re.vision 2009

Page 1

vision

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 2009

01 titel - u4.indd

Abs1:3

re 13.11.2009

10:57:57 Uhr


02 Anz. Deutsche Bank.indd

2

09.11.2009

14:20:13 Uhr


mit re.vision halten Sie den neuen Jahresbericht der Bucerius Law School in den Händen. Wir haben uns entschlossen, statt eines nüchternen Zahlen- und Faktenwerkes ein Magazin aufzulegen, das ein akademisches Jahr an unserer Hochschule Revue passieren lässt und gleichzeitig als Geschäftsbericht gelesen werden kann. Wir haben uns dazu mit guten Bekannten zusammengetan: Unser Partner ist der Zeitverlag. Die Redaktion des Magazins hat ihren eigenen Blick auf unsere Hochschule geworfen und wurde dabei von Studierenden und Alumni der Bucerius Law School unterstützt. Wir wollen mit dem von nun an jährlich erscheinenden Magazin aber nicht nur Rechenschaft ablegen, sondern vor allem berichten, wie sich das akademische, das studentische und das soziale Leben auf dem Campus entwickelt, welche Themen und Ereignisse die Bucerius Law School beschäftigt haben. Und wir wollen – das geben wir ganz unumwunden zu – Sie für uns einnehmen und für uns gewinnen. Nichts ist so bunt wie das Leben selbst, und das gilt gerade auf einem so lebendigen Campus wie dem der Bucerius Law School. Menschen aller Lebensalter, von allen Kontinenten, unterschiedliche wissenschaft liche Strömungen, vielseitige Begabungen und ein Geist des miteinander Arbeitens, Diskutierens, Forschens und Feierns sind Attribute, die es uns wert waren, darüber in dieser Form zu berichten.

Fotos: Odile Hain.

LIEBE FREUNDE DER BUCERIUS LAW SCHOOL,

Wir hoffen, dass Ihnen die Lektüre dieses neuen Magazins Freude macht, und würden uns über eine Rückmeldung an re.vision@law-school.de sehr freuen. Herzlichst

Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt Präsident

Dr. Hariolf Wenzler Geschäftsführer

2OO9

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

03edit.indd

3

09.11.2009

18:19:20 Uhr


04 Anz. Freshfields.indd

4

13.11.2009

9:23:15 Uhr


REPORT 06 24 S tunden: Das Campus-Leben in Bildern

14 20 31

Mitreden: W ie L aw-School-S tudenten sich für ihre Hochschule engagieren Was bleibt : 2 0 0 9 war auch ein Jahr trauriger Nachrichten Feldforschung: So funk tionier t das Kapitalmark trecht in Europa

Preisträger des Röhrenden Hirschen

RUBRIKEN 10 STUDENTENLEBEN

12 26 36

41

PORTRÄT 24 Lieblingsprofessor: Florian Faust ist der erste 28

Die Mensa Top-Five Kolumne: „Ist das gerecht , Recht oder richtig?“ Campus-W issen: Phi Delta Phi

38

Aufgeschnappt: Fashion-Statements vom Campus

50

Outlaw: Max Fischer hat nach dem Jura-Studium ein Internet-Start-up gegründet Master-Absolventen: Karrieren in Peru, Tansania und China Und, wie war ich? – Malte Thies erzählt von seiner Premiere bei Gericht

Auslandsstudium: Hier kann man was erleben ARBEITSLEBEN Die Feierabend Top-Five Geständnis: „Das habe ich noch nie verstanden“ Compliance Check: Bucerius Conference & Event Glosse: Der etwas andere Jahresrückblick aus der Sicht einer Statue

DISKUSSION 22 An der Bucerius Law School studieren: Wenn Erwartung auf Erfahrung trifft

FAKTEN 42 Geschäftsbericht 49 Kalender/Impressum

34 36 46

Von Krisen und Piraten: Da sind Juristen als Experten gefragt Pro & Contra: Sollen wir den Kompromiss suchen? Oder meiden? Früher Bürgermeister, heute Notar: Henning Voscherau im Interview

INHALT

RE.VISION 2009 BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

05inhalt.indd

5

06.11.2009

5

16:58:40 Uhr


8:11

9:08

Fotoreportage: Kai Kullen.

7:00

6

13:16

14:52

15:39

RE.VISION 2009

06-09-bildstrecke.indd

6

09.11.2009

12:55:08 Uhr


10:28

16:44

11:25

17:32

12:04

18:02

24 STUNDEN

DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN 24 BILDERN

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

06-09-bildstrecke.indd

7

09.11.2009

7

12:55:13 Uhr


18:59

20:45

1:37

8

2:30

21:12

3:17

RE.VISION 2009

06-09-bildstrecke.indd

8

09.11.2009

12:55:18 Uhr


22:36

4:42

23:09

0:00

5:07

6:28

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

06-09-bildstrecke.indd

9

09.11.2009

9

12:55:24 Uhr


Der ehemalige Geschäftsführer der Bucerius Law School, Markus Baumanns, hat einmal versprochen, dass Kinder, die aus einer Verbindung von zwei erfolgreichen Absolventen hervorgehen, bei späterem eigenem Studium an unserer Hochschule von den Gebühren befreit sind.

IST DAS GERECHT, RECHT ODER RICHTIG?“ fragt Hartmut Henninger, Absolvent des Jahrgangs 2000

„Es ist legitim, durch die Erhebung oder den Erlass von Studiengebühren Steuerungsfunktionen auszuüben – zumindest wenn man, wie die Bucerius Law School, eine privatrechtlich organisierte Einrichtung ist. Also „Recht“ ist es gewiss, eine solche Art von „Preisgeld“ auszuloben. Und Ziele, die kinderfreundlich sind, haben doch wohl die Vermutung für sich, auch „richtig“ zu sein? Oder zweifeln Sie daran? Mir scheint, Sie wollen hier eher auf den Aspekt der Gerechtigkeit abzielen: Zwei erfolgreiche Absolventen der Law School werden es später gewiss nicht nötig haben, solche Wohltaten in Anspruch zu nehmen. Und überdies: Wer stellt sicher, dass der Zeugungseifer übermütiger Studiosi nicht am Ende das (Finanzierungs-)Konzept der gesamten Hochschule sprengt? Man denke an endlose Generationen von sich reproduzierenden Mitgliedern der großen Bucerius-Familie im von Geldsorgen freien Verdrängungswettbewerb mit den nicht Ebenbürtigen! Ich kann Sie beruhigen, lieber Herr Henninger: Es drohen weder Ungerechtigkeit noch andere Gefahren. Meine Recherchen haben zwar ergeben, dass es die „Baby-Prämie“ tatsächlich gibt. Sie entsprang offenbar dem noblen Bestreben, den anfangs durch bauliche Umstände noch arg gebeutelten Pionierjahrgängen der Law School das notwendige „Zusammenrücken“ etwas leichter zu machen. Und mag sie womöglich auch einer Bierlaune entsprungen sein: Sie gilt. Allerdings: Sie bezieht sich allein auf das erste Kind, welches den Schößen zweier erfolgreicher Bucerianer entspringt. Außerdem muss der hoffnungsvolle Nachwuchs selbstverständlich dieselben Aufnahmehürden nehmen, die für Sprösslinge anderer Eltern bestehen. Sollten Ihre Erwägungen ganz praktischer Natur sein, gebe ich Ihnen aber auch Folgendes zu bedenken: Wer weiß schon, ob nicht gerade dieses kleine Wesen am Ende lieber Pädagogik, Ethnologie oder Kommunikationsdesign studiert? Stellen Sie mir doch im nächsten Jahr vielleicht folgende Frage: Von zwei erfolgreichen Absolventen der Law School zum Juristen erzogen zu werden – ist das gerecht, Recht oder richtig?“

DR. PETER RAWERT ANTWORTET:

Peter Rawert (50) arbeitet als Notar in Hamburg. Er lehrt an der Universität Kiel und an der Bucerius Law School. Sie können die Urteilskraft unseres Kolumnisten gerne herausfordern: Schreiben Sie unter dem Stichwort „Gerecht, Recht oder richtig“ an: re.vision@law-school.de

Was machen Sie da, Herr Hauser? „Jetzt bekomme ich gleich eine Ohrfeige: In dieser Szene aus „Top Dogs“ spiele ich Michael Neuenschwander, den gerade entlassenen Freizeit-Koordinator eines Großkonzerns. Der Projektleiterin Julika Jenkins, gespielt von Julia Hornung, erklärt er die richtige Vorhand nur, um ihr auf die Pelle rücken zu können. Im Buch steht dieser Vorfall nicht – wir haben ihn für unsere Inszenierung erarbeitet.“

LAW-SCHOOL-SPIRIT IST…

…länger als eine Viertelstunde für ein Mittagessen auf den andern zu warten

STUDENTEN | LEBEN

EINSICHTEN AUS 365 TAGEN

10

RE.VISION 2009

10-11st-leben.indd

10

06.11.2009

17:09:32 Uhr


spielt in der Theatergruppe mit. Oft bis tief in die Nacht haben der 22-Jährige und seine Mitstreiter im letzten Sommer gearbeitet, damit rechtzeitig zur Premiere von „Top Dogs“ die Scheinwerfer mit Starkstrom versorgt, die Kostüme beschafft und das Bühnenbild gefertigt waren – von den Proben-Wochenenden für das Stück ganz zu schweigen. „Wir sind auf dem Zahnfleisch gegangen. Aber wenn es dem Publikum Spaß macht“, sagt Hauser, „dann hat sich alle Mühe gelohnt.“ Seit drei Jahren leitet Liz Rech, freie Regisseurin aus Hamburg, die Theatergruppe der Bucerius Law School. Hauser war von Beginn an dabei, wegen seines Examens will er im kommenden Jahr etwas kürzer treten. Kein Problem – seit Oktober bereichern gleich 15 neue Schauspieler die Gruppe. Bis Januar werden sie entscheiden, welches Stück auf „Top Dogs“ folgen soll. Die wöchentlichen Proben dauern dann, mit zunehmender Intensität, bis in den Juni. Für Hauser bedeutet das Theater inzwischen einen unverzichtbaren Ausgleich zum Studienalltag: „Mit Liz Rech kann ich in eine ganz andere Welt hineinschauen, in die von Kunst und Kultur.“ Richter, Paragrafen und Prozesse haben in dieser Welt bislang nichts zu suchen: „Nur einmal“, erinnert sich Hauser, „hat jemand vorgeschlagen, die ‚12 Geschworenen’ zu inszenieren.“ Die Schauspieler haben abgelehnt.

DER ERSTE SATZ

PATRICK HAUSER, JAHRGANG 2006,

„ICH BIN AN DIESEM MORGEN ZUSTÄNDIG FÜR DEN RE ALITÄTSSCHOCK .“ So begann Lena Färber, Generalsekretärin der Studierenden, bei der Akademischen Feier 2008 ihre Rede an die Studienanfänger.

Text: Tilman Botzenhardt. Foto: Nele Bull.

CAMPUS-WISSEN

WAS IST PHI DELTA PHI? ? Klingt kryptisch, aber diese drei grie-

KULINARISCHE ELITE

DIE MENSA TOP-FIVE* 1 Currywurst mit Pommes Frites und Grillsoße 2 Pizza Salami 3 Cheeseburger mit Pommes Frites 4 Spaghetti Bolognese 5 Hamburger mit Pommes Frites *beliebteste Gerichte 2008 laut Studierendenwerk Hamburg

Text: Thomas Röbke.

OHNE WERTUNG: Vegetarische Gemüsesuppe mit Geflügelwiener

chischen Buchstaben, ΦΔΦ, sind der Name einer internationalen Juristenvereinigung, die 1869 von vier Studenten an der Universität von Michigan gegründet wurde. Die Abkürzung steht für das Motto: Philous Dikaiooi Philosophoi – Freunde von Justiz und Weisheit. Phi Delta Phi sieht sich als unpolitisch und nichtreligiös und hat mit hiesigen Studentenverbindungen wenig gemeinsam. Sie ist für Männer wie Frauen offen, die sich beruflich weiterbilden und gegenseitig unterstützen wollen – möglichst ein Leben lang. Während der 140 Jahre ihres Bestehens hat keine andere Studentenverbindung in den USA so viele Mandatsträger hervorgebracht, darunter mehrere US-Präsidenten, zahllose Supreme Court Richter, Senatoren und Kongressabgeordnete. Die erste deutsche Phi-Delta-Phi-Gruppe wurde am 30. Oktober 2006 an der Bucerius Law School gegründet: The Roman Herzog Inn, benannt nach dem ehemaligen Bundespräsidenten, der übrigens regelmäßig vorbeischaut. Inzwischen existiert mit dem Richard v. Weizsäcker Inn an der Universität Tübingen eine zweite deutsche Gruppe. Mitglied kann werden, wer einen Antrag an den Vorstand des Inns richtet, in dem man unter anderem erläutern sollte, warum man sich für Phi Delta Phi interessiert und deren Werte teilt. Ein- bis zweimal jährlich findet dann eine Zeremonie zur Aufnahme der neuen Mitglieder statt. Bislang sind es rund 100, von denen 90 noch an der Law School studieren.

!

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

10-11st-leben.indd

11

09.11.2009

11

17:26:26 Uhr


Inspiration für kühle Köpfe: Buntes Denken ist erwünscht an einem Ort, wo Studierende aus vielen Nationen zusammenkommen. Oder geht es womöglich bald zum Auslandstrimester in den Himalaya?

Hier ist alles echt, was glänzt: Fellkragen sind der Trend im Winter. Es empfiehlt sich allerdings, vor dem Tragen eine Vorlesung zum Thema „einstweilige Verfügung“ zu besuchen, um sich eventuell aufgebrachte Tierschützer vom Hals halten zu können.

Ein dezenter Hinweis, dass die Kommilitonin aus ihrem Landhaus zur Law School anreist? Nein, diese Stiefel kamen mit einer Gaststudentin direkt aus New York. Ob Jeans oder Minikleid, dieses Styling passt perfekt – nicht nur bei Hamburger Wetter…

So leicht kann man auch schon vor dem Eintritt in die Großkanzlei zum Partner gemacht werden: Man nehme zwei Kaschmirpullover, dazu Gürtel, auf denen das Logo nicht zu übersehen ist, und Fransenschals mit dem berühmten Karomuster – fertig ist der Partner-Look.

Die Zeiten sind vorbei, da Anwälte überwiegend durch vorbildlich gewichste Budapester auffielen – wer möglichst mit 23 die Berufserfahrung eines Verfassungsrichters besitzen soll, muss jetzt offenbar auf allen Ebenen beweisen, dass er schon Patina hat.

Das klassische Verlegenheitsgeschenk? Von wegen: Seit Bundespräsident Horst Köhler bei seiner Wiederwahl die LawSchool-Krawatte trug, fühlen sich nicht nur Gastredner durch dieses Accessoire geehrt. So macht man Kult.

Die Brille als Haarreif, dazu eine wuschelige Out-of-Bed-Frisur: Dieser Look ist eigentlich nicht mehr angesagt, aber Gesetze zu ändern dauert ja lang… Modisch ganz vorn liegt jetzt die NerdBrille, die schon durch ihren fernsehergroßen Rahmen klarmacht, dass wir es mit einem Durchblicker zu tun haben.

Text: Susanne Knigge. Fotos: Odile Hain.

Wer hat das Zeug zum Juristen?

LOSE STOFFSAMMLUNG RE.VISION ZEIGT MODE-SCHNAPPSCHÜSSE VOM CAMPUS

12

RE.VISION 2009

12 mode.indd

12

09.11.2009

17:28:08 Uhr


STYLE RECREATION ELEGANCE & LUXURY

RESTAURANT DaCaio Italienische Sonnenküche trifft auf Spitzenweine aus allen Landesteilen Italiens.

BAR DaCaio Britisches Ambiente im Herzen Hamburgs. Schlicht und elegant oder auch chic und pulsierend.

PRIVATE HIRE Mieten Sie die aufregend gestalteten Räume exklusiv für Ihre Veranstaltung und genießen Sie das spannungsvolle Understatement des Hauses.

FESTLICHE MENÜS

A MEMBER OF DESIGN HOTELS™

Bitte reservieren Sie rechtzeitig für unsere stilvollen Weihnachtsabende am 24. und 25. Dezember sowie den prickelnden Jahresabschluß.

13 Anz. George Hotel.indd

THE GEORGE - HOTEL HAMBURG GMBH Barcastraße 3 • 22087 Hamburg Fon +49 (0)40 2800 30 - 0 Fax +49 (0)40 2800 30 - 30 info@thegeorge-hotel.de www.thegeorge-hotel.de

13

13.11.2009

9:25:34 Uhr


REGIEREN GEHT ÜBER STUDIEREN

AN DER LAW SCHOOL HABEN AUCH STUDENTEN DAS SAGEN

14

RE.VISION 2009

14-18 mitbestimmung.indd

14

09.11.2009

14:59:30 Uhr


Text: Sven Stillich. Illustration: Anja Maria Eisen.

