkauft werden.

Weitere Kurse zu den neuen Sortiervorschriften Infolge der grossen Nachfrage wird die S­ ELVA noch weitere Kurse zu den neuen Sortiervorschriften organisieren. Geplant wird ein zusätzlicher Kurs in Nordbünden und eventuell ein Kurs in italienischer Sprache, sobald die italienische Ausgabe der Handelsgebräuche erschienen ist. Bestellungen der Handelsgebräuche für Rohholz 2010 Die Ausgabe der Handelsgebräuche für Rohholz 2010 im Format A6 liegt vor und ist per 1. September 2010 in Kraft getreten. Das Sägewerk Mayr-Melnhof Swiss Timber hat signalisiert, dass es die neuen Handelsgebräuche für Rohholz vollständig übernehmen will, und hat seine Übernahmebestimmungen entsprechend per 1. Oktober 2010 angepasst. Die neue Ausgabe der Handelsgebräuche für Rohholz kann für den Kanton Graubünden ab sofort bei der SELVA bestellt werden. Eine italienische Version ist in Bearbeitung.

SELVA Bündner Waldwirtschaftsverband Bahnhofplatz 1 CH-7302 Landquart

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Top-Holz zum Thema Nachfolgeregelung

Erhalt von Arbeitsplätzen. Je besser die Unternehmer die Nachfolge managen, desto besser für die gesamte Volkswirtschaft – im Bild das Team der Flütsch Holz AG. (Bild: Flütsch Holz AG)

Das Top Programm Holz, organisiert von Graubünden Holz, war am 28. Oktober 2010 zu Gast beim Traditionsunternehmen Konrad Flütsch AG – neu Flütsch Holz AG.

Im Zentrum dieser Veranstaltung stand – nebst dem Einblick in den interessanten Betrieb mit der Vorführung der modernen Abbundanlage – das Thema des Generationenwechsels und der Zukunftssicherung in einem KMU auf dem Programm. Ein Generationenwechsel in der Firmenleitung ist ein komplexer Vorgang, der die Unternehmer vor vielfältige Aufgaben stellt. Die Flütsch Holz AG in Landquart wird seit 1. Januar 2010 von Nicole Flütsch in der nunmehr dritten Generation geführt. Einst als Sägereibetrieb 1939 eröffnet, entstand im Laufe der Zeit ein Unternehmen mit neuen Geschäftsbereichen, darunter Abbund, Holztrocknung und Fensterholzzuschnitt. Gemäss einer Studie des Centers of Family Business der Universität St. Gallen, liegt die Nachfolgequote bei 25,9 Prozent. Dies bedeutet, dass von den rund 300 000 Unternehmen in der Schweiz mindestens 75 000 in den nächsten fünf Jahren vor der Unternehmensnachfolge stehen. In dieser Zahl mit dabei sind natürlich auch zahlreiche Unternehmen der Holzwirtschaft. Der Handlungsbedarf in Sachen Nachfolgeregelung ist unbestritten. Der gute Unternehmer kümmert sich um seine Firma, aber nur wenige machen sich rechtzeitig an die Planung der Nachfolgeregelung im Betrieb.

Ideal für den Nachfolgewechsel sind Firmen, deren Geschäftstätigkeit in aufstrebenden Märkten liegt und die modern ausgerüstet sind, so wie das Beispiel Flütsch Holz AG. (Bild: Flütsch Holz AG)

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An der Top-Holz-Veranstaltung erhielten die Besucher Informationen aus erster Hand zu wichtigen Aspekten der Unternehmensnachfolge. Urs Kappeler, Geschäftsführer E-Tower und Leiter Vertiefungsstudium Entrepreneurship der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur, zeigte in seinem Inputreferat, wie der Abschied vom Lebenswerk zur Chance wird. Unter der Leitung von Urs Kappeler haben Diplomanden der HTW Chur die Nachfolgeregelung der Flütsch Holz AG begleitet. Urs Kappeler weist bei seinen Ausführungen auf die Stolpersteine hin, an welchen die Unternehmer bei der Nachfolgereglung häufig scheitern. In der Schweiz schaffen es rund 20 Prozent der Nachfolgefälle aus betrieblichen, strategischen oder anderweitigen Gründen nicht in die nächste Generation. Basierend auf dem aktuellen Zahlenmate­rial dürften jährlich rund 3000 Firmen wegen fehlender Nachfolgeregelung geschlossen werden. Immer mehr Nachfolger kommen nicht aus der Familie. Gemäss der Studie des Centers of Family Business der Universität St. Gallen waren es 2005 noch knapp 60 Prozent aller

Die Übergabe der eigenen Firma an den oder die Nachfolger/in ist das letzte grosse Projekt eines Unternehmers. Gespannt hören die zahlreichen Besucher den Ausführungen über die Nachfolgeregelung in der Firma Flütsch Holz AG zu. (Bild: Flütsch Holz AG)

Erfolgreiche Nachfolgerinnen Während zum Werdegang von Firmengründerinnen reichlich Studien existieren, ist der Bereich von Nachfolgerinnen zumindest in der Schweiz recht unerforscht. Dies würde sich aber lohnen genauer zu untersuchen, denn die erfolgreichen und bekannten Unternehmerinnen in der Schweiz sind allesamt über eine Nachfolgeregelung an die Spitze ihrer Firma gelangt. Dies gilt sowohl für Magdalena Martullo-Blocher als auch für Carolina Müller-Möhl oder Franziska Tschudi. Es gibt also genügend Hinweise, dass Töchter und Gattinnen möglicherweise erfolgreicher sind bei der Weiterführung eines Unternehmens als männliche Verwandte. Die Flütsch Holz AG in Landquart steht mit der neuen Unternehmerin Nicole Flütsch also unter ihresgleichen. (Quelle: Stefan Kyora, aus dem Leitfaden Nachfolge 1.0)

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Nachfolgefälle, die familienintern übertragen wurden, heute sind es nur noch rund 40 Prozent. Dafür lassen sich verschiedene Gründe finden. Zum einen stehen heute den Nachfolgern mehr Möglichkeiten in der Berufswahl und Lebensgestaltung zur Verfügung. Zudem ist das Gefühl der Verpflichtung nicht mehr gleich stark ausgeprägt wie früher. Die Nachfolgeregelung ist überaus komplex. Es gilt die verschiedensten Anforderungen in rechtlicher, finanzieller, betriebswirtschaftlicher und psychologischer Hinsicht zu meistern. Der Patron ist in dieser Sache hin- und hergerissen zwischen seinen Emotionen – besonders dann, wenn es gilt, familienintern nach Lösungen zu suchen – und dem Streben nach möglichst rationalen Entscheiden. Wie von Urs Kappeler im Referat deutlich betont, gilt es, den Prozessablauf der Nachfolgeregelung möglichst früh in Angriff zu nehmen. Leider gibt es keine Patentlösung für die Umsetzung der Nachfolgeregelung in den Firmen, jede Nachfolgeregelung ist anders. Graubünden Holz setzte sich bei dieser Veranstaltung zum Ziel, eine erfolgreiche Nachfolgeregelung in einem Bündner Holzunternehmen aufzuzeigen und anderen

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Bündner Holzunternehmern Mut zu machen, die Sache in Angriff zu nehmen. Das Beispiel der Flütsch Holz AG zeigt auf, dass die Nachfolgeregelung nicht nur von Stolpersteinen geprägt ist, sondern bei richtiger Vorgehensweise von Erfolg gekrönt wird. Die Flütsch Holz AG verfügt heute über eine der modernsten Abbundanlagen der Schweiz mit Universalsäge, 5-Achs-Aggregat, Revolverfräse, Stellbrettfräse, Vertikal- und Ho­rizontalbohraggregat und Querförderer zur Hobelmaschine. Mit dieser Ausrüstung und den vielen Zusatzmöglichkeiten kann praktisch jeder Kundenwunsch erfüllt werden. Nicole Flütsch hat den Besuchern der Top-Holz-Veranstaltung aufgezeigt, dass nur derjenige, welcher sich ständig weiterentwickelt und investiert, die hohen Ansprüche der Kundschaft nachhaltig erfüllen kann. Sie betonte auch explizit, dass die Kunden bei ihr oberste Priorität geniessen.

Michael Gabathuler Graubünden Holz Bahnhofplatz 1 CH-7302 Landquart


Bündner Wald- und Holzwirtschaft und Euro (€) Aus täglichen, praktischen Anwendungen sind die heutigen Währungen entstanden. In den Gebieten, wo die Leute verkehrten und Handel betrieben, haben sich die verschiedenen Währungen entwickelt. Vor dem Strassen- und Bahnbau konnten dies ganz eng begrenzte Flächen sein. Im 20. Jahrhundert hatte die Mobilität der Menschen sich immer mehr gesteigert. Die Währungs- und Wirtschaftsverbunde konnten mit der gesteigerten Mobilität kaum mehr Schritt halten. Das wirtschaftlich starke Nordamerika mit dem weltweit anerkannten US-Dollar hat den Wirtschaftsraum Europa immer stärker konkurrenziert. Die Landeswährungen in Europa waren in diesem Wettbewerb ein Hindernis. Auch die Mobilität und die Warentransporte in Europa haben nach einer Währung verlangt, die ihrem Aktionsradius entspricht. Ausgeglichene Ökobilanzen sind in der Zwischenzeit bei der fehlenden Kostenwahrheit auf der Strecke geblieben. Währungsverbund Unter den Mitgliedstaaten der EU ist der Währungsverbund seit 1990 in mehrstufigem Verfahren eingeführt worden. Die wichtigsten Auflagen an die Mitglieder für den Beitritt lauteten: – übermässige Defizite vermeiden – gesetzlich unabhängige Zentralbank schaffen – die Gesamtverschuldung tief halten – Vorgaben für Nominalzins Es waren sehr harte Massnahmen. Alle Länder, mit Ausnahme von Luxemburg und Irland, haben die gesetzten Hürden nur knapp erfüllt. England hat beschlossen, sich vorläufig nicht am Euro zu beteiligen. Der Euro wurde am 1. Januar 1999 als, Buchgeld drei Jahre später am 1. Januar 2002 erstmals als Bargeld eingeführt. Da-

mit hatte er die nationalen Währungen als Zahlungsmittel abgelöst. Die Euromünzen werden von den nationalen Zentralbanken der sechzehn Staaten des Eurosystems sowie von drei weiteren Staaten mit jeweils landesspezifischer Rückseite geprägt. Die Eurobanknoten unterscheiden sich europaweit nur durch verschiedene Buchstaben der Seriennummer. Prognosen für den Euro im internationalen Währungsvergleich Die Europäische Währungsunion (EWU) ist der grösste neu entstandene Währungsverbund aller Zeiten. Sie hat den Euro mit einem politischen Entscheid geschaffen. Das grosse wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle hat zu Problemen geführt, finanzpolitische Entscheidungen heraufbeschworen und ein Beschäftigungsgefälle verursacht. Es ist leider eingetreten, dass die Entwicklung des Euro negativ verlaufen ist und der Franken stärker wurde. Die Nachwirkungen der rigorosen Einstiegsmassnahmen haben sich ebenfalls dämpfend auf das Niveau des Euro ausgewirkt. Dies hat zur Folge, dass wir unsere Produkte, zum Beispiel das Rundholz und die Schnittwaren, weniger erfolgreich vermarkten können, oder dass die Preise gesenkt werden müssen. Andere Prognostiker prophezeien eine günstige Entwicklung des Euro. Die Argumente sind hier geringere Kosten, gesteigerte Produktivität, erhöhte Marktanteile usw. Die Schweiz steht in starker wirtschaftlicher Verflechtung zur Europäischen Währungsunion. Rund drei Viertel aller Einfuhren in die Schweiz stammen aus den Eurostaaten. Mehr als die Hälfte aller Ausfuhren aus der Schweiz gehen in Staaten der Europäischen Wirtschaftsunion. Viele Fachleute gehen davon aus, dass der Euro gegenüber dem Franken weiter sinken Bündner Wald 6/2010 57


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export nach Italien festgestellt. Dank sta­ bilem Start in den ersten zehn Jahren hat der Euro in letzter Zeit gegenüber dem Franken stark an Wert verloren. Für alle Exporte sind dadurch schwierige Zeiten gekommen. In der Wald- und Holzwirtschaft trifft dies für Rundholz und Schittwaren zu.

