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Die Kraft des Kollektivs
TEAMWORK. In Teams steckt mehr als in der Summe ihrer einzelnen Mitglieder – wenn man dieses Potenzial zu entfesseln weiß.
Teamarbeit ist in Firmen, die am Puls der Zeit leben, ein stark an Bedeutung gewinnender Arbeitsmodus . Speziell bei der Abwicklung von Projekten ist es unumgänglich, komplexe Aufgaben mithilfe übergreifender Projektteams zu bearbeiten . Welchen Stellenwert entfesselte Team-Leistungen für ein Unternehmen haben, weiß Rudolf Beirer, Lehrgangsleiter der Ausbildung zum Systemischen Coach am WIFI Tirol und Experte für Teamcoaching: „Erfolgreiche Teams übertreffen die gesteckten Ziele, entwickeln kreative Lösungen und leben gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen .
Interessanterweise optimieren spezielle größere Firmen so ziemlich jeden denkbaren Bereich im Unternehmen, an Verbesserungspotenziale im Bereich Teamwork wird jedoch häufig nicht gedacht. Das liegt an einer veralteten Vorstellung, die der Teamarbeit selbst zugrunde liegt: Teams werden wie eine Gruppe aus Ruderern betrachtet, die gemeinsam ein Boot bewegen . Nach diesem Denkschema ist das Maximum erreicht, wenn sich die Energie der einzelnen Ruderer addiert . Doch das zeitgemäße Verständnis von Teamwork zeigt, dass bei echten Teams die Leistung um vieles höher liegt als bei einem simplen Aneinanderreihen der Potenziale der einzelnen Teilnehmer . Anders gesprochen: Das Ganze ist weit mehr als die Summe seiner Einzelteile .
Diese Höchstleistung wird erreicht, wenn Teams bestmöglich organisiert und gesteuert werden . Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung gibt es dazu längst - sie finden jedoch erst zögerlich Eingang in den Unternehmensalltag . Die erste Hürde, die es zu nehmen gilt, besteht darin, die Vorstellung vom Ruderclub mit dem einer echten Mannschaft auszutauschen . Ein passendes Beispiel dafür sind Mannschaftssportarten wie etwa Fußball . Jeder kennt das Phänomen, dass es definitiv nicht reicht, wenn eine bunt aus Top-Profis zusammengewürfelte Mannschaft ohne den entsprechenden Teamgeist spielt . Die Leistungen der einzelnen Spieler genügen bei weitem nicht, um die komplexen Anforderungen, die an eine eingespielte Mannschaft gestellt werden, zu erfüllen . Die Aufgabe guter Trainer ist es nicht, das ohnehin schon hohe Niveau der einzelne Spieler weiter zu heben, sondern die richtigen Knöpfe zu drücken, um aus einer Gruppe von Egoisten eine schlagkräftige Crew zu machen . Was auf dem Spielfeld funktioniert, funktioniert auch im Abenteuer Wirtschaft .
Wahrscheinlich liegt die mangelnde Umsetzung in der Praxis daran, dass die dahinterliegenden Gründe, die Voraussetzungen für den Erfolg, so simpel und banal klingen . Es hat sich in zahlreichen Untersuchungen herausgestellt, dass der wichtigste Baustein für potente Teams weder das Zusammentreffen von Super-Profis noch das Zurückgreifen auf hohe Ressourcen noch das Vorhandensein modernste Arbeitsmittel ist - sondern schlicht und einfach: Vertrauen . Alle Teammitglieder müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Beiträge und Wortmeldungen wertgeschätzt werden und ihre Leistungen nicht in Machtspielchen mit dominanteren Mitgliedern des Teams aufgerieben werden . Eine aktuelle Umfrage des Magazins „ManagerSeminare“
Rudolf BEIRER
belegt eindrucksvoll, was damit in der Praxis gemeint ist (siehe Grafik): Der größte Bremsklotz für eine gute Teamleistung wird von 85 % Befragten in der mangelnden Fehlerkultur gesehen . Wer ein, zwei Mal für eine missglückte Wortmeldung kritisiert wurde, wird sich das nächste Mal eben nicht mehr einbringen . Vielleicht wäre aber genau dieser dritte Input ein innovativer Beitrag gewesen, der die gesamte Gruppe einen wesentlichen Schritt in der Problemlösung weiter gebracht hätte . Auch der zweithäufigst genannte Hinderungsgrund in dieser Umfrage ist selbsterklärend: 50 Prozent der Befragten halten dominante Einzelpersonen für einen K .o .-Faktor . Auch das ist nachvollziehbar . Wenn dominante Persönlichkeiten nicht systematisch eingebremst werden, geht das gesamte Potenzial der Ruhigen und Introvertierten verloren, da sie im Kampf um Aufmerksamkeit stets den Kürzeren ziehen .
