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So kommt die Botschaft wirklich an

RHETORIK. Eine solide Präsentation fängt ganz vorne an: Bei der Persönlichkeit des Vortragenden. Kommunikations-Trainer und Schauspieler Thomas Lackner verrät Tipps und Tricks, wie es gelingt, dass die Botschaften beim Empfänger ankommen und aus einer mittelmäßigen Präsentation ein herausragender Auftritt wird. Vor großem, überschaubarem oder exklusivem Publikum.

Das Bildungsconsulting der WK Tirol befasst sich unter anderem mit Beratung und Coaching zu den Themen Bewerbung und Karriere . „Erfolgreiches Präsentieren ist eine Fähigkeit, die in verschiedenen beruflichen Situationen gefragt ist . Im Bewerbungsgespräch, bei der Leitung von Projekten oder der Präsentation von Produkten und Dienstleitungen vor Kunden – stets kommt es darauf an, dass ein bestimmter Inhalt möglichst vollständig beim Empfänger ankommt“, erklärt der Leiter des Bildungsconsultings, Wolfgang Sparer . Das will, wie alles andere auch, gelernt sein . Deswegen berät und coacht das Bildungsconsulting mit eigenen Experten und engagiert Profis wie Thomas Lackner, der sich auf den Bereich Stimme, Sprechtechnik, Präsenz und Präsentation spezialisiert hat . Am WIFI Tirol leitet er die Stimmakademie .

Meist werden der Inhalt eines Vortrages oder technische Gimmicks als wesentliche Bestandteile eines erfolgreichen Auftrittes betrachtet . Doch eine Studie von Albert Mehrabian zeigt, dass 55 Prozent der Wirkung einer Präsentation durch die Körpersprache bestimmt wird, 38 Prozent durch die Stimmlage und der Inhalt nur zu sieben Prozent für den Erfolg eines Vortrages verantwortlich ist . Selbst wenn die genauen Prozentsätze umstritten sind – es zeigt deutlich die Tendenz, worauf es wirklich ankommt . Genau hier fängt Thomas Lackner an . Es beginnt ganz vorne – bei der Persönlichkeit des Vortragenden selbst . Mit jenen Schritten, die sonst immer ausgelassen, vergessen oder verdrängt werden . „Agiles Präsentieren setzt bei der Person des Redners an . Und schafft in einem ersten Schritt Klarheit darüber, in welcher Rolle dieser sich in einer konkreten Vortragssituation überhaupt befindet. Das ist wichtig, um die passende Zugangsweise zu finden“, erklärt Lackner. In der Folge geht es um die Nutzung der körpereigenen Instrumente . Und erst am Schluss steht die Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Inhalt .

1. Am Anfang ist die Rolle Schon Arthur Schnitzler sagte: „Wir spielen immer – und wer es weiß, ist klug .“ Jeder von uns schlüpft im Alltag laufend in verschiedene Rollen – etwa als Chef, Mitarbeiter, Partner oder Elternteil – und verhält sich jeweils anders . Auch am Theater gilt es, seine Rolle zu erarbeiten. In der selben Situation befindet sich ein Vortragender: „Wir müssen uns die Frage stellen, welche Rolle zum jeweiligen Anlass und Publikum passt“, erklärt Thomas Lackner . Es macht einen großen Unterschied, ob ein Vortrag im engen Kollegenkreis, auf einem Kongress oder vor Kunden erfolgt . Je nach Situation ändern sich die Gewichtung der Botschaften und die Inhalte, die Dramaturgie der Inszenierung und natürlich auch die Rolle . „Im Zentrum stehen folgende Überlegungen: Soll mein Auftritt motivierend und mitreißend wirken? Oder rein sachlich und informativ sein? Spreche ich vor einem Laienpublikum oder vor Experten auf Augenhöhe? Diese Fragen muss ich beantworten, bevor ich überhaupt daran gehe, die Rolle zu definieren“, betont Lackner .