Streikende Studenten, endlose AStA-Debatten und ideologische Grabenkämpfe? Nicht an der Bucerius Law School: Kein einziges Flugblatt musste gedruckt werden, damit die Studierenden erreichten, dass ihr Curriculum reformiert wurde. Dies ist möglich, weil sich ihre gewählten Vertreter nicht nur in Konfliktzeiten mit der Hochschulleitung austauschen

Im Besprechungsraum 0.39 hängt ein Gemälde an der Wand. Es zeigt einen weiten Horizont: Braunrote Erde wird zu blauem Himmel, dazwischen verläuft ein weißer Strich. Wenn das Bild ein Sinnbild sein soll für das, was in diesem Zimmer geschieht, dann ist dieser Strich kein trennender. Denn in Raum 0.39 trifft sich jeden Dienstagnachmittag die Hochschulleitung mit den Vertretern der Studentenschaft, und dann gibt es kein unten und kein oben: Kanzler und Kommilitonen begegnen sich auf Augenhöhe, wenn sie um Kompromisse und Lösungen ringen, die möglichst alle zufriedenstellen. Zu diskutieren gibt es immer etwas – schließlich werden hier Juristen ausgebildet, und Streiten gehört zum Beruf. Geschäftsführer Hariolf Wenzler nimmt neben Prokurist Benedikt Landgrebe auf einem der schwarzmetallenen Konferenzstühle Platz, beide tragen Anzug und Krawatte. Wenzler legt sein Blackberry auf den Tisch; Anja Frahm, die Leiterin des Studentensekretariats, ordnet ihre Papiere. Um die drei herum sitzen zehn Jura-Studentinnen und -Studenten in Bluse oder Pullover. Es sind die gewählten Vertreter ihrer Jahrgänge, die Anwälte der Studierenden in der Law School. Lena Färber klappt ihr Notebook auf, als Generalsekretärin der Studierendenvertretung eröffnet sie die Sitzung. Am Tag zuvor hat die Gruppe gemeinsam beschlossen, welche Themen zur Sprache kommen sollen, Färber hat daraus eine Tagesordnung gemacht: „Punkt 1: unsere Party Ende der Woche“, sagt sie, „da könnten wir noch einen Getränkesponsor

gebrauchen.“ Wenzler grinst und notiert etwas auf einem Blatt Papier. „Ich telefoniere mal rum“, sagt er, „ich kenne da jemanden.“ – „Sehr gut. Punkt 2: die Rückzahlung von Studiengebühren für Bafög-Empfänger.“ – „Da hatten wir ja bereits drüber gesprochen. Ich werde nachdenken, wie wir eine vernünftige Lösung finden – machen wir dazu einen gesonderten Termin?“ – „Gute Idee“, sagt die 24Jährige und folgt weiter ihrer Agenda: „Einige Dozenten benoten Klausuren viel zu spät.“ Nun schaltet sich auch Christian Süß ein, der den Jahrgang 2005 vertritt: „Es dauert ewig, bis die Ergebnisse im Intranet stehen“, unterstützt er Färbers Kritik. Dabei ist sein Ton nicht scharf, aber bestimmt. „Das geht natürlich nicht“, antwortet Hariolf Wenzler, „der Sache werde ich nachgehen.“ Wieder macht er sich Notizen. Eine Stunde dauert die Sitzung. Es gibt keine Rednerliste. Jeder kann etwas sagen, wenn er etwas sagen will. Doch nicht immer geht es harmonisch zu – in Raum 0.39 wurden auch schon härtere Nüsse geknackt. Das beherrschende Thema des vergangenen akademischen Jahres war das Examensvorbereitungsprogramm (EVP). Das EVP ist ein internes Repetitorium, in dem der Inhalt des Studiums vor der entscheidenden Prüfung wiederholt wird. Das Problem: Einige Professoren nahmen nach Ansicht der Studierenden zu wenig Rücksicht auf deren Bedürfnisse – die Lehrer wollten ihre persönliche Meinung zu strittigen Rechtsauslegungen diskutieren, statt einfach nur den Stoff zu repetieren. Die Studierendenvertretung forderte

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

14-18 mitbestimmung.indd

15

09.11.2009

15

17:36:15 Uhr


konkrete Verbesserungen. „Diese Zeit war kritisch, weil es oft sehr hitzig zuging“, erinnert sich Geschäftsführer Wenzler, „niemand hört es gerne, wenn seine Arbeit nicht geschätzt wird.“ Der Konflikt eskalierte, als eine größere Anzahl von Studenten mit Exmatrikulation drohte. „Das war eine ernste Situation“, sagt Studentin Lara Friederichs, für die das Thema besonders aktuell war, weil sie mitten in den Vorbereitungen für ihr Staatsexamen steckt. Die Studierenden riskierten eine direkte Konfrontation mit der Law School. Nicht aus Lust am Protest, sondern weil ihrer Meinung nach ihre berufliche Zukunft auf dem Spiel stand: Eine effiziente Vorbereitung ist der Schlüssel für eine herausragende Note – und ein Prädikatsexamen die Grundlage für die weitere Karriere. Die Nerven lagen blank. Dass selbst in diesem Härtefall eine Lösung gefunden werden konnte, liegt auch daran, dass es die Hochschüler nicht dabei belassen haben, nur gegen etwas zu sein: Die Studierendenvertretung entwickelte ein eigenes Konzeptpapier zur Reform des EVP, über das in den Gremien der Law School beraten wurde. „Das war sehr viel Aufwand“, meint Christian Süß, „aber es hat sich gelohnt.“ Zwar wurde nicht jede Forderung der Studenten erfüllt, aber alle Professoren haben die Veränderungen mitgetragen. Geschäftsführer Wenzler befand sich in einer schwierigen Rolle: „Es war schwer, beiden Seiten gerecht zu werden und zu vermitteln.“ Umso mehr sind selbst die Studierenden beeindruckt von dem, was sie im Dialog erreichen konnten: „Dass unsere Vertreter das so gut durchbekommen würden, hätten wir nicht gedacht“, sagt Studentin Friederichs. Doch das Thema ist noch nicht ganz abgeschlossen, auch an diesem Dienstagabend in Raum 0.39 kommt das EVP zur Sprache: „Wir müssen dranbleiben“, erklärt Christian Süß. Immer wieder reden, Probleme früh erkennen und sie gemeinsam lösen: Darauf basiert die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, Lehrenden und Leitenden der Bucerius Law School. In den verschiedensten Runden und Kommissionen sitzen Studenten mit am Tisch: Im Senat, dem höchsten Gremium der Universität, sind die Repräsentanten der Jahrgänge genauso wie Professoren und Mitarbeiter vertreten, in der Bibliotheks-Kommission bestimmen die Studierenden über anzuschaffende Bücher mit, auch in der Mensa-Kommission gibt es Abgesandte. Über die Gerichte im „Food Court“ entscheiden sie zwar nicht, aber sie schauen den Köchen zum Beispiel auf die Finger, wenn es um die Verkaufspreise

geht. Und jedes Trimester gibt es eine Klausurtagung, bei der Hochschulleitung, Professoren und Studierendenvertreter sich gemeinsam außerhalb Hamburgs zurückziehen, um abseits des straffen Alltags Strategien zu besprechen und Standpunkte auszuloten. „Dort geht es um größere Themen“, sagt Christian Süß, „zum Beispiel, wo es in Zukunft hingehen soll mit der Law School. Und auch da wird uns zugehört.“ Für den stetigen Dialog ist eines unerlässlich: Jeder der Studierenden kann, wenn er will, im Besprechungsraum 0.39 mit am Tisch sitzen – es findet sich dort kein Zirkel von „Besserstudierenden“ zusammen, der wöchentlich geheime Absprachen trifft . Jeder, der es sich zutraut, kann sich darum bewerben, egal wie lange oder erfolgreich er studiert. Die Wahl wird online durchgeführt. Einmal im Jahr stellen sich die Kandidaten auf einer Vollversammlung persönlich vor – und zwar als Privatpersonen. Denn an der Law School gibt es keinen Wahlkampf wie an staatlichen Universitäten, die Bewerber sind an keine politische Hochschulgruppe gebunden. Es existieren zwar RCDS, Jusos, Grüne und eine Linke, doch diese Gruppierungen haben keinen Einfluss auf den Kurs der Hochschule. Niemand verteilt in der „Coffee Lounge“ Flugblätter mit Parolen gegen die Hochschulleitung, es gibt keinen zerstrittenen AStA. Parteipolitik ist Privatsache oder dient zum Netzwerken: Die Studierenden laden sich Redner ein, diskutieren Gesamtgesellschaftliches oder treffen sich – wie der RCDS – mit Hamburgs CDUBürgermeister Ole von Beust, um sich die Wissenschaftsund Forschungspolitik der Stadt darlegen zu lassen. Die unparteiische „Studierendenvertretung“ ist dagegen das Herz der Zusammenarbeit zwischen Law School und Studenten. Sie besteht aus dem Repräsentanten jedes

Immer wieder reden, Konflikte früh erkennen und sie gemeinsam lösen: Auch im Senat sitzen alle an einem Tisch

16

RE.VISION 2009

14-18 mitbestimmung.indd

16

09.11.2009

17:36:17 Uhr


„Viele unserer Probleme hier sind vergleichsweise Luxusprobleme“, meinen die Studenten

Jahrgangs und seinem Stellvertreter, zwei Masterstudenten, einem Schatzmeister und einem direkt gewählten Generalsekretär – oder, wie in den vergangenen drei Jahren, einer Generalsekretärin. Diesen Titel trägt das Amt noch nicht lange. Früher hieß die Bezeichnung „Sekretärin der Studierendenvertretung“. „Darüber haben die AStA-Vorsitzenden der anderen Unis immer gelächelt“, sagt Lena Färber, „das klang, als würde ich für die Studenten am Kopierer stehen.“ Dreimal hintereinander wurde sie inzwischen gewählt – auch, weil sich keine Gegenkandidaten fanden. „Auf denjenigen, der die Aufgabe übernimmt, wartet eine Menge Arbeit“, sagt sie. Allein jeden Montag müssen die Treffen mit der Hochschule vorbereitet werden – ein Abend, den andere Studierende frei haben oder zum Lernen nutzen können. Andererseits bringt das Engagement auch etwas für den späteren Beruf: „Ich habe gelernt, Standpunkte öffentlich zu vertreten und diplomatisch zu agieren“, sagt Lena Färber, „außerdem werden Kompetenzen abgefragt, die mir später von Nutzen sein können: Leadership zum Beispiel, Teamplay oder Beharrlichkeit.“ Jeder Amtsinhaber hat seine Gründe, sich neben dem Studium zu engagieren: weil er ein Faible für Organisatorisches hat, weil es gut aussieht im Lebenslauf, oder weil „es wichtig ist, Dinge zu hinterfragen und Interessen zu vertreten“, wie Christian Süß seine Motivation beschreibt. Die Dienstagstreffen selbst sind einst auf Initiative der Studenten entstanden. „Heute sind die regelmäßigen Zusammenkünfte eine Quelle vieler Weiterentwicklungen an der Law School“, sagt Geschäftsführer Wenzler. „Es ist ein befruchtendes Wechselspiel: Manchmal

erscheint mir etwas unwichtig, bis die Studenten mich darauf aufmerksam machen – und umgekehrt.“ Das Gute an den Treffen sei, meint auch Prokurist Landgrebe, „dass vieles so früh auf den Tisch kommt, dass es nicht hoch kocht.“ Viele Konflikte werden sogar noch früher entschärft, und zwar im Büro von Professorin Anne Röthel. Sie ist Vertrauensdozentin – ein Amt, dass auf Anregung ehemaliger Studierender geschaffen wurde, des AlumniVereins. Bei Dissonanzen zwischen Studierenden und Professoren hört sie sich beide Seiten an. „Ich verstehe mich als diplomatischen Puffer, bevor es knallt“, sagt sie, „denn meistens handelt es sich lediglich um Missverständnisse, bei denen nur ein unvoreingenommener Zuhörer vonnöten ist.“ Manchmal müssten die Studierenden auch einsehen, „dass es eine Grenze gibt zwischen mitgestalten wollen und mitgestalten dürfen“, meint Röthel. Aber auch dank ihrer Arbeit befinde sich die Hochschule in einem ständigen Reformprozess. „Wir haben Studierende, die von sich aus sehr engagiert sind“, sagt die Vertrauensdozentin – „und gerade deswegen haben wir sie unter den Studienbewerbern ausgewählt.“ Wer am Konferenztisch in Raum 0.39 seine Ansichten vorzutragen und durchzusetzen vermag, der lernt eben nicht nur für seine berufliche Zukunft – und das sei ganz im Sinne der Hochschule, heißt es in deren Eigendarstellung: Die Bucerius Law School wolle „hervorragend ausgebildete Persönlichkeiten hervorbringen, die ihre Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellen und Verantwortung für andere übernehmen“. Generalsekretärin Färber bestätigt das: „Es wird hier sehr wohlwollend betrachtet, wenn jemand über den Tellerrand des JuraStudiums hinausblickt“ – das heißt: wenn man sich neben dem strikten Stundenplan Zeit nimmt für etwas anderes als Jura. Schließlich geht es an der Hochschule zunächst vor allem um den Stoff. Doch die Law School will keine seelenlose Juristenmaschine sein. Sie versteht sich als „universitas“, als „intellektuelle Gemeinschaft zwischen Lehrenden und Lernenden“. Aus gemeinsamer Anstrengung soll in den ehemaligen Gebäuden der Hamburger Botanischen Institute etwas wachsen. Die Hochschule erwartet nicht nur von ihren Studenten ein „überdurchschnittliches Maß an Leistungsbereitschaft“; jeder, der hier manchmal bis tief in die Nacht über Gesetzestexten brütet, soll auch jederzeit fachliche Unterstützung finden. „Die Lehrenden engagieren sich sehr“, sagt Studentin Lara Friederichs.

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

14-18 mitbestimmung.indd

17

09.11.2009

17

17:36:19 Uhr


Wer seine Ansichten vortragen und durchsetzen kann, lernt nicht nur für den späteren Beruf

Die 24-Jährige erlebt ihre Hochschule als „serviceorientiert“ – ein Wort, das Geschäftsführer Wenzler jedoch kritisch sieht: „Wir wollen vermeiden, dass an der Law School eine Konsumenten- oder Dienstleistungsmentalität um sich greift“, sagt er. „Jeder, der hier studiert, hat das Recht darauf, dass sich alle bestmöglich um ihn kümmern. Aber alleine aus dem Grund, dass er hier ist – nicht weil er Studiengebühren zahlt.“ Und doch macht es einen Unterschied, dass die Law School keine anonyme Massenuniversität, sondern privat organisiert ist. „Wir raufen uns hier sicher genauso viel mit der Hochschulleitung wie die Studierenden staatlicher Universitäten“, sagt Lena Färber, „aber wenn es bei denen darum geht, dass der Verkehrsverbund die Tickets verteuert, betrifft uns das nicht – das ist bei uns von den Studiengebühren abgedeckt.“ Überhaupt, fügt sie hinzu, „viele unserer Probleme hier sind Luxusprobleme“: Die Nutzer der hauseigenen Kindertagesstätte parken auf dem Campus; das Tor zum benachbarten Park „Planten un Blomen“ soll nach Meinung der Studenten länger geöffnet sein. „In solchen Fällen können wir meist auf kurzem

18

Wege etwas regeln“, sagt Lena Färber. Natürlich kommen Studierende und Hochschulleitung auch mal nicht auf einen Nenner. „Dann müssen wir aushalten, wenn einer auf Granit beißt“, sagt Geschäftsführer Wenzler. „Aber das Wichtigste ist, dass wir den Dialog in Gang halten, dass wir uns immer wieder begegnen und dass der eine den anderen braucht.“ Und auch Generalsekretärin Färber findet ihre Aufgabe meistens „befriedigend, weil wir sehr viel erreichen und bewegen können“. Das Amt mache ihr großen Spaß – „manchmal sogar mehr als Jura“, sagt sie und lacht. An diesem Mittwochnachmittag ist Vollversammlung im Auditorium, jedes Trimester findet dort eine „VV“ statt. Die Veranstaltung ist durchschnittlich besucht, viele sind in der Bibliothek, um für die anstehenden Klausuren zu lernen. Heute stimmen die Studierenden über ihren Etat ab, über den sie frei verfügen können – mehr als 20 000 Euro pro Jahr. Es werden Anträge gestellt, es wird darüber abgestimmt, Vorschläge angenommen oder abgelehnt. Es geht um Zuschüsse für eine Sportgruppe und um ein Notfall-Notebook für die Studierenden, falls drei Tage vor Abgabetermin der eigene Rechner zusammenbrechen sollte. Für viele hier ist es die erste Vollversammlung, der neue Jahrgang ist gerade angekommen. Christian Süß steht vorne am Pult und stellt das Konzept für die Kennenlernparty vor, die Ende der Woche steigen soll. Plötzlich wird er von Applaus unterbrochen: Geschäftsführer Hariolf Wenzler hat für die Studierenden 82 Kästen Bier bei der Holsten-Brauerei locker gemacht – wie in der Dienstagssitzung besprochen. Christian Süß grinst, Lena Färber lehnt sich entspannt zurück.

RE.VISION 2009

14-18 mitbestimmung.indd

18

09.11.2009

17:36:20 Uhr


327(1=,$/ UUU FCLECJCP AMK

(17:,&.(/1 &CLECJCP +SCJJCP QCRXR LCSC +? QR¶@C GL BCP SQ SLB 5CGRCP@GJBSLE 'K 0?FKCL BCP LCSCL &CLECJCP +SCJJCP )?PPGCPC q @GCRCL UGP ?JJCL SLQCPCL QQMAG?RCQ CGLCL CGLXGE?PRGECL HMSDFQHDQSDMÄ 2STCHDMF@MFÄ LHSÄ HMSDQM@SHNM@KÄ @MDQJ@MMSDLÄ ARBGKTRRÄ #HOKNL@Ä NEÄ CU@MBDCÄ2STCHDR Ä@MÄCDQÄQDMNLLHDQSDMÄ2BGVDHYDQÄ4MHUDQRHS«SÄ2S Ä&@KKDM

q @?SCL UGP BCL CPCGAF .PMDCQQGML?J "CTCJMNKCLR XSP HMCHUHCT@KHRHDQSDMÄ *@QQHDQDE¼QCDQTMF ?SQ q DÅPBCPL UGP BGC 4CPCGL@?PICGR TML %@LHKHDÄ TMCÄ *@QQHDQD BSPAF CPUCGRCPRC +ÅEJGAFICGRCL BCP 2CGJXCGRR¶RGEICGR SLB 3LRCPQRÊRXSLE TML )PGNNCL NJ¶RXCL

-DTFHDQHF Ä#@MMÄADVDQADMÄ2HDÄRHBGÏ 3L?@F¶LEGE TML 'FPCK SQ@GJBSLEQQR?LB F?@CL 1GC TGCJD¶JRGEC +ÅEJGAF ICGRCL BGC LCSC )?PPGCPC SLB SLQCPC 2¶RGEICGR ICLLCL XS JCPLCL CG SLQCPCL 5MPIQFMNQ GK 0?FKCL SLQCPCP .P?IRGI?LRCLNPMEP?KKC GK 0CDCPCLB?PG?R SLB L?RÊPJGAF QN¶RCP ?JQ LU?JR #GLXCJFCGRCL j LBCL 1GC ?SD SLQCPCP )?PPGCPC &MKCN?EC UUU FCLECJCP AMK I?PPGCPC

19 Anz. Hengeler.indd

19

09.11.2009

11:05:02 Uhr


DAS JAHR BEGANN MIT EINER GROSSEN HOFFNUNG: 5 500 HAMBURGER STANDEN AM 13. FEBRUAR 2009 AUF DEM CAMPUS DER BUCERIUS LAW SCHOOL SCHLANGE, UM DEM AN LEUKÄMIE ERKRANKTEN BABY HELENE ZU HELFEN. IM SCHNEE TREIBEN WARTETEN SIE STUNDENLANG, UM SICH FÜR DIE DEUTSCHE KNOCHENMARKSPENDERDATEI (DKMS) REGISTRIEREN UND BLUT ABNEHMEN ZU LASSEN. AM ENDE BLEIBT HILFLOSE TRAUER: HELENE STARB AM 7. SEPTEMBER.