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Ausblick Auch wenn die langfristige Entwicklung mit Wertverlusten des Euro nicht sehr positiv aussieht, werden wegen des Euro kaum dramatische Änderungen eintreten. Gegenüber den früheren Einzelwährungen sind die einzelnen Verkäufe sicherer. Sie können ohne kurzfristige Währungsrisiken zwischen Angebot und Abrechnung abgewickelt werden. Ein grosser Konkurrenznachteil zum benachbarten Ausland ist die fehlende Währungsbindung zwischen Schweizer Franken und Euro. Viele unserer Marktpartner stehen im Euro-Währungsver­bund. In Zukunft werden die ausländischen Käufer vermehrt den Währungsnachteil bei Käufen geltend machen.

könnte Werte des Euro 02.03.2010 09:41:11

bis Fr. 1.20 bringen. Bedeutung für Holzexporte Vor der Einführung des Euro waren die einzelnen Landeswährungen sehr grossen Schwankungen ausgesetzt. Für die Waldwirtschaft wurde dies oft im Rundholz­

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Paul Barandun SELVA Bündner Waldwirtschaftsverband Bahnhofplatz 1, 7302 Landquart


Aus dem Tagebuch von Antonia Zahner 1. Einführung 1.1 Ausgangslage Lawinenverbauungen haben am Piz Clünas bereits eine lange Tradition. Im Lawinenwinter 1875 hat eine gewaltige Lawine vom Piz Clünas erst kurz vor dem Dorf Ftan Halt gemacht. Türen und Tore im Dorf wurden vom Luftdruck eingedrückt (Dumeng Stupan, kurze Ftaner Chronik, 1986 ). Von diesem Ereignis geschockt, haben die Einwohner beschlossen, Schutzvorkehrungen zu treffen. Um die Lawine zu bändigen, terrassierten sie ihren ganzen Hausberg, den Piz Clünas. Noch heute kann man Überreste dieser Terrassen sehen. Mit der Zeit wurden dann alte immer wieder durch neuere Lawinenverbauungen ersetzt. Im Jahre 1951 fielen vom 18. bis 21. Januar zwei bis drei Meter Neuschnee. Alle Gartenzäune waren zugedeckt und die Strassen gesperrt (Dumeng Stupan, kurze Ftaner Chronik, 1986 ). Nach diesem harten Lawinenwinter beschloss die Gemeinde, neue Lawinenverbauungen des Typs Vobag aufzustellen. Dabei wurde mittels Seilbahn das Material nach oben transportiert. Zuerst wurden Betonfundamente gegossen, auf diese wurden Träger gebaut und diese schliesslich mit Lärchenbalken beschichtet. Seit mehr als fünfzig Jahren schützen diese Verbauungen jetzt das Skigebiet Motta Naluns und das Dörfchen Ftan vor Lawinen. Die extremen meteorologischen Bedingungen haben selbst den widerstandsfähigen Lärchenbalken in dieser Zeit einiges zugesetzt. Daher ist es nun, nach mehr als 50 Jahren, an der Zeit, diese zu ersetzen. 1.2 Auftrag Um Dorf und Skigebiet auch weiterhin sicher vor Lawinen zu schützen, werden in den nächsten zwei bis drei Jahren alle diese Lärchenbalken systematisch ersetzt. Im

Sanierte Vobag-Lawinenverbauung am Piz Clünas. (Bild: Antonia Zahner)

Sommer 2010 werden die Balken von vier Werken ersetzt. In einer Bergprojektwoche im Frühsommer hat eine Forstwartklasse von Zürich und Schaffhausen bereits all die alten Balken entfernt. Unsere Aufgabe im August besteht darin, die neuen Lärchenbalken zu richten, um sie anschliessend mit dem Helikopter zum Piz Clünas zu fliegen. Danach müssen diese Lärchenbalken dann auf den Werken aufgeschichtet und befestigt werden. 1.3 Gegebenheiten vor Ort Die Gemeinde Ftan liegt im Unterengadin, am nordöstlichen Ende unseres Forstreviers Macun. Der Hausberg der Ftaner ist der Piz Clünas, dieser thront oberhalb des Skigebietes Motta Naluns. Am Piz Clünas herrschen Hangneigungen zwischen 30 und 40 Grad, diese sind ideal für die Entstehung von Lawinen. Bündner Wald 6/2010 59


Massstabgetreues Modell der Vobag-Lawinenverbauungen. (Bild: Antonia Zahner)

Lawinen sind eine der bedeutendsten Naturgefahren in den schneebedeckten Gebirgen der Welt – so auch im dicht besiedelten Alpenraum. Für die Entstehung der Lawinen sind die Eigenschaften der Schneedecke entscheidend. Die Schneedecke ist als Folge verschiedener Niederschlagsereignisse geschichtet. Je steiler der Hang ist, desto grösser sind die talwärts gerichteten Kräfte. Dies führt zu Spannungen zwischen den verschiedenen Schichten. Wird die Spannung zu gross, löst sich eine Lawine. Ab einer Hangneigung von 30 Grad können sich Lawinen lösen (Quelle: www.slf.ch). Um dies zu verhindern, sind rings um den Gipfel Piz Clünas verschiedenste Lawinenverbauungen angebracht. Sie stabilisieren die Schneedecke und verhindern ein Abreissen. So werden das Skigebiet Motta Naluns 60

und das Dorf Ftan vor Lawinen geschützt. Das Gelände liegt in der hochalpinen Zone und dient im Sommer zum Teil noch als Alpweide. Mit dem Jeep können wir bis zur Alp Clünas fahren, von dort führt uns dann ein etwa 20-minütiger Marsch zu den Werken. 1.4 Personal Unser Arbeitsteam besteht aus folgenden Personen: – Karl Haller, Teamleiter – Larion Gwender, Praktikant (angehender Forstingenieur) – Lukas Wicki, Simon Lindner, Lernende anderer Betriebe im Austausch – Antonia Zahner, Lernende im 1. Lehrjahr Zum Teil wurden kleinere Arbeiten von anderen Mitarbeitern des Forstbetriebes Macun ausgeführt.


Antonio Dias, der Gemeindearbeiter von Guarda, hilft uns, die neuen Balken zu Bündeln vorzubereiten. 1.5 Arbeitsmittel In der Vorbereitungsphase brauchen wir folgende Materialien, um die Lärchenbalken zu richten: – Messband, zur Abmessung der Lärchenbalken – Motorsäge, zur Ablängung der Lärchenbalken – zwei Zappis, zum Rücken der Balken – Traktor, um die Balken zu sortieren – Farbspray, zur Markierung der Stapel Der Helikopter befördert uns die Balkenbündel zum Arbeitsort. Am Piz Clünas benötigen wir: – zwei Zappis, zum Rücken der Balken – 22er-Ringgabelschlüssel und Rätsche, um die Metallbügel festzuschrauben 1.6 Material Für unsere Arbeit brauchen wir folgende, aus eigenem Wald geschlagene Balken: – 33 Lärchenbalken (Querbalken) 300 x 24 x 17 cm – 99 Lärchenbalken (Querbalken) 390 x 24 x 17 cm – 17 Lärchenbalken (Querbalken) 400 x 24 x 17 cm – 11 Lärchenbalken (Querbalken) 420 x 24 x 17 cm – 31 Lärchenbalken (Befestigungsbalken) 320 x 15 x 13 cm Idealerweise hätten wir wirklich Balken von diesen Massen gehabt. Da jedoch einige der Balken die Masse 17 x 17 cm und 17 x 20 cm hatten, benötigten wir nochmals acht zusätzliche Balken, um unsere Arbeit zu vollenden. Zusätzlich dazu: – Ersatzmetallbügel – Ersatzmuttern

2. Beschreibung der Tätigkeit 2.1 Vorbereitung Bereits im Frühjahr hat eine Forstwartklasse aus dem Unterland alle alten Balken der vier Werke entfernt. Zuerst verteilen wir die alten Balken mit dem Helikopter in die umliegenden Alpen. Dort können diese noch als Brennholz genutzt werden. Praktikant Larion und ein Flughelfer hängen die Bünde an. Karl und ich erstellen in dieser Zeit einen Plan mit den Längen der neuen Balken, welche an den entsprechenden Orten gebraucht werden. Die neuen Lärchenbalken werden uns direkt von der Sägerei auf einen grossen Platz vor Ftan geliefert. Entsprechend dem Plan, längen wir die Balken der Masse 24 x 17 cm auf eine Länge von 3.0 bis 4.2 Meter ab. Mithilfe des Traktors fügen wir diese zu 5er -und 6er-Stapeln zusammen. Zuletzt werden diese Stapel mit Nummern versehen, um sie später in der richtigen Reihenfolge an die entsprechenden Orte zu fliegen. In einem nächsten Schritt werden diese Bündel mit dem Helikopter an ihren eigentlichen Bestimmungsort geflogen. Ein Flughelfer und Karl hängen die Balken an. Karl überwacht dabei, dass die richtige Reihenfolge eingehalten wird. Larion, Lukas, Simon, ein Flughelfer und ich hängen die Balken Abhängen der Balken. (Bild: Lukas Wickli)

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Aufschichten der Balken auf die Träger. (Bild: Lukas Wicki)

bei den Werken ab. Dabei gilt es darauf zu achten, dass die Balken beim richtigen Werk platziert werden, um unnötige Rückearbeit zu verhindern. Zudem müssen die Balken schön hingelegt werden am schrägen Hang, damit kein Balken den Hang hinunterstürzt. Es ist wichtig, dass die Person, welche die Struppen löst, immer oberhalb des Stapels steht; ansonsten besteht die Gefahr, dass der Stapel auseinanderfällt, wenn der Helikopter die Struppen rauszieht und so die unten stehende Person von den Balken eingeklemmt wird. Aus Sicherheitsgründen ist Kleidung in Leuchtfarben und ein Helm zu tragen. Abwechslungsweise wird einer der 5eroder 6er-Stapel jeweils zwischen den Trägern platziert. 62

2.2 Ausführung der Arbeit Nachdem die Balken bei den Werken liegen, müssen sie noch auf die Träger aufgeschichtet werden. Beim ersten Werk sind fünf Träger mit Balken zu belegen. Mit dem Helikopter haben wir bereits zwei 6er-Stapel, zwei 5er-Stapel Balken und fünf Halterungsbalken bei diesen Trägern platziert. Vorerst nehmen wir einen Balken eines 6erStapels. Dieser wird der Höhe nach, d.h. die 24 cm stehend, ganz unten auf die Betonträger gelegt. Weitergefahren wird beim nächsten 6erStapel (der 5er-Stapel wird vorerst ausgelassen). Nach dem oben beschriebenen Schema wird dort auch der erste Balken hingelegt. Weitergefahren wird bei den 5er-Stapeln. Nun wird je ein Balken dieser Stapel auf die Träger gehoben. Das heisst, die Enden der bereits liegenden Balken bilden das Fundament, um nun die nächsten daraufzulegen. Die Balken werden nun bis zuoberst abwechslungsweise so aufgeschichtet. Da die Lärchenbalken relativ schwer sind, kann, um den Rücken zu schonen, ein Balken quer als Hilfe gelegt werden. Danach können die Balken darauf bequem nach oben geschoben werden. Da einige Balken statt den Idealmassen von 17 x 24 cm die Masse 17 x 17 cm oder 17 x 24 cm haben, können einige Träger nicht bis zuoberst mit Balken belegt werden. Um dieses Problem zu beheben, werden mit einem zusätzlichen Flug acht weitere Balken zu den Werken geflogen. Die Lücken können wir damit beheben. Wenn alle Balken fertig aufgeschichtet sind, werden parallel zu den Betonträgern, über die Querbalken, Befestigungsbalken gelegt. Diese werden mit Metallbügeln an den Trägern festgeschraubt (Veranschaulichung siehe Abbildung Modell)


2.3 Nachkalkulation Gesamthaft haben wir etwa 97 Laufmeter Lawinenverbauung saniert. Dies entspricht einer Gesamtfläche von 256,08 m², bei einer Höhe von 2,64 m. Dabei entstanden Gesamtkosten von 44 501.35 Franken. Somit kostet der Laufmeter für die Sanierung etwa 460 Franken. 3. Schlussbetrachtung 3.1 Eigene Betrachtungen und Erkenntnisse Die Arbeit am Piz Clünas hat mir Spass gemacht und war sehr lehrreich. Insbesondere hat es mir, als begeisterte Skifahrerin, auch gezeigt, wie ein solches Werk, welches uns im Winter vor Lawinen schützt, entsteht. Zudem hat mich, als ehemalige Bauingenieurstudentin, natürlich der baustatische Aspekt dieser Werke sehr interessiert. Bei solchen Aufgaben lohnt es sich, eine seriöse Arbeitsvorbereitung zu machen. Dies erleichtert die Arbeit und verhindert unnötiges Herumtragen der Balken und den damit verbundenen Zeitverlust. Auf die Ordnung am Arbeitsplatz ist besonders Wert zu legen, damit kein Durcheinander mit den Balken entsteht und jeder

Aufschichten der Balken mithilfe eines Querbalkens. (Bild: Lukas Wicki)

Balken sicher an den für ihn vorgesehenen Ort gelangt. Das Augenmerk auf die Arbeitssicherheit verhindert unnötige Quetschungen und Rückenschmerzen beim Arbeiten. 3.2 Folgerungen Die Lärchenbalken waren nach 50 Jahren von den extremen meteorologischen Bedingungen sichtlich gezeichnet. Um eine noch längere Lebensdauer zu erreichen, könnte man ein noch widerstandfähigeres Holz nehmen,

Nachkalkulation der Gesamtkosten.