Für die Arbeit an der Rolle gilt es, mehrere Facetten zu erarbeiten . Am Anfang steht die Herstellung eines persönlichen Bezugs zum Thema . Danach werden die Eigenschaften definiert, welche eine bestimmte Rolle erfordert. Das Hineinfinden in die Rolle hat nichts mit Selbstverleugnung zu tun – im Gegenteil: „Es handelt sich immer um eine bestimmte Persönlichkeit, die auf eine Rolle trifft . Es geht nicht darum, sich zu verbiegen oder zu verstellen . Eine introvertierte Persönlichkeit wird die Rolle des Experten anders erfüllen als der extrovertierte Entertainertyp – aber beide sind Experten und strahlen in ihrem unterschiedlichen Rollenverständnis Selbstsicherheit und Kompetenz aus“, so Lackner . Der eine wird durch Ruhe und Ernsthaftigkeit bestechen; der andere wird als sehr lebhaft und unterhaltend wahrgenommen . Das heißt: Beide lassen ihre Stärken und ihre Haltung zum Thema einfließen und bleiben dadurch grundsätzlich sie bei sich und werden als authentisch wahrgenommen . Hat man sich eine Rolle einmal erarbeitet, kann man mithilfe kleiner Vorbereitungen im Vorfeld des Auftritts immer wieder in sie hineinschlüpfen . Dann ist es bei wechselndem Anlass oder Zielpublikum auch möglich, Abwandlungen und Gewichtungen vorzunehmen .

Die Instrumente, die eine Rolle sichtbar und hörbar werden lassen, sind Körper und Stimme . Auch Redner müssen lernen, wie man mit diesen Instrumenten spielt und sie für wichtige Auftritte vorbereitet . 2. Die Instrumente zum Klingen bringen Sind Persönlichkeit und Rolle „gestimmt“, geht es nun darum, die eigentlichen Instrumente zum Klingen zu bringen . Jedem Redner stehen folgende Zugänge zu seinen Instrumenten zur Verfügung: Arbeit am Körper, am Atem, an der Stimme oder am Sprechen .

Jede Bühnensituation stellt eine Herausforderung dar, da uns unsere eigenen Evolutionsmuster im Weg stehen . Ganz tief in uns drinnen steckt immer noch, dass eine Gruppe fremder Artgenossen zunächst eine Bedrohung darstellt . Wir wechseln blitzartig in den Kampf- oder Fluchtmodus oder stellen uns tot . Alle drei Grundmuster sind das Gegenteil dessen, was einen guten Redner auszeichnet . „Der Körper sinkt zusammen, Knie und Hände zittern, der Mund wird trocken – das erschwert deutliches Sprechen . Darüber hinaus lassen wir uns hinreißen, durch den Vortrag zu rasen, wechseln ständig das Standbein oder tigern durch den Raum“, beschreibt Lackner die gängigsten Symptome .

Lackner betont, dass diese in uns verankerten Reaktionen nicht nur ausgelöst werden, wenn wir vor einem prallvollen Kongresssaal sprechen, sondern jede Bühnensituation betreffen: „Selbst ein Mitarbeitergespräch ist in gewisser Weise eine Art Bühnensituation . Ich möchte etwas erreichen, meine inneren Kritiker sind meine Zuschauer, vor denen ich auf der Bühne meiner Selbstbeobachtung stehe . Mit der Folge, dass derselbe Stressmechanismus in Gang kommt wie bei einem Vortrag auf großer Bühne .“

Was ist zu tun? Bewusstes Wahrnehmen und Training können die nötige Lockerheit und Freiheit wieder herstellen . „Die Qualität unserer Kommunikation beruht zunächst auf dem Zustand unserer Muskulatur . Wenn diese zu sehr angespannt ist, können Begeisterung und Offenheit nicht nach außen übertragen werden“, so Lackner . Für den Körper bedeutet das: eine möglichst „natürliche“, also aufrechte und präsente Haltung einzunehmen und diese Lockerheit auch auf Gestik und Mimik zu übertragen . „Um das zu trainieren, gibt es eine Reihe von bewährten Übungen, die Schritt für Schritt zu größerer Freiheit im Vortrag führen“, erläutert Thomas Lackner .