NICHT MÜDE WERDEN DER CAMPUS ZEIGT SICH NACHDENKLICH

20

RE.VISION 2009

20-21nachdenkl.indd

20

09.11.2009

12:42:36 Uhr


Text: Alexandra Werdes. Foto: Thies Ibold.

Helene war wenige Wochen alt, als die Ärzte einen aggressiven Blutkrebs bei ihr feststellten. Sie brauchte dringend eine Knochenmarktransplantation, doch in der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gab es keinen passenden Spender. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Helenes Mutter als Juniorprofessorin an der Bucerius Law School, und auch ihr Onkel, Jan-Philip Wilde, promovierte dort. Als er seinen Freunden aus demselben LawSchool-Jahrgang von der Not seiner kleinen Nichte erzählte, ließen sie alle ihre Promotionsarbeiten liegen. Stattdessen bereiteten Sebastian Fontaine, Nikolaus Föbus, Elisabeth Kreuzer, Philip Liebenow und Neele Christiansen zusammen mit Wilde zwei Monate lang eine der bislang größten Typisierungsaktionen für die DKMS vor: Mithilfe des Law-School-Netzwerkes fanden sie nicht nur Unterstützung von Sponsoren und Hamburger Medien, sondern warben auch 120 Blutabnehmer und 150 freiwillige Helfer an. „Als ich dann morgens aus dem Fenster sah, hätte ich heulen können“, erzählt Nikolaus Föbus. Wenn es regne, würden erfahrungsgemäß nur halb so viele kommen, hatten die DKMS-Leute gesagt. Am 13. Februar stürmte und schneite es in Hamburg. Was dann passierte, fällt selbst jenen schwer zu beschreiben, die die Abläufe vorher bis ins Detail durchgespielt hatten: Nach kurzer Zeit standen die Wartenden bis auf die Straße, doch niemand drehte um; alle stellten sich zwei Stunden an, selbst als es schon dunkel wurde. „Als wir mit dem Registrieren nicht mehr nachkamen“, erinnert sich Philip Liebenow, „sind viele, die ihre Blutprobe abgegeben hatten, einfach dageblieben, um zu helfen.“ Und tatsächlich wurde zunächst das Unwahrscheinliche wahr: Helene fand einen Spender. Doch die Folgen der Behandlung schwächten die Abwehrkräfte des Babys: Helene bekam eine Lungenentzündung, die sie nicht überlebte. Sie wurde zehn Monate alt. Es war nicht die einzige traurige Nachricht, die die Bucerius Law School in diesem Jahr erreichte. In dem Air-France-Flugzeug, das am 1. Juni über dem Atlantik abstürzte, kamen auch zwei Alumni des Bucerius/WHU-Masterprogramms ums Leben: Júlia Chaves de Miranda Schmidt und Alexander Crolow, beide 27 Jahre alt. Die Brasilianerin und ihr deutscher Freund hatten gemeinsam eine Hochzeit besucht und sich auf dieser Reise verlobt. Nur zwei Monate später erschütterte ein weiterer Trauerfall: Law-School-Absolventin Eva-Lotta Rohde

verunglückte kurz nach dem Examen bei einem Ausflug mit dem Motorrad. Die 25-Jährige wollte im November als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Professor Karsten Thorn anfangen und genoss gerade ihre freie Zeit. „Das ist so eine Ungerechtigkeit.“ Justus Linz spricht aus, was viele Law-School-Studenten in diesem Moment dachten. „Man ist hier an der Uni, lernt die ganze Zeit, um ins Leben entlassen zu werden – und dann wird das so gekappt.“ Hilflosigkeit und Wut – darüber, dass Leben nicht zu Ende gelebt werden durften: Dieses Gefühl teilen alle. Hinzu kommen Gedanken, die von der eigenen Lebenssituation abhängen. „Ich kannte bisher niemanden, der in jungen Jahren gestorben ist“, sagt Daniel Wernicke. Der 23-Jährige ist zur Trauerfeier für Eva-Lotta Rohde gegangen – eine spontane und improvisierte Andacht in der Rotunde. Dass dafür auch die Vorlesungen unterbrochen wurden, hatte „was Schönes“, meint er: „Weil man denken konnte, die Uni würde das für einen selbst auch so tun – einmal die Zeit anhalten.“ Sich plötzlich bewusst werden, dass es einen selbst hätte treffen können… Im Moment des Innehaltens tauchen Fragen auf, Fragen an das eigene Leben. Daniel Wernicke sitzt mit Ingmar Krohm im Arbeitsraum ganz hinten in der Bibliothek. Die beiden lernen für ihr Examen, zurzeit gibt es nichts anderes für sie. Sein Vater, erzählt Ingmar Krohm, habe gesagt, er solle nicht vergessen, jetzt zu leben, nicht immer alles nur für die Zukunft tun. „Aber man wischt das wieder weg“, sagt der 24-Jährige. Was könnte man auch anderes tun als weitermachen? „Gerade weil das Leben so schnell vorbei sein kann, sollte man schauen, dass man das Beste daraus macht“, sagt Franca Biallas, und damit meint die 19-Jährige ihr Studium an der Law School. „Ich habe gerade im Praktikum wieder gemerkt, wie sehr mir das alles Spaß macht – ich könnte mir nichts vorstellen, womit ich lieber meine Zeit verbringen würde.“ Sich die Zeit nehmen, um das Richtige zu tun: Das haben auch Jan-Philip Wilde, seine Freunde und alle Helfer bei der DKMS-Aktion für Helene getan. Vielen an der Law School geht es jetzt noch so wie Ingmar Krohm: Der Flugzeugabsturz, sagt der Student, mache ihm Angst. „Mit Helene, das war anders. Da hat man um das Leben gekämpft. Und da hat man immer noch den Eindruck, dass man helfen kann.“ Die Knochenmarkspenderdatei wurde durch die bundesweiten Aktionen für Helene um mehr als 20 000 Einträge bereichert.

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

20-21nachdenkl.indd

21

09.11.2009

21

12:42:39 Uhr


Liebe Claire, im September habe ich, zusammen mit 112 Kommilitonen, das Jurastudium an der Law School begonnen. Ich fühle mich wohl, ich habe das Gefühl, es passt zusammen. Und doch frage ich mich, woran ich merke, ob Jura das richtige Fach für mich ist. Was muss ich sonst noch alles wissen, was nicht in den Gesetzen zu finden sein wird? Reicht mein Faible für die deutsche Sprache, für das Interpretieren und Analysieren, wie ich es im Deutsch-Leistungskurs gerne gemacht habe? Du merkst, meine Erwartungen sind gemischt: Da ist Vorfreude auf die neuen Herausforderungen, auf das für mich immer noch relativ unbekannte Terrain der Rechtswissenschaften. Aber ich wünsche mir auch sehr, dass ich meine Interessen neben dem Studium an der BLS weiterverfolgen kann. Ich möchte auch noch ein Leben zum Studium haben und nicht nur ein Studium zum Leben... Einer meiner Lebenswünsche ist es, noch viele Gesellschaften intensiv kennenzulernen – nicht nur als Touristin, sondern um wirklich vertraut mit dem Fremden zu werden. Nach meinem Abitur bin ich für ein Jahr nach China gegangen, in die noch sehr ländliche, dafür aber umso hinreißendere Provinz Yunnan im Südwesten dieses riesigen Landes. Ich habe neun Monate in einem Dorf in den Bergen gelebt und Englisch unterrichtet. Wir Lehrer haben direkt neben den Klassenräumen gewohnt. Durch diesen engen Kontakt mit den Menschen ist das abstrakte Bild, das ich von China hatte, für mich lebendig geworden. Im alltäglichen Umgang auch mit kleinen Dingen konnte ich ihre Werte und Maßstäbe erkennen. Ich würde gerne an der Law School mein Chinesisch noch verbessern und hoffe, dass das Auslandstrimester Chancen bietet, solche kulturellen Kompetenzen weiter zu trainieren. Oder werden wir zu sehr mit Lernen beschäftigt sein? Wie hast Du den Auslandsaufenthalt erlebt? Manchmal habe ich Angst, dass ich mit dem Jurastudium vielleicht einen Teil meiner Persönlichkeit unterdrücke. Ich habe immer gerne geschrieben und gemalt, etwas Freies, Kreatives gemacht. Andererseits habe ich Jura gerade gewählt, weil es so viele Möglichkeiten offenhält. Ich denke, ich stehe nicht alleine, wenn ich mich noch nicht entschieden habe, ob ich Anwältin, Richterin oder doch lieber Managerin werden möchte. Oder hast Du Deine Wunsch-Karriere schon am Anfang vor Augen gehabt? Wo liegen die wichtigen Weggabelungen in unserer Ausbildung? Als ich im Juli meine Zusage bekommen habe, war mir klar, dass das kein Spaziergang wird wie durch die Schule. Aber ich bin damit ja nicht allein. Schon beim Auswahlverfahren habe ich tolle Leute kennengelernt. Ich bin gespannt, was entstehen kann, wenn 113 ehrgeizige, hoch motivierte und einigermaßen clevere Menschen gemeinsam diesen sicher auch mal steinigen Weg begehen.

Annelie Siemsen, 21, ist gerade aus Eckernförde nach Hamburg gezogen, um an der Law School zu studieren. Sie beschreibt ihre Erwartungen und Sorgen.

Mir fallen dazu die Worte eines großen Juristen ein: „Kein festeres Band der Freundschaft als gemeinsame Pläne und gleiche Wünsche.“ Das hat Cicero gesagt. Was meinst Du?

GIPFELTREFFEN FRAGEN EINER STUDENTIN IM ERSTEN TRIMESTER

22

RE.VISION 2009

22-23 gipfeltreffen.indd

22

09.11.2009

12:32:38 Uhr


Liebe Annelie, als ich an der Law School anfing, habe ich mir ganz ähnliche Fragen gestellt wie Du. Nach fünf Jahren Höhen und Tiefen weiß ich, dass es für mich die richtige Entscheidung war, Jura an dieser Hochschule zu studieren. Das Schwierigste war es wohl, mit dem Gefühl leben zu lernen, niemals all das wissen zu können, was man wissen zu müssen meint. Und sich nicht unterkriegen zu lassen und die Freude am Fach nicht zu verlieren, wenn man nur gelernt hat, und sich am Ende vielleicht nicht der erhoffte Erfolg zeigt. Du hast recht: Gemeinsame Pläne und Ziele bringen einen zusammen, was ich besonders intensiv während der Hausarbeiten und der Seminararbeiten erlebt habe. Ich habe es so empfunden, dass wir in diesen anstrengenden Wochen alle an einem Strang gezogen haben – selbst wenn man sonst nicht immer einer Meinung war! Ich habe an der Law School viele interessante Menschen kennengelernt und einige wirklich gute Freunde gewonnen. Natürlich beneidet man oft die Studenten an der staatlichen Universität um ihre langen Semesterferien. Aber mir ist es durch die verschulte Struktur an der Law School leichter gefallen, mich in der Fülle an Stoff nicht zu verlieren. Auch dass man vier Jahre lang mit denselben hundert Leuten „in einem Boot sitzt“ und Professoren, Assistenten und wissenschaftliche Mitarbeiter sich wirklich bemühen, einen auf dem Weg zum Examen zu unterstützen, ist in meinen Augen ein großer Vorteil. Und keine Sorge: Es bleibt noch genug Zeit für das Leben neben dem Studium – wenn man sie sich nehmen möchte! Trotzdem habe ich mich nach zwei Jahren, als die Hälfte bis zum Examen geschafft war, sehr auf das „Bergfest“ Auslandstrimester gefreut. Ich habe mich ganz spontan entschieden, nach Indien zu gehen, und genau wie Du es von China beschreibst, war diese Zeit für mich unglaublich faszinierend und schön! Wie man sich Studium und Freizeit im Ausland einteilt, ist jedem selbst überlassen. Die Minimalanforderung ist, einen Kurs zu bestehen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, den Schwerpunkt mehr auf freie Zeit zu legen, weil ich zusammen mit indischen Freunden unterwegs sein wollte. Trotzdem war auch die Studienzeit interessant: Ich habe hauptsächlich Kurse belegt, in denen es um Völkerrecht ging. Daran hat mir besonders gefallen, einmal die Perspektive eines „nicht westlichen“ Landes kennenzulernen. Ich finde, es gibt in unserer Ausbildung nicht die eine entscheidende Weichenstellung. Man hat fünf Jahre Zeit, im Rahmen der Praktika, des Schwerpunktstudiums oder eventuell eines Nebenjobs langsam herauszufinden, welche Art von Arbeit und welche Rechtsgebiete einen interessieren. Ich bin immer noch nicht ganz sicher, welchen Beruf ich später ergreifen will, und bin deshalb gespannt, welche neuen Erfahrungen ich im Referendariat machen werde!

Claire Proebstle, 24, hat gerade ihr Erstes Staatsexamen gemacht. In ihrer Antwort auf Annelies Brief erzählt sie, wie sie die vier Jahre Jura-Studium erlebt hat.

Wie Du siehst, liegt eine anstrengende, aber auch aufregende Zeit vor Dir! Ich wünsche Dir alles Gute und viel Erfolg!

IM JURAGEBIRGE UND ANTWORTEN EINER ABSOLVENTIN

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

22-23 gipfeltreffen.indd

23

13.11.2009

23

11:38:18 Uhr


Florian Faust hätte auch einem Ruf in seine Heimatstadt Regensburg folgen können. Statt dessen richtet sich der Bayer nun dauerhaft in Hamburg ein.

Mit dem „Bucerius Alumni Preis für hervorragende Lehre“ – wegen des Pokals auch „Röhrender Hirsch“ genannt – würdigt der Alumni-Verein herausragende Leistungen und außergewöhnliches Engagement von Lehrenden an der Law School – von Professoren, aber auch von wissenschaftlichen Assistenten. 2009 wurde die künftig jährliche Auszeichnung zum ersten Mal verliehen. Über die Vergabe entscheidet eine fünfköpfige Jury, in der drei Mitglieder von Bucerius Alumni e.V. sowie zwei Studierendenvertreter sitzen. Die wichtigsten Kriterien für die Vergabe sind die Qualität der Lehrveranstaltungen sowie der begleitenden Lehrmaterialien und die Einsatzbereitschaft der Lehrenden. Florian Faust ist seit sieben Jahren Professor für Bürgerliches Recht, Handelsund Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung an der Law School. Die Jury hob seine Bereitschaft hervor, Fragen „tatsächlich jederzeit geduldig zu beantworten“ sowie Kritik von Studierenden anzunehmen und in seine Lehre einfließen zu lassen. Darüber hinaus führte sie seine „auf sehr hohem Niveau verständlichen“ Vorlesungen und Skripte an. Auch Fausts Lehrbuch zum Allgemeinen Teil des BGB trug wegen seiner „Kürze und hoher Durchdringung des Stoffes“ zur Zuerkennung des Preises an ihn bei. Das Votum für Faust war einstimmig.

GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN

DER ERSTE PREISTRÄGER DES RÖHRENDEN HIRSCHEN

24 BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZINE 2009

24

RE.VISION 2009

24-25 hirsch.indd

24

09.11.2009

17:38:23 Uhr


Text: Olaf Tarmas. Foto: Odile Hain.