Personal / Material / Werkzeug / Transportkosten

Zeit / Anzahl

Ansatz Fr. / h

Personalaufwand, Forst Macun

258 h

Ø 36 .–

Traktor mit Chauffeur, Gemeinde Guarda

Verbrauchsmaterial

Transport- und Sägereikosten der Lärchenbalken Helikopterkosten Total

9 288 .— 797 .—

Kosten der Projektwoche

Übriger Maschinenaufwand

Betrag in CHF

791.35 Pauschal Pauschal

255 .­— 200 .— 17 870 .— 15 300 .— 44 501.35 Bündner Wald 6/2010 63


zum Beispiel Kastanie. Dies wäre aber natürlich auch mit höheren Kosten verbunden. Die Masse der Balken von 24 x 17 cm gilt es nach Möglichkeit einzuhalten. Sind alle Balken 24 x 17 cm, kann der Träger regelmässig und bis auf 2,64 m belegt werden, sind hingegen noch Zwischenmasse (17 x 17 cm) dabei, kann dies im Extremfall bedeuten, dass die Träger nur auf eine Höhe von 1,87 m belegt sind. Dies führt dann dazu, dass die Träger nicht bis auf ihre berechnete Höhe mit Balken beschichtet sind und demzufolge die Lawinenverbauungen ihre Schutzfunktion nicht maximal erfüllen. In unserem Fall wurde ein zusätzlicher Flug mit Balken nötig, um dieses Problem zu beheben.

Ich würde bei der weiteren Sanierung der Werke empfehlen, alle Balken mit Mass 24 x 17 cm zu verwenden. Da dies jedoch Stämme mit einem Zopf von fast 30 cm erfordert, könnte man als Alternative alles 20 x 17-cm-Balken nehmen. Dann benötigte man jedoch statt fünf und sechs Balken derer sechs und sieben pro Träger.

Antonia Zahner Forstverwaltung Macun Chasa Arfusch, CH-7546 Ardez antonia.zahner@hotmail.com

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«Männer müssen mir nichts beweisen!»

«Als Förster muss man viele ‹Hüte› tragen können.» (Bild: Technische Betriebe, Bergün)

Iris Castelberg, Försterin in Bergün, ist mit Leib und Seele eine Waldfrau. Die 23-jährige erzählt im Interview für «Bündner Wald», wie sie Ihren Weg in der «Männerdomäne» der Forstberufe gebannt hat. Hatte sie viele Hindernisse zu bewältigen oder wurde es ihr leicht gemacht? Mit ihrer Freude zur Arbeit und (auch) unter Mithilfe ihrer Berufskollegen hat sie ihren Werdegang zur Waldfrau bravourös gemeistert. «Bündner Wald»: Wie bist du dazu gekommen, die Försterausbildung anzugehen? Iris Castelberg: Ich wollte einfach keinen 100%-Bürojob machen. Ich wollte schon immer körperlich arbeiten. Vor meiner Ausbildung habe ich als Forstwartin «geschnuppert», und schon bald war ich von diesem Beruf fasziniert.

Wie hat dein Umfeld auf deine Berufswahl reagiert? Mein Umfeld war nicht gerade darüber begeistert, aber die Unterstützung war von Anfang an da. Dann kamen die zu erwartenden Reaktionen, wie: Das ist super oder Herrgott noch mal, das geht doch nicht! Warst du die einzige Frau in deiner Schulklasse? In der Forstwartklasse war ich die Einzige unter knapp 40 Männern. An der Försterschule war ich mit 11 Männern in der Klasse. Wie «schräg» wurdest du damals – oder auch heute noch – in dieser Männerdomäne angeschaut? Ich hatte oder habe das Gefühl, dass mich die Männer ziemlich gut aufgenommen haben. Klar gab es vereinzelte Blicke, die ausBündner Wald 6/2010 65


sagten: «Ist sie überhaupt im Stande, einen solchen Beruf auszuüben?» Und falls mal ein dummer Spruch kam, kam auch sogleich die Retourkutsche. Wenn die Anderen austeilen, dann darf ich das auch! Hattest du also keinerlei Integrationsprobleme? Meinerseits gab es nie Probleme. Es kann aber schon sein, dass sich so mancher Berufskollege sich an meiner Präsenz gestört fühlte. Doch das legte sich alles mit der Zeit. Und da ich in schulischer Hinsicht ziemlich fit war, war ich nicht selten diejenige, die Fragen zu unserem Beruf korrekt beantwortete. Bist du während deiner Ausbildung nie an deine Grenzen, auch körperlich gesehen, gestossen? Das war nie ein Problem. Wenn etwas zu schwer für mich war, dann habe ich mir auch helfen lassen. Manchmal war es bei der Arbeit ganz lustig mit meinen männlichen Berufskollegen. Am Anfang wollten sie mir zeigen, was sie so alles problemlos «lupfen» können. Mit der Zeit aber haben auch sie sich helfen lassen, weil sie wussten, dass sie mir nichts beweisen müssen. Welche Tipps kannst du an angehende Försterinnen weitergeben? Sich das Ganze gut überlegen. Eine Frau sollte diesen Beruf nicht angehen, um irgendetwas beweisen zu wollen. Das geht überhaupt nicht! Am Besten ist es, wenn man nicht nur eine Woche lang «schnuppern» geht, sondern mehrere Wochen hintereinander, damit man ein Gespür für diesen Beruf bekommt. Ihr Förster seid ja alle Menschen, die den Kontakt zur Natur lieben. Aber es muss 66

doch noch viel mehr geben, um diesen Beruf ausüben zu wollen. Wie bereits erwähnt, will ich meine Arbeitszeit nicht im Büro absitzen. Und ja, wir Förster versuchen immer mit der Natur und nicht gegen die Natur zu arbeiten. Weiter kann ich in meinem Beruf viele Maschinen bedienen (ich selber darf sie nicht bedienen, nur zuschauen) und je grösser diese sind, umso besser (lacht)! Als Förster muss man sozusagen viele Hüte tragen und den richtigen zur richtigen Zeit aufsetzen. Damit meine ich die Vielseitigkeit des Forstberufes. Ein Hut, der auf meinem Kopf noch nicht so richtig sitzt, ist der Umgang mit der Politik und den Ämtern, die sich ja mit dem Wald befassen. Aber ich habe noch genügend Zeit, mich in Zukunft damit zu beschäftigen. Wie sieht heute deine Funktion im Forstbetrieb Bergün aus? Wir sind zu zweit hier in Bergün. Mein Berufspartner, der sozusagen mein Chef ist, leitet die technische Abteilung und ich die operative. Ich habe ausschliesslich nur mit Arbeiten im Wald zu tun. Ich möchte noch betonen, dass es für einen Schulabgänger ganz schwierig ist, ein Forstrevier von Anfang an übernehmen zu wollen. Ich jedenfalls würde ins «Schwimmen» geraten und wahrscheinlich ertrinken (lacht). Auf jeden Fall ist es direkt nach der Schule am Besten, wenn man versucht, so viele praktische Erfahrungen wie möglich zu sammeln. Obwohl dir dieser Hut noch nicht so richtig passt, gehen wir nun zu politischeren Themen über. Wo liegen deiner Meinung nach die grössten Herausforderungen in der Bündner Waldbewirtschaftung? Ui, ui, ui! Das ist schwierig zu sagen. Jede Gemeinde hat verschiedene Schwerpunkte und Probleme. Grosse Herausforderungen


kommen auf uns zu, wenn uns ein Sturm wie «Viviane» heimsucht. Aber was allgemein die grössten Herausforderungen in Graubünden sind, hmm (überlegt) – da muss ich leider passen (lacht herzhaft)! Welche Probleme habt ihr in Bergün? (Überlegt lange ...) Was meinen Arbeitsverlauf betrifft, muss ich sagen, das alles relativ reibungslos abläuft. Wir haben in Bergün ziemlich freie Hand und als Problem können nur die alltäglichen Sorgen über bevorstehende Arbeiten, wie einen Holzschlag, bezeichnet werden. Spontan fällt mir aber nicht ein, worüber ich sagen müsste: Das klappt überhaupt nicht! OK, ich will dich nicht weiter foltern. Nächste Frage: Hast du das Gefühl , dass der Bündner Wald zu stark genutzt wird? Das sehe ich überhaupt nicht so. Schon des Gesetzes wegen haben wir klare Vorlagen, wie der Wald genutzt und bewirtschaftet werden muss. Vielleicht haben viele Leute das Gefühl, dass der Wald infolge von vielen Kahlschlägen überbewirtschaftet wird. Ihnen muss man klar machen, dass es sich dabei vielfach um gar keine Kahlschläge handelt. Zurück zu deinem Revier. Wie steht es um die Gesundheit des Waldes rund um Bergün? Unserem Wald geht es eigentlich gut. Wo er nicht gesund ist, unternehmen wir was! Welche Holzarten trifft man in Bergün an und wozu werden diese weiterverarbeitet? Alles Holz aus Bergün endet als Brennholz (lacht schelmisch). Nein, nein, Spass beiseite. Hier trifft man hauptsächlich Fichten an. Viel Fichtenholz geht zur Weiterverarbeitung nach Italien oder zur Grosssägerei Mayr-

Melnhof. Und manches Klangholz geht zur Weiterverarbeitung nach Latsch. An trockenen Standorten, wenn auch wenig, trifft man Föhren an, und wenn man Richtung Filisur fährt, tauchen vereinzelt einige Weisstannen auf. Aus Arvenholz entstehen unter anderem Möbel, und Lärchenholz ist sowieso, wie eigentlich alle Holzarten, vielseitig einsetzbar. Jetzt eine etwas dümmliche Frage. Ist dir das FSC-Label ein Begriff? Ja, natürlich, und Bergün ist zertifiziert. Und was muss sich ein unbeholfener Interviewer darunter vorstellen? Durch das Label wird eine nachhaltige Nutzung des Waldes gefördert. Damit soll verhindert werden, dass am Wald eine Art Raubbau mit Holz betrieben wird. Ich befürworte das Ganze, vor allem wenn es um den Schutz der Regenwälder geht. Hier in der Schweiz, um ehrlich zu sein, finde ich das Label ein wenig überflüssig. Bringt aber auch hier etliche Vorteile mit sich. Warum überflüssig ... Wie gesagt, das Gesetz gibt uns vor, wie weit und wie stark wir in den Wald eingreifen dürfen. Ich will damit nicht sagen, dass das Label nichts bringt, aber in der Schweiz ist es nicht um jeden Preis notwendig. Wie stehst du zum Parc-Ela-Projekt? Bergün hat seine Unterstützung dem Projekt zugesagt, und ich bin gegenüber dem Projekt auch positiv eingestellt, solange das Ganze einen Sinn ergibt. Denn in der Schweiz schiessen solche Projekte wie Pilze aus dem Boden, und jede Gemeinde hat das Gefühl, einen Park haben zu müssen. Mit dem Hintergrund und der Philo­ sophie der Parc-Ela-Verantwortlichen bin Bündner Wald 6/2010 67


ich aber einverstanden. Denn das würde den sanften Tourismus in der Region ankurbeln. Allgemein befürworte ich es, wenn solche Erholungsgebiete gefördert werden. Der Park könnte auch als Anschauungsbeispiel für die Eigendynamik der Natur herhalten. Tarzisius Caviezel, HCD-Präsident und FDPNationalrat, hat eine Initiative zur Durchführung von «weissen Olympischen Winterspielen» in Graubünden lanciert. Das heisst, dass hier möglichst naturfreundliche Spiele stattfinden sollten. Würdest du diese «weisse Spiele» gutheissen? Oh, das habe ich gar nicht mitbekommen, aber spontan muss ich sagen, dass ich es eine Superidee finde. Ich würde so etwas mit Sicherheit gutheissen. «Olympische Spiele, ohne die Natur zu gefährden» – das hört sich gut an! Ich komme zu meiner letzten Frage: Welche Richtung sollte die Bündner Waldbewirtschaftung einschlagen?

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Zeit lassen und nochmals Zeit lassen, heisst mein Motto. Denn kaum wird gesät, sollte morgen schon geerntet werden. Die Natur nimmt sich auch ihre Zeit und sie erledigt von alleine viele Arbeiten. Der Profit, den man rund um den Wald schlagen will, muss wieder in den Hintergrund gestellt werden. Sonst sehen wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Iris, ich danke dir vielmals für das Gespräch und ich wünsche Dir für deine Zukunft alles Gute. Vielen Dank, und euch vom «Bündner Wald» wünsche ich auch alles Gute (lacht)!