Das gilt auch für die nächste Grundlage eines gelungenen Vortrags – den Atem . Der HauptAtemmuskel, das Zwerchfell, ist der Träger der Stimme und die Quelle der stimmlichen Kraft . „Ob der für das öffentliche Sprechen wichtige und notwendige Atemreflex funktioniert, ob der Atem meinen Gedanken folgen kann, ist abhängig von der Flexibilität meiner Muskulatur in Bauch- und Beckenraum . Stockt der Atem, wird die Stimme leise, verkrampft oder schrill“, so Lackner . Ein im wahrsten Sinne des Wortes wohl-gespannter und damit bereiter Körper überträgt sich auch auf die Stimme und lässt sie frei und lebendig klingen . „Da die Stimme hauptsächlich Träger unserer Emotionen ist, hängt es von ihr ab, wie und ob wir als emotional ausdrucksstark wahrgenommen werden . Und das ist extrem wichtig, denn Botschaften kommen nur in dem Ausmaß an, in dem sie emotional verpackt sind“, weiß Lackner .

STRUKTURIERUNGSGRAD BEI DER PERSONALAUSWAHL

Allgemeine Fragensammlung

Analyse der Anforderungen mit Interview leitfaden

Kompetenz- basiertes Interview

Spontanes Interview Bewertungssystem zu zukünftigen Anforderungen

Ein Vortragender im ersten Reifegrad ist fachkompetent und inhaltlich gut vorbereitet, aber den Gesetzmäßigkeiten der Bühnensituation ausgeliefert . Auf Level 2 verlässt sich ein inhaltlich kompetenter Redner auf die Unterstützung von Medien (PowerPoint) . Auf der nächsten Stufe werden bereits erlernte rhetorische Grundprinzipien angewandt . Auf Reifegrad 4 beherrscht ein Redner seine „Instrumente“ Körper und Stimme und setzt sie gezielt ein . Der höchste Level ist erreicht, wenn der Redner seine Rolle in Hinblick auf Situation und Publikum präsent und agil ausfüllt und professionell umgesetzt .

Thomas Lackner verbindet mit diesem Ansatz zwei ermutigende Gedanken . Erstens geht es nicht darum, uns weltfremde Kunststückchen anzutrainieren, im Gegenteil: Jeder von uns beherrschte als Kind die optimale Körperhaltung und Atemtechnik – wir haben den natürlichen Umgang mit den Mechanismen, die der Kommunikation zu Grunde liegen, nur verlernt, was unter Stress noch stärker zu Tage kommt . Zweitens lässt sich ein Prozess deutlicher Veränderung und Optimierung in Gang setzen, wenn man beginnt, die ersten Dominosteine umzuwerfen .

„Eine Präsentation ist ein Gespräch, selbst wenn ich alleine den Vortrag bestreite. Aus diesem Grund ist Blickkontakt so wichtig.“

Thomas Lackner

Sind diese Grundtechniken erst einmal (wieder)entdeckt, lässt sich auch an weiteren Parametern der angewandten und überzeugenden Rhetorik arbeiten: der Qualität der Körpersprache, der gekonnten Pausensetzung, dem für die Zuhörer angenehmem Sprechtempo oder der deutliche Betonung von Keywords eines Vortrages .

Letztendlich stärken wir unser Selbstbewusstsein und unser Selbstvertrauen in einer Präsentation schon dadurch, dass wir die Hauptinstrumente, die wir in dieser Situation benötigen, beherrschen . Wir können darauf vertrauen, dass das, was wir denken und fühlen – also die wesentlichen Aspekte unserer Botschaft – von unseren Zuhörern nicht nur gehört, sondern auch verstanden werden, und dass wir in der Rolle, für die wir uns bewusst entschieden haben, als starke, authentische und lebendige Persönlichkeit präsent sind .

Das führt zum letzten Punkt: Was steigert neben unserem gekonnten Umgang mit unseren Instrumenten unsere Präsenz auf der Bühne – und was unterminiert sie?