WAS FÜR EIN NAME – Doktor Faust! So einer, könnte man meinen, ist eine Grüblernatur. Doch wer Florian Faust gegenübersitzt, merkt schnell, dass der 45-Jährige mit der Goethe’schen Gelehrtengestalt nur wenig gemein hat. „Jura ist nichts für Leute, die sich gerne in einen Elfenbeinturm zurückziehen“, lautet das Credo des Professors. „Man muss wissen wollen, wie es draußen, im ‚wahren Leben’ zugeht.“ Schon als Student ließ Faust die Möglichkeit ziehen, in Harvard oder Yale einen Master zu machen, weil ihm die Elite-Unis „zu abgehoben“ erschienen. Lieber schrieb er sich an der bodenständigen University of Michigan in Ann Arbor ein. Die Studienzeit in den USA war für ihn ein „fachliches Ur-Erlebnis“, von dem er bis heute zehrt: „Die fallorientierte Herangehensweise, die bei der Entscheidungsfindung auch viele außerjuristische Faktoren berücksichtigt, habe ich als intellektuell äußerst stimulierend empfunden. Gleichzeitig habe ich aber das systematische, deduktive Vorgehen deutscher Juristen erst so richtig schätzen gelernt.“ Der Schlüsselbegriff dafür, wie Faust Jura betreibt, lautet: „Diskussion“. Leidenschaftlich setzt er sich mit Kollegen und Studenten über Fälle, Gesetze, Gerichtsurteile auseinander – „durchaus hitzig, man steigert sich ja hinein, wenn es Spaß bringt.“ Von einer Juristerei, die sich hinter Regelwerken verschanzt, hält er dagegen nichts: „Es gibt Studierende, die wollen Patentrezepte, mit denen sie die Fälle in der Klausur schnell ‚totmachen’, erledigen können. Das gibt es bei mir nicht“, sagt der Professor. „Mein Alptraum wäre es, hier lauter kleine Fausts heranzuzüchten.“ Er wünsche sich, dass seine Studenten zu jedem Fall eine eigene Haltung entwickeln, nur logisch schlüssig muss sie sein. „Es ist extrem schwer, Herrn Faust zu überzeugen“, seufzt sein wissenschaftlicher Assistent Volker Wiese. Für ihn ist Faust gleichwohl ein „Genius“: brillant in der Sache – und äußerst zugänglich für seine Studenten. „Ich wünschte, es würden noch mehr von der Möglichkeit zum Nachfragen Gebrauch machen“, sagt der Professor, „gerade auch diejenigen, die sich scheuen, weil sie tatsächlich Schwierigkeiten haben.“ In Fausts Büro gibt es keine Sprechzeiten, sondern eine „open-door-policy“. Und sogar von unterwegs antwortet er per Blackberry. Nach Feierabend lässt der Professor jedoch auch Jura Jura sein. „Wenn ich abschalte, dann total“, sagt Faust – und das rät er auch seinen ambitionierten Studenten: „Macht euch nicht verrückt, es gibt noch anderes im Leben als Jura.“

Die Oper zum Beispiel. Über achtzigmal besuchte Florian Faust bereits die Hamburgische Staatsoper – viermal allein Francis Poulencs „Gespräche der Karmeliterinnen“. Die „unaufdringlich moderne Inszenierung“ mit ihren gekonnten Effekten und ergreifend dargestellten Gewissenskonfl ikten habe ihm „so manchen Schauer über den Rücken gejagt“, schwärmt er. In der Wohnung, die er gerade in Lokstedt bezogen hat, freut Faust sich am meisten auf die neue Küche. Gut möglich, dass er dort wieder öfter sein Kochbuch zücken und Schweinelendchen mit Avocado-SchafskäseFüllung zubereiten wird. Und das nicht für sich allein: Denn Faust wird gemeinsam mit seiner Partnerin Anja Frahm einziehen. Kennen gelernt haben sich die beiden an der Bucerius Law School, sie leitet die Abteilung für studentische Angelegenheiten, zwei Stockwerke unter ihm. Gefunkt hat es, als Faust sich ein Herz nahm und sie einlud, mit ihm ein Benjamin-Britten-Konzert in der Staatsoper zu besuchen. Für den 10. Dezember, den zweiten Jahrestag des Konzerts, ist nun die standesamtliche Trauung angesetzt – allerdings nicht in Hamburg, sondern in Regensburg. In Regensburg wurde Florian Faust geboren, dort hat er Abitur gemacht und die ersten Semester Jura studiert. Heute noch reist er häufig dorthin, um seinen Vater zu sehen. Oder um „heikle Entscheidungen“ zu treffen, wie seine Mitarbeiter wissen: sich eine neue Brille zulegen etwa, oder zum Haareschneiden. Schließlich – wer hat schon den gleichen Friseur wie der Papst? Mit Joseph Ratzinger und dessen Regensburger Zeit verbindet ihn aber noch mehr: Fünf Jahre lang war er Messdiener beim damaligen Kardinal. Als „freundlich, aber sehr zurückhaltend“ hat der junge Faust ihn wahrgenommen – und als „brillanten Rhetoriker“. Letzteres eine Eigenschaft , die auf den späteren Professor abgefärbt haben mag – und für die ihn seine Studenten heute besonders schätzen. Faust wiederum legt Wert auf den guten Kontakt zu Studierenden, Mitarbeitern und zur Hochschulleitung – weshalb der Bayer 2007 sogar der Versuchung widerstand, einem Ruf an die Universität seiner geliebten Vaterstadt Regensburg zu folgen. Damals texteten die Law-School-Studenten: „Wir freuen uns ’nen Keks, wenn Sie bleiben!“, und schenkten ihrem Lieblingsprof selbst gebackene Butterkekse. Faust hat nicht alle gegessen, sondern bewahrt einige bis heute in seinem Büroschrank auf.

Professor Florian Faust wurde vom Alumni-Verein für hervorragende Lehre ausgezeichnet. An der Law School gilt er als herausfordernder Gegner in juristischen Debatten – privat ist er ein Genießer

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

24-25 hirsch.indd

25

09.11.2009

25

11:36:54 Uhr


EMILY HABERSHON (21) CAME FROM BRISBANE

„I can still remember my arrival in Hamburg. After a horrible 20-hour-flight I drove to my apartment in Winterhude and I was simply surprised while looking out of the window: Before my stay I thought Germany was somewhat of a cold, harsh country. But instead my first and strongest impression of Hamburg was how beautiful the city was, I loved the buildings and the gardens around my apartment in Winterhude. And I made so many good friends who I am still in contact with. I simply loved everything and could see myself living there.“

MARCUS LERCH (24) WAR IN NEW YORK

Protokolle: Jenny Niederstadt. Illustration: Erika Vareschka.

„Ich war dabei, als Arbeiter das riesige Firmenschild der Lehmann Brothers abgeschraubt haben. Ehemalige Angestellte im Anzug verließen mit Pappkartons das Gebäude: Sie trugen nur noch den Inhalt ihres Büroschranks bei sich. Als wir abends unterwegs waren, hielt einmal eine Limousine neben uns. Der Chauffeur fragte, ob er uns mitnehmen könnte. Das war ein entlassener Fahrer, der mit Taxifahrten Geld verdienen wollte. Wie die Finanzkrise in den Alltag einbricht, habe ich erst in New York gespürt.“

NUR WER SICH INS UNBEKANNTE WAGT, KANN SEINE VORSTELLUNG VON DER WELT ÜBERPRÜFEN: JEDES HERBSTTRIMESTER REIST EIN LAW-SCHOOLJAHRGANG ZUM STUDIUM INS AUSLAND, GLEICHZEITIG SIND MEHR ALS HUNDERT AUSLÄNDISCHE STUDENTEN AUF DEM HAMBURGER CAMPUS ZU GAST. JE DREI VON IHNEN ER Z ÄHLEN, WAS SIE BEEINDRUCKT ODER VERWUNDERT HAT

DIE WELT IST EINE SCHEIBE

ABENTEUER AUSLANDSTRIMESTER

26

RE.VISION 2009

26-27 weltscheibe.indd

26

09.11.2009

12:00:06 Uhr


JIAOJIAO PENG (22) CAME FROM SHANGHAI

„In Germany, friends talk about politics. It seems to be a normal topic for Germans, and many of them do like paying attention to how the government is running. For example, my host had many meetings with his party members. He would also tell me something about German politics when we were chatting. People’s attitude towards politics is totally different in China. Most of us do not care at all how the government is running. It is not a hot issue for family get-togethers or friends’ parties. We do not have the passion for politics generally speaking. But we would also make jokes on it.“

OREN HOGERY (26) CAME FROM TEL AVIV

„I kind of knew it beforehand, but I didn’t know that it was to this extent: the fact that German people like to schedule everything in advance, even just a friendly gathering. All my German friends needed to know in advance – even a week before! – when we will meet and what we will do. In Israel we never schedule unless it’s business, so it took me some time to get used to it.“

FRIEDERIKE DUSCHA (22) WAR IN BANGALORE

„Ich wollte auf keinen Fall in ein Industrieland und dachte, das wäre ein Abenteuer. Aber als ich angekommen war, fühlte ich mich furchtbar. Ich war anderthalb Monate lang krank, habe das Essen nicht vertragen und zehn Kilo abgenommen. Mein Zimmer war winzig, die Uni chaotisch, die Stadt laut. Vor allem aber hat mich das Elend überfordert. Die Bettler auf den Straßen, kleine Kinder, die schon hart arbeiten müssen, Mädchen, die zur Prostitution gezwungen werden. Doch kaum war ich wieder zu Hause, habe ich Indien vermisst. Die Inder sind so offen und freundlich, dass man sich wirklich willkommen fühlt.“

INGA RUCK (21) WAR IN ISTANBUL

„Anfangs hat mich das türkische Nachtleben verwirrt. Anders als bei uns gibt es nur ganz wenige Kellerclubs. Wer in Istanbul ausgeht, steigt die Treppen rauf. Denn die meisten Clubs liegen in den oberen Stockwerken. Das wirkte auf mich anfangs irgendwie uncool. Aber dann war ich sehr schnell begeistert, weil viele Läden dadurch einen Dachgarten haben. Da habe ich meine Freunde getroffen, gefeiert und konnte nebenbei über die Stadt schauen. Wunderschön!“ BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

26-27 weltscheibe.indd

27

09.11.2009

27

12:00:08 Uhr


Text: Thomas Röbke. Foto: Odile Hain.

Jenseits der klassischen Juristen-Karriere ist Law-School-Absolvent Max Fischer als Unternehmer erfolgreich – mit einem Internetportal für Vereine

die erfolgreichen Internet-Start-ups mit einer Handvoll kreativer junger Menschen, die eine Hinterhofetage bevölkern. In diesem Fall ist es ein renovierter Altbau mit Holzfußboden in einer versteckten Seitenstraße im Hamburger Stadtteil St. Georg – zu einem der »365 Orte 2009« gewählt von der Initiative »Deutschland – Land der Ideen«. Einer der Geschäftsführer ist Max Fischer, 28, groß gewachsen, praktische Kurzhaarfrisur, sportlich: Er hat mal geboxt und Tennis gespielt. Schon während seines Studiums an der Bucerius Law School hatte er gemeinsam mit seinem alten Schul-

ES GIBT SIE NOCH,

freund und heutigen Co-Geschäftsführer Axel Kmonitzek die Idee zum Online-Portal meinverein.de: »Ich war durch den Sport immer in Vereinen aktiv. Und bekam mit, dass die größten Defizite dort in der Kommunikation und Organisation liegen.« Von den aufkommenden sozialen Netzwerken wie Xing oder Facebook war es nur ein kleiner Schritt zum Vereinsportal. Das Entscheidende an diesem kleinen Schritt: meinverein.de bietet nicht nur eine Plattform zur Selbstdarstellung der Vereine, sondern auch einen internen Raum für die Vernetzung untereinander. Wer zum Beispiel in eine fremde Stadt zieht, kann

DER VEREINSMEIER OUTLAW: MAX FISCHER

28

RE.VISION 2009

28-29vereinsmeier.indd

28

09.11.2009

11:54:11 Uhr


dort Gleichgesinnte finden, Mitglieder können sich aber auch Spielpläne herunterladen, den alten Tennisschläger zum Verkauf anbieten oder ganze Mannschaften mit einem Klick über veränderte Trainingszeiten informieren; selbst Vorstandswahlen lassen sich online durchführen. Ein virtuelles Vereinsheim also, in dem die Mitglieder ihre Kommunikation effektiver gestalten können als mit einem Schwarzen Brett – bislang machen schon mehr als 10 000 Vereine davon Gebrauch. In die Selbstständigkeit wagte Max Fischer sich noch vor Ende des Studiums. Nachdem die Sparkasse nicht einmal ein Geschäftskonto gewähren wollte, geschweige denn einen Existenzgründungskredit, fand sich der erste Investor, als Fischer gerade in den Vorbereitungen zum Staatsexamen steckte. Durch Zufall: Matthias Nixdorf, Sohn des Computerpioniers Heinz Nixdorf, sah bei einem Freund den Businessplan auf dem Schreibtisch liegen. Er warf einen Blick hinein und war sofort vom Erfolg der Idee überzeugt – der erste Investor war gefunden. Der zweite Geldgeber ist ein gemeinsamer Bekannter von Nixdorf und Fischer, der als Jura-Student bei einer Agentur gejobbt hatte, die VIPs betreut. Dabei hatte Fischer öfter mit einem ehemaligen Tennisstar zu tun: Michael Stich. »Wir haben uns mit Matthias Nixdorf zusammengesetzt und überlegt, ob wir Stich mit ins Boot holen. Und der fand das tatsächlich genauso spannend wie Nixdorf.« Am Tag von Fischers mündlicher Abschlussprüfung ging die Internetseite online. Von der Idee bis zur Realisierung sei es eine Zitterpartie gewesen, erinnert er sich: »Jeden Morgen, wenn wir den Computer anschalteten, mussten wir befürchten, dass uns jemand zuvorgekommen ist.« Doch dem war nicht so. Nun ist meinverein.de bereits seit zwei Jahren auf dem Markt – und trotz des einen oder anderen Nachahmers mit Abstand der größte Anbieter dieser Art. »Natürlich kann immer noch einer kommen und uns mit einer genialen Idee überrunden. Aber aus dem Gröbsten sind wir raus.« Und hätte er sich das Jura-Studium nicht schenken können, wo er beruflich eine ganz andere Richtung eingeschlagen hat? »Bevor man anfängt, Jura zu studieren, weiß man noch nicht, was einen erwartet. Ich habe aber relativ zügig gemerkt, dass ich nicht der klassische Jurist bin. Als Jurist ist man dabei und berät, man hilft mit, dass etwas entsteht. Aber man ist nie die treibende Kraft“, antwortet Fischer. Trotzdem hat er seine Studienwahl nicht bereut: »Ein Jura-Studium ist spannend und man lernt wirklich viel – etwa analytisch zu denken und

zu argumentieren.« Sehr zugute kommt ihm sein Studium natürlich, wenn es um Vertragsangelegenheiten geht. Und Max Fischer hat noch eins draufgesetzt: Voriges Jahr ist er zurückgegangen an die Bucerius Law School und hat seinen »Master of Law and Business« gemacht. »Jetzt kann ich auch ein bisschen besser mit Zahlen umgehen, als es Juristen gemeinhin nachgesagt wird«, sagt der Jungunternehmer. Drei Mitarbeiter haben Fischer und Kmonitzek, die Programmierung besorgt eine Agentur in Österreich. Meinverein.de konnte mitten in der Wirtschaftskrise wachsen, weil das Unternehmen, anders als die meisten Internetportale, nicht allein auf Werbefinanzierung setzt. Anzeigenbanner gibt es hier zwar auch, der Fokus liegt jedoch auf dem E-Commerce: »Es gibt 600 000 Vereine in Deutschland und die haben Bedürfnisse, brauchen Trikots, Pokale, Fahnen, Wimpel, Werbeartikel, Vereinsreisen, Speisen und Getränke… Wir wollen nach und nach alle Märkte rund ums Vereinsleben aufrollen.“ Mit einem Shop, in dem man Pokale und Medaillen bestellen kann, ist meinverein.de gerade online gegangen, als nächstes soll ein Trikot-Shop folgen. Im November bringen Fischer und Kmonitzek zusammen mit dem Verlag Heinrich Vogel auch noch ein Printmagazin heraus. Die stolze Anfangsauflage soll 125 000 Stück betragen und an 25 000 Vereine versandt werden. Wer bereits Mitglied ist, soll damit stärker an meinverein.de gebunden, alle anderen neugierig gemacht werden. Eine weitere Einnahmequelle wird demnächst »MeinVerein plus« sein, ein umfangreicher HomepageBaukasten. War das Jura-Studium schon stressig, so ist es das Unternehmertum nicht minder, das war schnell klar. Die Plattform will gepflegt, neue Sponsoren und Werbekunden müssen gewonnen, der »Verein des Monats« ausgewählt werden. Sehr wichtig ist Fischer die direkte Kommunikation mit den Nutzern. Mit 20 besonders engagierten CommunityMitgliedern geht er Ende des Jahres auf Reisen, um sie und ihr Vereinsleben noch besser kennenzulernen. Und wohin soll das alles führen? »Anfangs war unsere Zielmarke einfach die Zahl der Vereine in Deutschland – natürlich sollen alle bei uns Mitglied werden. Inzwischen haben wir die erfolgreiche Bewirtschaftung der verschiedenen Geschäftsfelder zu unseren Zielen erklärt – den E-Commerce, das Printmagazin und was wir sonst so vorhaben«, sagt der Law-School-Absolvent. Ganz neu ist nun auch noch ein Beraterjob hinzugekommen: Das Bundesfamilienministerium baut eine Internetplattform zum Thema ziviles Engagement auf – Fischer & Co werden dabei helfen.

Die Boxhandschuhe hat Max Fischer zwar an den Nagel gehängt, aber was er damals vom Vereinsleben mitbekommen hat, gab dem 28-Jährigen die Idee zum eigenen Unternehmen.

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

28-29vereinsmeier.indd

29

09.11.2009

29

11:54:14 Uhr


Die Steigerung von Chronometer: Zeitmeister.

Die zurzeit einzige deutsche Armbanduhr, die den Titel Chronometer trägt: die WEMPE ZEITMEISTER. Als Signet für die Einzigartigkeit der Kollektion ziert eine Reliefgravur der Sternwarte Glashütte die Rückseite jeder Uhr. Hier müssen unsere Modelle in einem strengen 15-tägigen Testverfahren ihre sekundengenaue Präzision beweisen, bevor sie sich mit dem Zertifikat Chronometer schmücken dürfen. Erhältlich exklusiv bei Wempe für € 1.975.

Hamburg

30 Anz. Wempe.indd

30

London

Paris

New York

wempe-zeitmeister.de

13.11.2009

9:28:09 Uhr


AUCH FÜR DAS KAPITAL GELTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION EINHEITLICHE RICHTLINIEN. EIGENTLICH. DENN WER SETZT SIE DURCH? UND WIE? DOKTORANDEN DER BUCERIUS LAW SCHOOL HABEN DIE RECHTSPRAXIS IN SECHS LÄNDERN VERGLICHEN –

Text: Axel Reimann. Illustration: Daniel Lisson.