Genesio Pangaro Neudorfstrasse 60 CH-7430 Thusis

genesiopangaro@hotmail.com


Holzgeruch – eine unbeachtete, jedoch wirksame Eigenschaft

Elektronische Nase. (Bild: Dr. Th. Zesiger)

Bisher wurde der Geruch des Holzes kaum, d.h. nur als eine Nebenerscheinung be­ trachtet, höchstens gelegentlich nützlich bei der Holzartenbestimmung. Dieses Merkmal sollte in einen grösseren Kontext eingebet­ tet werden und verdient es, in seinen Cha­ rakteristiken und in seinen Auswirkungen vertieft erforscht zu werden. Die letzten Arbeiten auf diesem Gebiet lieferten, dank den aktuellsten technischen Möglichkeiten, bereits erstaunliche Resultate. Mit ihrem Duft unsere Kultur begleitend: die Linde Wenn wir versuchen, Baumporträts mit Duft als wichtiges Merkmal aufzustellen, erscheint uns die Linde als besonders cha­ rakteristisch, als Baum der Mitte und des Ausgleichs. Mit der Form der Krone und der Blätter (näher betrachtet auch der Knospen),

mit der Milde des Schattens und vor allem mit dem süssen, beruhigenden Blütenduft, der im Frühsommer von der Krone herun­ terströmt, spricht die Linde das Innerste des Menschen an. Oft steht sie im Zentrum des Dorfes, beschattet sie den Brunnen als Herz des Bauernhofs oder bildet sie auf einem Hügel den Brennpunkt einer Landschaft. Im Gegensatz etwa zum zähen und trotz­ dem elastischen Eschenholz ist das Holz der Linde durch seine Zartheit charakteri­ siert, durch seine Aufnahmefähigkeit von Formen. Es ist nicht geeignet für Konstruk­ tionen und als Brennholz hat es einen gerin­ gen Heizwert. Spezifische Verwendungen findet es als Drechsler- und Schnitzholz, bei Spielzeugen und bei Prothesen, sowie bei Zeichenbrettern, Rahmen für Bienenwaben und wurde früher auch als Unterlage für Gemälde gewählt. Im Gegensatz zum be­ Bündner Wald 6/2010 69


liebten äusseren Duft besitzt das frisch geschnittene Holz wegen des hohen Fett­ gehalts einen unangenehmen ranzigen Ge­ ruch, der sich mit dem Trocknen ins leicht Würzige entwickelt. Am Beispiel der Linde stellen wir fest, dass eine Baumart zusätzlich zum nach aussen verströmten, auch einen inneren Duft besitzt, nämlich einen Holzduft – einen Holzgeruch. Geruch des Holzes als Bestimmungsmerkmal Bei einigen Spezies kann der typische Ge­ ruch ein nützliches Merkmal zur Holzarten­ bestimmung sein. Ein berühmtes Beispiel ist das rotbraune zentralamerikanische CedroHolz (Cedrela odorata), womit Zigarren­ schachteln angefertigt werden. Auch bei der Unterscheidung der Nadelhölzer kann der Geruch helfen. Im Gegensatz zum leicht nach Harz duftenden Fichtenholz (Picea abies) kann frisch eingeschnittenes, nass­ kerniges Weisstannenholz (Abies alba) un­ angenehm nach Buttersäure riechen. Auch die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) kann z. B. von der Lärche (Larix decidua) anhand des charakteristisch säuerlichen Geruchs differenziert werden. Jeder kennt den stark wür­ zigen Geruch von Bleistiftholz: Ursprünglich war es Eastern Red Cedar, auch «Pencil Cedar» genannt (Juniperus virginiana), aus der Familie der Zypressengewächse (Cup­ ressaceae). Später musste sich die amerika­ nische Bleistiftindustrie wegen Holzmangels nach Westen verlegen, um einen gleichwer­ tigen, neuen Rohstoff zu verwenden, den Incense Cedar (Libocedrus decurrens), mit ähnlich intensiv-würzigem Geruch. Häufig verflüchtigen sich die für den Geruch verantwortlichen chemischen Stoffe mit der Zeit. Es müssen dann zur Holzartenbestim­ mung Massnahmen ergriffen werden, um den Geruch aufzufrischen, z. B. die Ober­ 70

fläche neu anschneiden, sie anhauchen, um die Feuchtigkeit zu erhöhen, oder das Holz mit Wasser befeuchten und wärmen. Geruch – man unterscheidet: – Harzgeruch Fichte, Kiefer, Lärche – Terpentinölgeruch Oregonpine, Pitchpine – aromatischer Zederngeruch Zeder – säuerlicher Geruch Tanne – Gerbsäuregeruch Eiche – angenehm süsslicher Geruch Palisander, Rosenholz – kautschukartiger Geruch Pockholz – eigener Geruch der Holzart Erle, Linde – unangenehmer Geruch Rüster, Nussbaum (feucht) – Ledergeruch Teak – nach Essigsäure Okoumé (Gabun) – muffig Birke (feucht) Holzgeruch entscheidend für die Verwendung Der Geruch des Holzes rührt von flüchtigen Holzinhaltsstoffen, insbesondere Bestand­ teilen der ätherischen Öle her, die zum Teil industriell gewonnen und zu Riechstoffen verarbeitet werden (dies wird zum Beispiel durch Destillation des Sägemehls und der Späne aus Zedernholz der Bleistiftindust­ rie gemacht). Verschiedene subtropische und tropische Laubhölzer besitzen – im Gegensatz zu den heimischen Arten – ei­ nen ausgeprägten Geruch. Der angenehme


Geruch mancher Hölzer ist teilweise mitbe­ stimmend für deren Verwendungszweck, z. B. für Schmuck- und Ziergegenstände. Berühmt sind feine Schreinerwaren aus Rosenholz (Dalbergia spp.) und dekora­ tive Truhen aus Sandelholz (Santalum album). Bei letzterem stammt der Geruch vermutlich aus dem wohlriechenden Harz, das auch aus älteren Sandelholzbäumen gewonnen wird. Sogar der Rauch des San­ delholzes ist fein ätherisch, würzig und holzig. Hier findet das Räuchern in Form eines wichtigen Rituals der indischen Tradi­ tion statt. Einige Duftstoffe üben hingegen eine abstossende Wirkung auf Motten und andere Insekten aus, z. B. die des Kampfer­ baumes (Cinnamomum camphora, Laura­ ceae) und aller Wacholderarten (Juniperus spp.), weshalb deren Holz früher ( und manchmal heute noch ) gern für Wäschetruhen und -schränke verwendet wurde. Die neusten Schritte der Forschung: Geruchsanalyse mit elektronischer Nase – Geruchswolken Der Holzgeruch wurde bislang bei der Be­ stimmung der Holzart und Beschreibung des Holzzustandes nur marginal berücksich­ tigt. Mithilfe einer Anlage mit einer neuen Kombination von Gassensorarrays (Serien von gasempfindlichen Metallhalbleitern), verbunden mit neuronalen Netzen, wurden einheimische Nadel- und Laubhölzer sowie tropische Laubhölzer auf ihre Unterscheid­ barkeit getestet. Eine gezielte Datenbear­ beitung ermöglichte es, auch bisher schwer zu unterscheidende Arten über den Geruch zu trennen (Zürcher et al. 1997 ). Somit ist nun eine zusätzliche Methode ge­ geben (in Ergänzung zur klassischen ana­ lytischen Chemie), mit welcher gezielt die Abhängigkeit des Geruches von der Holzart und von den Standortsfaktoren erforscht

werden kann. Interessant wird auch sein, auf direktem Weg bei wichtigen Duftpflan­ zen (wie Lavendel, Lavandula angustifolia oder Rosmarin, Rosmarinus officinalis – beide eigentlich Gehölze) die Duftintensität in Abhängigkeit der Jahreszeit und weiterer Zeitfaktoren erfassen zu können. Waldklima / Arvenholz und die menschliche Physiologie (Schlaf- und Lebensqualität) Während Blütendüfte den Menschen sehr spezifisch und differenziert ansprechen, wird der Geruch eines Waldes, verbunden mit dem «Waldklima», als global wohl­ tuend empfunden. Neben dem Gemisch von anregenden Düften, die sich wie in einem Eigenraum entfalten, wirkt auch die Ausgeglichenheit der Temperatur und der Feuchtigkeit in positiver Weise. Weniger bekannt ist, dass sich die Luftelektrizität im Wald und ihre ionische Zusammenset­ zung deutlich unterscheiden im Vergleich mit einer offenen Landschaft und besonders mit Stadtluft, was schon G. Plaisance (1985) thematisierte. Dies basiert vermutlich auf dem durch Alessandro Volta entdeckten Phänomen, dass in der Nähe von Wasser­ fällen eine negative elektrische Aufladung und damit verbundene Ionisierung der Luft beim Zerstäuben von Wassertropfen statt­ findet (Lenard-Effekt, siehe auch Borra et al. 2007 ). Plaisance vermutet, dass die flüchtigen Substanzen und Ausdunstungen eines Nadelwaldes (ätherische Öle, Terpene, Ozon etc.) dessen Luftionisierung beeinflussen und auch dadurch einen Einfluss auf die menschliche Physiologie haben. Dieser Umstand wurde früher genutzt, indem man Sanatorien in Waldumgebung ansiedelte. Eine kürzlich durchgeführ­ te Forschung über «Psychophysiologische Effekte atmosphärischer Qualitäten der Bündner Wald 6/2010 71


Tagesgang der Herzfrequenz. Blau – Arve/Zirbe; rot – Holzdekor (fotografisches Imitat). (Grafik: Grote et al. 2003)

Landschaft» kam mithilfe von Messungen am vegetativen Nervensystem, am kar­ dio-vaskulären System und mithilfe von psychometrischen Verfahren zu einem be­ stätigenden und gleichzeitig differenzierenden Ergebnis. Die kontemplative Begeg­ nung mit dem Raum zeigt nämlich, dass Landschaften unterschiedliche Formen von Vitalität besitzen (Frohmann et al. 2010 ). Neuere Forschungen haben nun gezeigt, dass nicht nur die frische Waldluft, sondern auch der warme Holzduft einen nachweis­ baren Effekt auf unsere Gesundheit haben kann. Der Nachweis ist Univ. Prof. Maxi­ milian Moser und Mitarbeitern des Joan­ neum, Forschungsinstut für Nichtinvasive Diagnostik mithilfe moderner medizinischer Methodik an Arvenholz (Pinus cembra) gelungen – ein Holz, dessen Wirkung auf 72

das Wohlbefinden und auf das Gemüt über Jahrhunderte überliefert wurde («Arvenstu­ ben»). Beim Test im Labor (als Blindstudie angelegt) zeigten sich signifikante Unter­ schiede in der Erholungsqualität zwischen einem Arvenholzzimmer und einem iden­ tisch gestalteten Holzdekorzimmer. Arven­ holz bewirkt eine niedrigere Herzrate bei körperlichen und mentalen Belastungen. Die durchschnittliche tägliche Arbeitser­ sparnis für das Herz liegt bei 3500 Schlägen, was einer Stunde Tätigkeit entspricht. Zu­ sätzlich wird in Ruhephasen der vegetative Erholungsprozess beschleunigt. Wetterfüh­ ligkeit tritt im Arvenzimmer nicht auf. Nach­ gewiesen ist auch die bessere Schlafqua­ lität im Arvenholzbett (Grote et al. 2004 ). Eine weitere Studie in einer Schule, wo mengenmässig vor allem Fichte und Eiche


Tagesgang der vegetativen Erholung, Vagusaktivität/Vagusonus. Blau – Arve/Zirbe; rot – Holzdekor (fotografisches Imitat). (Grafik: Grote et al. 2003)

für die Austattung verwendet wurden, zeig­ te, dass auch andere Holzarten als Arve ähn­ lich wirksam sind. M. Moser vermutet, dass sich einerseits die ätherischen Öle im Holz und die freundliche Lichtatmosphäre güns­ tig auswirken. Andererseits könnten auch weitere Eigenschaften des Naturmaterials eine Rolle spielen: «Holz lädt sich weniger elektrostatisch auf; dadurch bleiben die günstigen negativen Luftionen erhalten» (Pressemitteilung Graz 18.1. 2010 ). Andere Arbeiten (siehe z. B. Fürst, D. 2007 ) konnten eindrücklich nachweisen, dass Waldföh­ renholz (Pinus sylvestris) und Eichenholz (Quercus sp.) in direktem Kontakt eine stark anti­mikrobielle Wirksamkeit besitzt, was vermuten lässt, dass es auch über den Duft wohltuend sein könnte, wie es von den Wäl­ dern schon bekannt ist.