Um das volle Potenzial abzurufen, das in Teamwork steckt, braucht es zwei Voraussetzungen im Unternehmen: Einerseits den Blick auf die kollektive Performance von Teams, anstatt wie bisher Einzelleistungen zu betrachten; andererseits den entsprechenden organisatorischen Rahmen - weg von hierarchischen, starren Strukturen, hin zu einer agilen Organisation mit flachem Aufbau und gleichberechtigten Teilnehmern .
Wer Teamprozesse in die richtigen Bahnen lenkt, wird mit einem attraktiven Ergebnis belohnt: kollektiver Intelligenz . Funktionierende Teams sind in der Lage, Aufgaben besser zu lösen, als es die Summe ihrer Einzelmitglieder vermuten ließe . Ein gut eingespieltes Team mittelmäßig begabter Teilnehmer schneidet weit besser ab als eine Gruppe aus Spitzenleuten, bei denen das Zusammenspiel hakt . Um Höchstleistungen von Teams abzurufen, braucht es aktives Zutun seitens der Unternehmensführung . Dabei geht es nicht nur um den ersten Impuls mittels Teambuilding-Maßnahmen, sondern um eine konstante Führung und Begleitung durch Führungspersonen und/ oder Coaches .
In Summe sind es sieben Zutaten, welche die Chefetage zum Abrufen der optimalen TeamPerformance beitragen kann:
1. Der Blick aufs Ganze: Die Unternehmensleitung schaut nicht auf die Einzelleistungen des Individuums, sondern darauf, dass die Zusammenarbeit im Team bestmöglich gefördert wird .
2. Zeit zum Entwickeln geben: Ein Team benötigt Zeit, bis es aufeinander eingespielt ist . Dieser Raum und die notwendige Unterstützung seitens der Unternehmensführung müssen gegeben sein .
3. Gemeinsamkeiten finden: Jedes Team braucht die gemeinsame Vorstellung, wie das Ziel aussieht . Und es gilt, zusammen dran zu arbeiten, ein vertrauensvolles Klima zu erzeugen .
4. Den richtigen Rahmen schaffen: Es braucht entsprechende Bedingungen, um den Austausch zu fördern . Die passenden Interaktionsformate sorgen dafür, dass die Ideen und Gedanken aller genutzt werden können – was erst den Mehrwert schafft .
5. Neuer Führungsstil: Teams brauchen Führung, um auf Touren zu kommen . Hierarchische Konzepte funktionieren nicht, es geht nur mit einer wertschätzenden und moderierenden Begleitung, um die individuelle Beteiligung aller sicherzustellen .
6. Verbindungen schaffen: Teams tendieren dazu, dass sich Subgruppen von Personen mit demografischen Ähnlichkeiten wie Alter, Geschlecht oder Bildung herauskristallisieren . Es gilt, die Kommunikation zwischen diesen Subgruppen aufrechterhalten .
7. Grenzen setzen: Dominante Gruppenmitglieder oder auch eine dominante Führung verhindern, dass das Team als Ganzes aktiv wird . Dem gilt es, entgegenzuwirken - notfalls auch mit dem Ausschluss einzelner Mitglieder aus dem Team .
Die Tiroler Unternehmen können im Bereich Teamentwicklung auf professionelle Hilfe zählen . „Systemische Coaches unterstützen mit ihren Fähigkeiten und speziellen Methoden die Entwicklung von Teams auf deren Weg zur Top-Performance“, erklärt Rudolf Beirer, der selbst bereits mit Hunderten Team-Workshops den ersten Mosaikstein auf diesem Entwicklungsweg gelegt hat . Auch das Bildungsconsulting der WK Tirol steht den Tiroler Betrieben mit Beratung, Training und Coaching zur Seite, um aus einer Gruppe von Einzelkämpfern ein ausgewogenes und schlagkräftiges Team zu bilden .
Gemeinsamer Workload Formuliertes Zielsystem
Suche nach dem Sinn Gelebtes Zielbild
Kraftvolle Zukunftsvision
TEAMZIEL
Verständnisvolle Führung Moderierte Führung
Coachende Führung
Hierarchische Führung Inspirierende Führung
TEAMFÜHRUNG
Gegenseitige Unterstützung
Funktionierendes Zusammenspiel
Gemeinsame Top Performance
Wenig Fouls Zukunftsorientierte Höchstleistung
TEAMKULTUR
Wie weit Teamwork in einem Unternehmen entwickelt ist, lässt sich anhand von Reifegraden feststellen. Es ist die Aufgabe der Unternehmensführung, die Bereiche Teamziel, Teamführung und Teamkultur kontinuierlich zu verbessern und damit neue Potenziale freizusetzen .