UND ZWAR VOR ORT

ACHTUNG WILDWECHSEL

EINE FORSCHUNGSREISE DURCH DIE KAPITALMÄRKTE EUROPAS

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

31-34 kaptalmarkt.indd

31

09.11.2009

31

14:16:32 Uhr


– und manchmal ziemlich zickig. Mal äst es bei den Deutschen, mal bei den Franzosen, dann wieder bei den Briten oder den Italienern. Daran ist in Zeiten weltumspannender Kapitalströme nichts Überraschendes mehr. Die Frage ist nur: Wie muss es sich in den einzelnen Ländern benehmen – auch angesichts der jüngsten Finanzkrise? Alle Welt redet schließlich von der Verschärfung der Spielregeln – nur kaum einer hat bisher einen Überblick, was wo gilt. Noch nicht mal im vereinten Europa. Welche Einhegungen gibt es? Und wer greift ein, wenn das liebe Tier übermütig wird? Um das herauszufinden, sind vier Doktoranden der Bucerius Law School zum Forschen in verschiedene Städte Europas gereist. Losgeschickt hat sie Professor Rüdiger Veil vom Institut für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht. Das Ziel: ein Vergleich des Kapitalmarktrechts in Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien und Schweden. Und damit Antwort auf die Frage: Wie sieht der europäische Ordnungsrahmen für Märkte aus, auf denen Kapital gehandelt wird – von A wie Aktien bis Z wie Zertifi kate? In der Europäischen Union gibt es auch für das scheue Reh Kapital eigentlich die passenden Richtlinien. Sie sollen das Kapitalmarktrecht in der EU harmonisieren und heißen zum Beispiel „Richtlinie betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist“ oder „Richtlinie über Insidergeschäfte und Marktmanipulation“ oder – besonders griffig – „Richtlinie zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind“. Aber was so einheitlich klingend aus Brüssel daherkommt, ist es nicht mehr, sobald es in nationale Gesetze übersetzt wurde. „Die Abweichungen dürften gar nicht so groß sein“, sagt Philipp Koch, der für das Forschungsprojekt insgesamt sechs Monate in Madrid und Paris war. „Sie sind es aber doch.“ Zum einen gehen die Mitgliedsstaaten teilweise über die europäischen Vorgaben hinaus: Sie regeln mal mehr, mal regeln sie strenger – „gold-plating“ nennt sich das. Zum anderen setzen sie dieses Recht mit unterschiedlichen Mitteln durch – mit Zivil- oder Strafrecht, per Verordnung oder Dialog. Hier wirken sich unterschiedliche Einflüsse und Traditionen aus. Und die Erfahrungen, die

DAS KAPITAL IST EIN SCHEUES REH

ein Land bisher mit Aktien, Anleihen & Co. gemacht hat. Spanien zum Beispiel, ein Land mit einem eher überschaubaren Kapitalmarkt: Hier sei Kapitalmarktrecht oft noch eine „terra incognita“, so Projektleiter Rüdiger Veil, der gemeinsam mit den Doktoranden in allen untersuchten Ländern Interviews mit Anwälten, Professorenkollegen und Behördenvertretern geführt hat. „Sie merken das auch in den Gesprächen. Da sitzen Sie zwei Anwälten gegenüber und die erzählen Ihnen was vom Himmel herunter. Und dann ahnen Sie irgendwann, dass das nicht alles stimmen kann, was Sie da gerade gehört haben.“ Für Law-School-Doktorand Philipp Koch bedeutete das echte Detektivarbeit – also Gesetzestexte sichten, die eigene Vorstellung davon immer wieder mit der Wirklichkeit abgleichen und das in Interviews Erfahrene in anderen Gesprächen überprüfen. Denn: „In Spanien gibt es keine Bücher zum Kapitalmarktrecht.“ Nur law in action. Und das ist auch den Fachleuten vor Ort nicht immer auf Anhieb bekannt. Dabei geht es inhaltlich nicht um juristische Spitzfindigkeiten oder Petitessen, sondern um die Funktionsfähigkeit eines gemeinsamen europäischen Kapitalmarkts; auf dem sollen Anleger, Finanzdienstleister und Unternehmen gleichermaßen sicher vor Übervorteilung sein – ob ein Wertpapier nun in Spanien oder in Deutschland herausgegeben wird. Konkret heißt das: Prospektrecht (Wie war das noch mit dem Hinweis auf die fehlende Einlagensicherung von Lehman-Zertifi katen?); Ad-hoc-Publizität (Wer erfährt wann davon, dass der Vorstandsvorsitzende einer börsennotierten Aktiengesellschaft zurücktritt?); Beteiligungstransparenz (Wann muss sich ein potenzieller Großaktionär outen? Erst wenn er die Aktien besitzt? Oder schon wenn er sich – siehe Schaeffler bei Continental – mithilfe von Finanzderivaten Einfluss verschafft?); Insiderhandel (Wie lässt sich verhindern, dass Konzernvorstände wie im Fall EADS ihren Informationsvorsprung zum eigenen Vorteil nutzen?); Compliance in

WANN MUSS SICH EIN POTENZIELLER GROSSAKTIONÄR ZU ERKENNEN GEBEN? 32

RE.VISION 2009

31-34 kaptalmarkt.indd

32

09.11.2009

14:16:32 Uhr


Banken (Wie unterbindet man eigentlich, dass der Anlageberater in der Kantine ausgerechnet mit dem Kollegen plaudert, der Wertpapier-Emittenten betreut?). Und wer entscheidet überhaupt, ob etwas falsch läuft auf den nationalen Kapitalmärkten? Eine Behörde? Ein Richter? Eine Börse? Oder doch ein Selbsthilfe-Verein? Wie werden Verstöße geahndet – mit Geldbußen, Aktienstimmrechtsverlust oder durch Schadensersatzklagen? Wie relevant solche Fragen sind, konnte man zuletzt bei Prozessen wegen einer verspäteten Ad-hoc-Mitteilung des Daimler-Konzerns sehen: Das Unternehmen musste ein Bußgeld von 200 000 Euro zahlen, weil es den Rücktritt seines damaligen Vorstandschefs Jürgen Schrempp zu spät bekannt gegeben hatte. So ähnlich wäre der Fall wohl auch in anderen Ländern geendet. In Deutschland aber konnten Anleger den Konzern zusätzlich auf 5,5 Millionen Euro Schadensersatz verklagen – in England oder Spanien hätten sie solche Klagerechte nicht. Ist das also die Rechtssicherheit auf dem gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt? „Das sind richtige Hammerthemen“, sagt Veil. Bis zu 22 Seiten dick waren die Fragebögen, mit denen die LawSchool-Forscher die Rechtslage recherchierten – und die waren nicht so einfach Punkt für Punkt abzuhaken. „Häufig bekamen wir die Antwort: ‚We will check it.‘ Oder: ‚We send you an email‘“, erinnert sich Rüdiger Veil. „So mussten wir uns dann von Gespräch zu Gespräch hangeln und uns sukzessive der Wahrheit annähern.“ Hinzu kam eine weitere Herausforderung: die sprachliche. Oder wie sagt man „Prospektrichtlinien-Durchführungsverordnung“ auf Italienisch? „Als ich hier ankam, beschränkte sich mein Italienisch darauf, wie ich mir ein Eis kaufe und was meine Hobbys sind“, sagt Katja Scharkowski, die für das Forschungsprojekt drei Monate in Mailand war. Aber irgendwann könne man erstaunlich viel Juristen-Italienisch ableiten – auch durch die Hilfe der einheimischen Kollegen. „Die waren unglaublich hilfsbereit.“ Diese Erfahrung machten auch die anderen Doktoranden, zum Beispiel Fabian Walla, der in Stockholm rund 70 Prozent seiner Quellen in der Landessprache lesen musste. „Die Interviews liefen dort zum Glück aber alle auf Englisch.“ Und bei seinen Gesprächen in Stockholm konnte Walla nicht nur rechtswissenschaftliche Vergleiche ziehen: „Der professionelle Umgangston ist in Schweden viel, viel lockerer als bei uns. Das fängt beim

Vorstellen mit dem Vornamen an, egal ob man sich mit Professoren, Ministeriums- oder Behördenvertretern trifft .“ Und der Anwalt aus der berühmten internationalen Großkanzlei empfing Walla nicht in Anzug und Krawatte, sondern einfach im Poloshirt. Es sind auch kleine Beobachtungen am Rande, die für das Forschungsprojekt relevant sind. Zum Beispiel wenn es um das Verhältnis von Kapitalmarktteilnehmern und nationalen Aufsichtsbehörden geht: „In Spanien haben wir einen Termin bei der Aufsichtsbehörde nur bekommen, weil sich ein Anwalt für uns eingesetzt hat, der sonst Emittenten gegenüber den Kontrolleuren vertritt“, erzählt Veil. „Der ist sogar mitgekommen und hat ordentlich mitdiskutiert. Dabei ist der ja Interessenvertreter und steht auf der anderen Seite. Das würde es in Deutschland oder Schweden nicht geben.“ In Frankreich und Großbritannien haben die Doktoranden Malte Wundenberg und Philipp Koch ebenfalls eine überraschende Nähe zwischen Interessenvertretern und den nationalen Aufsichtsbehörden festgestellt. Die Kontrolleure gäben sich eher als Kooperationspartner. „Wenn die Franzosen zum Beispiel eine Übernahme planen, ist es üblich, dass der Anwalt vorher seine Unterlagen mit der Behörde durchspricht“, sagt Koch. „Die Übernahme wird geradezu gemeinsam erarbeitet.“ Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sei da sehr viel zurückhaltender. Die Schweden wiederum, berichtet Fabian Walla, setzten vor allem auf die Selbstregulierung der Kapitalmarktteilnehmer, wohingegen Katja Scharkowski in Italien gleich eine Vielzahl von Regulierungsbehörden fand, die verschiedene Teilbereiche des Kapitalmarkts kontrollieren. „Für uns war es wichtig herauszufinden, wie das europäische Recht im jeweiligen Land tatsächlich funktioniert“, sagt Veil. „Und das hat viel mit der Frage zu tun, ob Kommunikation stattfindet zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Anwalt, der einen Investor oder Emittenten berät. Kaspern die das irgendwie ab, besprechen die sich – oder verlässt sich der Anwalt auf seine eigene Einschätzung der Rechtslage?“ Auch in anderer Hinsicht gibt es deutliche Unterschiede im vereinten Europa der Kapitalmärkte: In Großbritannien kann die Finanzaufsicht eigenständig Straftaten verfolgen – hierzulande braucht die BaFin dazu die Staatsanwaltschaft. Die Schweden begnügen sich mit einer breiten Generalklausel, wenn es um Marktmissbrauch geht – in Deutschland werden die zugehörigen

WELCHE L ÄNDER VERTR AUEN DEM MARKT, WELCHE KONTROLLIEREN LIEBER? BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

31-34 kaptalmarkt.indd

33

09.11.2009

33

14:16:33 Uhr


Tatbestände in Verordnungen fi xiert. Die Italiener übernehmen die EU-Richtlinien fast wörtlich – um sie später anlässlich von akuten Konflikten und Skandalen mit zahlreichen Gesetzen zu ergänzen. Die Franzosen geben sich in Sachen Beteiligungstransparenz lockerer als die Deutschen – nur um dann in den Satzungen der Aktiengesellschaften sehr viel strenger zu sein. Auch wenn es bei dem Forschungsprojekt nicht um die „richtige“ Umsetzung der EURichtlinien in den einzelnen Ländern geht, sondern um eine Bestandsaufnahme des europäischen Kapitalmarktrechts – für sich hat Projektleiter Veil eine Antwort auf die Frage gefunden, wie das scheue Reh im Zaum gehalten werden kann: „Dort, wo die Sanktionen für Fehlverhalten hart und scharf sind, präsentiert sich das Recht ausgereift und differenziert. Deshalb muss man sich jetzt in Europa Gedanken machen über Sanktionen.“ Die Studie der Law-School-Doktoranden könnte dafür eine Argumentationshilfe sein.

PIRATERIE Die Entführung des deutschen Frachters Hansa Stavanger im April war nur eines von vielen Dramen, die sich noch immer vor der Küste Somalias abspielen. Fragt sich: Wer greift ein, wenn die somalischen Sicherheitskräfte dazu nicht in der Lage sind? Und: Wo und nach welchem Recht werden die Täter bestraft? Dass die Idee, den Piraten am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg den Prozess zu machen, „allenfalls langfristig realisierbar“ wäre, konnte Doris König nicht nur den Reedern plausibel darlegen: Via Nachrichtenagentur dpa erklärte die gefragte Seerechtsexpertin, warum man die Befugnisse der Hamburger nicht so leicht erweitern kann. Die Law-School-Professorin glaubt, dass das Thema aktuell bleibt: „Juristisch gibt es spannende Querverbindungen, vom Verfassungsbis hin zum Völker- und Menschenrecht – darüber kann man sich in einer Dissertation sehr viele Gedanken machen.“

Verleger Hubert Burda begann im Juni mit der Google-Schelte – inzwischen klagen viele Verlage, dass nicht sie selbst, sondern die Suchmaschinen mit ihren Online-Artikeln Geld verdienen. Dies ist nur ein Aspekt des immateriellen Güterrechts, das im digitalen und globalen Konkurrenzkampf immer wichtiger wird. „Wer sich hierauf spezialisiert, obwohl es nicht zum Pfl ichtkanon gehört, fi ndet als Anwalt eine exzellente Marktlage vor“, sagt Professor Karsten Thorn. Auch die Bucerius Law School, so Thorn, wolle auf diesem Feld ihr Profi l schärfen: Eine neue Vortragsreihe gibt es schon, bald soll eine Forschungsstelle eingerichtet werden – diese könnte dann die Grundlage für ein eigenes Institut für Medienrecht bilden. URHEBERRECHT

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden in einem Lehrund Handbuch zum Europäischen Kapitalmarktrecht zusammengefasst, das von Rüdiger Veil herausgegeben wird und Ende 2010 auf Deutsch und Englisch erscheinen soll. Die Teilstudien zum Kapitalmarktrecht in Großbritannien (Veil/ Wundenberg) und Frankreich (Veil/Koch) wurden bereits im Carl Heymanns Verlag veröffentlicht.

Niemand weiß, wie viele Billionen durch die Finanzkrise tatsächlich verbrannt wurden. Sicher ist: Betroffen sind nicht nur Spekulanten, sondern auch Anleger, die als bodenständig gelten. So haben zahlreiche Stiftungen Geld verloren – und das wirft steuerrechtlich Probleme auf: Dürfen sie Rücklagen bilden, anstatt ihre Gewinne wie vorgeschrieben „zeitnah“ für gemeinnützige Zwecke auszugeben? „Eine andere wichtige Frage ist, für welches Anlageverhalten ein Stiftungsvorstand rechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann“, sagt Birgit Weitemeyer, Direktorin des Instituts für Stiftungsrecht an der Law School. Die Professorin sieht hier Berufschancen für Juristen: „Die Krise macht deutlich, dass sich das Stiftungsmanagement weiter professionalisieren muss – und dafür werden Berater gebraucht.“

KRISE I

Text: Alexandra Werdes

KRISE II Nicht nur Börsenkurse sind ins Bodenlose gefallen, auch mit dem Ansehen der Manager ging es im Krisenjahr steil bergab. Wie viele Vorstände außerdem vor Gericht gestellt werden, bleibt abzuwarten. Aber nach Ansicht von Thomas Rönnau, Professor an der Bucerius Law School, wird sich die Tendenz der vergangenen Jahre fortsetzen: „In Deutschland traut man sich immer mehr, auch höchst dotierte Manager in Haftung zu nehmen.“ Da werden Spezialisten gesucht – „und zwar in allen Bereichen“, so der Wirtschaftsstrafrechtler. „Bei den Gerichten, den Staatsanwaltschaften und natürlich im Beruf des Strafverteidigers.“ Auch im Zivilrecht könnten sich neue Arbeitsfelder auftun – wenn Aktionäre auf Schadenersatz klagen.

34

RECHT GEHABT

WARUM JURA SELTEN SPANNENDER WAR

RE.VISION 2009

31-34 kaptalmarkt.indd

34

09.11.2009

14:16:34 Uhr


Eindrücke hinterlassen. Wer zu den Besten gehört, stellt mit Recht höchste Ansprüche an seinen Arbeitgeber: herausfordernde Beratungsarbeit, eine erstklassige Reputation und internationale Entwicklungsmöglichkeiten. Hinterlassen Sie Eindrücke bei uns als

Rechtsanwalt (m/w) Referendar (m/w) Praktikant (m/w) u. a. in den Fachbereichen Bank- und Kapitalmarktrecht, Prozessführung und Schiedsgerichtsverfahren, M&A Gesellschaftsrecht, gewerblicher Rechtschutz, Steuer- oder Arbeitsrecht. Wir suchen Persönlichkeiten, die zu uns passen. Wenn Sie sich dazu zählen, freuen wir uns über Ihre Bewerbungsunterlagen! Linklaters LLP Berit Sedlaczek Recruitment Manager +49 69 71003 341 berit.sedlaczek@linklaters.com

Berlin

Düsseldorf

Frankfurt am Main

München

linklaters.de/karriere

35 Anz. Linklaters.indd

35

09.11.2009

11:28:29 Uhr


ANKLAGE & VERTEIDIGUNG

THOMAS RÖNNAU, ANKLAGE

DER KOMPROMISS ANWALTS LIEBLING

DIE FEIERABEND TOP-FIVE * 20:00 Ständige Vertretung, Innenstadt („Da simmer dabei…“)

21:00 22:00 23:00 00:30

Zwick, Pöseldorf („Das ist Bodo mit dem Bagger…“)

Hähnchenkeller, Pöseldorf („Take the long way home…“) Zoë, Schanzenviertel („Sitting, waiting, wishing…“) Alt-Hamburg, St. Pauli („Auf der Reeperbahn nachts…“)

Schon kleine Kinder sollen lernen, ihn zu schließen. Aus der Politik hält er sich schon lange nicht mehr raus. Und selbst im Gericht macht er sich immer breiter: als Vergleich und neuerdings auch als „Deal“. Erreichen wir mit dem Kompromiss die höchste zivilisatorische Stufe – oder untergräbt er die Gerechtigkeit?

*nicht-repräsentative Umfrage unter Absolventen in Hamburg

GESTÄNDNIS

DAS HABE ICH NOCH NIE VERSTANDEN Sebastian Fischer, 32, Wirtschaftsanwalt bei HengelerMueller in Düsseldorf „WARUM SETZT SICH DER BUNDESRAT AUS REGIERUNGSVERTRETERN ZU-

Der Bundesrat ist ein Organ der Legislative, er besteht aber aus Mitgliedern der Landesregierungen (Art. 51 GG) und damit der Exekutive. Die Bundesländer setzen später die vom Bundesrat beschlossenen Gesetze um (Art. 83 GG); zudem bricht Bundesrecht Landesrecht (Art. 31 GG). Die Vertreter im Bundesrat wirken also an jener Gesetzgebung mit, die sie später selber umsetzen müssen (vgl. Art. 50 GG): Gesetze machen und Gesetze ausführen fällt hier in eins. Wie kann das juristisch betrachtet unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung sein?“

SAMMEN?