Fazit Somit wird ersichtlich, welch vielverspre­ chendes Entwicklungs- und Anwendungs­ potential vorliegt, wenn in Ergänzung zu den herkömmlichen physikalisch-mechani­ schen Holzeigenschaften der Geruch mit­ einbezogen wird. Bedenkt man, dass von den etwa 50 zentraleuropäischen Haupt­ holzarten bereits Arve (Pinus cembra), Fichte (Picea abies) und vermutlich Wald­ föhre (Pinus sylvestris) vom Geruch her beim Menschen physiologisch aktiv sind, so lässt sich erahnen, welche Überraschun­ gen unter den weltweit geschätzten 60 bis 100 000 Holzarten auf uns warten. Quellen: Borra, J.-P., Roos, R.A., Renard, D., Lazar, H., Goldman, A., and Goldman, M. (1997): Bündner Wald 6/2010 73


Electrical and chemical consequences of point discharges in a forest during a mist and a thunderstorm. J. Phys. D: Appl. Phys. 30 (1997) 84 – 93. n Frohmann, E., Grote, V., Avian, A., Moser, M. (2010): Psycho­ physiologische Effekte atmosphärischer Qualitäten der Landschaft. Schweiz. Z. Forstwes 161 (2010) 3: 97– 103. n Fürst, D. (2007): Vergleichende Untersuchung der antimikrobiellen Wirksamkeit von sieben verschiedenen Hölzern. Dissertation an der Medizinischen Fakultät der AlbertLudwigs-Universität Freiburg i. Br. (83 S.) n Grote, V., Lackner, H., Muhry, F., Trapp, M., Moser, M. (2004): Arvenholz für Menschen. BündnerWald 2 / 2004 (Jhrg. 57): 9 –24. n

Plaisance, G. (1985): Forêt et Santé. Guide pratique de sylvothérapie. Dangles, SaintJean-de-Braye, 506 p. n Zürcher, E., Kuce­ ra, L. J., Bariska, M., Moy, L. (1997): «Elektronische Geruchsuntersuchung von Höl­ zern – Elektronic odour testing of woods» Holz als Roh- und Werkstoff v. 55(5), p. 281– 285.

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Vorschau: TOP WALD-Serie «Die Siegerprojekte» Vor zwei Jahren lancierte das Amt für Wald den Projektwettbewerb TOP WALD zur Förderung optimaler Betriebsstrukturen bei der Waldbewirtschaftung im Kanton Graubünden. Mit dem Wettbewerb sollten die Verantwortlichen der Bündner Forstbetriebe motiviert werden, ihre Betriebsstrukturen zu überdenken und mögliche Anpassungen an den Erfordernissen einer zeitgemässen Waldpflege und Waldbewirtschaftung zu messen. Natürlich war dabei die Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe besonders im Fokus. Von den eingereichten Ideen sollten dann im Sinne einer Breitenwirkung letztlich auch andere Betriebe profitieren können. Am 5. Mai dieses Jahres konnten anlässlich der Generalversammlung der SELVA in Zernez drei Preisträger erkoren werden: die Gemeindebetriebe Crest Ault – zusammengesetzt aus den ehemaligen Forst- und Werkbetrieben der Gemeinden Bonaduz und Rhäzüns –, der Forstbetrieb Bergell und die Forstmaschinengemeinschaft Foppa. Zusätzlich wurde der «Lehrverbund untere Surselva» mit einem speziellen Förderpreis der Jury ausgezeichnet. Die preisgekrönten Projekte zeichnen sich entweder durch einen hohen allgemeinen wirtschaftlichen Nutzen für die Forstbetriebe aus, besitzen eine grosse Chance zur Realisierung bzw. wurden bereits schon realisiert. Sie sind unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein wichtiger Schritt zur Optimierung und Sicherstellung der Waldpflege und Waldbewirtschaftung, zeugen von Innovationsgeist und sind in der Regel übertragbar auf andere Betriebe. Damit auch andere Betriebe von den guten Ideen der Sieger profitieren können, und um

EIn BIld aus den Anfängen des TOP WALD-Siegerprojekts «Forstmaschinengemeinschaft Foppa». (Bild: A. Weber)

zu zeigen, was aus diesen Ideen geworden ist, werden wir nächstes Jahr in loser Folge die Siegerprojekte porträtieren und über die bisherigen Erfahrungen berichten. Beginnen werden wir im Februar mit dem Projekt der Gemeindebetriebe Bonaduz/Rhäzüns.

Beat Philipp Amt für Wald Graubünden Loëstrasse 14, CH-7000 Chur beat.philipp@afw.gr.ch

Bündner Wald 6/2010 75


Protokoll der SELVA Generalversammlung 2010

Die abtretenden Vorstandsmitglieder Lukas Kobler, Jon Andri Bisaz und Roman Wieser (v.l.n.r). (Bild: SELVA)

Die SELVA hat ihre Jahresversammlung am 5. Mai 2010 in der Aula des Nationalparkgebäudes in Zernez abgehalten. An der GV waren 50 Stimmberechtigte mit total 146 Mitgliederstimmen vertreten. 1. Begrüssung durch den Präsidenten SELVA-Präsident Andrea Florin begrüsst die anwesenden Mitglieder und Gäste. Einen speziellen Gruss richtet er an den Regierungsrat Stefan Engler, Max Binder, WVSZentralpräsident und Nationalrat, Kantonsförster Reto Hefti, Waldfachvorsteher des Gemeindevorstandes von Zernez und an die anwesenden Vertreter der verschiedenen Partnerorganisationen. «Ich habe vor einem Jahr dazu aufgefordert, gemeinsam und stark aufzutreten. Es 76

freut mich, dass ich dieses Jahr mitteilen kann, dass wir nun bezüglich Wiedereintritt in den nationalen Verband so weit sind, euch den Wiedereintritt zu beantragen. Ich hoffe, dass wir dann mit diesem Schritt auch wieder etwas zur gemeinsamen Arbeit beitragen können.» Ebenfalls in diese Richtung laufen im Bereich der Holzvermarktung und Holzbindung die Diskussionen mit der Gesellschaft im Prättigau. Dort wird zusammen mit den Gemeinden ein Weg gesucht, die Zusammenarbeit zu verbessern und damit die Position der Holzvermarktungsorganisation zu stärken. Im Übrigen hat der SELVA-Vorstand mit der Geschäftsstelle im abgelaufenen Jahr Themen bearbeitet, die für die Mitglieder wichtig sind. Es war dies vor allem die Betreuung der Zertifizierung, die jetzt zur Erneuerung ansteht. Dazu sind Fragen zur Mehrwertsteuer, die Sortiervorschriften sowie Weiterbildungsfragen bearbeitet worden. Dabei war uns der Kontakt zu unseren Mitgliedern wichtig, wie an Weiterbildungen, Tagungen oder Feierabendgesprächen, speziell aber auch im Bereich der Betriebsberatung. «Ich hoffe, dass wir weiterhin von unseren Mitgliedern unterstützt werden und auch Rückmeldungen zu den aktuellen Themen erhalten. In diesem Sinne eröffne ich die GV 2010 in Zernez.» 2. Grussadressen Corsin Rauch, Gemeindevorstand von Zernez, überbringt die Grüsse der Gemeinde und heisst die Anwesenden herzlich willkommen in Zernez. Er stellt die grosse, vielseitige Gemeinde an zentraler Lage im Engadin mit grossem Waldbesitz in seinem Kurzreferat vor. Josef Kothbauer, Leiter Einkauf Rundholz bei Mayr-Melnhof, begrüsst die Anwesenden. In seinem Referat erwähnt er, wie wichtig eine


gute Partnerschaft mit den Waldeigentümern ist. Am Standort Domat/Ems wird festgehalten. Eine regelmässige Rundholzversorgung ist Voraussetzung für weitere Investitionen vor Ort. Die Lieferung von zertifiziertem Rundholz ist dem Werk wichtig, wobei es nicht darauf ankommt, nach welchem Verfahren ( FSC oder PEFC ) das Holz zertifiziert ist. Mayr-Melnhof wird die neuen schweizerischen Holzhandelsgebräuche prüfen und wenn möglich vollständig übernehmen. 3. Wahl der Stimmenzählenden Auf Vorschlag des Präsidenten wählt die Versammlung Iris Castelberg aus Bergün und Kenneth Danuser aus Cazis als Stimmenzählende. 4. Protokoll der GV vom 23. April 2009 in Schiers Das Protokoll der Generalversammlung vom 23. April 2009 in Schiers wurde im «Bündner Wald» Nr. 5/09 publiziert. Es wird ohne Gegenstimme genehmigt. 5. Jahresbericht 2009 Der Präsident geht den Jahresbericht 2009 Seite um Seite durch. Aus der Versammlung erfolgen keine Wortmeldungen. Der Jahresbericht 2009 wird einstimmig genehmigt. Aufgrund des 90-jährigen Jubiläums der SELVA ist eine Jubiläumsbroschüre « 90 Jahre SELVA» erstellt worden. Paul Barandun informiert die Versammlung über die Schwerpunkte des laufenden Jahres. Die neuen Holzhandelsgebräuche erscheinen voraussichtlich im Sommer 2010. Die SELVA wird Instruktoren ausbilden und im Herbst Kurse zu den neuen Sortiervorschriften anbieten. Die Anpassung der Werksklassierung an die neuen Holzhandelsgebräuche erfolgt in Zusammenarbeit mit Mayr-Melnhof. Nach geltendem Mehr-

wertsteuergesetz wären ab 1. Januar theoretisch die Forstbetriebe nicht mehr pflichtig. Im Mai erfolgte jedoch die Anpassung der Verordnung auf die bisherige Regelung, dies trotz Interventionen der SELVA und des nationalen Verbandes ( WVS ). Als neustes Projekt will die SELVA die Beratung der Forstbetriebe in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald Graubünden verstärken. Christophe Trüb informiert die Versammlung über die laufenden Aktivitäten der Zertifizierung nach FSC. Im Jahr 2000 sind in Graubünden die ersten Waldeigentümer zertifiziert worden. Dieses Jahr steht die zweite Rezertifizierung an. Somit sind die beteiligten Waldeigentümer für weitere fünf Jahre zertifiziert. Als positive Punkte der bisherigen Zertifizierung werden die gute Gruppengrösse, der geringe Aufwand für den einzelnen Betrieb, der teilweise Mehrerlös, der Imagegewinn sowie die Akzeptanz der Umweltverbände genannt. Im Jahr der Biodiversität setzt die Zertifizierung ein positives Zeichen für die vorbildliche und naturnahe Waldbewirtschaftung. Das Wirkstoffverbot für Pestizide im Wald gilt weiterhin, die Ausnahmegenehmigung der SELVA bleibt jedoch bis 2014 gültig. Neu muss für gemeindeeigene Sägereien ein separates «Sägerei-Audit» durchgeführt werden. Die Kosten für die Zertifizierung sind gestiegen, liegen im schweizerischen Durchschnitt aber immer noch relativ tief. Bisher haben sich rund 120 Waldeigentümer aus Graubünden und Glarus für die Verlängerung des Zertifikates ausgesprochen. Ab Ende September sollte dann das neue Zertifikat gültig sein. 6. Jahresrechnung 2009 und Bilanz per 31. Dezember 2009 Der Präsident präsentiert die Jahresrechnung 2009 und die Bilanz per 31. DezemBündner Wald 6/2010 77


Neu gewählte Vorstandsmitglieder: Alfred Barbüda, Vital Lötscher und Gian Cla Feuerstein (v.l.n.r). (Bild: SELVA)

ber 2009. Die Rechnung 2009 weist nur wenige Änderungen gegenüber dem Budget 2009 auf. Der Betriebsaufwand beträgt Fr. 377 307.–, der Nettoerlös Fr. 378 115.–. Der Gewinn beträgt Fr. 808.–. Budgetiert war ein Verlust von Fr. 1000.–. 7. Kontrollstellenbericht Die SELVA-Revisoren Arnold Denoth und Christian Theus haben die Buchführung der SELVA geprüft. Christian Theus erläutert den Bericht der Geschäftsprüfungskommission. Er dankt den Organen des Verbandes für die ordnungsgemässe Buchführung sowie die strukturierte Arbeit und empfiehlt der Versammlung die Annahme der Jahresrechnung 2009 und der Bilanz per 31. Dezember 2009 sowie die Entlastung der Organe. 78