3. Die Präsenz unterstreichen Ist die Rolle definiert und sind die Instrumente trainiert, können die weiteren Faktoren der Präsenz angegangen werden . Dazu gehören Blickkontakt, innere Haltung und Raumnutzung . „Eine Präsentation ist ein Gespräch, selbst wenn ich alleine den Vortrag bestreite . Aus diesem Grund ist Blickkontakt wichtig“, so Lackner . Der Blickkontakt ist die Grundvoraussetzung für diese magische Verbindung zwischen Redner und Publikum . Das nächste ist die innere Haltung: Wer mit dem Vorsatz „Augen zu und durch“ auf die Bühne kommt, braucht sich nicht zu wundern, dass das Publikum diese Haltung spürt und auf Distanz bleibt . „Als Vortragender lerne ich aktiv, diesen inneren Gedankenstrom, meine Haltung zu Publikum und Situation, zu beeinflussen und für mich und meine Ausstrahlung zu nutzen“, erklärt Lackner . Auch die gekonnte Raumnutzung braucht Übung . Jede Bewegung auf der Bühne sollte Sinn machen und ein bestimmtes Ziel haben . Starke Figuren – auf der Bühne wie im Leben – strahlen Ruhe aus und setzen einzelne Bewegungen gezielt und sparsam ein . Das wirkt wesentlich stärker als hektisches Herumturnen vor dem Publikum .

Letztendlich kommen wir zum Einsatz technischer Hilfsmittel – jenem Punkt, dem in der Praxis oft das einzige Augenmerk geschenkt wird . Für Thomas Lackner ist das erste Mittel der Wahl ein Headset . Natürlich sind Handmikrophone, Stehpulte oder Moderationskarten verführerisch, um sich dahinter zu „verstecken“ und die Hände möglichst unbeweglich zu halten . Aber das sind und bleiben Hilfsmittel, welche die natürliche Freiheit, uns präsent und ausdrucksstark zu geben, beschränken . Um als Persönlichkeit zu überzeugen, gilt: weniger ist mehr .

Diese Feststellung trifft erst recht auf PowerPoint-Präsentationen zu, die häufig dafür verwendet werden, um mit technischen und grafischen Gimmicks zu blenden und Professionalität zu vermitteln . „Doch PowerPoint sollte eigentlich nicht mehr sein als das Bühnenbild, dass durch Bilder, Farben und eventuell einzelne Stichworte den Vortrag emotional unterstreicht“, betont Lackner, der zu zurückhaltender Verwendung mahnt: „Menschen gehen in einen Vortrag, um einen Menschen zu erleben, nicht um sich die Inhalte von einem an die Wand geworfenen Manuskript zu erlesen, begleitet, oft auch irritiert, durch die Off-Stimme eines Vortragenden, der am Rande der Bühne im Halbdunkeln steht .“ Und mit einem sollte die PowerPoint-Präsentation definitiv nicht verwechselt werden: Mit dem detaillierten Handout, das nach dem Vortrag an die Teilnehmer versendet wird . „Das sind zwei Paar Schuhe“, erklärt Lackner mit Nachdruck .

Zusammenfassend rät Thomas Lackner: „Wenn Sie mit Ihrer Präsentation überzeugen wollen, dann beginnen Sie dort, womit sich andere selten beschäftigen . Verschaffen Sie sich über Ihre Rolle auf der Bühne Klarheit . Entwickeln Sie Ihre Instrumente Körper und Stimme weiter . Und setzen Sie zusätzliche Faktoren der Präsenz sparsam ein – dafür aber umso gezielter .“ STECKBRIEF THOMAS LACKNER

Thomas Lackner ist Schauspieler, Moderator und Experte für Stimme, Sprechen und Präsentation . Er steht im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten fast täglich auf der Bühne .

Lackner studierte Musikwissenschaften und absolvierte eine Ausbildung zum Tontechniker . Er gestaltete, produzierte und moderierte fast ein Jahrzehnt im Kultursender Ö1 zahlreiche Radioformate und seine eigene wöchentliche Livesendung .

Seit zwanzig Jahren hat Thomas Lackner an den verschiedensten Bühnen des deutschsprachigen Raumes in über hundert Theaterproduktionen mitgewirkt, Konzerte moderiert und Lesungen sowie Rezitationen gestaltet .

Seit seinem Master-Studium an der Royal Central School of Speech and Drama der University of London - der renommiertesten Stimmtrainer-Ausbildung des englischsprachigen Raumes - coacht und trainiert Thomas Lackner als Stimm-, Sprech- und Präsentationstrainer .

Mehr Infos unter www .thomas-lackner .at

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