Professor für Wirtschaftsstrafrecht

„Der Kompromiss ist verführerisch, hat aber Grenzen“ Unsere Gesellschaft liebt es, Streit am runden Tisch beizulegen. Doch bei allem Harmoniestreben und Kostenbewusstsein dürfen die Grenzen von Kompromissen nicht verschüttet werden. So müssen die Menschenwürde und das Leben unverfügbar bleiben. Wenn sie verrechenbar werden, gibt es kein Halten mehr. Den Abschuss eines voll besetzten Flugzeuges zur möglichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen hat das Bundesverfassungsgericht daher mit Recht abgelehnt. Genauso indisponibel sollte – trotz aller menschlichen Erkenntnisdefizite – auch die Wahrheitssuche im Strafprozess sein. Vornehmlich aus Kostengründen kürzen die Parteien beim Deal den Prozess inzwischen immer öfter ab – meist im Austausch von Geständnis gegen Strafmilderung. Doch Recht ist kein Wirtschaftsgut, das sich effizient produzieren lässt. Auf der Strecke bleiben dabei Opferinteressen, Rechtssicherheit und Gerechtigkeit. Aber selbst wenn der Verfügungsrahmen Kompromisse zulässt: Eine für beide Seiten akzeptable Lösung kann es nur geben, wenn die Verhandlungen auf „Augenhöhe“ geführt werden. Macht-Ungleichgewichte schlagen hier regelmäßig auf das Ergebnis durch. Entscheidungen, die von einer unabhängigen Instanz getroffen werden, erzeugen dagegen häufig gerade für schwächere Verhandlungspartner günstigere Resultate. Hinzu kommt: Wird die zuständige Instanz selbst zum Verhandlungspartner (wie beim Deal), ist sie eben nicht unbeteiligt, sondern den gleichen Versuchungen zum Machtmissbrauch ausgesetzt wie die übrigen „Parteien“. Heraus kommen dabei nicht selten faule Kompromisse, die keines der Vergleichsziele erreichen – weil neuer Streit mit höheren Kosten droht.

Fischer hat von 2000 bis 2005 an der Bucerius Law School studiert und 2007 sein Zweites Staatsexamen gemacht. Können Sie ihm erklären, was er bis heute nicht verstanden hat? Diskutieren Sie mit und schreiben Sie unter „Geständnis“ Ihre Meinung auf der Internetseite: revision.law-school.de

ARBEITS | LEBEN

ANSICHTEN UND AUSSICHTEN

36

RE.VISION 2009

36-37 arbeitsleben.indd

36

09.11.2009

17:45:46 Uhr


COMPLIANCE CHECK Versprechen kann man viel – re.vision misst Einrichtungen und Unternehmen der Bucerius Law School an ihren eigenen Ansprüchen. Diesmal:

MATTHIAS JACOBS, VERTEIDIGUNG

Professor für Arbeitsrecht

„Der Kompromiss ist fast immer die bessere Lösung“

BUCERIUS CONFERENCE & EVENT MANAGEMENT „Dank des vielfältigen Raumangebots ist Bucerius Event in der Lage, unterschiedlichste Arten von Veranstaltungen durchzuführen. Dabei garantieren wir jederzeit einen hohen Standard in der Organisation und der Durchführung. Raum- und Dienstleistungsqualität machen die Arbeit mit Bucerius Event spannend und entspannend zugleich. Jeder kann seine individuelle Lösung finden und darauf vertrauen, ein besonderes und höchst anspruchsvolles Raumerlebnis geboten zu bekommen – ganz gleich welchen Veranstaltungsort er nutzt.“

EIGENER ANSPRUCH:

Quelle: www.bucerius-event.de

Goßlerhaus. Foto: Bucerius Law Scool.

Was kann es Besseres geben als eine Problemlösung durch freiwillige Einigung, durch beiderseitigen Verzicht auf Teile der wechselseitigen Forderungen – im Idealfall sogar im Rahmen eines Konsenses? Nur der Kompromiss als Kategorie der Konfliktlösung vermeidet die Eskalation und sichert die gegenseitige Akzeptanz, Anerkennung und Wertschätzung der streitenden Parteien. Er ist deshalb die Basis jeglichen Zusammenlebens. Beim Kompromiss gibt es weder Sieger noch Verlierer. Niemand wird gedemütigt, beide Seiten wahren ihr Gesicht. Wer verzichtet, zeigt Größe. Wer seine Interessen im konkreten Konflikt dagegen einseitig auf Kosten des anderen durchsetzt, mag sich auf kurze Sicht als Sieger fühlen. Langfristig wird er aber nicht triumphieren, sondern alles verlieren. Denn sein Erfolg ist nicht stabil. Der kluge Hesiod hatte deshalb recht: „Mehr ist die Hälfte als das Ganze.“ Diese Erkenntnis hat sich in arbeitsrechtlichen Verfahren schon lange durchgesetzt: Das Güteverfahren ermöglicht dem Arbeitsrichter, modernes „Konfliktmanagement“ zu betreiben. Das wird überaus geschätzt, wie die hohen Vergleichsquoten zeigen. Nicht umsonst wurde eine entsprechende Regelung vor einigen Jahren auch in das Zivilverfahrensrecht übernommen. Dabei ist eine gewisse Unzufriedenheit beider Konfliktparteien mit dem Ergebnis ein notwendiges Übel: Sie sichert nämlich seine Qualität. Im Grunde ist ein Kompromiss dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind. Dass ich recht habe, sieht nun sicher jeder ein. Aber ich bin natürlich kompromissbereit: In manchen Fällen mag auch der Verzicht auf den Kompromiss vorzugswürdig sein.

Maike Lütkens, Director Bucerius Event, begab sich für re.vision auf den Prüfstand. Die Fragen stellte Axel Reimann. TESTFRAGE 1: Ein Kunde möchte spontan morgen früh um 4.30 Uhr einen Stehempfang mit Fingerfood und Streichquartett im Auditorium maximum haben. Was machen Sie? „Bucerius Event freut sich, dass das Auditorium Dank der rücksichtsvollen Zeitauswahl des Kunden für den Stehempfang angeboten werden kann. Die musizierenden Studenten bieten an, die Nacht in der Bibliothek durchzuarbeiten, um pünktlich vor Ort sein zu können. Das Team des Studierendenwerks wächst bei Spontanaufträgen über sich hinaus und entwickelt sofort ein neues Muntermacher-Fingerfood-Konzept.“ TESTFRAGE 2: Bei einer von Ihnen betreuten Veranstaltung kommen gleichzeitig Law-School-Präsident Professor Karsten Schmidt, Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt und Late-Night-Talker Harald Schmidt mit dringenden Anliegen auf Sie zu. Um welchen Schmidt kümmern Sie sich zuerst? „In diesem Fall könnte das BuceriusEvent-Team eine sogenannte Eins-zu-einsSchmidteinander-Lösung anbieten: eine betreuende Event-Frau je Schmidt.“ TESTFRAGE 3: Ein Kunde schwankt für seine große Geburtstagsfeier in fünf Jahren noch zwischen drei verschiedenen Veranstaltungsorten: Elbphilharmonie, Übersee-Club und Goßlerhaus. Warum soll er sich für das Goßlerhaus entscheiden? „Weil im Goßlerhaus auch Gäste mit Höhenangst entspannt feiern können, dänische Architektur Abwechslung bietet zu britischer Lebensart und weil man auf dem Blankeneser Krähenberg sicher vor Hochwasser ist.“

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

36-37 arbeitsleben.indd

37

09.11.2009

37

17:45:47 Uhr


DONGZHEN YU, 29,

Vergleichswerte für Deutschland EINWOHNER:

CHINA

82 329 758

WÄHRUNG:

1 Euro (EUR) = 100 Cent

BIP PRO KOPF:

23 060 EUR

1 338 612 968 INTERNETANSCHLÜSSE:

ca. 274,6 pro 1000 Einwohner

200 bis 500 EUR (in Großkanzleien)

STRAFMASS FÜR MORD:

Lebenslänglicher Freiheitsentzug

TRUNKENHEIT AM STEUER:

1 Monat Fahrverbot, Bußgeld von 250 EUR (> 0,5 Promille)

COFFEE TO GO:

3,80 EUR (bei Starbucks in Hamburg)

HEMDREINIGUNG:

1,30 EUR

PORSCHE:

46 506 EUR (Boxster)

4 410 EUR

Interview und Recherche: Maren Soehring. Quellen: IWF, CIA, Bankenverband, Porsche u.a. Fotos: Privat.

ANWALTSHONORAR PRO STUNDE:

1 Renmimbi Yuan (CNY) = 0,10 EUR

10,7 pro 1000

100 bis 700 Euro (in Großkanzleien) Todesstrafe (durch Giftspritze)

Bis zu 6 Monate Führerscheinentzug, Bußgeld von 50 bis 200 Euro, 15 Tage Haft (> 0,8 Promille)

3,50 EUR (Starbucks in Shanghai)

1 EUR

74 500 EUR

Donghzen, warum macht ein Anwalt aus Shanghai ausgerechnet einen Master in Hamburg? Schon als Schüler habe ich sehr viel Karl Marx gelesen, mich mit deutscher Geschichte beschäftigt. Das Land hat mich einfach interessiert. An der Uni habe ich dann Deutsch-Kurse belegt und schon 2004 an einem Austauschprogramm der Bucerius Law School teilgenommen. Seitdem habe ich immer den Kontakt nach Deutschland gehalten, wollte dort ursprünglich auch promovieren. Aber der ehemalige Geschäftsführer der Law School hat mir bei einem Besuch in China davon abgeraten und stattdessen das neue Master of Law and Business – Joachim Herz Program empfohlen. Ein sehr guter Tipp. Sie arbeiten für eine koreanische Bank in China – was bringt Ihnen da ein Master aus Deutschland? Es gibt ja durchaus Überschneidungen. Zum Beispiel wurde das chinesische Rechtssystem zu großen Teilen aus Japan übernommen, die Japaner haben sich wiederum am deutschen Recht orientiert. Im MasterProgramm habe ich gelernt, wo ich die notwendigen Informationen finde und wie ich juristische Probleme schnell und effektiv lösen kann. Noch wichtiger waren die betriebswirtschaftlichen Grundlagen. Gerade sie kann ich jetzt in meiner täglichen Arbeit sehr gut gebrauchen. Ist Ihnen der Wechsel in die Finanzbranche schwer gefallen? Natürlich muss ich mir hier vieles neu erarbeiten. Meine Aufgabe ist es, new private equity funds so zu strukturieren, dass alles auf soliden Füßen steht. Mein Spezialgebiet ist das chinesische Commercial Law. Vor dem MLB-Programm hatte ich wenig Ahnung von Wirtschaft. Heute kann ich die verschiedenen Unternehmen besser einschätzen und beurteilen, ob sie profitabel sind. Während der Schulzeit habe ich auch gemerkt, dass eine Karriere in einem internationalen Unternehmen ohne BWL-Kenntnisse kaum möglich ist.

RODRIGO HART, 27, arbeitet in Lima für das Hamburger Traditionsunternehmen Hapag Lloyd. Im Juni 2008 hat er seine peruanische Frau in Hamburg geheiratet, die große Familienfeier fand im März diesen Jahres in der Heimat statt.

PERU

arbeitet für die koreanische Investmentbank Mirae Asset in Shanghai. Er ist verheiratet und erwartet im Januar sein erstes Kind. Sonderurlaub oder gar Elternzeit gibt es dafür in China nicht. Er hofft trotzdem, zwei Wochen frei zu bekommen.

LEGENDE

29 546 963

1 Peruanischer Sol (PEN) = 0,24 EUR

5 880 EUR 9,2 pro 1000

20 bis 130 EUR (Großkanzleien nehmen meist sehr viel höhere Fallpauschalen)

Lebenslänglicher Freiheitsentzug

4 bis 6 Jahre Gefängnis, abhängig von der Zahl der Mitfahrer (> 0,5 Promille) 2,80 EUR (Starbucks in Lima)

1,17 EUR

42 838 EUR (Basic)

MASTERS OF 38

RE.VISION 2009

38-39 mircoökonomie.indd

38

09.11.2009

17:47:19 Uhr


Rodrigo, Sie sind „Director“ bei Hapag Lloyd, haben nur noch den General Manager über sich – viel Verantwortung für einen 27-Jährigen… Der offizielle Titel ist „Business Administration and Operations Director“. Ich bin zum einen für Finanzen und Controlling zuständig, zum anderen muss ich das operative Geschäft steuern und acht Mitarbeiter führen. Das ist schon anspruchsvoll. Meist bin ich morgens um 7 Uhr im Büro, um möglichst viel zu schaffen, bevor die anderen kommen und es hektisch wird. Als Ausgleich gehe ich mountainbiken, spiele Basketball oder Squash. Gerade war ich zum ersten Mal paragliden – eine unglaubliche Erfahrung! Haben Sie Ihren Traumjob gefunden? Absolut! Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass sich dieser Traum so schnell erfüllt. Ich habe schon mein Praktikum bei Hapag Lloyd gemacht, dort auch meine Abschlussarbeit geschrieben, noch vor Ende des MLB-Programms wurde ich dann in Hamburg als Controller eingestellt und nun bin ich wieder in Peru – ich habe einfach sehr viel Glück gehabt. Und offensichtlich alles richtig gemacht... Ich habe mir schon sehr genau überlegt, welche Qualifi kationen ich brauche, um am Ende einen anspruchsvollen und gut bezahlten Job in meiner Heimat zu bekommen. Ein internationaler Abschluss und Auslandserfahrung sind ein Muss. Und da ich Jura studiert habe, brauchte ich zusätzliches Wirtschaftsfachwissen. Auch die Branche habe ich mir gezielt ausgesucht: Perus größter Wirtschaftszweig sind Minen, die Bodenschätze wie Gold und Kupfer werden exportiert – auf dem Seeweg natürlich. Reedereien bieten also gute Karrierechancen.

TANSANIA

NEEMA MWINGU, 31, arbeitet in Daressalam als Consultant bei Deloitte. Nach dem MLB-Programm in Hamburg war sie zunächst anderthalb Jahre lang bei einem Finanzberater in Düsseldorf tätig. In ihrer Freizeit tanzt sie gerne Salsa.

41 048 532

1 Tansania-Schilling (TZS) = 0,0005 EUR 950 EUR 0,6 pro 1000 50 bis 300 EUR (anerkannte Kanzlei in Daressalam) Lebenslänglicher Freiheitsentzug bis hin zu Todesstrafe

Ca. 15 EUR Bußgeld (> 0,8 Promille) 0,90 EUR (InstantCoffee; Starbucks und Bohnenkaffee gibt es nicht)

2 EUR

Keine Niederlassung (Wohlhabende importieren wegen der schlechten Straßen vor allem japanische Geländewagen)

Neema, nach drei Jahren in Deutschland sind Sie nun wieder zurück in Ihrer Heimat. Eine große Umstellung? Ja, ich bin auch nach zwei Monaten immer noch dabei mich einzuleben. Zum Glück musste ich nicht lange eine Wohnung suchen, sondern konnte ins Haus meines Bruders einziehen. Bislang versuche ich aber vergeblich, hier eine geeignete Fahrradstrecke zu finden. In Deutschland bin ich jede Woche mehrere Stunden Rad gefahren, in Daressalam ist der Verkehr absolut chaotisch, es ist einfach zu gefährlich, auf der Straße zu fahren. Dafür gibt es hier aber tolle City-Strände, wo man am Wochenende schön entspannen kann. Sie arbeiten als Consultant bei Deloitte, waren dort aber auch schon vor dem MLB beschäftigt. Hat sich der Aufwand denn für Sie gelohnt? Auf jeden Fall! Ich hatte vorher zum Beispiel wenig Ahnung von Rechtsfragen. Dabei spielen rechtliche Aspekte, zum Beispiel die Gestaltung von Verträgen, eine wichtige Rolle in meiner Arbeit. Deshalb habe ich mir auch gezielt ein Programm ausgesucht, dass Wirtschaft und Wirtschaftsrecht kombiniert. Das MLB-Programm der Bucerius Law School habe ich im Internet gefunden. Und dann hat Ihnen Deutschland so gut gefallen, dass sie gleich geblieben sind? Mein Ziel war es, einen internationalen Abschluss zu machen, aber auch internationale Arbeitserfahrung zu sammeln. Deshalb habe ich schon während des Studiums viele Bewerbungen geschrieben und dann in Düsseldorf eine Stelle gefunden. Trotzdem wollte ich zurück, die Stelle bei Deloitte passte perfekt zu meinen Qualifi kationen. Ich berate Banken und andere Unternehmen aus der Finanzbranche in Kenia und Tansania. Die Arbeit macht Spaß, nur die Arbeitszeiten sind – wie überall in der Beratung – recht intensiv. Meist fahre ich schon vor sieben ins Büro, um den schlimmsten Stau zu umgehen, gegen acht oder neun bin ich dann wieder zu Hause.

THE UNIVERSE

SIE SIND AUS ALLER WELT NACH HAMBURG GEKOMMEN UND HABEN 2007 IHREN MASTER OF LAW AND BUSINESS (MLB) GEMACHT. WAS HAT DIE REISE GEBRACHT?

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

38-39 mircoökonomie.indd

39

09.11.2009

39

11:38:51 Uhr


Master of Design and Technology. Der Audi A5 Sportback. Auf dem Weg an die Spitze ist Vorsprung im Denken gefragt. Nur so kann man täglich besser werden – im Handeln, in der Analyse und in der Strategie. Bis hin zu entscheidenden Momenten, in denen es gilt, seine Qualitäten und seine Klasse unter Beweis zu stellen. Ganz so, wie der Audi A5 Sportback*, Gewinner des Goldenen Lenkrads 2009**, es getan hat – mit der Kraft klaren Designs. Und: mit Vorsprung durch Technik. * Kraftstoffverbrauch in l/100 km: innerorts 6,5–13,5; außerorts 4,5–6,8; kombiniert 5,2-9,3; CO2-Emission in g/km: kombiniert 137–216 **Auto Bild, Ausgabe 45 vom 06.11.2009

40 Anz. Audi.indd 40 210x297_BuceriusLawSchool_GewGL_BruceriusMag_7154_39L.indd 1

13:17:30 Uhr 10.11.2009 12:21:00


MARION GRÄFIN DÖNHOFF WAR ALS HERAUSGEBERIN DER WOCHENZEITUNG „DIE ZEIT“ ENG MIT VERLEGER GERD BUCERIUS VERBUNDEN. IN BRONZE GEGOSSEN HAT SIE IN DER BUCERIUS LAW SCHOOL IHREN EHRENPLATZ, UND GLÜCKSUCHENDE STUDENTEN STREICHEN IHR VOR PRÜFUNGEN ÜBER DIE NASE. ABER WAS HÄTTE WOHL IHR KRITISCHER GEIST ZUM

Man könnte es ja als Affront verstehen, wenn man jeden Tag einige Dutzend Mal in die Nase gekniffen wird. Und ehrlich gesagt, finde ich eine gold glänzende Nase nicht gerade schmeichelhaft. Aber es freut mich sehr, dass ich für die Studenten Teil eines Rituals geworden bin. Offenbar brauchen sie für ihr JuraStudium ein wenig „übersinnlichen“ Beistand. Und welche Statue wünscht sich nicht, dass man ihr Zauberkräfte zuschreibt? Ganz am Anfang stand ich ja mitten in der – wie heißt sie noch? Ach ja: Hengeler Mueller-Bibliothek. Das war auch nicht schlecht, aber die vielen Bücher haben mich ein bisschen wehmütig gemacht. Nun bekomme ich den Flurfunk der Law School mit, weil alle Studenten auf dem Weg zur Bibliothek und zur Mensa an mir vorbeikommen. Manchmal juckt es mich im Sockel, ihnen zuzuraunen, dass sie den Kapitalismus zähmen sollen. Aber dann sind sie schon, den Namen kann ich mir wenigstens merken, in die Deutsche Bank Hall enteilt. Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht wie Gerd in der Rotunde repräsentieren muss, sondern die Welt aus meiner Nische betrachten kann. Der spannendste Moment des Jahres ist für mich, wenn sich gegenüber vor dem – wer hat sich eigentlich diese Namen ausgedacht? – Clifford Chance International Office ein aufgeregter Schwarm versammelt, weil die Liste mit den Auslandsstudienplätzen an die Tür gehängt wird: Singapur, Sydney, Buenos Aires… Oder wie wundervoll wäre es, nach Reykjavik zu gehen: die Pferde! Ich würde genauso aufgeregt nachschauen, wohin es mich und meine Freunde verschlägt… Nur manchmal frage ich mich, ob die Law School die jungen Leute nicht zu sehr verwöhnt. Dann denke ich, es hat durchaus sein Gutes, wenn man als Student auch mal gegen Behörden kämpfen,

Text: Nicholas Carraway. Foto: Odile Hain.