8. Genehmigung der Jahresrechnung und der Bilanz, Entlastung der Organe Die Jahresrechnung 2009 und die Bilanz per 31. Dezember 2009 werden von der Versammlung einstimmig genehmigt. Die Organe des Verbandes werden ebenfalls einstimmig entlastet. 9. Budget 2010 und provisorisches Budget 2011 Das Budget 2010 (Gewinn Fr. 1000.–) und das provisorische Budget 2011 (Verlust Fr. 3000.–) werden von der Versammlung einstimmig genehmigt. Im provisorischen Budget 2011 ist der Verbandsbeitrag an den nationalen Verband ( WVS ) bereits enthalten. Neu wird im Budget eine Po­ sition 6500 eingeführt für die Verrechnung von Leistungen an Dritte. Die Hö-


he der Mitgliederbeiträge bleibt unverändert. 10. Gesamterneuerungswahlen (drei neue Vorstandsmitglieder und Revisor-Stellvertreter) Aufgrund von Amtszeitbeschränkungen sind Jon Andri Bisaz als Vorstandsmitglied und Thomas Zimmermann als Revisor-Stellvertreter zurückgetreten. Ebenfalls zurückgetreten sind die Vorstandsmitglieder Lukas Kobler und Roman Wieser. Als Nachfolger wurden Alfred Barbüda, Revierförster aus Zernez, Gian Cla Feuerstein, Regionalleiter AfW aus Zuoz, und Vital Lötscher, Revierförster aus Schiers, in den SELVA-Vorstand und Maurus Cavigelli, Revierförster aus Laax, als Revisor-Stellvertreter einstimmig gewählt. Der Präsident Andrea Florin, die bisherigen Vorstandsmitglieder Ernst Sax, Claudia Kleis und Jürg Michel sowie die Revisoren Arnold Denoth und Christian Theus sind ebenfalls einstimmig wiedergewählt worden. 11. Verbandsmitgliedschaften Präsident Andrea Florin informiert die Anwesenden über die Absicht, dem Schweizerischen Verband für Waldwirtschaft ( WVS ) wieder beizutreten. Beim Austritt vor zehn Jahren forderte die SELVA unter anderem die Stärkung der Position des Gebirgswaldes und die Anpassung der Kernaufgaben des Verbandes. Die Forderungen sind aus Sicht des SELVA-Vorstandes nun erfüllt worden. Der SELVA-Vorstand stellt deshalb den Antrag, dem Schweizerischen Verband für Waldwirtschaft ( WVS ) per 1.  Januar 2011 erneut beizutreten. Bedingung ist, dass der SHF-Beitrag der SELVA während einer Umsetzungsphase von fünf Jahren auf Fr. 60 000.– pro Jahr beschränkt wird. Die-

se Massnahme soll die nationale Solidarität stärken. Die Versammlung genehmigt diesen Antrag einstimmig. Adolf Hemmi fragt, ob die finanzielle Unterstützung der Ausbildungskurse aus dem BWF-Fonds auch nach dem Beitritt zum WVS erhalten bleibt. Der Präsident erwiedert, dass dies noch offen ist. 12. Orientierung über Bündner Waldwirtschaftsfonds Mit der Einladung zur GV wurde allen Mitgliedern eine Information mit der Rechnung 2009, dem Kontrollstellenbericht und dem Budget 2010 abgegeben. Paul Barandun informiert die Versammlung über die Rechnung 2009. Dabei erklärt er die Posi­ tionen Projekte und Innovationsbeiträge im Detail. Die grössten Ausgaben im Bereich der Projekte sind das Projekt «Controlling Werksklassierung» und das Projekt «Neue Handelsgebräuche Rohholz». Mit Innovationsbeiträgen konnte 2009 nur ein Projekt unterstützt werden: Die Gründung der Forstmaschinengemeinschaft Foppa in der Surselva. Die BWF-Rechnung 2009 wurde durch die Revisoren Christian Theus und Arnold Denoth geprüft. Paul Barandun bemerkt, dass nur wenige Anfragen um Unterstützung von innovativen Projekten bei der SELVA eintreffen und dass bei Vorhandensein von innovativen Projekten Unterstützungsgesuche gestellt werden sollen. 13. Varia Max Binder, Zentralpräsident WVS, dankt den Anwesenden für den richtigen Schritt in die Zukunft mit dem Wiedereintritt in den Verband. Er erklärt noch einmal die Regelung der SHF-Beiträge. Beim Kanton Graubünden mit über 90% abgerechneten Beträgen sei verständlich, dass eine Ausnahmeregelung Bündner Wald 6/2010 79


gefordert werde. Gesamtschweizerisch könne aber nur eine Regelung gelten. Weiter erwähnt er in seinem Referat die schwierige Situation der MWST-Regelung, den vermehrten Einsatz des WVS für die Zertifizierung, die Biodiversität mit den steigenden Anforderungen an den Waldbau sowie das internationale Jahr des Waldes 2011. Regierungsrat Stefan Engler überbrachte das Grusswort der Regierung. Er erwähnte die gesteigerte Holznutzung im Kanton. Gründe dafür seien neben den relativ guten Holzpreisen, dass die kantonalen Strategien zur Holzmobilisierung umgesetzt werden konnten. Er stellt fest, dass sich im Verlaufe der letzten zwölf Jahre die Produktivität der Forstbetriebe deutlich erhöht und die Kosten verringert haben. In der Professionalisierung der Holzvermarktung liegen für die Waldeigentümer zusätzliche, noch nicht genutzte Chancen. Abschliessend erwähnt er einige Ideen für die Verbesserung der

forstpolitischen Zukunft im Kanton Graubünden. Präsident Andrea Florin verabschiedet die bisherigen Vorstandsmitglieder Jon Andri Bisaz, Roman Wieser, Lukas Kobler und den Revisor-Stellvertreter Thomas Zimmermann. Weiter dankt er dem Vorstand, der Geschäftsstelle und den Revisoren für ihre Arbeit sowie dem Kanton Graubünden für die Unterstützung. Abschliessend bedankt er sich bei allen Partnern und allen Mitgliedern für das Vertrauen. Landquart, 18. August 2010

Christophe Trüb Bündner Waldwirtschaftsverband Bahnhofplatz 1 7302 Landquart

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Danke, Hans Sonderegger Am diesjährigen Schlussabend des überbetrieblichen Kurses (Seilkrankurs C) in Maladers wurde im Restaurant Meiersboden in Chur nicht nur auf einen erfolgreichen Kursabschluss angestossen, vielmehr wurde in einer schlichten Feier vom langjährigen Kursleiter Hans Sonderegger Abschied genommen. Während sage und schreibe 27 Jahren und das ohne Unterbruch stand Hans Sonderegger beim Seilkrankurs C als Kursleiter im Einsatz. Während dieser Zeit hat Hans zusammen mit seinem Kursteam in seiner bekannten und kompetenten Art und Weise schätzungsweise 500 Forstwartlernenden die Arbeit des Seilkraneinsatzes im Gebirgswald instruiert. Manche mögen sich beim Lesen dieser Zeilen sicher noch an ihren eigenen Seilkrankurs zurückerinnern. Dass während dieser langen Zeit parallel zur Grundbildung auch eine Wertschöpfung für die Waldwirtschaft erzielt werden konnte, zeigen einige Zahlen. Etwa 14 000 m3 Holz wurden in all diesen Jahren durch den Forstbetrieb Maladers vorgängig gerüstet und für den Kurs bereitgestellt. Zur Bringung dieses Holzes waren der Bau und Betrieb von über 100 Seilkrananlagen konventioneller und mobiler Art nötig. Rechnet man mit einer bescheidenen durchschnittlichen Transportlänge von 300 Laufmetern pro Anlage, ergibt das eine Gesamtlänge von 90 km. Dass solche Leistungen bei Einführungskursen mit Lernenden erbracht werden können, zeigt die Klasse aller am Erfolg Beteiligten. Kursleiter Hans Sonder­egger – auch «SuvaHans» genannt – hat es zudem zusammen mit seinen Lehrkräften geschafft, diese einmalige Leistung über alle Jahre unfallfrei zu erbringen.

Revierförster Urs Küng verabschiedet den scheidenden Kursleiter Hans Sonderegger nach dem überbetrieblichen Kurs 2010. (Bild: AfW)

Das Amt für Wald Graubünden möchte sich an dieser Stelle auch bei der Gemeinde Maladers für die langjährige gute Zusammenarbeit bedanken. Ein spezieller Dank für die beispielhafte Kursvorbereitung gebührt der Gemeinde-Forstgruppe unter der Leitung von Revierförster Urs Küng. Dem Bildungszentrum Wald und Holz danken wir für die Bereitstellung der qualifizierten Instruktoren und die Garantie für gute Rahmenbedingungen. Dem scheidenden Kursleiter Hans Sonderegger danken wir für seine langjährige Treue als engagierter und umsichtiger Kursleiter und selbstverständlich für seinen grossen Einsatz bei der Ausbildung der jungen Forstleute. Wir wünschen Hans alles Gute für die Zukunft.

Felix Voneschen Amt für Wald Graubünden Schulung Loëstrasse 14, CH-7000 Chur

Bündner Wald 6/2010 81


28. Skipostenlauf für das Bündner Forstpersonal Datum und Ort: Samstag, 26. Februar 2011, Bergün, Skigebiet Darlux

Zugelassene Sportgeräte: Alle Arten von Ski und Snowboard sowie alles, was einem Ski ähnlich sieht

Disziplin: Riesenslalom ( 1 Lauf) und Postenarbeit

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeberechtigt sind alle im Bündner Forstdienst oder Forstunternehmungen tätigen Personen sowie deren Partner und Kinder.

Bis 11. Februar 2011 an: Revierforstamt Bergün/Muot, Plazi Sot, 7482 Bergün/Bravuogn, Fax 081 407 21 29, Mail: iris.castelberg@gemeinde-berguen.ch

Unterschrift: Ort/Datum:

Sportgerät: Kategorie:

Jahrgang: Ort:

Vorname:

Kategorien: Damen, Herren, Lehrlinge, Kinder Anmeldung: Mit Talon bis am 11. Februar 2011 an: Revierforstamt Bergün/Muot Plazi Sot 7482 Bergün/Bravuogn Fax 081 407 21 29 E-Mail: iris.castelberg@gemeinde-berguen.ch Startgeld: Damen + Herren CHF 12.–, Lehrlinge CHF 6.–, Kinder gratis Tageskarten/Einzelfahrten: Bezug zu Spezialpreisen Nachmeldung: Mit Zuschlag von CHF 5.– auf das Startgeld möglich Organisatorisches: Parkierung: Gratis-Parkplätze bei der Talstation Darlux Startgeld: Bezahlung bei der Startnummernausgabe Tageskarte etc.: Bezug und Bezahlung bei der Talstation Darlux Startnummernausgabe: Bergrestaurant La Diala Durchführung: Auskunft unter Tel.-Nr. 081 420 50 82 am 25. Februar 2011 ab 17.00 Uhr Versicherung: Ist Sache des Teilnehmers. Jede Haftung wird abgelehnt.

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Name:

Anmeldetalon «28. Skipostenlauf Bündner Forstpersonal»

Zeit: Startnummernausgabe: 9.00 – 10.00 Uhr im Bergrestaurant La Diala Start: 10.30 Uhr beim Ela 6 Rangverkündigung: ca. 14.30 Uhr im Zielraum oder Bergrestaurant La Diala


Übersichtsplan.

Panorama Bergün/Bravuogn

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Pressemitteilung – Der Dachs: heimlich und flexibel Schädling, Tollwutüberträger, «Stinker» und dazu noch mysteriös: Lange hat sich dieses negative Bild des Dachses gehalten und aufgrund vieler falscher Vorstellungen und diffuser Ängste ist er früher auch erbittert verfolgt worden. Seine langen Haare wurden dann aber immerhin zu Rasierpinseln verarbeitet. Auch heute noch gehört der Dachs zu den geheimnisvollsten Wildtieren in den Wäldern Europas, was zweifelsohne mit seiner nächtlichen und unterirdischen Lebensweise zu tun haben dürfte. Erst bei Einbruch der Nacht verlässt der Dachs seinen Bau und trottet dann gemächlichen Schrittes und meist gesenkten Hauptes durch sein Revier. Dabei mag die gedrungene und plumpe Gestalt darüber hinwegtäuschen, dass Meister Grimbart galoppierend durchwegs ein Tempo von rund 30 km/h erreichen und aus dem Stand 150 cm weit bzw. 80 cm hoch springen kann. Unterschätzt wird er aber insbesondere in seiner stupenden Flexibilität, die er nicht nur be-

züglich Nahrung, Lebensraum und Raumnutzung an den Tag legt, sondern allem voran in Bezug auf seine Sozialstruktur. So kann er ebenso gut ein solitäres Leben führen, als auch – bei hohen Dichten – in Familien oder gar Grossgruppen vorkommen, deren Mitglieder dann auch das gemeinsame Territorium verteidigen. Der neue Wildbiologie-Artikel 1/2a stellt die aktuellsten verhaltensbiologischen Erkenntnisse über den Dachs vor und rückt diesen sympathischen Bewohner unserer Wälder so in ein neues Licht. Ebenfalls erschienen ist ein Artikel über die einheimischen Reptilien, welche die am stärksten gefährdete Wirbeltiergruppe bildet. An den einzelnen Arten werden die Gründe für Rückgang und Bedrohung dargestellt sowie Möglichkeiten aufgezeigt, um die Lebensbedingungen für Echsen und Schlangen so zu verbessern, dass sie auch in Zukunft Teil unserer Fauna sein werden.

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Leserbrief: Erbengemeinschaften – gammelnder Grundbesitz ANZEIGE

Lotterbauten im Besitz von Erbengemeinschaften In vielen Dörfern, besonders wo die Konjunktur nicht überbordet, stehen in zentraler Lage jahrelang verlotternde, kleinbäuerliche Häuser und Ställe leer. Viele unterstehen einem veralteten optischen Heimatschutz. Renovationen und Wärmesanierungen sind teures, halbfertiges Flickwerk, Abbrechen wäre die bessere Lösung. Besterschlossenes Bauland schläft. Stattdessen wird an den Dorfrändern Landwirtschaftsland neu überbaut. Solche Problemliegenschaften gehören oft komplizierten, schwerfälligen oder nicht mehr handlungsfähigen Erbengemeinschaften. Diese zahlen kaum Steuern und verursachen den Behörden laufend Umtriebe oder Ärger. Aber auch die Dorfbevölkerung regt sich auf, wenn Eigentum vergammelt, eine vernünftige Dorfentwicklung blockiert wird, und dies noch Mehrkosten für den Steuerzahler verursacht. Erbengemeinschaften sind auch problematische Besitzer von Flurparzellen, Maiensässen, Privatwald usw. Ein gewichtiger Grund für diese schleichende Fehlentwicklung ist unser veraltetes ­Erbrecht. Miterben können wohl die Teilung verlangen, aber kaum durchsetzen. Der gröss­te Mangel: Den Erbengemeinschaften sind keine zeitlichen Fristen für die Auflösung gesetzt. Es fehlt auch ein Heimfallrecht danach an die Gemeinden. Die Bundespolitik muss die Landschaftszersiedelung stoppen. Die bestehenden Baugebiete müssen besser ausgenutzt werden. Ein Mittel ist die rasche Revision des Erbrechtes mit klaren Fristen für die Auflösung von Erbengemeinschaften und danach Heimfall

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von Liegenschaften an die Gemeinden. Bei einer Gesetzesrevision sollte auch die Auflösung von Mit- und Stockwerkeigentum stark erleichtert werden. Der Bund ist am Ball.

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Holzbau mit Signalwirkung für die Bundesverwaltung Ittigen bei Bern erhält voraussichtlich Ende 2012 ein neues Verwaltungsgebäude mit 96 Arbeitsplätzen. Zukünftiger Nutzer des Baus wird das Bundesamt für Raumentwicklung ARE sein. Realisiert wird das Projekt «Cascada» des Verfasserteams Mischa Badertscher Architekten AG, Zürich. Der Holzbau nach Minergie-P-Eco überzeugte die Wettbewerbsjury durch schlüssige Antworten auf sämtliche Anforderungen der Wettbewerbsausschreibung. Das Verwaltungszentrum des Bundes an der Mühlestrasse 2 – 6 in Ittigen beherbergt grosse Teile des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. Die Platzverhältnisse sind infolge verdichteter Belegung knapp, das Gebäude stösst an seine Kapazitätsgrenzen. Ein neues Verwaltungsgebäude in un-

mittelbarer Nähe, an der Worblentalstrasse 60 – 66, soll Entlastung schaffen – rasch und trotzdem mit Rücksicht auf eine nachhaltige Bauweise. Holzbau als Vorgabe Für diesen Neubau, der 96 Arbeitsplätze fassen und im Spätherbst 2012 vom ARE bezogen werden soll, schrieb das BBL im März 2010 einen einstufigen Projektwettbewerb im offenen Verfahren für Generalplanerteams aus. Wichtigste Auflage: Das Gebäude sollte die Aufgaben und Ansprüche seiner Nutzer reflektieren und hinsichtlich Nachhaltigkeit, Aussenraumqualität und ÖV-Erschliessung für das ARE eine Visitenkarte sein. Gefragt war zudem eine städtebaulich und architektonisch überzeugende Lösung.

Visualisierung Neubau Verwaltungsgebäude ARE, Ittigen (Visualisierungen: Mischa Badertscher Architekten AG, Zürich). (Bild: Architekten)

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entschied sich die Wettbewerbsjury einstimmig für das Projekt «Cascada», verfasst von Mischa Badertscher Architekten AG, Zürich. Die Verfasser werden mit der Weiterbearbeitung des Projekts beauftragt. Im Februar 2012 soll mit dem Bau begonnen werden. Der neue Baukörper nimmt volumetrisch und räumlich Bezug auf die bestehenden, benachbarten Verwaltungsgebäude. Er übernimmt ihre Gebäudehöhe und schafft mit seiner langen und schmalen Form städtebaulich eine Verknüpfung.

Visualisierung Neubau Verwaltungsgebäude ARE, Ittigen. (Bild: Architekten)

Auch mussten weitergehende Kriterien in Bezug auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt erfüllt werden, um für das Gebäude das Minergie-P-Eco-Label zu erreichen. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen, nicht zuletzt auch um den engen Zeitplan einzuhalten, sollte ein Holzbau mit langfristig flexiblen Nutzungsmöglichkeiten entworfen werden. Für die erste Etappe des Bauvorhabens wurde ein Investitionsrahmen von CHF 8,5 Mio. gesetzt. Einstimmiger Juryentscheid 19 Projekte wurden bis Anfang Juli 2010 fristgerecht eingereicht. Am 13. August 2010

«Kaskade» als Begegnungsort Als architektonisch-räumliches Element steht eine offene Kaskadentreppe im Zentrum (Bild links), welche die Bürogeschosse in der Vertikalen miteinander verbindet und spannende Sicht- und Lichtbezüge schafft. Der Kaskadenraum wird zum Begegnungsort im Gebäude mit kleinen Besprechungstischen und den zur Büronutzung zugehörigen Infrastrukturen wie Naharchiv und Kopierbereichen. Durch Verlegen der Fluchtwege von innen nach aussen muss der Kaskadenraum nicht als Brandabschnitt ausgebildet werden. Er kann in Materialwahl und Nutzung frei bespielt werden. Die Lüftungs- und Haustechnikinstallationen werden dadurch ebenfalls wesentlich vereinfacht.

Michael Meuter Lignum Holzwirtschaft Schweiz Falkenstrasse 26 CH-8008 Zürich

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Korrigenda

Korrigenda zum Bild des Artikels «Entwicklung und Forderungen an die Waldinventur Graubündens», Seite 9, von Dr. Riet Gordon im «Bündner Wald», Oktober 2010 : Das Bild zeigt Revierförster Flavio Pice-

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noni (Forstrevier der Gemeinden Bondo, Castasegna und Soglio, 1932 – 1964 ) mit seinen Mitarbeitern aus Bondo: Orlando Ganzoni, Marco Bricalli und Nando Picenoni.


Reziaholz – Geschäftsjahr 2010 ANZEIGE

Der schrittweise erfolgte Auf- und Ausbau der Reziaholz GmbH zeigt sich in einem sehr erfolgreich zu Ende gehenden Geschäftsjahr 2010. Bis Anfang Oktober wurden gemeinsam mit den beteiligten Gesellschaftern und einem erweiterten treuen Kundenkreis bereits über 50 000 m3 Bündner Rundholz abgesetzt. Ein grosser Teil der Holzmengen wurde nach Domat/Ems an Mayr-Melnhof Swiss Timber geliefert und unterstreicht damit die grosse Bedeutung der guten Zusammenarbeit mit der Grosssägerei. Dies trotz schwieriger Rahmenbedingungen auf dem globalisierten Holzmarkt, vor allem wegen dem aktuell sehr starken Schweizer Franken. Ebenfalls regelmässig beliefert wurden auch Stammkunden aus lokalen Sägereien sowie Abnehmer in Italien. Die verschiedenen Holzsortimente konnten nachfragegerecht den spezialisierten Verarbeitungsbetrieben geliefert werden. Für das Jahr 2010 werden voraussichtlich über 60 000 m3 Bündner Rundholz vermarktet, hinzu kommen weitere zehn Prozent Holz aus anderen Regionen der Schweiz, so dass Reziaholz für das zu Ende gehende Jahr mit mindestens 65 000 m3 vermarktetem Holz rechnet. Reziaholz hat sich auch 2010 als zuverlässiger Partner für Anbieter, Abnehmer und Dienstleister etabliert und wird die für eine effiziente Holzvermarktung verbundenen Instrumente und Dienstleistungen weiter ausbauen und stärken. Die gemeinsame Holzvermarktung der Wald­eigentümer über Reziaholz bleibt allen Bündner Waldeigentümern offen. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, sich daran

www.schutzfilisur.ch

zu beteiligen und so aktiv an der Vermarktungspolitik teilzunehmen. Weitere Informationen erhalten Sie auf www.reziaholz.ch oder im direkten Gespräch mit der Geschäftsstelle.

Vorstand Reziaholz Reziaholz GmbH Bahnhofplatz 1 7302 Landquart

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Stimmen zu MMST Aus aktuellem Anlass stellte der «Bündner Wald» gegen Ende November 2010 verschiedenen Forstleuten einige Fragen zum Thema Mayr-Melnhof Swiss Timber ( MMST ). Wir möchten hier eine kleine Auslegeordnung verschiedener Meinungen präsentieren. Es ist aber nicht das Ziel, den «Bündner Wald» dazu zu nutzen, um «Ruhe bewahren» oder «Ruhe vor dem Sturm»? (Bild: Sandro Krättli)

sich hier einen offenen Schlagabtausch zu liefern. Im Unterschied zu Leserforen der Tagespresse ist es hier möglich, sich auf sachlicher Ebene zu bewegen. Die gewählte Reihenfolge der Antworten kommt keiner Gewichtung gleich. Nach fünf Bündner Stimmen folgt auch eine Stimme aus unserem Nachbarkanton St. Gallen. Die Namen sind nach ABC aufgeführt und die Reihenfolge ist bei jeder Frage dieselbe. Einige der Befragten, konnten nicht jede Frage beantworten (aus betrieblichen, persönlichen oder politischen Gründen). Dies ist zu respektieren – bei jenen Fragen sind die betreffenden Namen nicht aufgeführt. Einige Antworten mussten aus Platzgründen von der Redaktion gekürzt werden (dies geschah in Rücksprache mit den Befragten). Welche Bedeutung hat das Sägewerk von MMST für Sie und Ihren Betrieb? Bontognali Zeno, Revierförster, Poschia-vo (BZ): Für unseren Betrieb in Poschiavo hat das Werk in Ems eine grosse Bedeutung. Seit Inbetriebnahme von MMST ist der Durchschnittserlös für unser Nutzholz um 20 bis 30 Schweizer Franken gestiegen. Bei einer Verkaufsmenge von 10 000 m3 pro Jahr sind das 200 000 bis 300 000 Franken jährlich! Candinas Meinrad, Forstunternehmer, Rabius (CM): Wir können kontinuierlich Rundholz liefern. Die Bezahlung erfolgt innert der vereinbarten Frist von 30 Tagen. Wir bekommen für unser Holz faire Preise (europäische Marktpreise). Feuerstein Gian Cla, Regionalleiter Region 5, GR (FG): Das Grosssägewerk MMST ist der eigentliche Motor der Waldwirtschaft in Graubünden und in den umliegenden Gebieten. Juon Burtel, Revierförster, Pany (JB): Obwohl wir mit der ortsansässigen Sägerei einen festen Holzabnehmer haben, hat MMST