VERGANGENEN JAHR GESAGT?

Widerstand leisten muss. Andererseits sage ich mir: Marion, die Zeiten haben sich geändert – und das sei dieser Generation doch auch gegönnt! Über ihre Zukunft muss ich mir jedenfalls keine Sorgen machen: Die ersten Absolventen stehen bereits mitten im Berufsleben, die erste Ehrendoktorwürde wurde verliehen, der erste Habilitand hat einen Ruf erhalten – während die eigene Professorenschaft wiederholt gegen andere Universitäten verteidigt werden konnte. Die Law School wächst allmählich aus ihren Kinderschuhen heraus. Apropos Kinderschuhe: Es werden sogar schon wieder neue Experimente auf dem Campus gewagt. Die Bucerius Kita zieht bereits die Kleinsten mit zwei Sprachen, naturwissenschaftlicher Förderung und Biokost groß. So ganz weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Wenn die Kinder abgeholt werden, höre ich nur diese neumodischen Geländewagen auf den Campus fahren. Was hätten wir die auf unserem Gutshof in Preußen gut gebrauchen können! Überhaupt die Autos: Der Präsident kommt im Golf, während die Studenten im neuen, der Hochschule geschenkten Audi zum Fußballtraining fahren. Und seitdem auch recht fleißig Pfandflaschen wegbringen, wie ich gehört habe. Aber solche Spritztouren seien erlaubt, da die jungen Leute ja sonst so diszipliniert lernen, dass sie sich sogar die Nachtwächter zu ihren Freunden machen. In diesem schönen Sommer ließen sie sich tagsüber allerdings auch gerne im Liegestuhl die Sonne ins Gesicht scheinen. Sie meinen, ich sehe das nicht, aber ich hab einen guten Riecher! Mir sind auch die Whisky-Fahnen nicht entgangen, am Tag nach der US-Wahlparty. Ich freue mich ja: Endlich hat es wieder ein Mann mit Visionen ins Weiße Haus geschafft . Aber dieser Rummel! Und das war nicht einmal der Höhepunkt des Jahres: Helmut Schmidts 90. Geburtstag hat selbst noch Obama die Show gestohlen. Die Feier im Auditorium live vom NDR übertragen, mit Kissinger, von Weizsäcker, Giscard d’Estaing... Ich wär so gerne kurz mit rübergekommen! Am 2. Dezember werde ich ja selbst hundert. Wie ich meine Studenten kenne, werden sie sich etwas einfallen lassen. Eine Fernsehgala für eine Büste – das wäre doch was!

DIE GOLDENE NASE DER GRÄFIN

VOM SOCKEL AUF DAS JAHR GEBLICKT

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

41 gräfin.indd

41

09.11.2009

41

11:31:17 Uhr


DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN ZAHLEN ZUM STICHTAG

534

Eingeschrieben waren Studierende und von September bis Dezember Studierende unserer Partnerhochschulen

31.12.2008:

94 ausländische aus

88

26

Im Master of Law and Business Program studierten Ländern

46 Studierende

30

Mitte Juli bis Mitte August nahmen internationale Studierende am erstmals durchgeführten Bucerius Summer Program in International Business Law teil

152

Zum Stichtag waren Mitarbeiter beschäftigt, davon im Hochschulmanagement

201

49

An der Hochschule waren ferner Promotionsstudenten eingeschrieben, darunter , die an Lehrstühlen beschäftigt sind, und externe Doktoranden

45

156

86 Kandidaten der Bucerius Law School legten in 2008 die Erste Juristische Staatsprüfung ab, davon rund 75% mit Prädikatsexamen

569

113

2008 gingen schriftliche Bewerbungen ein, neue Studierende nahmen das Studium auf

Die Fakultät bestand aus

16 Lehrstühlen

65

wissenschaftlichen mit ca. Mitarbeitern und Assistenten,

2 Affiliate Professors, 1 Honorarprofessor, 1 Emeritus und 1 Ehrendoktor

105 Studierenden wurde der LL.B. verliehen, 25 schlossen ihre Promotion ab In diversen Rankings schnitt die Hochschule gut ab, u.a.

1. Platz in Jura im

CHE-Hochschulranking (Mai 2008), in der Jungen Karriere/Handelsblatt: im studiVZ: Platz in Jura (Oktober 2008)

1.

sind ein wichtiger Faktor für die Innovationskraft des deutschen Bildungswesens. Leider haben in der vergangenen Zeit einige private Hochschulen mit schlechten Nachrichten aufgewartet, deren Ursache häufig in finanziellen Schwierigkeiten lag. Die Bucerius Law School befindet sich hier in einer glücklichen Ausnahmesituation wie nur wenige andere private Hochschulen in Deutschland: Als forschungsorientierte Stiftungsgründung steht sie auf einem soliden wirtschaftlichen Fundament. Alleinige Gesellschafterin ist PRIVATE HOCHSCHULEN

42

2. Platz (Juni 2008),

2010

Ab dem Jahr rechnet die Bucerius Law School mit Rückflüssen aus dem Umgekehrten Generationenvertrag, der es bedürftigen Studierenden ermöglicht, ihre Studiengebühren mit Eintritt ins Berufsleben einkommensabhängig zurückzuzahlen.

die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, die die Hochschule im Jahr 2000 gegründet hat. Sie finanziert bis heute den überwiegenden Anteil des jährlichen Budgets der Hochschule. Rund ein Viertel der Einnahmen wird durch Studiengebühren erbracht, gut 15 Prozent aus Spenden, Sponsoring und unternehmerischer Tätigkeit der Hochschule. Die ZEIT-Stiftung hat zudem eine Garantie gegenüber dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg abgegeben, die die Finanzierung der Hochschule auf Dauer zusichert.

RE.VISION 2009

42-45 gfb.indd

42

09.11.2009

18:25:45 Uhr


GREMIEN ZUM 31.12.2008 Präsident der Hochschule ist Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt, Vizepräsident Prof. Dr. Axel Kämmerer. Geschäftsführer und Kanzler der Hoch schule ist Dr. Hariolf Wenzler, Prokurist ist Benedikt Landgrebe. Aufsichtsratsmitglieder sind Dr. Markus Baumanns (Vors.), Prof. Dr. Michael Göring, Dr. Henneke Lütgerath, Dr. Henning Voscherau. Mitglieder des Kuratoriums der Bucerius Law School sind Notar Dr. Henning Voscherau (Vors.), Dr. Markus Baumanns, Dr. Tessen v. Heydebreck, Prof. Dr. Michael Hoffmann-Becking, Rolf Hunck, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hein Kötz, Dr. Konstantin Mettenheimer, Dr. h.c. Volker Röhricht und Dipl.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Jürgen Weber.

UNSERE GRÖSSTEN UNTERSTÜTZER 2008/2009 Gründerin und einzige g Gesellschaft fterin • ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

PARTNER

DONATOREN

• • • • • • •

• • • • • • • • • • • •

Allen & Overy Baker & McKenzie Audi AG Claussen-Simon-Stiftung Clifford Chance CMS Hasche Sigle Gleiss Lutz Lovells LLP Sal. Oppenheim Sibeth Taylor Wessing Notar Dr. Michael Ehlke (†)

Marga und Kurt Möllgaard-Stiftung McKinsey & Company Morgan Lewis Nordhues & Cie. LLP Nörr Stiefenhofer Lutz Prinz, Günter und Carlotta Rittstieg Rechtsanwälte Ruge Krömer Rechtsanwälte Schomerus & Partner Shearman & Sterling LLP White & Case LLP Wilmer Hale Wübben, Dr. Walter Wülfing Zeuner Rechel – WZR Group

Deutsche Bank AG Joachim Herz Stiftung Commerzbank-Stiftung UBS Deutschland AG Freshfields Bruckhaus Deringer Hengeler Mueller Linklaters

BETEILIGUNGSVERHÄLTNISSE Die Bucerius Law School ist alleinige Gesellschafterin der Bucerius Education GmbH, Geschäftsführerin ist Dr. Nina Smidt. Die Bucerius Law School hält 60% an der Bucerius WHU Master of Law and Business gGmbH, Geschäftsführer ist Dr. Hariolf Wenzler.

MITGLIEDSCHAFTEN Die Bucerius Law School ist Mitglied der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, des Deutschen Juristenfakultätentages, der European Law Faculties Association (ELFA), der International Association of Law Schools (IALS), der Association of Transnational Law Schools (ATLAS) sowie assoziiertes Mitglied des Center for Transnational Legal Studies in London (CTLS), der American Bar Association (ABA) und der China Europe School of Law in Beijing (CESL).

FÖRDERER • • • • • • • • • • • • • •

Beiten Burkhardt Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP Commerzbank AG Deloitte & Touche GmbH Deutsche Lufthansa AG ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG Funk Gruppe GmbH Generali Versicherung AG Graf von Westphalen Harmsen Utescher Heuking Kühn Lüer Wojtek Hunck, Rolf und Sigrid Huth Dietrich Hahn Latham & Watkins LLP

• • • • • • • • • • • • •

FACTS & FIGURES

GESCHÄFTSBERICHT DER BUCERIUS LAW SCHOOL GEMEINNÜTZIGE GMBH FÜR 2008 BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

42-45 gfb.indd

43

09.11.2009

43

18:24:44 Uhr


BILANZ AKTIVA

A. I. II. III.

31.12.2008 EUR

ANLAGEVERMÖGEN Immaterielle Vermögensgegenstände

335.190,00

386.267,00

Sachanlagen

1.755.454,00

1.899.273,25

Finanzanlagen*

4.534.069,00 , 6.624.713,0

B. I. II. III. C.

Vorjahr EUR

264.000,00 , 2.549.540,25 ,

UMLAUFVERMÖGEN Waren Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände davon Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht: EUR 196.519,96 (Vorjahr: TEUR 323) Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten

25.582,02

29.108,79

1.215.646,69

4.839.877,46

799.991,45 ,

RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN

2.041.220,16

82.610,26 , 4.951.596,51 ,

61.766,33 , 8.727.699,49

50.685,81 , 7.551.822,57

*überwiegend Forderungen aus UGV (seit 2008), bis 2007 unter Forderungen (B. II.) ausgewiesen.

PASSIVA

A. I. II. III. B. C.

Stammkapital

1.500.000,00

1.500.000,00

Gewinnvortrag

3.568.354,32

2.162.039,43

Jahresüberschuss

6.045.085,24

1.406.314,89 , 5.068.354,32 ,

RÜCKSTELLUNGEN

1.164.560,93

859.710,01

VERBINDLICHKEITEN

1.490.616,62

1.620.633,64

976.730,92 ,

27.436,70 , 8.727.699,49

3.124,60 , 7.551.822,57

davon mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr

390.616,62

davon mit einer Restlaufzeit von über fünf Jahren

1.100.000,00

davon Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht

44

Vorjahr EUR

EIGENKAPITAL

davon aus Steuern

D.

31.12.2008 EUR

RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN

143.839,83 1.100.000,00

RE.VISION 2009

42-45 gfb.indd

44

09.11.2009

18:39:01 Uhr


JAHRESABSCHLUSS FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR VOM 1. JANUAR BIS ZUM 31. DEZEMBER 2008 GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG 2008 EUR

1.

2.

Rohergebnis davon Zuwendungen ZEIT-Stifung davon Studiengebühren davon Spenden/Sponsoring davon sonstige Einnahmen

14.388.237,54 8.300.000,00 3.117.486,09 1.617.501,10 1.052.960,53

14.362.699,35

Personalaufwand

a) Löhne und Gehälter b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung - davon für Altersversorgung: EUR 368.258,48 (Vorjahr: TEUR 214)

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Vorjahr EUR

6.362.893,18

6.061.447,21

1.342.630,07

1.179.164,49 7.705.523,25

Abschreibungen

453.363,56

569.005,82

Sonstige betriebliche Aufwendungen

5.241.084,28

5.102.942,12

Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

38.513,57

27.336,59

Abschreibungen auf Finanzanlagen

6.270,00

0,00

Zinsen und ähnliche Aufwendungen

0,00 ,

0,39 ,

1.020.510,02

1.477.475,91

43.490,00

65.559,00

289,10 ,

5.602,02 ,

976.730,92 ,

1.406.314,89 ,

ERGEBNIS DER GEWÖHNLICHEN GESCHÄFTSTÄTIGKEIT Steuern vom Einkommen und vom Ertrag Sonstige Steuern JAHRESÜBERSCHUSS

AUSGABEN

EINNAHMEN

56,0% 3,3% 3%

59%

Personalaufwand

ZEIT-Stifung

Abschreibungen en

7%

sonstige Einnahmen me

11%

Spenden den / Sponsoring S

40,7%

Sachaufwand

22%

Studiengebühren

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

42-45 gfb.indd

45

09.11.2009

45

15:27:49 Uhr


46

Herr Voscherau, wenn Sie sich auf dem Gelände umschauen – hätten Sie hier auch gerne studiert? Schwer zu sagen. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät in Hamburg war Anfang der Sechzigerjahre auch eine heile Welt – von den bräunlichen Vergangenheiten mancher Professoren wussten wir ja nichts. Für uns war entscheidend: Was haben die Lehrenden drauf? Und das war eine ganze Menge. Und wie hoch war der Lernstress? Sagen wir mal so: Das waren idyllische Zeiten in unserem kleinen Fachbereich. Im Sommer waren viele schon mittags am Timmendorfer Strand und badeten in der Ostsee. Es gab allerdings beklagenswert wenige weibliche Studierende, weshalb wir oft am Pädagogischen Institut zu finden waren – denn die Lehramtsstudentinnen waren zahlreich. Das klingt wirklich recht entspannt… Ja, nur ich war leider nicht entspannt. Mein Vater war gerade gestorben, wir hatten kein Geld, ich also auch keine Zeit zu verlieren. Nach sieben Semestern habe ich mich zum Examen gemeldet. Viele meiner Kommilitonen konnten dagegen ein Sommersemester in Lausanne einlegen, sind ein Wintersemester in Innsbruck Ski gefahren oder haben vier Semester nichts getan. Am Ende trafen sich dann alle beim Repetitor und holten den verpassten Stoff wieder rein, oder auch nicht. Tun Ihnen die heutigen Studenten da nicht manchmal leid? Nicht, weil sie viel arbeiten müssen. Sondern weil es diese Generation im Berufsleben schwerer haben wird. So zynisch es klingt: Nach dem Krieg gab es eine zerschossene Generation und dadurch stand den Jüngeren alles offen. Heute gibt es uns davor, und wir sind sehr zahlreich. Die jungen Leute haben es schwerer, ihren Platz zu finden. Außerdem ist fraglich, ob wir Europäer unseren Wissensvorsprung und damit unseren Lebensstandard halten können.

Und worum beneiden Sie diese Generation? Sie ist lockerer, selbstbewusster, als wir das waren. Viele, auch ich, waren verklemmt, mussten sich erst freischwimmen, und die Welt war enger als heute. Wir waren damals nirgends willkommen und wurden überall misstrauisch beäugt. Man trug die Last der Hitler-Verbrechen. Die heutigen Studenten sind überall im Ausland willkommen, es kommt nur darauf an, wie sie sich selbst verhalten. Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert? So albern es klingt: aus Neigung. Ich habe zuerst Volkswirtschaft studiert, unter anderem beim späteren Wirtschafts- und Finanzminister Karl Schiller, und da habe ich mich auch mit bürgerlichem Recht und Wirtschaftsrecht beschäftigt. Nach zwei Semestern war mir klar: Das ist es, was ich will. Also habe ich umgesattelt auf Jura. Mit 25 Jahren sind Sie in die SPD eingetreten – weil Sie eine politische Karriere im Blick hatten? Nein, das war eine sentimentale Entscheidung. Weil alle meine Vorfahren bis zurück zu meinem mütterlichen Urgroßvater seit 1875 Aktivisten der Arbeiterbewegung waren. Mein Onkel, mein Vater und mein Großvater waren von den Nazis verfolgt worden. Nachdem alle gestorben waren, fühlte ich mich verpflichtet, das fortzusetzen. Ich wollte nie Politiker werden, nur ein Bekenntnis ablegen. Und heute setzen ausgerechnet Sie als SPD-Politiker sich für eine Hochschule ein, die viele auch „EliteHochschule“ nennen… Sozialdemokratische Politik, richtig verstanden, heißt ja nicht, dass man für die Absenkung des Niveaus ist, bis alle mitkommen. Sondern es heißt, in einem offenen Bildungssystem jedem nach seinem Können, seiner Begabung jegliche Förderung zukommen zu lassen. Damit er es nach oben schaffen kann, bis er Elite ist: Leistungselite – nicht Geburtselite! Alles andere wäre eine Pervertierung der Arbeiterbewegung, der unterdrückten Bildungselite der Arbeiterschaft. Ihr Vater war Finanzbeamter und später Schauspieler. Muss man in der Politik auch Schauspieltalent haben? Es ist jedenfalls nicht schädlich. Denken Sie nur an so einen starken Mann wie Helmut Schmidt: Er schimpft immer über die sogenannten Medienkanzler, aber er war selber auch einer. Diese schneidenden Auftritte im Bundestag – das ist Talent. Wann mussten Sie Ihr Schauspieltalent einsetzen?