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eine grosse Bedeutung für unseren Betrieb. Vor allem die Sortimente, die der Stammkunde als sogenannte Beilage miterwarb, liefert man jetzt zu MMST. Savioni Eros, forestale, Mesocco (SE): Da quando è entrata in attività la segheria di Ems, il mercato italiano che fino a quel momento era il maggior acquirente di tondame per la nostra regione, è calato drasticamente e quindi a noi non rimanevano molte altre possibilità, tenendo sempre conto dei costi di trasporto. Ammann August, Regionalförster Waldregion 1, SG (AA): Die Waldregion selber führt keinen Forstbetrieb. Die Holzvermarktung/Holzvermitttlung ist Aufgabe der Revierförster. Starke Holzabnehmer sind von essentieller Bedeutung für die Waldwirtschaft im Allgemeinen und die Waldeigentümer im Speziellen. Was erwarteten Sie ursprünglich von diesem Werk? Konnte MMST Ihre Erwartungen erfüllen? BZ: Viele Bestände sind überaltert und müssen verjüngt werden. Das daraus entspringende Rundholz sollte im Kanton verarbeitet werden können (Wertschöpfung). Ja, meine Erwartungen konnten erfüllt werden. CM: Eben die oben genannten Vorteile (kontinuierliche Abnahme, pünktliche Zahlung, faire Preise). Ja, diese Erwartungen wurden erfüllt. FG: Eine massive Ankurbelung der Bündner Waldwirtschaft. Diese Erwartung wurde erfüllt. Leider allerdings mit einigen Nebengeräuschen. JB: Eine Belebung des Holzmarktes, gute Absatzmöglichkeiten von Schwachholz, allgemeine Aufwertung von Holz als Werkstoff und somit auch eine bessere Medienpräsenz des Waldes. Wertschöpfung im Kanton behalten. Kurze Transport- und Lie-

ferwege. Anschluss und Preisbildung an den Weltmarkt Holz. Die Holzmarktpreise wurden für alle transparent. Die Medienpräsenz wurde gesteigert, positiv- und negativ. Die Nachfrage nach Holz ist stark belebt worden, daraus resultierte auch ein grosser Einfluss auf die Politik in Sachen Krediterteilungen für neue Wald­erschliessungen: Waldbau hört Ende Waldstrasse auf! Die Erwartungen wurden somit erfüllt. SE: La possibilità di avere parallelamente alla vicina Italia un secondo partner in modo che i prezzi fossero un attimo più concorrenziali. In partenza con aver fissato i prezzi partendo dai nostri depositi, avevamo ancora un miglior prezzo rispetto ai commercianti italiani. Il trasporto ora rimane a nostro carico, in cambio il prezzo è leggermente aumentato; per noi era meglio prima. Come tipologia di prodotto, per la nostra azienda, la segheria di Ems soddisfa quasi interamente lo smercio di tondame. AA: Das insgesamt in der Waldregion anfallende Nutzholz musste schon immer auch ausserhalb der Waldregion abgesetzt werden. Deshalb erwarteten wir eine Marktbelebung. Die Erwartungen wurden teilweise erfüllt. Einerseits erfolgte die erwartete Marktbelebung. MMST entwickelte sich aber nicht zur verlässlichen Partnerin. Einseitige und kurzfristige Änderungen der Einkaufsstrategie und Werksvorgaben erschwerten eine kontinuierliche Zusammenarbeit. MMST ist aus meiner Sicht zurzeit keine attraktive Holzkäuferin. Liefern Sie regelmässig Rundholz an MMST? Wenn ja, wie viele 1000 m3 jährlich liefern Sie? BZ: Nein, es wäre ökologisch nicht sinnvoll, das Holz nach Domat/Ems zu transportieBündner Wald 6/2010 91


ren, wenn wir es zu gleichen Preisen an Käufer in 20 km Entfernung liefern können. JB: Wir haben eine ortsansässige Sägerei als Stammkunde, die zuerst beliefert wird. Schwachholzsortimente und D-Holz von 2a – 5 liefern wir nach Ems. Je nach Anfrage des Stammkunden beläuft sich die Lieferung an MMST auf etwa 500 m3. SE: Si, costantemente! Con un’annualità di ca. 3000 mc di tondame d’abete diciamo che la metà è destinata a MMST. AA: In der Waldregion 1/St.Gallen fallen jährlich insgesamt rund 95 000 Festmeter Holz an. Davon gingen rund 5 ( 2009 ) bzw. 2 Prozent ( 2010 ) an MMST. Die Lieferungen erfolgten über die Holzmarkt Ostschweiz AG. Es ist bekannt, dass der Kanton Graubünden ein Paket von mehreren Millionen Schweizer Franken zur Rettung von MMST bereitgestellt hat. Sehen Sie dieses Paket als gerechtfertigt, eher als notwendiges Übel oder als fragwürdige Massnahme? BZ: Ist notwendig und nicht nur ein notwendiges Übel. Wenn MMST eingeht, fällt der Preis wieder auf das Niveau der «VorMMST-Zeit» und sehr viel Holz bliebe unverkauft auf den Lagerplätzen liegen. CM: Als gerechtfertigt, weil 85 % des Bündner Waldes dem Steuerzahler gehört. Bei der Weiterführung des Werkes kommt die Investition an die Gemeinden zurück. FG: Diese Massnahme dürfte die einzige sein, welche die seit 2006 angekurbelte Bündner Waldwirtschaft nicht wieder im Keim erstickt. Alle Alternativen dazu wären weit schmerzhafter. JB: Wenn aus diesem Debakel die Lehre gezogen wird, dass Wirtschaftsförderung nach sorgfältiger Prüfung in Zukunft auch auf KMU-Ebene eingesetzt werden kann, dann ist die Massnahme für das sinkende Schiff in Ordnung. An einem Werk dieser Grössen92

ordnung hängt nicht nur der Rohstoff Holz, sondern ein komplexes vernetztes Gebilde an Logistik und unzähligen Beteiligten von verschiedenen Wirtschaftszweigen. SE: Questo sostentamento rimane pur sempre un enorme aggravio per il Cantone; questo è chiaro, ma bisogna però anche chiedersi quale risulterebbe come maggiore o minore dei mali? AA: Diese Massnahme ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll. Dadurch können voraussichtlich wohl kurzfristig die bereits getätigten Finanzhilfen gerettet werden. Ich befürchte aber, dass wir mittelfristig vor der gleichen Situation wie heute stehen. Graubünden wird nicht in der Lage sein, MMST alleine mit Holz zu versorgen. Würde in Ihrem Betrieb weniger Holz genutzt ohne die Präsenz einer Grosssägerei in der Region? BZ: Ja, weil ein regional wichtiger Abnehmer fehlen würde und der Preis wohl massiv tiefer wäre. CM: Die Aufträge an unsere Firma würden abnehmen. FG: Ja, denn auch wenn kein oder nur wenig Holz aus der Region nach Domat/Ems geliefert wird, bleibt der Preisdruck auf andere Käufer sehr relevant. Damit kann ein Preisniveau gesichert werden, welches eine halbwegs rentable Holzernte überhaupt zulässt. JB: Das entscheidet allein die Marktsitua­ tion auf dem Bausektor und dem Weltmarkt, sprich Nachfrage. Solange die Nachfrage nach Holz da ist, werden wir auch weiterhin Holz nutzen. SE: Durante l’ultimo decennio, a causa della crisi economica e del cambio moneta, abbiamo riscontrato un vero calo di richieste dalla vicina Italia. Se questo persiste con la mancata presenza di una segheria nelle vi-


cinanze, andrebbe a scapito della cura dei nostri boschi di protezione. AA: Die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass die bei uns produzierte Nutzungsmenge wenig von der Existenz einer Grosssägerei abhängig ist. Sie erleichtert aber unzweifelhaft die Holzvermarktung. Müssten Sie bei einer Schliessung von MMST mit Folgen für Ihren Betrieb rechnen? Wenn ja, mit welchen? BZ: Ja, wir müssten damit rechnen, dass wir für unser Nutzholz pro m3 20 bis 30 Franken weniger lösen, was wahrscheinlich die jährliche Nutzungsmenge beeinflussen würde. CM: Ja. Ausschieben von Ersatzinvestitionen. Teilweises Stilllegen der Anlagen oder Aufträge ausserhalb des Kantons akquirieren. FG: Die Preise für Stammholz dürften schlagartig und massiv fallen, denn rund

150 000 bis 200 000 m3 Holz lägen vorerst

ohne Käufer auf dem Markt. Infolgedessen würden wahrscheinlich nicht wenige Waldbesitzer im Stile der Zeiten vor 2006 lieber auf eine defizitäre Waldpflege verzichten – letztlich zum grossen Nachteil unserer weitverbreiteten Schutzwälder. JB: Die Folge davon ist, dass man wieder neue Absatzkanäle suchen muss, und sicher würden kurzfristig bei einer Schliessung von MMST die Holzpreise auf Talfahrt gehen. Auch die Transport- und Lieferwege würden länger, bei der heutigen LSVA nicht gerade erstrebenswert, und ein grosser Teil der Wertschöpfung bliebe nicht mehr im Kanton. Ein anderes Szenario wäre die Übernahme des Werkes durch ein anderes Firmenkonsortium (vielleicht Schweizer Firmen). SE: Credo proprio di si! Senza una garanzia di lavorazione del legname i nostri boschi

MMST – ein Blick aus dem Wald. (Bild: Sandro Krättli)

Bündner Wald 6/2010 93


Es ist ein Nehmen und ein Geben. Koppelprodukte von MMST werden von der TEGRA genutzt und gebraucht. (Bild: Sandro Krättli)

continuerebbero solo ad invecchiare. Tutto questo andrebbe a scapito della protezione di cui svolgono. AA: Die Holzvermarktung müsste auf andere (nationale wie internationale) Holzkäufer umgelagert werden. Es ist davon auszugehen, dass der Waldeigentümer dabei die schlechteren Karten in den Händen halten wird und damit auch schlechtere Holzpreise lösen dürfte. Zudem geht bei einem Export

natürlich auch die Wertschöpfung in der Holzindustrie ins Ausland.

Jörg Clavadetscher, Redaktor Bündner Wald Ruinas, CH-7535 Valchava forestal-muestair@bluewin.ch

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Vorschau Impressum Vorschau «Bündner Wald» Februar 2011

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald Graubünden und der SELVA

Internationales aus dem Wald Das Bündner Waldjahr 2011 beginnt sozusagen mit der Schutzwaldpreisverleihung am 21. Januar in Chur. Von der UNO wurde das Jahr 2011 zum «Jahr des Waldes» erklärt. Für den «Bündner Wald» ist das Grund genug, in seiner ersten Ausgabe 2011 hauptsächlich über Themen aus anderen Ländern, sowie Bündner und Schweizer Einsätzen im Ausland zu berichten. Nebst interessanten Erfahrungsberichten werden unter anderem internationale Forschungsresultate, Raritäten und Interreg-Projekte vorgestellt. Redaktion: Jörg Clavadetscher

Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG,

Vorschau auf die nächsten Nummern: April 2011: Versammlungsnummer «Graubünden Wald» (Maienfeld) Redaktion: Sandro Krättli

Druck: Südostschweiz Presse und Print AG,

Juni 2011: Rundholzmarkt und Holzernte Redaktion: Jörg Clavadetscher August 2011: Erholungsfunktion des Waldes Redaktion: Sandro Krättli

Südostschweiz Print, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe Trüb Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon 0041 (0)81 300 22 44, buendnerwald@selva-gr.ch Redaktoren: Jörg Clavadetscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535 Valchava, Telefon 0041 (0)81 858 58 21, forestal-muestair@bluewin.ch. Sandro Krättli, AfW GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon 0041 (0)81 300 24 11, sandro.kraettli@afw.gr.ch Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung): Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Marina Riedi Südostschweiz Print, Postfach 85, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon 0041 (0)81 255 51 11, Fax 0041 (0)81 255 52 89 Erscheint sechsmal jährlich. Auflage 1500 Exemplare Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Neudorfstrasse 17, CH-7430 Thusis, Telefon 0041 (0)81 650 00 70, Fax 0041 (0)81 650 00 74, thusis@so-publicitas.ch Abonnementspreise: CHF 60.– (für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressänderungen: Südostschweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Presse, Postfach 85, Administration

Wichtige Termine: 21. Januar 2011: Schutzwaldpreisverleihung in Chur 26. Februar 2011: Bündner Forstpostenlauf 20. Mai 2011: GV Verein Graubünden Wald

Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon 0041 (0)81 255 50 50 www.buendnerwald.ch

Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktoren übereinstimmen. Autoren, die zu nebenstehenden Themen

Papier: Seit dem 1.1.2008

publizieren möchten, sind herzlich

wird Ihr «Bündner Wald» auf

eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion

FSC-Papier gedruckt.

einzureichen.

Bündner Wald 6/2010 95


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Vertiefungsmodule Forstwart Vorarbeiter

G4: Administration und persönliche Arbeitstechnik D7: Grundlagen Standortskunde und Forstbotanik D4: Waldbau: Ausführung II C2: Grundlagen Bautechnik und Bauführung E16:Schlagorganisation im Team und Arbeitsverhalten E19:Holz- Bereitstellung

G5: Einrichten und Betrieb einer Werkstatt A1: Grundlagen der Öffentlichkeitsabeit I D9: Vertiefung Waldbau D17:Naturschutz und Biotoppflege ausführen II E14: Einführung in die Seilkrantechnik

Lehrgang Forstwart Gruppenchef

Lehrgang Seilkraneinsatzleiter

E15: Instruktionsmethodik und SeilH3: Personalführung Grundlagen kranbau Berufsbildner, Grundlagen für Praktiker E24: Detailplanung und Projektierung D4: Waldbau, Ausführung II von Seilkrananlagen E19:Holz-Bereitstellung E23: Feinerschliessung im SeilkranVertiefungsmodul für Forstwartgelände Gruppenchef E22: Kenntnisse und Unterhalt von forstlichen Maschinen und Geräten E25: Vertiefungsmodul für Seilkraneinsatzleiter Daten und Anmeldeformulare finden Sie auf unserer Webseite.

Höhere Fachschule Südostschweiz Bildungszentrum Wald, Maienfeld Bovel, 7304 Maienfeld Telefon +41 (0)81 303 41 41 , Telefax +41 (0)81 303 41 10 www.bzwmaienfeld.ch 96


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