Interview: Thomas Röbke und Alexandra Werdes. Fotos: Odile Hain.

„Die junge Generation ist lockerer. Wir waren verklemmt, die Welt war enger als heute.“

Mit einer halben Stunde Verspätung eilt er über den Campus und breitet vor der hell erleuchteten Bibliothek die Arme aus: »Da rauchen die Köpfe.« Der Hamburger Ex-Bürgermeister kramt in seinen Taschen, um seinen eigenen Bibliotheksausweis zu präsentieren, findet ihn aber nicht. In der Coffee Lounge nimmt Voscherau einen Kaffee „schwarz, ohne alles“ und einen Schokokuss

RE.VISION 2009

46-48coffee lounge.indd

46

09.11.2009

11:14:46 Uhr


IN HENNING VOSCHERAU, 68 ,

sehen viele den Hanseaten par excellence. Als promovierter Jurist schlug er in seiner Heimatstadt eine konsequente politische Laufbahn ein: 1966 wurde er Mitglied der SPD, acht Jahre später saß er in der Hamburgischen Bürgerschaft, nach weiteren acht Jahren stieg er zum Fraktionschef auf und wurde 1988 zum Ersten Bürgermeister gewählt – mit absoluter Mehrheit. Als er diese 1997 verlor, verzichtete er aufs Regieren und arbeitet seitdem wieder als Notar. Voscherau war an der Gründung der Bucerius Law School beteiligt und sitzt heute in ihrem Kuratorium und Aufsichtsrat.

HENNING VOSCHERAU

IN DER COFFEE LOUNGE MIT

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN

46-48coffee lounge.indd

47

09.11.2009

47

11:14:50 Uhr


„Ich habe 2007 Nein gesagt zu dem verlogenen Ansinnen, dass sich da einige hinter meinem Namen vor der Wut der Basis verstecken wollten.“ 48

Je eher man mit einer Position in der Defensive ist, desto wichtiger ist es, noch überzeugender aufzutreten. Und das setzt voraus, dass man knappe Argumente sehr überzeugend rüberbringt. Klingt so, als sei das Jura-Studium auch ganz nützlich gewesen. Brauchen wir mehr Juristen in der Politik? Mein Freund Helmut Schmidt scherzt immer, alle Juristen sollte man erschießen; das spricht eher nicht dafür. Was man tatsächlich nicht braucht, sind diese kleinkarierten, das Ganze aus dem Auge verlierenden Paragrafenhengste. Aber wir brauchen Juristen, die das große ganze und die Gerechtigkeit im Blick haben und dafür klare Regeln schaffen. Was würden Sie Studenten raten, die überlegen, politisch aktiv zu werden? Auf die Frage „Wie nütze ich meinem Gemeinwesen?“ gibt es nur eine Antwort: Unbedingt einsteigen! Allerdings ist der Kampf um den Aufstieg eine Schlangengrube. Jeder möge sich prüfen, ob er vielleicht zu empfindsam ist, zu dünnhäutig, um mit den Widrigkeiten klarzukommen. Und ob er glaubt, im Zuge des weiteren Erwachsenwerdens diese Dünnhäutigkeit überwinden zu können. Ich war anfangs sehr dünnhäutig. Was war politisch Ihre aufregendste Zeit? Die Wiedervereinigung. Im Auge des Taifuns, aber mit dem Blickwinkel von unten, aus der kommunalen Ebene. Das war sehr, sehr aufregend. Gerade als Notar, der viele Folgen für die Praxis besser beurteilen konnte als die Staatssekretäre im Bundesministerium. Rückgabe statt Entschädigung – das war von Anfang an Wahnsinn. Ich hätte gerne selbst an der Expertenkommission teilgenommen, die Wolfgang Schäuble damals als Innenminister leiten sollte. Aber der rief mich an: „Sie wissen, dass ich Sie nicht akzeptieren kann: Wenn Sie dabei sind, ist das nicht mehr meine, sondern unsere Kommission.“ Kein Scherz! Das muss einen doch wahnsinnig machen, wenn juristischer Sachverstand dem politischen Kalkül nachgeben muss… Natürlich. Aber ich bin in Bonn vielfach aufgelaufen. Bundeskanzler Kohl war übermächtig, keiner hatte den Mumm, den Mund aufzumachen. Argumente interessierten nicht, es wurde gemacht, was er wollte. Es ist schwer, sich würdig aus der Politik zu verabschieden. Kohl hat so oft kandidiert, bis er abgewählt wurde. Sie sind 1997 zurückgetreten, um nicht mit den Grünen koalieren zu müssen…

Naja, ich hatte ja Glück: Ich sollte gar nicht zurücktreten, habe mich aber aus innerparteilichen Gründen in Zusammenhang mit Rot-Grün entschieden, dass ich nicht zur Verfügung stehe. Insofern habe ich keinen Anlass zu hadern mit dem Abgang. Haben Sie Ihren Schritt wirklich nie bereut? In Wahrheit bedaure ich es bis heute. Weil es ja eine Sucht ist: Wenn man seine Sache gut macht, die Leute einen mögen und man diese Gestaltungsmöglichkeiten hat, dann gibt man das nicht freiwillig auf. Aber bereut habe ich diesen Schritt nie. Die Grünen, die bis ’97 dreimal gegen mich verloren hatten, wären zwanghaft auf mich losgegangen. Ich hätte einen viel schlechteren Koalitionsvertrag bekommen als mein Nachfolger Ortwin Runde. Bei jeder kontroversen Sachfrage hätten sich die Grünen und die Linken in der SPD hinter meinem Rücken geeinigt. Der einzige, der in den Koalitionsausschuss gegangen wäre und keine Ahnung gehabt hätte, dass das Ergebnis bereits verabredet wurde, wäre der Bürgermeister gewesen, nämlich ich. Das wusste ich ganz genau. In Sachen Rot-Grün waren die Linken in der SPD damals illoyal, die hätten hemmungslos hinter meinem Rücken verhandelt. Und denken Sie manchmal: »Wenn ich noch Bürgermeister wäre, dann…« Ja, natürlich. Wenn ich noch Bürgermeister wäre, würde die U4 nicht teuer in der Hafencity verbuddelt, sondern es gäbe eine Hochbahn als maritimes Schaufenster. Es gäbe einen höheren Wohnungsanteil in der Hafencity. Ich hätte das Operngrundstück in der Innenstadt verkauft und eine nigelnagelneue Oper am anderen Ende der Hafencity gebaut. Einen spektakulären Kulturtempel, der vielseitiger wäre als der Konzertsaal Elbphilharmonie. Denn seit Herr Pavarotti tot ist, gibt es keinen Sänger im klassischen Bereich, der sie füllen könnte. Sie haben offensichtlich noch Ideen für die Stadt. Trotzdem: Als Sie von Ihrer Partei zurückgerufen wurden in die aktive Politik, haben Sie sehr entschieden Nein gesagt. Warum? Das hatte eine Vorgeschichte. Ich habe ja nicht Nein gesagt zu der Aufgabe, die Stadt noch einmal zu gewinnen und sie zu gestalten. Ich habe nur Nein gesagt zu dem verlogenen Ansinnen, dass sich da einige hinter meinem Namen vor der Wut der Basis verstecken wollten, als 2007 bei der Wahl des Spitzenkandidaten eine Urne voll Stimmzettel geklaut worden war. Die wollten nicht, dass

RE.VISION 2009

46-48coffee lounge.indd

48

09.11.2009

11:14:56 Uhr


ich noch mal Bürgermeister werde, die wollten nur, dass ich ihnen politisch das Leben rette. Und wenn die SPD Sie bei der nächsten Wahl noch mal freundlich fragen würde? Es wird nicht freundlich gefragt. Ich hatte beim letzten Mal dem Landesvorstand angeboten: Wenn ihr glaubt, mit mir wären die Chancen deutlich größer, dann schlagt mich doch mal vor. Das hatte ein mehrmonatiges öffentliches Mobbing zur Folge. Die werden nicht fragen, also mache ich mir keine Gedanken. Voscherau wendet sich vorsichtshalber aus dem Blickwinkel der Kamera, um von seinem Schokokuss abzubeißen.

Warum tragen Sie den Ehering eigentlich links? Das kann ich Ihnen genau sagen. Als ich im Juli 1988 gewählt war, sagte mein Vorvorgänger Hans-Ulrich Klose zu mir: Henning, beim Neujahrsempfang wirst du im Turmsaal des Rathauses stehen und in der wunderbaren Demokratietradition dieses offenen Hauses Tausende von Händen schütteln. Ich gebe dir einen guten Rat: Nimm den Ring ab! Aber ich habe das vergessen, bis es plötzlich sehr weh tat und ich froh war, den Ring gerade noch abzukriegen. Seitdem ist er da. Und auch bei der vielen Schreiberei heute sitzt der Ring besser links. Nach so einem Amt – kann man da ganz normal ins Glied der einfachen Notare zurücktreten? Das kann man. Viele Mandanten kommen doch sicher zu Ihnen, weil sie vom Altbürgermeister betreut werden möchten… Im Gegenteil. Vielen fällt der Unterkiefer runter, dass ich wirklich da bin. Die fragen: „Was, so kleine Sachen machen Sie selbst?“ Mache ich! Grundstückskaufverträge, Grundschulden, Schenkungen, Dienstbarkeiten, Wohnrechte, Gesellschaftsrecht, alles. Von morgens um neun bis abends um zehn. Und was finden Sie am spannendsten? So wie ich gestrickt bin, hängt das nicht am Rechtsgebiet. Man muss sich für die Menschen interessieren und für ihre Probleme! Man braucht eine prognostische Fantasie, um vorwegnehmen zu können, welche Probleme sich entwickeln könnten, und dagegen eine Firewall zu bauen. Wie verschaffen Sie sich einen Ausgleich zur Juristerei? Hockey! Ich war 30 Jahre aktiv und gehörte zu denen, die es richtig gut konnten. Auf Empfängen erlebe ich immer wieder, wie sich meine ehemaligen Gegner gegenüber Journalisten damit hervortun, wo sie überall blaue Flecken von mir hatten – anstatt mal wieder gegen mich zu spielen!

TERMINE 2010

3. März

• ABSOLVENTENMESSE

6. März • VERLEIHUNG DES BACHELOR OF LAWS (LL.B.) • HOCHSCHULBALL

26. März • EHRENDINNER DER ZEIT-STIFTUNG UND DER BUCERIUS LAW SCHOOL

15. Mai • BEWERBUNGSCHLUSS FÜR DAS LL.B.-PROGRAMM

8. bis 10. Juli • AUSWAHLVERFAHREN FÜR DAS LL.B.-PROGRAMM

31. August • GRADUATION CEREMONY BUCERIUS/ WHU MASTER OF • LAW AND BUSINESS – JOACHIM HERZ PROGRAM

im September • STIFTERTAG

13. September • STUDIENBEGINN FÜR DEN NEUEN LL.B.- JAHRGANG

24. bis 26. September • BUCERIUS INTERNATIONAL ALUMNI-REUNION

27. September • BEGINN DES HERBSTTRIMESTERS

1. Oktober • AKADEMISCHE FEIER • ERSCHEINUNGSTERMIN RE.VISION 2010

IMPRESSUM

Benedikt Landgrebe, Leitung Hochschulkommunikation Bucerius Law School (V.i.S.d.P.)

Sirkka Jendis Firmengruppe APPL kuncke druck GmbH, Kornkamp 24 22926 Ahrensburg AUSGABE Nr. 1, November 2009 AUFLAGE 5 000 ERSCHEINUNGSWEISE Jährlich

REDAKTIONSLEITUNG

KONTAKT

Alexandra Werdes ART DIRECTION Kai Kullen FOTOGRAFIE Odile Hain KORREKTORAT Anke Brodmerkel ANZEIGEN Martina Plieger HERSTELLUNG Wolfgang Wagener (verantw.), Pascal Struckmann

Bucerius Law School re.vision – Bucerius Law School Magazin Jungiusstr. 6, 20355 Hamburg BUCERIUS BUCERIUS LAW SCHOOL LAW SCHOOL MAGAZINE MAGAZINE 2009 re.vision@law-school.de Tel. 040 – 30706-0

HERAUSGEBER

Bucerius Law School – Hochschule für Rechtswissenschaft VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT

46-49coffee lounge.indd

49

OBJEKTLEITUNG DRUCK

09.11.2009

4949

17:57:20 Uhr


Protokoll: Jenny Niederstadt. Foto: Odile Hain.

Mit 27 sollte ich meine erste Verhandlung leiten, ganz allein – davor hatte ich immer einen älteren Richter an der Seite, als Rückendeckung. Ich betrat den Saal und bemerkte sofort, dass ich der Jüngste im Raum war. Die Anwälte, der Kläger, der Beklagte, die Schreibkraft – alle waren älter als ich. Ich hatte es so erwartet, trotzdem war es ein kleiner Schock. Ich hatte nur meinen Tisch und meine Robe als Barriere zu ihnen. Aber mit meiner Robe kam ich mir eher verkleidet vor. Und ich war unsicher, ob ich alles richtig machen würde. Der Anspruch kam mir auf einmal so hoch vor: Ich soll jetzt klären, was richtig ist, wer recht hat? Den Fall kannte ich nur aus der Akte: eine Räumungsklage, der Mieter hatte nicht gezahlt. Dann, in der Verhandlung, war die Begegnung mit dem Menschen hinter der Akte bewegend. Der Beklagte hat mir eindringlich klargemacht, dass er nicht weiß, wo er hin soll, wenn er seine Wohnung verliert. Doch er hatte die schlechteren Karten: Er musste raus. Und ich musste ihm auch noch erklären, dass es in seinem eigenen Interesse ist, das so zu akzeptieren – sonst hätte er höhere Verfahrenskosten zahlen müssen. In dieser Situation fühlte ich mich überfordert, auch gegenüber den erfahrenen Kollegen im Raum. Ich wusste nicht, ob sie mich und meine Leitung anerkennen. Und da ist etwas sehr Schönes passiert: Ich blickte zufällig auf den Bildschirm der Protokollkraft neben mir, eine ältere, sehr erfahrene Frau. Und sie tippte: „Sie machen das sehr gut!“ Das hat mir Mut gemacht.

NATÜRLICH HATTE ICH LAMPENFIEBER.

In den folgenden Verhandlungen blieb die Unsicherheit trotzdem erst einmal. Erst über Wochen und Monate trainiert man sich die nötige Selbstsicherheit und eine gewisse Autorität an. Das Studium kann einem die Sicherheit nur auf fachlicher Ebene geben. Auf die reale Situation aber kann man sich nicht vorbereiten, denke ich, man kann diese Konfrontation auch nicht üben. Es ist nun mal ein Sprung ins kalte Wasser. Natürlich ist man da überfordert. Aber man darf dem Gefühl der Überforderung nicht verfallen. Das Recht erschließt sich einem und weist einem den Weg. Heute fühle ich mich respektiert und akzeptiert. Ich habe gelernt, allein durch mein Auftreten zu zeigen, dass ich derjenige bin, der im Saal das Sagen hat. Die Robe schafft da eine gewisse Distanz, das finde ich wichtig, auch für mich selbst. Schließlich trägt man doch eine große Verantwortung! Aber dieses Wissen kann ich mittlerweile im Gericht lassen und nehme es gedanklich nicht mit nach Hause. Das war bei meiner ersten Verhandlung, der Räumungsklage, anders. Sie ging mir sehr nahe. Es war Winter und ich wusste nicht, ob der Beklagte noch rechtzeitig eine Bleibe gefunden hatte oder jetzt auf der Straße lebte. Das empfand ich gerade am Wochenende, wenn ich im Warmen und Trockenen saß, als sehr belastend. Auch jetzt, zwei Jahre später, bin ich mir immer noch sehr bewusst darüber, was ich da mache. Dass ich über Schicksale entscheide. Meine Sinne hat dieser erste Tag als Richter jedenfalls geschärft. Das gibt Demut. Und die gehört dazu.

Als Absolvent des Gründungsjahrgangs 2000 war Malte Thies der Erste, der aus der Bucerius Law School ins Berufsleben entlassen wurde.

UND, WIE WAR ICH?

MALTE THIES ÜBER SEINE PREMIERE ALS RICHTER

50

RE.VISION 2009

50 wie war ich.indd

50

09.11.2009

17:58:18 Uhr


Ich will, dass mein Vermögensberater gute Verbindungen hat. Vor allem zu mir.

Sie wollen einen Vermögensberater, der nie vergisst, dass die wichtigste finanzielle Verbindung die Verbindung zu Ihnen ist. Der versteht, dass Ihre finanzielle Situation einzigartig ist. Jemand, der weiß, dass die wichtigsten Dinge im Leben nie in einer Bilanz zu finden sind. Denn nur ein tiefgreifendes Verständnis Ihrer Wünsche kann Ihnen die finanziellen Lösungen bieten, die Sie brauchen. Bei UBS Wealth Management sehen wir uns seit jeher in der Pflicht, genau diese Art von Beziehung zu jedem unserer Kunden zu pflegen. Eine Beziehung, gestützt durch mehr als 140 Jahre Erfahrung und die Kompetenz, die wir uns in 50 Ländern rund um die Welt erworben haben.

UBS in Deutschland – 15-mal in Ihrer Nähe: Bad Homburg, Berlin, Bielefeld, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Nürnberg, Rosenheim, Stuttgart, Wiesbaden. www.ubs.com/deutschland

UBS ist ein weltweit führender Finanzdienstleister. Zu unserem Angebot gehören: Wealth Management für Privatkunden, Asset Management und Investment Banking für Unternehmen und institutionelle Anleger. Mit Hauptsitz in der Schweiz ist UBS weltweit in über 50 Ländern und allen wichtigen Finanzzentren tätig. © UBS 2009. Alle Rechte vorbehalten.

51 Anz. UBS.indd

51

09.11.2009

11:25:05 Uhr


vision 01 titel - u4.indd

Abs1:2

re 09.11.2009

20:48:26 Uhr


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.